Der ungarische Organist und Cembalist Miklós Spányi spielt für BIS Records das Gesamtwerk ein, das Carl Philipp Emanuel Bach (1714 bis 1788) für Tasteninstru- mente solo geschaffen hat. Dabei ist er nunmehr bei CD 21 und im Jahre 1760 angekommen. Das lohnt sich, denn nicht umsonst war Carl Philipp Emanuel der berühm- teste der Bach-Söhne.
Er war seinerzeit einer der besten "Clavieristen" Europas. 1740 wurde er Mitglied der Kapelle des preußischen Kronprinzen Friedrich in Ruppin. Bach wirkte fast
30 Jahre lang als Cembalist und Kammercembalist Friedrichs des Großen. 1768 folgte er dann seinem Paten Georg Philipp Telemann im Amt des städtischen Musikdirektors und Kantors am Johanneum in Hamburg nach. So wurde aus dem "Berliner" der "Hamburger" Bach.
Carl Philipp Emanuel Bach veröffentlichte 1753/1762 das Lehrwerk "Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen". Es ist noch heute eine wichtige Quelle, wenn man erfahren möchte, wie zu Bachs Lebzeiten musiziert wurde. Auch als Komponist war Bach äußerst produktiv. Allein für sein Lieblingsinstrument, das Cembalo, hat er mehr als 150 Sonaten geschrieben. Dazu kommen unter anderem Sinfonien und Konzerte, Kantaten und Motetten, Oratorien und Passionen, Lieder und eine Vielzahl von Kammermusikwerken.
Der "Berliner/Hamburger Bach" gilt als einer der herausragenden Repräsentanten der musikalischen Empfindsamkeit. Seine Werke überraschen immer wieder durch Wendungen, die dem an der barocken Musiktradition geschulten Zuhörer verblüffend und ungewöhnlich vorkommen. Mir will aber scheinen, dass sie generell der Frühklassik näher sind als dem "galanten" Stil, wie er zu seiner Zeit gang und gäbe gewesen sein dürfte.
Miklós Spányi spielt seine Werke hier auf einem Clavichord, das der belgische Instrumentenbauer Joris Potvlieghe 1999 nach einem Original von Gottfried Joseph Horn, Dresden 1785, geschaffen hat. Das Vorbild für dieses prachtvolle Clavichord befindet sich heute in der Sammlung des Musikinstrumentenmuseums Leipzig.
Spányi spielt exzellent, mit wachem Sinn für die Risiken und Heraus- forderungen, die nicht zuletzt aus der damaligen Musizierpraxis zu erwarten sind. Denn zu Bachs Zeiten war es üblich, dass die Musiker in den Reprisen zeigten, ob sie in der Lage waren, stilistisch passende und zugleich hinreichend virtuose Verzierungen zu improvisieren. In den Sechs Sonaten fürs Clavier mit veränderten Reprisen Wq 50/1-6, die Bach Friedrichs jüngster Schwester, der Prinzessin Anna Amalia von Preußen, widmete, sind diese "Veränderungen" auskomponiert. Die Prinzessin, deren konservativer Musikgeschmack bekannt ist, muss das Instrument exzellent beherrscht haben. Die Vorrede, die die Sonaten an "Liebhaber" adressiert, "die wegen gewisser Jahre oder anderer Verrichtungen nicht mehr Gedult und Zeit genug haben, sich besonders stark zu üben", erweist sich als eine charmante Tiefstapelei - denn das Werk stellt gepfefferte technische Ansprüche.
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