Dem Andenken eines großartigen Sängers gewidmet ist die Edition Fischer-Dieskau bei Audite. Das Label hat dafür aus den Archiven eine Reihe von Raritäten heraus- gesucht, und die Aufzeichnungen auf den historischen Masterbän- dern mit Sorgfalt digital aufgear- beitet.
So gilt die fünfte CD der Edition der Winterreise von Franz Schubert. Diesen Liederzyklus hat Dietrich Fischer-Dieskau um die dreißig Mal eingesungen. Diese Aufnahme aber war seine allererste, aufgezeichnet im Januar 1948 für den Rias; am Klavier begleitete seinerzeit Klaus Billing den jungen Sänger. Die Be- dingungen, unter denen diese Bänder entstanden sind, kann man sich heute gar nicht mehr recht vorstellen. So wirkten sich Schwankungen in der Stromversorgung auf die Bandgeschwindigkeit aus. Und auf- grund technischer Defekte musste die Hälfte der Stücke von den erschöpften Interpreten noch einmal eingespielt werden. Dass diese Aufnahme dennoch zu einer Legende wurde, zeigt, welche Klasse der Liedgesang Fischer-Dieskaus damals bereits hatte.
Der junge Sänger wählte für Schuberts berühmte Lieder ein erstaun- lich langsames Grundtempo. Dieser Wanderer schreitet nicht vom Zorn beschwingt zum Tor hinaus, er schleppt sich vielmehr mühsam aus der Stadt. Fischer-Dieskau lässt jugendlichen Weltschmerz ebenso zu wie beinahe opernhafte Dramatik, doch die Musik ist mitunter klüger als der Interpret, und bricht die allzu romantischen Klänge ironisch. Als Referenzaufnahme würde ich diese nicht wählen, aber ein beeindruckendes musikalisches Dokument ist das schon.
Neben Werken von Hugo Wolf und Johannes Brahms finden sich in der CD-Reihe auch Lieder Ludwig van Beethovens. So enthält die dritte CD der Edition Arrangements schottischer, irischer und walisischer Volkslieder aus seiner Feder. 22 derartige Stücke hat Dietrich Fischer-Dieskau 1952 gemeinsam mit dem Pianisten Michael Raucheisen, Grete Eweler-Froboese, Violine, Irmgard Poppen, Violoncello, und dem Rias Kammerchor unter Herbert Froitzheim eingespielt. Hier überrascht der Sänger mit einem ausgeprägten komischen Talent, das er auf der Bühne seltsamerweise nur selten zeigen konnte. Ob ein deftiges Trinklied oder der Bittgesang eines etwas naiven Verliebten - Fischer-Dieskau gestaltet mit sehr viel Charme geradezu szenische Miniaturen. Vielen Dank an Audite für diese Entdeckungen!
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