Mittwoch, 29. April 2015

Ratis: Dialoghi con l'Angelo (Accent)

Die Canzonette spirituale e morali si cantano nell'Oratorio di Chiavenna erschienen 1657 in Mailand bei Francesco Rolla. Wer sie geschaffen hat, ist nicht bekannt; es wird aller- dings vermutet, dass sie von dem Priester Francesco Ratis geschrieben wurden. Er stammte aus Como, und kam 1638 als Organist der Stiftskir- che San Lorenzo nach Chiavenna. 1667 kehrte Ratis in seine Heimat- stadt zurück, wo er 1676 starb. Er begründete in Como eine Kongrega- tion der Oratorianer. Diese Gemeinschaft setzte bei der Verkündigung sehr stark auch auf die Kraft der Musik. Ihr Begründer, Filippo Romoli Nehri, war Beichtvater Palestrinas. Er schätzte die Volksweisen, ließ aber dennoch gern kunstvoll musizieren, was zur Entstehung einer neuen Gattung führte, des Oratoriums. 
Die Stücke auf dieser CD entstammen ebenfalls der Musizierpraxis dieser Gemeinschaft. Die Canzonette spirituale e morali enthalten polyphone, monodische und in Dialogform komponierte Werke. Die hübschen kleinen Kantaten und Canzonetten, die oftmals durch geschickte Kontrafaktur populärer Lieder entstanden sind, dürften seinerzeit für volle Kirchen gesorgt haben. Wenn sich die Seele, ein Engel und Satan angeregt unterhalten, dann hat das auch für den heutigen Hörer Unterhaltungswert. In einem anderen Dialog befragt das Gewissen die Seele, warum sie denn traurig sei. 
Besonders gelungen ist aber der Dialogo fra l'Angelo et il Musico. In die- sem Stück wird berichtet, dass Sänger, Instrumentalisten und Komponisten besonders gefährdet sind, der ewigen Verdammnis anheimzufallen. Denn, so der Engel, Hochmut und Eitelkeit sind ihre schlimmsten Sünden. Es ist köstlich, wie der Komponist dieses Werkes den vor Angst schlotternden Musicus gestaltet, dem der Engel erklärt, wie er doch noch in den Himmel kommen kann. Die Sänger Cornelia Samuelis und Chiyuki Okamura, Sopran, Franz Vitzthum, Countertenor, Christian Dietz, Tenor und Yorck Felix Speer, Bass sowie die Musiker des Ensembles Nuovo Aspetto unter Michael Dücker gestalten ihre Partien mit Temperament, sehr viel Spiel- freude – und mit ein wenig Augenzwinkern. 

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