Mozart und Salieri, zwei große Komponisten, als Rivalen, ja Feinde – das wäre eine Geschichte, so ganz nach dem Geschmack der Boulevardpresse! Auch für ein Drama ergibt dies einen famosen Plot, wie jeder weiß, der Milos Formans genialen Film Amadeus gesehen hat, nach dem gleichnamigen Theaterstück von Peter Shaffer.
Antonio Salieri (1750 bis 1825) war in Wien als Hofkapellmeister bereits etabliert, als Wolfgang Amadeus Mozart (1756 bis 1791) dort antrat, um sich als freischaffender Musiker zu behaupten. Fakt ist: Salieri ließ Mozarts Werke aufführen; er selbst dirigierte 1791 die Uraufführung von Mozarts g-Moll-Sinfonie KV 550, und nach Mozarts Tod übernahm er die Ausbildung seines jüngsten Sohnes Franz Xaver Wolfgang.
Das Interesse an neuer Musik beim Publikum in Wien und auch Prag jedenfalls dürfte groß genug gewesen sein, um Musikerpersönlichkeiten Raum zu bieten, wenn sie nur Qualität hatten. Und Salieri wird von all seinen Zeitgenossen übereinstimmend als äußerst liebenswürdig und kollegial geschildert. Alles andere ist wohl ins Reich der Legende zu verweisen.
Auf dieser Doppel-CD hat das Prague Sinfonia Orchestra unter der Leitung von Christian Benda eine Auswahl aus dem Werk beider Komponisten so geschickt zusammengestellt, dass Gemeinsamkeiten und Unterschiede klar erkennbar werden.
Besonders spannend ist in diesem Zusammenhang die Kantate Per la ricuperata salute di Ofelia aus dem Jahre 1785, Sie entstand als eine Gemeinschaftskomposition von Salieri, Mozart und einem weiteren Musiker, der sich hinter dem Pseudonym „Cornetti“ verbarg und bis zum heutigen Tag nicht sicher identifiziert werden konnte, auf einen Text von Lorenzo da Ponte. Die Existenz des Werkes war nur durch zeitgenössische Zeitungsannoncen belegt, in denen das Werk vom Wiener Verlag Artaria beworben wurde. Sowohl der Text als auch die Musik galten als ver- schollen. Doch dem Musikwissenschaftler Timo Jouko Herrmann gelang es im Dezember 2015, in den Beständen der Prager Nationalbibliothek eine bei Joseph von Kurzböck gedruckte Ausgabe aufzuspüren.
Das ursprünglich für Sopran und Tasteninstrument geschriebene Werk erklingt nun also in Weltersteinspielung, und zwar in einer von Christian Benda erstellten Orchesterversion. Es singt Dagmar Williams vom Philharmonischen Chor Prag.
Die mitreißend musizierte Aufnahme gibt jedem Zuhörer die Möglichkeit, selbst zu vergleichen. Und man wird sehr bald feststellen, was seinerzeit die übliche Praxis war – und wie krass Mozart oftmals davon abwich.
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