Den Dirigenten Herbert Kegel (1920 bis 1990) ehrt eine Sammelbox des Labels Capriccio. Er war ein Schüler von Karl Böhm, und wurde 1949 Chorleiter und Kapellmeister beim Sender Leipzig. 1953 wurde Kegel dann Chefdirigent des Leipziger Rundfunk-Sinfonieorchesters.
Mit „seinem“ Orchester widmete er sich vor allem der zeitgenössischen Musik. Er bereitete sich akribisch vor, und verlangte auch von den Musikern und Sängern Präzision. Seine Proben – sie konnten durchaus zehn Stunden und mehr dauern – sind eine Legende; für die Musizierenden waren sie sicherlich vor allem eine Tortur. Doch seine Aufnahmen zeigen, warum die Künstler diese Strapazen auf sich nahmen: „Oft hat man den Eindruck – selbst bei Stücken, die man schon viele Male gehört hat und daher zu kennen glaubt – als hätte man jahrelang durch eine Milchglasscheibe geblickt und Kegels Interpretation habe den Schmierfilm vom Glas entfernt, sodass man nun ganz neue Details wahrnimmt, die man so noch nie zuvor gehört hatte“, beschreibt Rainer Aschemeier in seinem Geleitwort diesen Effekt. Die Orff-Einspielungen Kegels beispielsweise sind Ereignisse, ebenso seine Interpretationen der Mahler-Sinfonien.
1977 wurde Kegel Chefdirigent der Dresdner Philharmonie. Das war ein großer Fehler, denn seine Ausflüge in die Moderne waren bei dem konservativen Dresdner Publikum nicht willkommen. Im Elbtal wollte man die Klassiker hören – und so erklingt auch auf diesen acht CD in erster Linie Beethoven. Neben den neun Sinfonien erklingen das Tripelkonzert – mit Peter Rösel, Klavier, Christian Funke, Violine und Jürnjakob Timm, Violoncello – und die Chorfantasie. Dazu gibt es eine CD mit allerlei kurzen Stücken, von Gluck über Glinka bis hin zu Sibelius. Komplettiert wird die Box durch Kegels legendäre Aufnahme des Brahms-Requiems aus dem Jahre 1985. Hier dirigiert er noch einmal „seine“ Leipziger Klangkörper.
Im gleichen Jahr wurde Kegel in den Ruhestand verabschiedet. Es war zunächst ein Unruhestand, mit zahlreichen Projekten. Doch während man ihn in Japan verehrte und schätzte, verlor Kegel in der Heimat immer mehr an Bedeutung. Zur Wendezeit war der Dirigent dann nur noch ein Rentner – und tief depressiv. Im November 1990 wählte er den Freitod, was damals wenig interessierte. Seine Aufnahmen aber werden nun schrittweise wieder zugänglich. Auch diese CD-Box zeigt, wie wertvoll Herbert Kegels Arbeit war.
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