Dies ist ein einzigartiges Tondoku- ment: Peter Schreier, berühmt besonders für seine überragende Gestaltung der Partie des Evange- listen in den beiden Passionen und dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach, beendete im Jahre 2005 seine Sängerlaufbahn mit einer allerletzten CD-Einspielung. Dafür wählte der Tenor Franz Schuberts Winterreise – in einer selten zu hörenden Version für Singstimme und Streichquartett statt Klavier. Diese Bearbeitung des Kasseler Komponisten Jens Josef ist oftmals noch grusliger und endgültiger als das Original; das Dresdner Streichquartett bringt ganz erstaunlich fahle Klangfarben ins Spiel.
Peter Schreier hat den Liederzyklus erst spät in sein Repertoire aufgenom- men. Zum ersten Male gesungen hat er die Winterreise 1985 anlässlich der Wiedereröffnung der Semperoper in Dresden; am Klavier war sein Partner dabei Swjatoslaw Richter. In den Folgejahren hat der Sänger Schuberts Werk vorzugsweise gemeinsam mit András Schiff interpretiert, der ihm ein kongenialer Begleiter war. Auch davon existiert eine Aufnahme.
Zum Ende einer Weltkarriere die Winterreise einzuspielen, dazu gehört Mut – zum einen, weil der Liederzyklus enorm anspruchsvoll ist. Zum anderen kreisen die einzelnen Lieder fortwährend um Abschied und Tod. Wenn man mit 70 Jahren, noch auf der Höhe des sängerischen Vermögens, Abschied von der Sängerlaufbahn nimmt, dann ist dies ganz bestimmt keine erbauliche Perspektive.
Schreier hat diese Herausforderung professionell gemeistert. Und was das Alter seiner Stimme genommen hat, wie jugendliche Elastizität, das macht der Sänger bei dieser Einspielung durch seine langjährige Erfahrung mehr als wett. Es mag Aufnahmen geben, die stürmischer sind und wilder – aber diese hier überzeugt durch sängerische Weisheit und Ausdruck.
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