Auf dieser CD erklingen Blockflöten aus der Bate Collection of Musical Instruments der Universität Ox- ford. Es sind kostbare Instrumen- te, und es ist keineswegs alltäglich, dass solche Sammlerstücke ge- spielt werden dürfen. Für die Idee, ihren besonderen Klang auf CD zu dokumentieren, ist Andrew Lamb, dem Kurator der Sammlung, zu danken.
Zwar sind Nachbauten historischer Instrumente heute allgegenwärtig. Doch standen den Instrumentenbauern vergangener Jahrhunderte natürlich nicht die Fertigungsmittel zur Verfügung, die ihre Kollegen heutzutage verwenden. Obendrein hat sich die Stimmtonhöhe im Verlaufe der Zeit erheblich verändert. Passt man den Stimmton aber heutigen Konventionen an, verändert sich notwendigerweise auch die Flöte. All das hat Auswirkungen auf den Klang.
Will man herausfinden, wie Blockflöten zu Purcells Zeiten geklungen haben, ist man auf Originale aus jenen Tagen angewiesen. Leider sind Flöten empfindlich; wenn man sie spielt, werden sie durch die Atem- luft mit Feuchtigkeit und Wärme konfrontiert. Wer aber für eine Sammlung wertvoller Musikinstrumente verantwortlich ist, der will sie erhalten - und so liegen historische Blockflöten, wenn sie einmal im Museum angekommen sind, üblicherweise nur noch stumm in der Vitrine.
Die Instrumente der Bate Collection durfte Flötenvirtuose Peter Holtslag für diese Aufnahmen aus dem musealen Schlummer holen. Das hatte seine Tücken, schreibt der Musiker im Begleitheft zu dieser CD: "Wie bei allen schlafenden Märchenprinzessinnen, die etwas taugen, war das Aufwecken dieser Schönheiten alles andere als einfach. Nachdem sie so lange in ihren Kästen in Oxford ge- schlummert hatten, waren sie zerbrechlich, empfindlich und launisch." Sechs Blockflöten aus diesem Schatz wählte er für die Aufnahmen aus.
Einige der Instrumente, berichtet Holtslag, klangen immer besser, je länger sie gespielt wurden. Das gilt insbesondere für die Blockflöten von Peter Bressan (1663 bis 1731). Er war wohl in erster Linie Oboist, doch er gilt als der Stradivarius der Barockblockflöte. Von den Oboen, die er angefertigt hat, blieb keine erhalten; aber 57 Block- und drei Traversflöten sind überliefert. Holtslag stellt auf der CD eine einzigartige Quartflöte des Meisters vor, sowie eine Altblockflöte und eine wundervolle Bassblockflöte, die nicht nur traumhaft aussieht, sondern auch phantastisch klingt.
Den Stempel Urquhart tragen nur noch zwei Altblockflöten weltweit. Über ihren Erbauer ist nichts bekannt; aber die Flöten sind ausge- sprochen kunstfertig aus gebeiztem Buchbaum mit Elfenbeinringen angefertigt worden. Das Instrument, das Holtslag in der Oxforder Sammlung vorfand, klingt einzigartig - aber es ist sehr fragil und heute nur noch für wenige Minuten spielbar.
Ähnliches gilt auch für eine Altblockflöte des Niederländers Robert Wijne (1698-1774). Dieses Instrument hat einen faszinierenden Klang - aber es hat sich derart verzogen, dass Holtslag die Sonate von Johann Christian Schickardt vermutlich über mehrere Tage verteilt eingespielt hat: "Die Stimmung ist äußerst problematisch und ver- schlechtert sich nach nur wenigen Minuten des Spielens", berichtet der Flötist.
Thomas Stanesby junior (1692 bis 1754) ist auf der CD mit einer Tenorflöte vertreten. Auch sie erwies sich als Prinzessin - mit einem Riss im Kopfstück. "Normalerweise ist dieser Riss nur kosmetischer Natur, er bleibt geschlossen, und das Instrument spielt einwandfrei", meint Holtslag. "Wie aber nicht anders zu erwarten, entschloss sich der Riss allerdings, einen Tag vor unserer Aufnahme aufzugehen, was das Instrument fast unmöglich zu spielen machte. Wir schafften gerade ein kurzes (...) Stück, wobei wir unglücklicherweise gezwungen waren, das tiefe Register des Instruments zu meiden, welches normalerweise besonders schön klingt." Wie die Geschichte weitergeht, kann sich der Hörer denken: "Zwei Tage nach Beenden der Aufnahmen kehrte die Stanesby - was sonst - zurück zu ihrem vorherigen Zustand."
Es wird also nicht verwundern, dass die Blockflöten von Peter Bressan den weitaus größten Anteil an dieser Klangprobe haben. Holtslag hat für jedes Instrument passende Werke ausgewählt, und sich zudem exzellente Mitstreiter gesucht. So wird der Flötist von Elizabeth Kenny, Erzlaute und Theorbe, Rainer Zipperling, Gambe und Barock-Violoncello sowie Carsten Lohff am Cembalo begleitet. Bressan betrachtet Musik zudem als Fortsetzung der Rhetorik mit musikali- schen Mitteln, und nicht als sportliche Übung. Das Ergebnis ist eine außerordentlich spannende, klangschöne CD, die Freunde der Barockmusik begeistern wird.
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