Montag, 20. April 2015

Guillemain: Sonates en Quatuors (Raumklang)

Louis-Gabriel Guillemain (1705 bis 1770) war, so berichtet ein Zeitge- nosse, der deutsche Musikwissen- schaftler Friedrich Wilhelm Marpurg, „ein Mann für den keine Schwürig- keit zu groß ist, die er nicht beim ersten Anblick vom Blatte weg, in der möglichsten Vollkommenheit treffen sollte. Seine Compositionen sind ziemlich bizarre, und studirt er täglich darauf, sie noch immer bizarrer zu machen“
Der Geiger war das Ziehkind eines Edelmannes; er war Schüler von Jean-Marie Leclair und Giovanni Battista Somis. 1729 wurde Guillemain Orchestermitglied an der Oper in Lyon, 1734 Konzertmeister in Dijon. 1737 avancierte er zum musicien ordinaire de la Chapelle et le Chambre du Roy in Versailles. Unter den Musikern des Königs stand er auf der Gehaltsliste gleich hinter dem Starviolinisten Jean-Pierre Guignon auf Rang zwei. Dennoch war er mit seinem Dasein nicht wirklich zufrieden; die Bettelbriefe, die er seinen Gönnern schrieb, erinnern fatal an die Mozarts. Schließlich wurde er mit 14 Messerstichen im Körper aufgefunden. Sein Ableben wurde zu einem Selbstmord erklärt, und die Leiche schnell verscharrt. 
Das erscheint ziemlich merkwürdig, zumal der Musiker als Geiger wie als Komponist ziemlich geschätzt war. Das Rätsel um das Lebensende des Musikers werden wir, aus heutiger Perspektive, wohl nicht mehr lösen können. Seine Musik allerdings erscheint weit weniger rätselhaft als sein Lebensweg. Das Ensemble Barockin' hat vier seiner Sonates en quatours eingespielt, zwei davon in Weltersteinspielung. Es sind graziöse, sehr elegante Stücke, durch den Komponisten bestimmt für Traversflöte, Violine, Viola da gamba und Basso continuo. Allzu gelehrte Formen vermied Guillemain ebenso wie krasse Kontraste oder drastischen Affekt-Ausdruck. Dennoch ist seine Musik nicht oberflächlich. Und für den Geiger hält Guillemain allerhand technische Überraschungen bereit. Seine Stärke ist die Melodie, darin brilliert er – und die Musiker des Ensembles Barockin' mit ihm. Ihre Interpretation vereint Musizierlust und Anmut. Bravi!

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