Freitag, 9. Juli 2021

Paul Badura-Skoda - Franz Schubert (Arcana)

 


Sämtliche Klaviersonaten von Franz Schubert (1787 bis 1828), eingespielt von Paul Badura-Skoda (1927 bis 2019), bringt eine schön gestaltete CD-Box des Labels Arcana dem Klassikfreund ins Haus. Man ist beinahe geneigt, dies als musikalisches Vermächtnis des legendären Tastenkönners zu betrachten. Denn diese Aufnahmen aus den Jahren 1991 bis 1996 sind einzigartig, ja, magisch; niemand spielt Schubert so sensibel wie Badura-Skoda. 

Es gibt ohnehin kaum einen anderen Pianisten, der sich so vehement für das Werk von Franz Schubert eingesetzt hat. Der österreichische Klaviervirtuose war Schuberts Musik zeitlebens besonders verbunden. Immer wieder hat er sich intensiv mit den Kompositionen seines Landsmannes auseinandergesetzt. 

Dazu hat Badura-Skoda die verfügbaren Quellen mit Sorgfalt studiert; Einblick in seine Erkenntnisse gibt der Pianist in dem umfangreichen und hochinteressanten Beiheft zu dieser CD-Box (Texte leider ausschließlich in Englisch). Denn er schrieb zu jeder Sonate Anmerkungen nieder, die neben vielen Fakten immer auch seine ganz persönliche Sicht auf das Werk spiegeln. Seine Expertise und sein Mut waren so groß, dass er es wagte, einige fragmentarisch hinterlassene Sonatensätze zu komplettieren. Über das Ergebnis kann man nur staunen. 

Außerdem legte Paul Badura-Skoda großen Wert darauf, mit seinen Interpretationen die Klangwelt zu erschließen, die Schubert seinerzeit umgab. Deshalb nutzte er für diese Gesamteinspielung ausschließlich Instrumente, die der Komponist gekannt und geschätzt hat – zu hören sind Hammerklaviere von Donath Schöfftos (Wien, um 1810), Georg Hasska (Wien, um 1815), Conrad Graf (Wien, 1823/1826) sowie Johann Michael Schweighofer (Wien, um 1846). Das besondere Klangbild der historischen „Fortepianos“ lässt Schuberts Werke ungewohnt und neu klingen. 

So wirken beispielsweise die Bässe viel klarer, und Details werden hörbar, die der moderne Konzertflügel mit seinem ausgeglichenen Klang weit weniger deutlich werden lässt. Eine Offenbarung! Denn bei aller Noblesse haben Badura-Skodas Interpretationen stets auch Tiefe. Schubert bleibt selbst in größter Heiterkeit und Ausgelassenheit seltsam melancholisch; inmitten all der beschwingten Ländler und der schönen Melodien lauert finster der Abgrund. Wenn ich mich für eine Einspielung entscheiden müsste, dann wäre es ganz klar diese. 


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