Dieterich Buxtehude hat sowohl mit seinem Orgelspiel als auch mit den Abendmusiken, die er von seinem Vorgänger Franz Tunder übernahm und zu einer groß dimensionierten Konzertreihe ausbaute, europäische Musikgeschichte geschrieben. Nicht umsonst ist der junge Johann Sebastian Bach im November (!) bei Wind und Wetter zu Fuß von Arnstadt nach Lübeck gereist, und im Januar, bei sicherlich auch nicht gerade kuschligen Temperaturen, dieselbe Strecke wieder retour. Denn die Abendmusiken fanden an den fünf Sonntagen vor Weihnachten statt, und auch Bachs Orgelwerke bezeugen, wie tief ihn Buxtehude beeindruckt hat.
Bernd Ruf und Franz Danksagmüller spüren auf dieser CD dem nach, was das Werk Buxtehudes bis in die Gegenwart geprägt hat. Der Titel „buxtehude_21 On the bridge“ ist allerdings kurios, zumal das Bild auf dem Cover einen langen Anlegesteg zeigt, der quasi ins Nichts führt. Wenig anfangen kann ich auch mit der Ausdeutung der barocken Werke durch die beiden Lübecker Musikprofessoren. Dazu heißt es auf der CD: „DANKSAGMÜLLER_RUF spielen und forschen mit der Intention, die Wirkung von Barockmusik in der Gegenwart erfahrbar zu machen. Ihre Mittel sind Improvisation, Rekomposition, Live-Elektronik, Historische Aufführungspraxis und Elemente der Neuen Musik. Damit begegnen sie der Original-Partitur, befreien sie von ihrer Patina, offenbaren ihren Kern und setzen sie neu zusammen. Es entsteht ein klangliches Destillat, welches zeitepochales Denken auflöst.“
Fragmente nach Buxtehude, Händel und Tunder, dazu stückweise auch Bach in wabernde Klangwolken zu hüllen und eine Melodiestimme mit dem hier immer weich säuselnden Klang des Sopransaxophons zu versehen, das löst allerdings zunehmend auch meine Entdeckerfreude auf – sie verflüchtigt sich, geschockt von zuviel New Age und zu wenig erkennbarer Restsubstanz. Wenn sich die barocke Musica Poetica in postromantische Musica Empathica wandelt, dann halte ich das für ein großes Missverständnis. Sorry.
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