Mittwoch, 25. November 2015

Czerny: Bel Canto Concertante (Naxos)

Und da wir gerade bei Carl Czerny (1791 bis 1857) waren – auch einige Klaviervariationen des Beethoven-Schülers sind jüngst erschienen, in Weltersteinspielungen bei Naxos. Dass diese Werke bislang in Aufnahmen nicht erhältlich waren, wird nicht verwundern, denn Czerny gilt als Vielschreiber, der sein Genie dem schnöden Mammon verkauft hat: „Hrn. Czerny kann man nicht einholen, mit aller kritischen Schnelligkeit“, giftete einst Robert Schumann in seiner Neuen Zeitschrift für Musik. „Hätte ich Feinde, nichts als solche Musik gäbʼ ich ihnen zu hören, sie zu vernichten.“ 
Schumann, der eigentlich selbst Pianist werden wollte, aber dann diese Pläne aufgeben musste, weil er die notwendige Fingerfertigkeit eben nicht erlangen konnte, warf Czerny vor, dass es seiner Musik an Poesie mangele. Dieses Urteil schrieben spätere Generationen ungeprüft fort – und so erfolgt derzeit, durch die Initiative einiger Musikwissenschaftler, erstmals eine Sichtung und Neubewertung seines umfangreichen Werkes. 
Selbst dort, wo Czerny für seine Verleger populäre Melodien in gefällige Arrangements gebracht hat – die er selbst nicht als ernstzunehmende Werke ansah – muss man aber seine Brillanz bewundern. Vier Beispiele dafür, wie der Komponist Themen aus aktuellen Opern in Virtuosenmusik umgesetzt hat, stellt die australische Pianistin Rosemary Tuck auf dieser CD gemeinsam mit dem English Chamber Orchestra vor. Es dirigiert Richard Bonynge, ein ausgewiesener Opernfachmann. 
Zu hören sind Variationen auf der Grundlage von Melodien aus den Opern Norma und Il Pirata von Vincenco Bellini, aus Aubers Fra Diavolo und aus Gli Arabi nelle Gallie von Giovanni Pacini. Czerny nutzt die Themen, die damals dem Publikum vertraut waren, eher als Vorwand, um ein aberwitziges Feuerwerk an Figurationen zu zünden. Tuck macht deutlich, dass man an diesen Stücken, die eher zur Demonstration von Virtuosität als  zum ausdrucksstarken Zusammenspiel entstanden sind, durchaus sein Vergnügen haben kann. Natürlich sind es Zirkusnummern – aber es ist Artistik auf höchstem Niveau, der man den Respekt nicht versagen kann. Bravi! 

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