Johann Wenzel Kalliwoda (1801 bis 1866) gehörte zum ersten Schüler-Jahrgang des Konservatoriums in Prag. Der junge Musiker spielte exzellent Geige; und schon bald spielte er eigene Werke, wenn er als Solist vor das Publikum trat. 1822 ging er erstmals auf Konzertreise. Dabei machte er Station in Donau- eschingen, wo er seinen Bruder besuchte – nicht ganz zufällig, denn dieser arbeitete in der fürstlichen Kanzlei, und Hofkapellmeister Conradin Kreutzer hatte soeben seinen Posten verlassen. Kalliwoda durfte sich im Hofkonzert vorstellen, und er wurde sogleich engagiert.
Obwohl der Musiker im Laufe seines Lebens zahlreiche attraktive Angebote erhielt, blieb er 44 Jahre lang in dieser Position, bis zu seiner Pensionie- rung im Jahre 1866. Fürst Karl Egon II. von Fürstenberg wusste seinen Kapellmeister zu schätzen, und bewilligte diesem zeitlebens großzügig, was er erbat – sei es eine Gehaltserhöhung, oder Urlaub für eine Konzertreise. Allerdings brachte die Revolution 1848 das Musikleben in Donaueschin- gen zum Erliegen; auch in späteren Jahren erreichte die Hofkapelle wohl nicht wieder ihr früheres Niveau. Kalliwoda, der ab 1854 mit seiner Familie in Karlsruhe lebte, war schon in seinen besten Jahren aus der Mode geraten. Dabei umfasst sein Werkverzeichnis 243 Kompositionen mit Opuszahlen, und mehr als 200 weitere, zumeist ungedruckte Werke. Schon in den 1840er Jahren wurde diese Musik immer weniger gespielt; heute ist sie in Vergessenheit geraten.
Das mag mit daran liegen, dass Kalliwoda einer Generation angehört, die sozusagen im Schatten Beethovens komponierte – und dann durch die Romantiker abgelöst wurde. Erst allmählich wird Musik aus jenen Jahren wiederentdeckt. Diese CD macht deutlich, dass sich die Mühe auch lohnt. Denn die Kölner Akademie unter Michael Alexander Willens präsentiert hier drei der 24 Ouvertüren Kalliwodas. Der Musiker hat sich mit dieser Gattung intensiv beschäftigt; er schrieb seine Ouvertüren, um damit Sinfoniekonzerte zu eröffnen. Es sind musikalische Amuse-Gueules, Grüße also an das Publikum aus der Werkstatt des Komponisten; sie sollen neugierig machen auf das Nachfolgende, aber selbst dabei nicht zuviel Gewicht haben. Diese Aufgabe hat Kalliwoda geschickt gelöst, wie die Beispiele zeigen.
Erstaunlich erscheint, dass der Musiker eine Gattung sorgsam mied: Kalliwoda hat nur ein einziges Violinkonzert geschrieben, in jungen Jahren. Für sein Solo-Instrument schrieb er andere Werke, wie Rondos, Variationen oder Concertini, verkürzte Konzerte mit einem knapp gehaltenen ersten Satz, nicht unbedingt in Sonatenhauptsatzform, und mit einem dritten Satz, der ebenfalls relativ kurz gestaltet ist. Ariadne Daskalakis stellt gemeinsam mit der Kölner Akademie zwei dieser Concertini vor; sie sind beide weder besonders kurz, noch verzichten sie auf virtuose Passagen. Offenbar war Kalliwoda die gestalterische Freiheit wichtiger als das Etikett. Daskalakis spielt flüssig und mit Esprit; das reicht aus, um die hübschen Stücke ansprechend zu präsentieren. Im Beiheft allerdings ist dem Label diesmal einiges durcheinander geraten, mit etwas Sorgfalt beim Korrekturlesen wäre diese Wirrnis sicherlich zu vermeiden gewesen.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen