"128 Jahre nachdem Georg Fried- rich Händel seine B-Dur Suite für Cembalo veröffentlicht hatte, entdeckte Johannes Brahms die ,Aria' aus eben jener Suite und formte mit 25 Variationen und einer großen Fuge über dieses Thema einen Kosmos romanti- scher Klavierkunst, der in der Literatur seinesgleichen sucht", schreibt Ragna Schirmer. "Da mir persönlich die Händel-Aria auch sehr am Herzen liegt, reizte es mich, wiederum 148 Jahre später intensiv an diesem großen Werk von Johannes Brahms zu arbeiten." Um das Bild abzurunden, hat die Pianistin die Variationen über ein Thema von Händel op. 24 mit den 16 Walzern op. 39 und den Zwei Rhapsodien op. 79 kombiniert.
"Ich habe eine eigene Liebhaberei für die Form der Variation und meine, diese Form könnten wir wohl mit unserem Talent und unsrer Kraft noch zwingen", schrieb Brahms 1879 an einen Freund. Selbst Wagner, der Brahms nicht unbedingt wohlgesonnen war, musste einräumen, nachdem er das Werk 1863 in Wien gehört hatte: "Hier sieht man, was noch in den alten Formen geleistet werden kann, wenn einer kommt, der sie zu gebrauchen weiß."
Ragna Schirmer spielt die Variationen nah am Thema Händels. Sie vermeidet pianistische Effekthaschereien, und stellt ausschließlich die musikalische Struktur in den Mittelpunkt. Damit macht sie deut- lich, wie fein die Textur dieses Werkes ist, und mit welcher Sorgfalt es gearbeitet wurde. Dass sie durchaus auch der romantischen großen Geste gewachsen ist, zeigt sie in den beiden Rhapsodien. Dabei handelt es sich um äußerst anspruchsvolle, aber auch ansprechende Werke, die für den Konzertsaal geschrieben sind - vollgriffig, aber dennoch raffiniert und von unglaublicher Intensität.
Mit Delikatesse hingegen behandelt Schirmer die Walzer - ein Tribut des gebürtigen Hamburgers an seine Wahlheimat Wien. Sie waren für die gutbürgerliche Hausmusik bestimmt, und erschienen in einer vier- und einer zweihändigen Fassung. "Die Walzer sind entzückend und berührend schlicht und edel gehalten", schreibt die Pianistin. "Da in der zweihändigen Fassung gegenüber der vierhändigen einige Begleitfiguren fehlen, habe ich diese an manchen Stellen ergänzt." Auch hier nimmt sich Ragna Schirmer zurück, und lässt das Werk wirken - doch nicht gänzlich ohne Augenzwinkern. Diese Walzer laden nicht zum Tanz, sie erscheinen eher als musikalische Albumblätter - poetisch, farbenreich, teils leidenschaftlich, teils besinnlich. Schirmer gestaltet überlegen - eine CD, die zum Nachspüren und Genießen einlädt.
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