Werke für Sopran, Alt, Tenor und Bass mit Klavierbegleitung hat Johannes Brahms in erstaunlich großer Zahl komponiert. Betrachtet man die Noten, so scheinen diese Vokalquartette eher zum Musizieren in geselliger Runde als zum Vortrag im großen Konzertsaal bestimmt zu sein. Die Gesangspartien sind anspruchsvoll; auch der Klavierpart, oftmals vierhändig, ist keine simple Kost. Wenn sich also Laien an diese Werke gewagt haben, dann müssen sie schon sehr versiert gewesen sein.
Für Chöre jedenfalls dürfte Brahms seine Vokalquartette nicht geschrieben haben. Dennoch wagt sich Jörg Straube mit dem Norddeutschen Figuralchor nun an diese Werke. Das ist nur konsequent – schließlich hat das Ensemble für seine Einspielung der geistlichen Chormusik von Brahms bereits den Echo Klassik erhalten. So beginnt der Norddeutsche Figuralchor nun seine Gesamteinspielung der weltlichen Vokalquartette des Komponisten, bei Dabringhaus und Grimm aufnahmetechnisch in allerbesten Händen, mit den Zigeunerliedern op. 103, ergänzt um die Quartette op. 31, 64, 92 und 112.
Die Zigeunerlieder waren seinerzeit ein großer Erfolg – auch für Brahms' Verleger Simrock. Sie haben ihren Ursprung in einer Sammlung unga- rischer Volkslieder, die der Wiener Kaufmann Hugo Conrat in einer deutschen Version veröffentlicht hat. Brahms schätzte die ungarischen Klänge, sie finden sich in seinem Werk immer wieder. Bei den Zigeunerliedern verknüpfte der Komponist eingängige, aber zündende Melodien mit wildem, exotisch anmutenden magyarischem Kolorit, und mitreißender Rhythmik. Auch die Klavierbegleitung malt nach Kräften mit an dieser Geschichte aus dem wild-romantischen Zigeunerleben. Hier greift Markus Bellheim gekonnt in die Tasten; seine Klavierbegleitung ist ein Ereignis.
Die Texte dieser Gesangsstücke kreisen, mehr oder weniger züchtig und mehr oder minder konkret, um Liebe, Sehnsucht und Leidenschaft. Das angemessen und mit Ausdruck vorzutragen, ist bereits für Gesangssolisten eine Herausforderung. Für einen Chor – und sei er technisch noch so gut, und perfekt vorbereitet – wird das schwierig; es reicht eben nicht aus, die richtigen Töne schön zu singen, mal laut, und mal leiser. Das Spiel mit Text und Untertext, der Einsatz passender Klangfarben, das ist für den musikalischen Ausdruck wichtig – und im Chor kaum machbar. Brahms wusste schon, warum er seine Vokalquartette von Solisten gesungen haben wollte.
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