Dienstag, 27. Juli 2021

Carl Loewe und die Orgel (Querstand)


 Johann Carl Gottfried Loewe (1796 bis 1869) ist heutzutage nahezu ausschließlich als Meister der Ballade bekannt. Dass der „norddeutsche Schubert“ auch brillant Orgel spielte, liegt nahe – immerhin war Loewe 46 Jahre lang als Kantor und Organist an der Stettiner Jakobikirche tätig. Wie wichtig dem Musiker dieses Instrument war, wird auch daraus ersichtlich, dass er in seinem Testament verfügte, sein Herz solle bei seiner Orgel ruhen. 

Mit dem Orgelklang wuchs Loewe auf – sein Vater wirkte als Kantor und Organist in dem Städtchen Löbejün, nördlich von Halle/Saale, und er war auch der erste Lehrer des Knaben. Die Orgel aber, die auf diesem Album zu hören ist, hat Carl Loewe selbst nicht gespielt, denn sie wurde erst 1901 von der Orgelbauanstalt Wilhelm Rühlmann aus Zörbig in der Stadtkirche St. Petri errichtet. Sie ersetzte das Renaissance-Instrument von David Beck aus dem Jahre 1591, an dem Loewe einst seinen ersten Orgelunterricht erhielt. 

Die Rühlmann-Orgel verfügt über insgesamt 22 Register auf zwei Manualen und Pedal, mit einer pneumatischen Traktur auf Kegelladen. Sie zeichnet sich durch einen warmen, grundtönigen Klang aus, und folgt in ihrer Disposition den Idealen der Spätromantik. 2018 wurde das Instrument saniert. So erweist sich die Orgel in Loewes Geburtsort Löbejün als der perfekte Instrument für diese Einspielung. 

Irénée Peyrot, Kantor und Organist an der Marktkirche Halle/Saale – wo Loewe einst seine Ausbildung an der Latina, beim städtischen Musikdirektor Daniel Gottlob Türk und im Stadtsingechor fortsetzte – stellt auf diesem Album Orgelwerke vor, die uns den Organisten Loewe greifbar machen. Viel ist es leider nicht, was an Originalen überliefert worden ist; es finden sich lediglich einige wenige Choralvorspiele, die Loewe im „Musikalischen Gottesdienst“ einst als Übungsstücke und Vorbilder für seine Schüler notierte. 

Das Orgelspiel Loewes, von Zeitgenossen gerühmt, ist ansonsten verklungen, ohne dass Stücke notiert wurden. Um das Bild abzurunden, hat Peyrot für dieses Album daher auch Klaviermusik, einige Balladen sowie Chorsätze aus Oratorien mit herangezogen, und für Orgel bearbeitet. Er präsentiert Loewes Musik sehr ansprechend, und erstellt zugleich mit viel Feingefühl ein Porträt der Rühlmann-Orgel. Instrument und Repertoire harmonieren ausgezeichnet. Das Ergebnis ist für mich eine der schönsten Orgel-CD des Jahres. Unbedingt anhören, lohnt sich! 

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