Sonntag, 21. Februar 2010

Daniel Hope - Mendelssohn (Deutsche Grammophon)

 Was unterscheidet einen Popstar von einem Musiker? Es ist doch offensichtlich: Der Name des Stars steht über allem. Erst Daniel Hope. Und dann, darunter und schlecht zu lesen: Mendelssohn. Auch das Booklet, knallbunt, überschlägt sich schier in Superlativen, und macht einem den jungen Violinisten nicht sympatischer. Ratlos schaut man auf die Homepage des Labels - und erfährt dort, dass Daniel Hope nur deshalb Geige spielt, weil seine Mutter einst einen Job bei Jehudi Menuhin hatte. Wer so beworben wird, der ist nicht wirklich empfohlen.
Für sein Label-Debüt wählte Hope das berühmte Violinkonzert in e-Moll op. 64 - allerdings nicht in der Version, die bislang alle seine Kollegen gespielt haben, sondern in einer "Original-Version" nach einem Autographen aus dem Jahre 1844. Bevor das Konzert 1845 uraufgeführt wurde, folgte der Komponist seinerzeit den Ratschlägen des Solisten Ferdinand David und änderte einige Passagen - nichts wirklich substantielles, eher ein Feintuning, um das Werk noch abzurunden. 
Hope gelingt damit eine "Welt-Ersteinspielung" - ob es das wert war, darf freilich hinterfragt werden. (Wenn Mendelssohn wirklich der Meinung gewesen wäre, dass diese Variante das Original ist - warum hätte er dann dem Publikum eine minderwertige Kopie vorstellen sollen?) Auch sonst finde ich keinen Grund, warum es dieses Repertoire in dieser Besetzung sein muss. Denn Einspielungen dieses Violinkonzertes gibt es wie Sand am Meer, und der Solist kann da nicht wirklich eigene Akzente setzen. Das gilt auch für das Chamber Orchestra of Europe unter Thomas Hengelbrock, das hier in Konkurrenz tritt zu wirklich renommierten Orchestern - und dem Vergleich in diesem Falle nicht gewachsen ist. 
Das auch vielfach strapazierte Oktett für Streicher in Es-Dur, op. 20, eingespielt von Hope mit einigen Mitgliedern des Chamber Orchestra of Europe, folgt ebenfalls der erst unlängst erschienenen revidierten Notenausgabe. "Das Oktett ist sicher das größte Werk, das je von einem Teenager geschrieben wurde, schon aufgrund seines Einfalls- reichtums und Selbstvertrauens", begeistert sich Hope. "Ich mag seine ausladenden Dimensionen, aber erst durch die neue Ausgabe lernte ich Mendelssohns eigene Anweisung kennen, das Oktett sei im Stile einer Symphonie zu spielen. Dass ein 16jähriger so etwas schreiben konnte, zeigt doch, dass er genau wusste was er wollte!" Die Musiker folgen dieser Anweisung - und spielen engagiert, wobei sich Hope bestens in die Solistengruppe einfügt. Eine Sternstunde aber darf man auch hier nicht erwarten; das ist alles ganz solide, aber nicht überragend. 
Die drei Liedbearbeitungen zum Schluss wirken wie Zugaben, während das Publikum eigentlich schon aufgestanden ist, um zu gehen - dabei sind die Stücke wirklich hübsch, und Sebastian Knauer am Flügel begleitet ebenfalls sehr ordentlich. Insgesamt eine CD, die die Welt nicht braucht. Schade.

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