Sonntag, 5. April 2015

Buxheimer Orgelbuch (Oehms Classics)

Ein musikalisches Dokument ganz besonderer Art bringt Joseph Kele- men auf dieser CD zum Klingen. Das Buxheimer Orgelbuch, aufbewahrt bis 1883 im Karthäuserkloster von Buxheim an der Iller, ist um 1460 entstanden. Es enthält mit mehr als 250 Stücken die umfangreichste Sammlung von Tastenmusik aus der Zeit vor 1600. Spielen freilich kann man diese Musik nicht so ohne weiteres, denn sie wurde durch die unbekannten Schreiber in einem sehr eigenen Verfahren notiert: Der sogenannte Cantus, die Oberstimme, wurde in einem Notensystem ausgeschrieben; die anderen Stimmen stehen in Buchstaben darunter. Eine Beispielseite ist in dem sehr informativen Beiheft zu dieser CD abgebildet. 
Die Noten für diese Einspielung wurden von dem Freiburger Musikwissen- schaftler Dr. Michael Belotti, einem Spezialisten für historisches Orgel- spiel, eingerichtet. Er hat Kelemen, der ebenfalls ein Experte in diesem Bereich ist, auch bei der Aufnahme beraten. Vorgetragen werden die ausgewählten Werke möglichst originalgetreu, mit den alten Fingersätzen, also ohne Daumen und kleine Finger zu benutzen, und mit den damals üblichen Verzierungen und Kolorierungen. Auch beschränkt sich Kelemen weitgehend auf passende, zeitgenössische Register. 
Doch welche Orgeln sind in der Lage, solche Anforderungen zu erfüllen? In der St. Andreaskirche in Soest-Ostönnen befindet sich ein derart altes Instrument. Bei holztechnischen Untersuchungen wurde festgestellt, dass die Bäume, aus denen das Gehäuse und Teile der Technik gefertigt worden sind, spätestens 1416 gefällt wurden. Selbst wenn man bedenkt, dass dieses Holz anschließend noch einige Jahre lagern und trocknen musste, ist die Orgel von Ostönne somit eine der ältesten spielbaren Orgeln der Welt. Wer sie errichtet hat, das ist nicht bekannt. 
Die Schwalbennestorgel der Innsbrucker Hofkirche wurde ab 1555 von Jörg Ebert erbaut und 1561 abgenommen. Diese größte, nahezu unversehrt erhaltene Renaissanceorgel Österreichs wurde in den 1970er Jahren durch die Orgelbauwerkstatt Jürgen Ahrend restauriert, wobei frühere Umbauten und Ergänzungen rückgängig gemacht wurden. Sie verfügt heute über 15 Register auf zwei Manualen und Pedal. 

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