Kirchenmusik spiegelte zur Zeit Heinrich Schütz' oftmals konkrete Kirchenräume. Zum einen experimentierten die Musiker damals mit der Mehrchörigkeit, und placierten dazu Sänger und Instrumentalisten auf diversen Emporen oder in Seitenkapellen. Zum anderen fungierten die Mu- siker gewissermaßen als irdisches Abbild der musizierenden Engels- chöre, und der Gottesdienst nahm das Gotteslob in der Ewigkeit vorweg. So fragte sich Michael Praetorius im Vorwort seiner Poly- hymnia 1619, was derjenige im Himmel machen wolle, der keine Lust zur Musik verspüre: "Denn im Himmel muessen wir alle, der Herr so wol alß der Knecht, Musiciren. Und ob es wol nicht ohne, daß wir in der reichen erstattung, zu der Himmlischen Cantorey gnugsamb instruirt und tuechtig gemacht werden: So heist es dennoch, last uns die Kunst lernen auff Erden, die wir im Himmel gebrauchen werden."
Heinrich Schütz, der in Venedig die Mehrchörigkeit erlebt und stu- diert hat, musizierte am Hofe der sächsischen Kurfürsten unter ande- rem in der Schlosskapelle, erbaut im 16. Jahrhundert im Stil von Spätgotik und Renaissance, mit einem Netzgewölbe und einer geräu- migen, umlaufenden Empore. Für diesen Kirchenraum schuf Schütz eine Reihe von Werken, die auf den kontrastreichen Dialog zwischen Favorit- und Kapellchören setzen. Die vorliegende CD gibt einen Eindruck von der Klangpracht dieser üppig besetzten Werke. Sie zeigt aber auch, wie Schütz mit reduzierten Mitteln - der Dreißigjährige Krieg brachte auch in Dresden Sparzwänge - verblüffende Effekte erzielte.
Noch freilich ist die Sanierung der Schlosskapelle, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, nicht abgeschlossen. Aus diesem Grunde haben die Mitglieder der Cappella Sagittariana Dresden unter Norbert Schuster diese CD in der Dresdner Lukaskirche eingespielt. Die Aufnahme beeindruckt durch wahre Klangfluten - mir ist das fast ein bisschen viel Getöse; Schütz war auch ein Meister der Kontraste, nicht nur der Vielstimmigkeit.
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