Donnerstag, 29. Dezember 2016

Telemannische Hauspostille (Rondeau)

Für eine Produktion zum Reforma- tionsjubiläum 2017 haben sich vier gestandene Musiker zusammengetan: Bassbariton Klaus Mertens, Thomas Fritzsch, Viola da Gamba, Stefan Maass, Barocklaute, und Organist Michael Schönheit haben aus dem Werk des Hamburger Musikdirektors und Kantors am Johanneum Georg Philipp Telemann (1681 bis 1767) ein Programm zusammengestellt, das einen tiefen Einblick in Glaubenswelt und Frömmigkeit jener Zeit gibt. 
Ausgangspunkt für die Überlegungen der Musiker war jene Kollektion von Arien aus dem Kantatenjahrgang 1726/27, die Telemann aus den ursprünglichen Zusammenhängen gelöst und in Bearbeitungen für Sing- stimme und Generalbass publiziert hatte. Sie folgt auf den Harmonischen Gottesdienst und ist auch unter dem Titel Harmonisches Lob Gottes bekannt. „Trotz meiner tiefen Verbundenheit mit barocker Dichtung und ihren geistlichen Inhalten und Bezügen fiel es mir mitunter schwer, Textaussagen der nunmehr aus dem Kantatenzusammenhang heraus- getrennten Arien zu verstehen“, schreibt Thomas Fritzsch im Beiheft zu dieser CD. „Die Vermutung, ja Gewissheit, dass ich solche Verständnis- schwierigkeiten mit musikliebenden und -kennenden Menschen der Gegenwart teile, erweckte in mir den Wunsch, ausgewählte geistliche Arien in den Kontext kurzer Hausandachten zu stellen, die jeweils dem durch das Tagesevangelium bestimmten Leitgedanken folgen.“ 
Und so haben die Musiker die Arien um Choralvorspiele und Choräle sowie knappe Lesetexte ergänzt. So sind beinahe wieder kleine Kantaten entstanden, allerdings nicht für den öffentlichen Gebrauch, sondern für den privaten Raum. Eingespielt wurde die Aufnahme in der Kirche „Zur frohen Botschaft“ in Berlin-Karlshorst. Dort befindet sich eine einzigartige Orgel – das 1755 von Johann Peter Migendt und Ernst Julius Marx für Prinzessin Anna Amalie von Preußen errichtete Instrument mit 22 Re- gistern, zwei Manualen und Pedal, 2009/10 durch den Dresdner Orgelbauer Kristian Wegscheider restauriert. Die Amalien-Orgel ist die einzige Orgel aus dem 18. Jahrhundert, die in Berlin erhalten geblieben ist. 
Michael Schönheit spielt sie meisterlich; doch auch Thomas Fritzsch und Stefan Maas sind bekanntlich Virtuosen. Und Klaus Mertens genießt als Sänger zu Recht hohes Renommée. Sorgsam gestaltet er, und gemeinsam mit den Könnern am Continuo macht er aus Arien und Chorälen facetten- reiche kleine Juwelen des Glaubens. So ist diese Aufnahme weit mehr als eine Reise in die Geschichte der evangelischen Kirchenmusik, die mit Martin Luther und „Urkantor“ Johann Walter noch einmal 200 Jahre vor Telemann begonnen hatte. 

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