"Gran brutto lavorar, il lavorar per banda / È come coltivar de- serta landa" - übersetzt wird das im Beiheft zu dieser CD: "Mit Blasmusik sich abzurackern / heißt ödes Heideland beackern", diese Reime notierte einst Amil- care Ponchielli (1834 bis 1886) auf einer seiner Partituren. Dennoch komponierte er für seine "Räuber- bande" - wie er das Blasorchester, italienisch banda, nannte, dem er etliche Jahre lang vorstand - be- merkenswerte Konzerte.
Die Solopartien sind ausgesprochen anspruchsvoll, was uns verrät, dass Ponchielli, bei allem Zähneknirschen, exzellente Instrumenta- listen zur Verfügung standen. Sie haben den Komponisten offenbar auch in technischen Fragen beraten. So schreibt Ponchielli auf dem Titel des Trompetenkonzertes in Es-Dur op. 198, es sei von "diversen Autoren". Wesentliche Teile dieses Konzertes, darunter ein wunder- volles Andantino, stammen aber hörbar aus der Feder des maestro. Die anschließende Stretta bietet ein wahres Feuerwerk an Kolora- turen auf - der junge Trompeter Giuliano Sommerhalder wagt sich an dieses atemberaubende Stück, und man muss sagen, das macht er gar nicht schlecht. Es dürfte seine Gründe haben, warum so viele Werke aus der Frühzeit der modernen Blasinstrumente in den Archiven schlummern. Vermutlich muss man ein Ausnahmetalent sein, ein Paganini der Trompete, um diese brillanten Werke angemessen vortragen zu können.
Virtuoses Spiel und zugleich die Fähigkeit, ausdrucksstark in großen Linien zu gestalten, verlangt auch das Trompetenkonzert F-Dur
op. 123. Es wurde im April 1866 durch die Banda Nazionale in Cre- mona uraufgeführt; wenige Wochen später tobten ganz in der Nähe die letzten großen Schlachten der italienischen Unabhängigkeits- kriege. Das Kampfgetümmel zieht sich auch durch diese Musik. Man hört den Aufmarsch der Heere, die Trompetensignale, Schlachten- lärm und Geschützdonner sowie die Totenklage. Doch der Schluss nimmt auch die Siegesfeier vorweg - und dieser Sieg wird tempera- mentvoll gefeiert.
Ganz anders klingt die Fantasie über Motive aus La Traviata op. 146. Dafür hat Ponchielli die tragischen Stellen aneinandergereiht - von Champagnerlaune und Liebestaumel keine Spur. Die Entsagung der sterbenden Violetta lässt der Komponist heraustrompeten, und die Trauer am Totenbett wird sagenhaft munter umspielt. An Humor jedenfalls scheint es Ponchielli nicht gemangelt zu haben.
Das zeigt sich auch an seinem Gran Capriccio op. 80, das Ponchielli 1876 seinem Freund Cesare Confalonieri übergab, dem er schon im Kindesalter ein Piccolo Concertino geschrieben hatte. Der Solo-Oboist der Mailänder Scala und Professor am dortigen conservatorio muss ein herausragender Instrumentalist gewesen sein, denn dieses Werk verlangt dem Solisten alles ab. Simone Sommerhalder nimmt diese Partie, die mitunter an ein Zirkuskunststück erinnert, erstaun- lich locker, und kann damit überzeugen.
Ponchielli schuf auch das allererste Konzert für Euphonium. Dieses Instrument war damals eine Innovation; um die Verwandtschaft streiten sich die Familien der Bügelhörner und der Tuben. Eines steht jedoch fest: Es trägt seinen Namen "das Wohlklingende" zu Recht. Das Concerto per Flicorno Basso op. 155 hat Amilcare Ponchielli 1872 zu Papier gebracht. Für wen er es komponiert hat, das ist nicht bekannt. Aber auch dieser Musiker muss ein Meister seines Faches gewesen sein. Der Schweizer Euphonist Roland Fröscher spielt dieses Werk klangschön, und er hat hörbar Vergnügen an den Kapriolen, die Ponchielli seinerzeit mit Melodien verknüpft hat, die durchaus das Format zum Hit haben. Neun Monate später wurde der maestro in Mailand für seine Oper I promessi sposi gefeiert - aber das ist eine andere Geschichte.
Für diese CD wurden seine Werke, die ursprünglich ausschließlich mit Bläsern besetzt waren, für Sinfonieorchester bearbeitet. Die Orche- strierung für das Gran Capriccio übernahm 1970 der Berliner Kompo- nist Wolfgang Hohensee auf Anregung des Oboisten Burkhard Glaetz- ner. Alle anderen Werke arrangierte Max Sommerhalder, Professor für Trompete an der Musikhochschule in Detmold. Es musiziert die Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin unter Matthias Foremny. Sie entwickelt eine gehörige Portion Italianità, und ist den hervor- ragenden Solisten ein angemessener Partner.
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