Musik vom Hofe Ludwigs XIV. hat Rebecca Maurer eingespielt. Der Sonnenkönig wusste die Künste wie kein anderer Herrscher für seine Zwecke zu nutzen. Nach der Nieder- schlagung der Fronde versammelte der König den französischen Adel in Versailles, und er beschäftigte den Hof unter anderem damit, dass er ihn kunstvoll tanzen ließ. „Tatsächlich boten die Ballette mit ihren mytholo- gisch-allegorischen Sujets nicht nur Gelegenheit, den König und seinen Hof durch die Verschmelzung von Musik, Tanz, Malerei und Dichtkunst zu lobpreisen“, merkt Rebecca Maurer in dem sehr informativen Beiheft an. „Sie waren auch ein geeignetes Vehikel um einen aufmüpfigen Adel zu domestizieren und auf den ihm zugedachten Platz innerhalb der Hierar- chie zu verweisen.“
Der König betrat die Bühne im Alter von 13 Jahren, und er tanzte selbst etwa zwanzig Jahre lang, in Szene gesetzt als Apollon nicht zuletzt von einer genialen Musikerschar um Jean-Baptiste Lully. Wie konsequent und zugleich subtil diese Inszenierung erfolgte, zeigt ein Detail: Auffällig sei, so Maurer, dass der Gott „vorwiegend zum Klang der Tonart ,sol mineur', also g-Moll, auftritt.“ Diese Tonart wurde von Zeitgenossen als „ernst und prachtvoll“ wahrgenommen, was zum würdevoll-erhabenen Auftritt des tanzenden Roi-Soleil bestens passt.
„Dass sich Louis nicht in der allgemein als ,königlich' geltenden Trompe- ten-Tonart D-Dur (ré (rex) majeur) inszenieren ließ, mag sich hingegen mit seinem universellen Anspruch auf ,Einzigartigkeit' erklären lassen“, meint die Cembalistin: „Hätte er sich der gleichen Tonart bedient wie seine royalen Kollegen, hätte er sich quasi selbst seiner einzigartigen Stellung auf der (politischen) Bühne beraubt.“
Und so ist g-Moll auch die vorherrschende Tonart auf dieser CD mit Cembalo-Musik, die einst am Hofe des Sonnenkönigs erklungen ist. Rebecca Maurer hat dafür eine ebenso klangvolle wie beziehungsreiche Auswahl an Musikstücken zusammengestellt. Dabei hat sie auch darauf geachtet, das Instrument, auf dem sie bei dieser Einspielung musiziert, bestens zur Geltung kommt – nicht nur durch das Repertoire, sondern auch durch die gewählte Stimmung. „Die Tatsache dass die 1/5-Komma Mittel- tönigkeit (..) von dem Musiktheoretiker Étienne Loulié im Jahr 1698 als die in Frankreich , am meisten gebräuchliche' Stimmung beschrieben wurde, hat mich in meiner Entscheidung bestärkt. Darüber hinaus ver- leiht der tiefe französische Stimmton (a'=395 Hz), der ungefähr einen Ganzton unter dem heutigen liegt, durch die geringere Saitenspannung dem Ruckers Cembalo ein großes Maß an Resonanz, Gravität und Fundament.“
Das „goldene“ Cembalo aus dem Besitz des Musée d'art et d'histoire in Neuchâtel, angefertigt 1623 in der Werkstatt von Ioannes Ruckers in Antwerpen und 1745 in Paris tiefgreifend umgebaut, erweist sich als eine geniale Wahl. Es soll einmal Marie-Antoinette oder aber einer ihrer Hofdamen gehört haben. „Mit seinem warm-goldenen Klang und seinem mit Blattgold verzierten Äußeren bildet es quasi die klanglich-optische Entsprechung dieses ;En sol'-Programms“, schreibt Rebecca Maurer. Und weil die Cembalistin nicht nur mit ihren Theorien, sondern auch in der Praxis rundum überzeugt, erweist sich dieses Album als rundum gelungen. Meine Empfehlung!
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