"Bach's cello suites were the first music I ever tried to play on the cello", berichtet Gavriel Lipkind in dem sehr ausführlichen Beiheft zu dieser Produktion. "Coming from a non-musician family of Bach devotees and baroque enthusiasts, there was always a sense of a scientific-spiritual-human truth to be discovered in the music of the ,Supreme Master'."
Der Musiker kam 1977 in Tel Aviv als Kind russischer Auswanderer zur Welt. Er begann mit sechs Jahren, Violoncello zu lernen, und studierte dann bei Lehrern auf drei Kontinenten. Noch als Teenager gewann er zahlreiche Wettbe- werbe und Preise. Doch statt sich in den Erfolg und den Konzert- betrieb zu stürzen, verließ der Cellist die Bühne: Lipkind nahm eine Auszeit. "At this stage of my career I was looking for a chance to go into retreat in order to concentrate on developing certain skills and qualities, the absence of which, I felt, hindered my growth as an artist", erläutert der Musiker seine Entscheidung. Ein Ergebnis dieser künstlerisch keineswegs unproduktiven Zeit ist das eigene Label Lipkind Productions, wo der Cellist nunmehr die Resultate seiner Arbeit veröffentlicht. Ein weiteres Resultat ist diese Aufnahme von Bachs Cello-Suiten.
Im Beiheft erklärt Lipkind umfassend, wie er zu seiner Interpretation gelangt ist. Ein wichtiger Aspekt ist ohne Zweifel ein Phänomen, dass er mit dem Begriff der single-voice polyphony beschreibt: Zu Bachs Zeiten war es durchaus üblich, eine einzelne Stimme zu notieren - und dabei weitere, virtuelle Stimmen zu berücksichtigen, die nicht er- klingen, aber die ein (geübter) Zuhörer trotzdem wahrnimmt. Diese latente Polyphonie nutzt Lipkind als Grundlage seines Musizierens. Das freilich haben vor ihm auch schon andere Cellisten getan.
Was aber unterscheidet diese Interpretation von ihren Aufnahmen? Vielleicht in erster Linie ihre Spiritualität. Theologische Aspekte prägen nicht nur die Überlegungen Lipkinds, sie beeinflussen auch sein Spiel, das durch meditative Ruhe und Tiefgründigkeit beein- druckt. Tänzerische Akzente, wie sie manch anderer Musiker setzt, sind hier nicht vordergründig. Und man muss sagen, auch das Instrument ist eine Wucht.
Lipkind spielt das sogenannte Zihrhonheimer Cello - laut Zettel angefertigt von Aloysius Michael Garani 1702 in Bologna. Dieses Cello klingt eher wild als nett; es scheint keines jener Instrumente zu sein, die aus sich selbst heraus strahlen. Man darf sehr gespannt sein, wie sich das anhören wird, wenn Lipkind darauf Werke von Haydn oder aber Schumann vorstellt.
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