Auch Friedrich Witt würde heute im Konzertleben keine Rolle mehr spielen, hätte man nicht seine Sinfonie in C-Dur zunächst irrtüm- lich für ein Werk des jungen Beethoven gehalten. 1909 hatte Fritz Stein, Musikdirektor der Universität Jena, im Notenarchiv das komplette Aufführungs- material dieses Werkes entdeckt. Das Titelblatt fehlte. Auf einer Stimme war zu lesen "par Louis von Beethoven", auf einer anderen stand "Symphonie von Beethoven" - und der Komponist selber hatte einmal geäußert, dass er sich in jungen Jahren an einer Sinfonie in C-Dur nach dem Vorbild der Nr. 97 von Haydn versucht habe.
Später klärte sich freilich der Sachverhalt, und der Autor des Werkes steht mittlerweile zweifelsfrei fest: Friedrich Witt, geboren 1770 im württembergischen Niederstetten, hatte sein erstes Engagement als Cellist in der Kapelle des Fürsten von Oettingen-Wallerstein. Dort erhielt er Kompositionsunterricht vom Hofkapellmeister Anton Rösler, bekannter als Antonio Rosetti. Haydn selbst übersandte dem Fürsten einige seiner Londoner Sinfonien - womit auch die Herkunft der Inspirationsquelle geklärt wäre.
1793 ging Witt auf Konzertreisen; 1802 übernahm er die Leitung der Fürstbischöflichen Kapelle in Würzburg. Nach ihrer Auflösung 1814 wurde er Kapellmeister am Würzburger Theater, für das er wohl auch etliche Opern schrieb. Witt komponierte zudem 23 Sinfonien, einige Messen, diverse Konzerte, Harmonie- und Kammermusik. 1836 starb er in Würzburg.
Die vorliegende CD enthält neben der "Jenaer" Sinfonie eine weitere Sinfonie in A-Dur sowie das Flötenkonzert in G-Dur, op. 8. Es ist kein Wunder, dass die C-Dur-Sinfonie gut 50 Jahre lang für ein Werk des jungen Beethoven gehalten wurde. Denn genau so klingt sie - auf dem Wege zwischen Haydn und den späteren Werken des Wiener Kompo- nisten; formbewusst, geistreich und schwungvoll. Außerordentlich anspruchsvoll, aber auch sehr lohnenswert ist das Flötenkonzert. Es wird in dieser Aufnahme von Patrick Gallois gespielt, einem Schüler von Jean-Pierre Rampal, der auch dirigiert - in diesem Falle das Orchester Sinfonia Finlandia Jyväskylä, dessen künstlerischer Leiter er seit 2003 ist. Musiziert wird auf hohem Niveau, sehr differenziert, beinahe kammermusikalisch. Bravi!
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