Johann Ludwig Krebs (1713 bis 1780) war ein Schüler von Johann Sebastian Bach – ein besonders geschätzter wohlgemerkt; der Meister selbst soll über ihn gesagt haben, er sei „der beste Krebs in meinem Bach“. Krebs war der Sohn eines Kantors aus Buttelstedt bei Weimar. 1726 wurde er Schüler an der Leipziger Thomas- schule, und dazu Bachs Hausgenos- se, Freund und Notenkopist. Krebs studierte nach seinem Schulabschluss in Leipzig noch zwei Jahre Philoso- phie und ging dann als Domorganist nach Zwickau. 1742 bewarb sich der junge Musiker um die Stelle an der Dresdner Frauenkirche mit ihrer phantastischen Silbermann-Orgel. Er erhielt auch die Zusage, aber er nahm sie nicht an – man darf vermuten, dass wohl die Besoldung gar zu schmal bemessen war. 1743 wechselte Krebs schließlich nach Zeitz als Schlossorganist. Dort musste er sich allerdings mit einem maladen Instrument herumplagen.
Nach Bachs Tod bewarb sich Krebs vergebens um seine Nachfolge als Thomaskantor. Auch eine Bewerbung in Zittau hatte keinen Erfolg. Schließlich erhielt der Organist eine Anstellung am Hofe Friedrichs III., Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg. Und in Altenburg, wo Krebs bis an sein Lebensende wirkte, hatte Tobias Heinrich Gottfried Trost in der Schlosskirche erst 1739 eine wirklich prachtvolle Orgel fertiggestellt.
Warum die Werke dieses wohl wichtigsten Orgelvirtuosen nach Bach heute so wenig bekannt sind, das gehört zu den Rätseln der Musikgeschichte. Der Hamburger Organist Jan von Busch stellt auf dieser CD einige seiner Kompositionen vor: Die Sonatinen WV 801 bis 806 – Krebs veröffentlichte diese Werke als dritten Teil seiner Clavier-Übung – und die Sonaten WV 832 bis 837. Eigentlich sind sie für Cembalo geschrieben; aber im 18. Jahrhundert bezeichnete das Wort Clavier alles, was über Tasten gespielt wurde. Insofern ist es legitim, auszuprobieren, wie diese Musik auf der Orgel klingt.
Ausgesucht hat Jan von Busch dafür ein Instrument des Thüringer Orgelbauers Johann Georg Stein. Er kam 1712 in Berlstedt bei Weimar zur Welt, und hat nach 1745 in Norddeutschland einige Orgeln errichtet. So hat man vor einigen Jahren erkannt, dass eine kleine, einmanualige Orgel mit neun Registern ohne Pedal im mecklenburgischen Warlitz von diesem Orgelbauer stammt. Als dieses Instrument 2004 durch die Dresdner Firmen Jehmlich und Wegscheider restauriert wurde, stellte sich heraus, dass der innere Pfeifenbestand komplett erhalten geblieben ist – und zudem nie auf ein „moderneres“ Klangbild umintoniert worden ist. Damit vermittelt nun auch diese CD ein authentisches Klangbild aus dem späten 18. Jahrhundert. „Gerade angesichts der Tatsache, dass besonders Thüringen noch heute reich an erhaltenen Barockorgeln ist,wirkt es fast wie Ironie, dass die in Mecklenburg erhaltene Stein-Orgel besser erhalten ist als fast jede andere thüringische Barockorgel“, meint der Organist im Beiheft. „Auch innerhalb der an historischen Orgelinstrumenten ebenfalls reich gesegneten mecklenburgischen Orgellandschaft steht das Warlitzer Instrument einzig da: Hier liegt wohl der einzige erhaltene barocke Dulcian wie auch mit der Saliciena das einzige erhaltene barocke Streichregister Mecklenburgs vor. Beide Register sind zudem in Bass und Diskant geteilt: Dies ermöglicht es, bei passendem Tonumfang der Musik eine zweimanualige Anlage vorzutäuschen.“ Jan von Busch nutzt Krebs' Musik nicht zuletzt, um dem Hörer diese Orgel vorzustellen, die viele Jahre verstummt war, um nun umso schöner wieder zu erklingen. Eine muster- gültige Einspielung, die ich ringsum erfreulich finde.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen