Montag, 18. April 2011

Bernhard: Geistliche Harmonien (Christophorus)

Als Christoph Bernhard (1627 bis 1692) im Jahre 1664 in der Hanse- stadt eintraf, um seine Tätigkeit als Director musices und Kantor an den Hamburgischen Hauptkirchen aufzunehmen, wurde er von den Honoratioren mit ungewöhlichen Ehren empfangen: "Die vornehm- sten der Stadt fuhren ihm, mit
6 Kutschen, biß Bergedorff, zwo Meilen entgegen"
, berichtet Jo- hann Mattheson 
1740 in seiner Grundlage einer Ehren-Pforte. Beeindruckt widmete Bernhard Hamburgs Stadtvätern 1665 sein Opus primum, die Geistlichen Harmonien, Zwanzig deutsche Con- certen von 2. 3. 4. und  5. Stimmen
Die Begeisterung, mit der dieser Kapellmeister in der Hansestadt empfangen wurde, ist nachvollziehbar. Denn Bernhard, Sohn eines Schiffers aus Danzig, war bereits in frühester Jugend in der nord- deutschen Tradition unterwiesen worden. 1649 ging er als Altist an den Dresdner Hof. Zwei Studienreisen führten ihn nach Italien, doch viel wichtiger als die kurze Zeit bei Carissimi erscheint die Tatsache, dass Bernhard Meisterschüler und Protege von Heinrich Schütz war. 1655 wurde Bernhard Vizekapellmeister, doch am Hofe von Kurfürst Johann Georg II. hatten die Italiener klar das Sagen. So ging der Musiker schließlich nach Hamburg, wo er die Kirchenmusik zu den großen Festtagen leitete, und gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen Matthias Weckmann das Collegium musicum zu großem Ansehen führte. 
Nach Weckmanns Tod 1674 kehrte Bernhard dann nach Dresden zurück. Dort wirkte er erneut als Vizekapellmeister, und darüber hinaus als Erzieher und Musiklehrer der Prinzen Johann Georg und Friedrich August. 1681 wurde Bernhard endlich zum Hofkapell- meister ernannt. Und das blieb er, bis zu seinem Tode 1692.
Seinem Opus primum folgte allerdings kein Opus secundum; eine zweite derartige Sammlung hat Bernhard zeitlebens nicht wieder veröffentlicht. Einige Einzelwerke aber sind gedruckt und überliefert. So beauftragte beispielsweise Heinrich Schütz seinen Schüler, eine Motette für seine Beerdigung zu komponieren. Auch für Johann Rist schuf Bernhard eine Begräbnismotette. Viel wichtiger aber als all seine Kompositionen wurden für die Nachwelt seine musiktheore- tischen Schriften. Sie gelten bis heute als bedeutende musikhisto- rische Quelle, weil sie Auskunft über die Kompositionslehre von Heinrich Schütz geben - den schon seine Zeitgenossen als saeculi sui musicus excellentissimus priesen.
In seinen Geistlichen Harmonien vertont Bernhard - ähnlich wie Schütz in den Kleinen geistlichen Konzerten - zumeist biblische Texte. Er folgt dabei den Regeln, die ihm Schütz vermittelt hat, ergänzt aber auch um neue Ideen, die er in Italien kennengelernt hat. Anders als im Werk seines Lehrers ist hier nicht überall mehr das Wort der Herrscher über die Musik. Und im letzten Konzert, dem Dialogus vom vielerlei Samen, vollzieht er bereits den Übergang zur Kantate. Denn hier finden sich erstmals eingeschobene Arien, die den biblischen Dialog mit Reflexionen unterbrechen. 
1995 hat Christian Brembeck diese Werke mit den von ihm 1992 gegründeten Ensembles Parthenia Vocal & Baroque für Christophorus eingespielt. Sie sind nicht ganz so auf den Text konzentriert wie die von Schütz; dieser Eindruck mag freilich auch mit daran liegen, dass die beiden Sängerinnen ausschließlich schöne Töne produzieren - kann schon sein, dass diese Flut von Vokalen auch Konsonanten hat; zu hören sind sie meistens nicht. Bei den Herrn hingegen findet sich Mut zur Gestaltung. So gelingt manch hörenswertes Stück. Von der Intensität freilich, mit der beispielsweise die Kruzianer unter Mauersberger Schütz' Kleine geistliche Konzerte gesungen haben, ist diese Aufnahme weit entfernt. Schade. 

Keine Kommentare: