Der große Geiger Louis Spohr (1784 bis 1859) hatte ein kleines Problem: Er konnte nicht Klavier spielen. Das beeinträchtigte ihn ziemlich, nicht nur beim Einstudieren seiner Werke mit Chören und anderen Ensembles, sondern auch beim Komponieren selbst. Natürlich konnte er den Stil der großen Virtuosen seiner Zeit imitieren – aber er konnte nicht beurteilen, wie spielbar seine Musik letzten Endes auf dem Klavier war. So soll Chopin 1830 über Spohrs Quintett für Bläser und Klavier op. 52 geklagt haben, es sei wunderschön, aber für das Klavier schlecht geschrieben; man könne oftmals gar keine Fingersätze erstellen. Spohr selber soll 1838 geseufzt haben, er würde gern hundert Louis d'or dafür geben, wenn er nur Klavier spielen könnte. Allein er konnte es nicht, und so spielte ihm seine zweite Frau Marianne Pfeiffer (1807 bis 1892) vor, was immer er hören wollte.
Trotz dieser technischen Kalamitäten hat Spohrs Kammermusik für Violine und Klavier einige Überraschungen zu bieten. Der Geiger Francesco Parri- no und der Pianist Michele Fedrigotti haben diese Werke für sich entdeckt, und stellen bei Stradivarius nun einige davon vor. Die italienischen Musiker präsentieren auf zwei CD Spohrs erstes Duo concertant op. 95, das Grand duo concertant op. 112, dazu die Sechs Duettinen „Elegisch und humoristisch“ op. 127, Mendelssohns Liedern ohne Worte nachempfun- den, sowie das Duo concertant op. 96. Letzteres ist feinste Programm-Musik – das Werk schildert, so verrät der eigentliche Titel, „Nachklänge einer Reise nach Dresden und in die Sächsische Schweiz“ und ist 1836 als Ergebnis eines Ferienausflugs entstanden. Der erste Satz schon ist voller Vorfreude; im zweiten Satz erklingen die Signale des Posthorns, und im dritten Satz schildert Spohr unüberhörbar einen Gottesdienst in der Katho- lischen Hofkirche zu Dresden. Die Felsen und Klüfte der Sächsischen Schweiz schließlich werfen auch ein Echo der böhmischen Musik zurück. Spohr bildet all dies aber nicht naturalistisch in seiner Musik nach, er spiegelt eher Stimmungen und Eindrücke. Und natürlich ist all dies letztendlich brillante Virtuosenmusik, von Parrino und Fedrigotti auf zeitgenössischen Instrumenten gekonnt vorgetragen. Insbesondere ein herrlicher Broadwood-Flügel, erbaut im Jahre 1849, aus dem Besitz des Pianisten bringt ganz erstaunlich Farbe. Spohrs Werke aber sollten generell viel öfters zu hören sein – es lohnt sich!
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