Das tausendste Notat in diesem Blog gilt einem der großen Werke der abendländischen Musik, das aber verblüffenderweise nur wenig bekannt ist. "Es como un impulso, una chispa que se imflama en el primer compás y perdura con el mismo destello, con el mismo fuego, como si de una corriente eléctrica se tratara, hasta el acor- de final", schrieb der Augustiner Samuel Rubio über die Einheit von Ausdruck und Technik in des Ge- sängen des Officium Hebdomadae Sanctae von Tomás Luis de Victoria (1548 bis 1611). Das ist Römische Schule pur, ganz im Sinne des Konzils von Trient.
Der Priester, Musiker und Musikwissenschaftler Rubio hat auch die kritische Edition der 37 Kompositionen erarbeitet, aus denen de Vic- torias Werk besteht, das 1685 in Rom erstmals veröffentlicht worden war. Dorthin hatte König Philipp II. den Komponisten geschickt, zum Studium am Collegium Germanicum, einem Priesterseminar der Je- suiten. Nach Spanien zurückgekehrt, wurde de Victoria persönlicher Kaplan der verwitweten Kaiserin Maria, der Schwester Philipps II., und Leiter der Kapelle des Klosters Monasterio de las Descalzas Reales in Madrid. Dort wirkte er auch nach dem Tode Marias als Konventorganist bis an sein Lebensende.
Philipp II. hatte in den Jahren 1563 bis 1584 in San Lorenzo de El Escorial, 45 Kilometer vor Madrid, eine Kombination aus Palast und Klosteranlage errichten lassen. Dort befindet sich nicht nur die Grablege der spanischen Könige, sondern auch eine Klosterschule, die durch Philipp II. gegründet worden ist - und in der noch heute Kapellknaben ausgebildet werden. Dieser Knabenchor, bestehend aus 45 Kindern, singt unter der Leitung von Javier M. Carmena und oft- mals gemeinsam mit der Real Capilla Escurialense, einem Ensemble, dem ehemalige Kapellknaben angehören, noch immer die liturgische Musik zu den Messen des Klosters.
Könnte es also eine Interpretation des Officiums geben, die näher an den Quellen ist, als diese, die in der Aula Magna des Klosters während der Karwoche der Jahre 2008, 2009 und 2010 aufgezeichnet wurde? Die insgesamt vier CD enthalten de Victorias Kompositionen für Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag und Ostersamstag - und zwar komplett, das heißt mit allen Lesungen. So wird die Balance zwischen den traditionellen gregorianischen Gesängen und den polyphonen Werken des großen spanischen Komponisten deutlich. Diese Aufnahme transportiert aber viel mehr als nur Musik. Sie vermittelt vielmehr den Geist der Karwoche, und atmet tiefe Frömmigkeit. Das mag manchem altmodisch erscheinen - aber es ist der Kern dieser Werke aus der Zeit der Gegenreformation. Und es macht diese Aufnahme grandios.
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