Johannes Brahms, geboren und aufgewachsen in Norddeutschland, gilt üblicherweise nicht gerade als Volksmusikexperte; seine Hinwen- dung zu ungarischen Melodien wird eher als ein Flirt mit exotischen Klängen gesehen, und nicht als Ergebnis einer ernsthaften und tiefgreifenden Auseinandersetzung mit den Originalen. Für sein zweites Album bei der Deutschen Grammo- phon hat sich der Klarinettist Andreas Ottensamer im Werk des Komponisten auf die Spurensuche begeben.
Selbst zur Hälfte Ungar, hat er mit scharfem Blick in die Noten und Dokumente geschaut, und festgestellt, dass das ungarische Idiom für Brahms' Tonsprache weit mehr war als nur Kolorit. Im Mittelpunkt der CD steht das legendäre Klarinettenquintett op. 115, in dem man mitunter sogar eine komplette ungarische Kapelle zu hören meint. „Jeder Klari- nettist träumt davon, dieses Stück zu spielen“, meint Ottensamer. Weni- ger offensichtlich ist das ungarische Element in den beiden nachfolgenden Walzern des Komponisten. Sie erscheinen höchst wienerisch – doch die Musiker zeigen, dass sie auch durch den Csárdás mit geprägt wurden.
Andreas Ottensamer hat sich für diese Aufnahmen ein Ensemble zusam- menstellt, das diese Musik ebenfalls quasi im Blut hat: Leonidas Kavakos und Christoph Koncz, Violine, Antoine Tamestit, Viola, Stephan Koncz, Violoncello, Ödön Rácz, Kontrabass und Oszkár Ökrös am Zymbal sorgen mit Leidenschaft und virtuosem Spiel für facettenreiche Klänge. Die Musik klingt, zumal bei den beiden ausgewählten Ungarischen Tänzen, wie improvisiert. Und wer sich fragt, ob diese Tänze denn wirklich ungarische Originale sind, der erhält mit dieser CD auf diese Frage ebenfalls eine Antwort.
Zum Abschluss erklingen zwei Sätze, Két Tétel, von Leó Weiner, die sehr schön in diesen Reigen passen. Und zum Kehraus gibt’s dann noch ein Medley mit Tanzliedern aus Transsylvanien, und mit so mancher über- raschenden Wendung. Das Ensemble wird eigens dazu durch das Akkor- deon von Predrag Tomić verstärkt. Sehr spannend!
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