Der Titel bezieht sich aber auch auf die Musikgeschichte. So erschien 1968 „Music as a Gradual Process“, ein Aufsatz von Steve Reich, in dem der amerikanische Komponist schrieb: „I am interested in perceptible processes. I want to be able to hear the process happening throughout the sounding music. To facilitate closely detailed listening a musical process should happen extremely graduality.” Dieser viel beachtete Text gilt als Geburtsurkunde der Minimal Music.
Dass Repetition in der Musikgeschichte auch schon viel früher als formbildendes Prinzipien genutzt wurde, verdeutlicht diese Einspielung: Die Lautten Compagney verbindet Musik der Frührenaissance mit Minimal Music. Musiziert wird überwiegend mit dem Instrumentenbestand der „Alten“ Musik. Doch auch ein Saxophon sowie Schlagwerk sind beteiligt; die Aufnahme zeigt, dass Moderne nur ein Etikett ist – alle Werke können mit diesen Klängen durchaus faszinierend wirken. In scheinbar endloser Reihe folgen aufeinander Kompositionen von Philip Glass, John Cage, Meredith Monk, Steve Reich, Peter A. Bauer, Wim Mertens und Guillaume Dufay. An Anfang und am Ende steht Glass‘ Train To Sao Paulo – exzellente Filmmusik, man sieht den Zug förmlich vor sich. Und dann verknüpft die Lautten Compagney mit der „Neuen“ Musik gekonnt und beständig sorgsam ausgewählte Kompositionen von Dufay. Diese Circle Line über Jahrhunderte funktioniert ganz erstaunlich gut. Derart kenntnisreich verschachtelt, arrangiert, kombiniert und übereinander gelegt, ist am Ende das Ergebnis mehr als die Summe aller Teile – was für ein Kunstwerk, bravi!
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