Mittwoch, 16. Januar 2013

Schumann: Dichterliebe; Behle (Capriccio)

Der Zyklus Dichterliebe von Ro- bert Schumann nach Texten von Heinrich Heine gehört zu jenen Werken, die selbst gestandene Interpreten zum Grübeln bringen. Denn im Konzertsaal sind sie ebenso präsent wie auf Tonträger.
"Bei einem so oft gesungenen Werk kann ich nichts Neues erfinden", sagt Daniel Behle. "Was wir aller- dings bewusst angestrebt haben - und das ist mein Credo für alle Liedeinspielungen -, ist die äußer- ste Schlichtheit. Noch mehr als bei Schubert ist es dem Sänger verboten, den Dichter zu verkitschen, die Emotionen zu vergrößern und damit zu vergröbern."
Der Tenor Daniel Behle präsentiert sich auf dieser CD als ein großarti- ger Liedersänger, der zwischen Schuberts Heidenröslein und Schu- manns Im Rhein, im heiligen Strome eine Vielzahl von Ausdrucks- nuancen aufzeigt. Besonders beeindruckend ist Schuberts Lied Nachthelle für eine Singstimme und vierstimmigen Männerchor mit Begleitung des Pianoforte. Hier erfreuen zwölf Herren des Rias-Kammerchores mit kraftvollem Chorgesang, über den sich strahlend die Solostimme erhebt. 
Schumanns Dichterliebe singt der lyrische Tenor Daniel Behle mit edlem Timbre und analytischem Blick in die Partitur. Seine schlanke, fokussierte Stimmführung und insbesondere auch der Klang seiner Stimme in der Höhe erinnern an Wunderlich - was der Sänger natürlich weiß, und was aber gerade Anlass sein sollte, Wunderlichs Schmachtseufzer nicht zu kopieren. Ansonsten ist Behles Gesang von Manierismen erfreulich frei. 
Mit dem norwegischen Pianisten Sveinung Bjelland steht Behle ein exzellenter Klavierbegleiter zur Seite. Die beiden haben 2009 bereits eine weitere Schubert-CD aufgenommen. Ihre Version des Lieder- zyklus Die schöne Müllerin sollte man vom Ende her hören. Bjelland macht den Bach zu einem Protagonisten des Kammerspiels um den Müllerburschen, der sich aussichtslos in eine Beziehung verrennt, die - daran lässt die Musik keinen Zweifel - niemals bestanden hat. Wenn das Wasser am Ende sein Lied singt, dann ist das hier das Finale jenes Dialoges, den der Müller zu Beginn des Liederzyklus mit dem Bach geführt hat. Und um den Eindruck abzurunden, haben die Musiker noch Auf dem Strom angefügt, ein Rellstab-Lied, das im Konzert selten zu hören ist, weil Schubert eine Stimme dem Solo-Horn zugewiesen hat. Den anspruchsvollen Horn-Part hat auf der CD Ab Koster übernommen. 

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