Thomas Dyke
Akland Tellefsen (1823 bis 1874) war der Sohn des Organisten Johan
Christian Tellefsen aus Trondheim. Wie schon sein Vater, wurde er
durch Ole Andreas Lindeman unter- richtet, der ein Schüler von Israel
Gottlob Wernicke war, den wiede- rum Johann Philipp Kirnberger
unterwiesen hatte – und so führte die Tradition, in der seine
Aus- bildung stand, auf direktem Wege zu Johann Sebastian Bach.
Bekannt ist,
dass Lindemann seine Schüler nicht nur die Werke des Thomaskantors
spielen ließ, sondern auch die seines Sohnes Carl Philipp Emanuel
Bach sowie Werke von Kirnberger, Daniel Gottlob Türk und Johann
Mattheson. Der junge Musiker übte nicht nur auf Cembalo und
(Hammer-)Klavier, auch mit der Orgel war er bestens vertraut.
Um seine
Ausbildung zu vervollständigen, ging Tellefsen 1842 nach Paris. Er
nahm Unterricht bei Charlotte Thygeson, einer Schülerin von
Friedrich Kalkbrenner, und traf unter anderem auf Liszt, Henri Herz
und Giacomo Meyerbeer, der ihn zum Komponieren ermunter- te.
Schließlich begegnete er auch George Sand, die ihn mit Chopin
zusammenbrachte. Wie eng der Freundesbund zwischen den beiden
Musikern schon bald wurde, zeigt sich vielleicht am besten daran,
dass Chopin Tellefsen 1849 sozusagen auf dem Sterbebett bat, seine
Nichte zu unterrichten, und seine Unterrichtswerke fertigzustellen.
Vor der
französischen Revolution und dem anrückenden preußischen Militär
floh Tellefsen nach London. Doch ansonsten wurde die Kunst- metropole
Paris zu seiner Wahlheimat. Doch als er spürte, dass sein Leben zu
Ende ging, sorgte er dafür, dass sein Nachlass, insbesondere seine
Werke, nach Norwegen gebracht wurden. Er ging davon aus, dass sie in
Trondheim und Oslo mehr Beachtung finden würden.
Nun hat Einar
Steen-Nøkleberg bei Simax Classics auf vier CD sämt- liche
Kompositionen des Chopin-Schülers für Klavier solo eingespielt. Für
die nicht publizierten Werke wählte er einen Hammerflügel von Érard
aus dem Jahre 1853, ähnlich den Instrumenten, die der junge
Tellefsen täglich drei Stunden im Studio des Klavierbauers zum Üben
nutzen durfte.
Das Werk des
norwegischen Musikers bezeugt – trotz aller Nähe zu dem verehrten
Meister Chopin – in erster Linie seine große Eigen- ständigkeit.
Selbstverständlich finden sich auch in Tellefsens Werk Mazurken.
Doch anstelle polnischer Melodien finden sich Anklänge an seine
Heimat. „Die Mehrheit von Tellefsens Mazurken hat einen
nor- wegischen Geschmack, der springar, ein norwegischer Tanz, wird darin erkennbar“, meint Steen-Nøkleberg. „Und genauso ist es auch
mit den meisten seiner anderen Klavierstücke. Es ist Aufgabe des
Interpreten, dieses kulturelle Erbe zum Leben zu erwecken.“
Tellefsen
verbindet in seinen Kompositionen französische Eleganz mit
nordischer Bodenständigkeit. Einar Steen-Nøkleberg haben diese
Werke durch 50 Jahre seines Lebens begleitet. Und wenn der Pianist im
Beiheft den Wunsch äußert, dass diese Stücke in Zukunft von vielen
jungen Musikern gespielt werden, dann wird sich der Zuhörer dem gern
anschließen – es ist ein Gewinn, dass dieses Lebenswerk wieder
erschlossen worden ist.
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