Montag, 12. Juli 2021

Rinck: Chamber Music (MDG)


 Es muss nicht immer Beethoven sein: Auch Johann Christian Heinrich Rinck (1770 bis 1846) gehörte im vergangenen Jahr zu den Jubilaren. Dieser Name freilich wird heute kaum noch jemandem etwas sagen. Chorsängern wird vielleicht das Lied Abend wird es wieder einfallen, das Rinck nach einem Text Hoffmann von Fallerslebens geschrieben hat. Organisten kennen möglicherweise seine sechsbändige Praktische Orgelschule op. 55, die weltweit verbreitet und sehr populär war. 

Das Trio Parnassus hat sich nun Rincks Kammermusik zugewandt, und die erste CD, die bei Dabringhaus und Grimm veröffentlicht worden ist, macht deutlich, dass der Komponist aus gutem Grunde zu Lebzeiten hochgeschätzt war. Johann Christian Heinrich Rinck stammte aus dem thüringischen Elgersburg bei Ilmenau, und wurde 1786 in Erfurt Schüler von Johann Christian Kittel. 1790 trat er seine erste Anstellung an als Stadtorganist in Gießen; 1803 wurde er dort Universitätsmusikdirektor. 1805 wechselte er nach Darmstadt, wo er zunächst als Stadtorganist, Kantor und Musiklehrer am Gymnasium wirkte. 

Schon bald wurde er zudem Mitglied der Hofkapelle, 1813 Hoforganist und 1817 Kammermusikus des Großherzogs Ludwig I. von Hessen-Darmstadt. Rinck galt als einer der bedeutenden Orgelvirtuosen seiner Zeit, und auch als Orgelsachverständiger und Komponist gehörte er zu den herausragenden Persönlichkeiten der Kirchenmusikgeschichte des 19. Jahrhunderts. 

Als Enkelschüler von Johann Sebastian Bach verstand er sich selbstverständlich auf die Traditionen der barocken Polyphonie, und er verschmolz sie mit der Eleganz der Klassik und der Individualität der Frühromantik. Damit schuf er einen beeindruckenden persönlichen Stil – auch wenn er seine Werke bescheiden als Kompositionen „für meine Schüler“ ansah. 

Das Trio Parnassus präsentiert nun Rincks Kammermusik. Die Stücke, die sehr unterschiedlich sind, werden von Julia Galić, Violine, Michael Groß, Violoncello und Johann Blanchard, Piano, elegant und stilsicher vorgestellt. Es sind nicht durchweg Triosonaten. So gibt es auf Volume 1 eine Sonate très facile für Violine und Piano. Volume 2 enthält auch ein Trio für Flöte, Violoncello und Klavier, was die Musiker gemeinsam mit der fabelhaften Helen Dabringhaus an der Flöte klangschön vortragen. 

Die Aufnahmen, wie stets bei MDG auch von erstklassiger technischer Qualität, machen sehr neugierig auf jenes Repertoire, das von Musikhistorikern lange als „minderwertig“ aussortiert worden ist. Es ist immer wieder erfreulich, welche Trouvaillen zum Vorschein kommen, wenn engagierte Musiker sich nicht von Vorurteilen blenden lassen, sondern aufmerksam in die alten Noten schauen. Mehr davon, und: Bravi! 


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