„Warum Vivaldi? Warum die Vier Jahreszeiten und warum gerade jetzt? Diese Fragen stellen sich sicherlich viele Freunde, die den Werdegang von Ars Antiqua Austria seit Jahren mitverfolgt haben“, schreibt Gunar Letzbor im Beiheft zu dieser CD. „Die Verlockung, seine Musik auf unsere Konzertprogram- me zu setzen, war sicherlich immer groß. Allein sein Name garantiert viele Besucher und erleichtert Ver- handlungen mit Konzertveran- staltern“, räumt der Geiger ein.
Dagegen spricht, dass die Musik des berühmten Venezianers heutzutage allgegenwärtig ist. Die vier Jahreszei- ten sind derzeit wohl das am häufigsten aufgenommene Werk der Musik- geschichte. Und um in diesem Wust an Einspielungen wahrgenommen zu werden, entwickeln Musiker einen geradezu olympischen Ehrgeiz: „Wer spielt eigentlich die Läufe (..) am schnellsten? Wer kratzt, quietscht, heult, säuselt, klopft und donnert daselbst am extremsten? Wer hier punkten will, muss alles Bisherige überbieten“, ätzt Letzbor. „Es ist wie bei einer Sportveranstaltung. Da zählen Millimeter und Hundertstel- sekunden!“
Auf der CD hat Ars Antiqua Austria Die vier Jahreszeiten mit dem Violin- konzert in d-Moll von František Jiránek (1698 bis 1778) gekoppelt. Der Zusammenhang ergibt sich über den Widmungsträger – „Signor Venceslao Conte di Marzin“, Graf Wenzel Morzin, dem Vivaldi verbunden war, und dem er Die vier Jahreszeiten widmete. Jiránek, Sohn von Bediensteten des Grafen, schickte dieser im Jahre 1624 zur Ausbildung nach Venedig, wo er drei Jahre lernte – bei Vivaldi oder aber in dessen Umfeld. Nach Prag zurückgekehrt, musizierte er wieder in der Kapelle des Grafen. 1637, nach dem Tode seines Dienstherren, ging er nach Dresden, wo er in der Kapelle des Grafen Brühl wirkte. Er verbrachte des Rest seines Lebens in der sächsischen Residenzstadt. Überliefert sind von ihm ausschließlich Instrumentalwerke, wobei die Geige klar im Mittelpunkt seines Schaffens steht. Das Konzert auf dieser CD kombiniert auf eine ausgesprochen reizvolle Weise böhmische und italienische Einflüsse. Mir persönlich gefällt auch die Interpretation dieser Entdeckung weit besser als das Resultat von Letzbors Auseinandersetzung mit den Vier Jahreszeiten. Denn der Versuch, Vivaldis berühmte Violinkonzerte frisch und unver- braucht klingen zu lassen, führt letzten Endes auch Letzbor und das Ensemble Ars Antiqua Austria ins Extrem. Diese Musik einfach Musik sein zu lassen, und weder ins Sportive noch ins Theatralische zu übertreiben, das muss enorm schwierig sein.
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