„Bach ist mein Herzenskomponist, weil er seine Werke, über tausend davon, bewusst mit Soli Deo Gloria versah: Allein Gott die Ehre, dies mit Leidenschaft, Fleiß, Konsequenz und Hartnäckigkeit“, schreibt Ann-Helena Schlüter in ihrem Geleitwort zu dieser CD. Die junge Pianistin, Tochter und Schülerin des Pianisten und Klavierpädagogen Karl-Heinz Schlüter, promoviert derzeit an der Universität Leipzig über Die Kunst der Fuge. Auf CD hat sie, unter anderem, bereits dieses Werk sowie die Goldberg-Variationen eingespielt. Nun lässt sie den ersten Band des Wohltemperierten Klaviers folgen.
Ann-Helena Schlüter musiziert virtuos, heiter, schwungvoll. Für meinen Geschmack ist diese Einspielung aber ein wenig zu fröhlich, und nicht differenziert genug. Die Fans wird das nicht stören. Und davon hat die Deutsch-Schwedin, liest man beispielsweise ihre Bewertungen bei Amazon, eine Menge. Das liegt nicht zuletzt mit an ihrer Vielseitigkeit: Die junge Musikerin verbindet ihre Karriere als Konzertpianistin mit einer Laufbahn als Singer-/Songwriterin und als Lyrikerin. Sie hat in beiden Disziplinen Wettbewerbe gewonnen und Preise errungen – schaut man genauer hin, wird man allerdings feststellen, dass es nicht die großen sind. Ihre Gedichte haben Verlage veröffentlicht, die nicht zu den bedeutenden gehören, und ihre Aufnahmen sind bislang bei Labels erschienen, die ich, ehrlich gestanden, nicht einmal dem Namen nach kannte.
Die Texte, in denen sie knapp erläutert, wie sie das Wohltemperierte Kla- vier deutet, sind leider prägnanter als Ihre Interpretationen. Hochbegabt und ein Mehrfachtalent zu sein, das ist wunderbar – aber es ist auch mit der Gefahr verbunden, oberflächlich an die Dinge heranzugehen, zu schnell zu viel zu wollen, und dann feststellen zu müssen, dass die Kraft am Ende nicht ausgereicht hat.
Bach ist mehr, als man dem Notenbild auf den ersten Blick entnehmen kann. Sein Werk hat eine spirituelle Ebene, die Schlüter selbst anspricht, wenn sie sein Soli Deo Gloria lobt, die sie aber derzeit in ihrem Klavierspiel noch nicht hörbar machen kann. Man darf gespannt sein, wie sich die Pianistin weiterentwickelt – Ann-Helena Schlüter ist zweifellos eine große Begabung, aber man hat das Gefühl, dass sie noch auf der Suche ist.
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