Agrippina, 1709 in Venedig urauf- geführt, war das letzte Werk, das Georg Friedrich Händel in Italien vollendet und aufgeführt hatte. Die Oper war ein Triumph; es gab etwa 30 Vorstellungen am Teatro Grimani di San Giovanni Grisostomo. Eigentlich war Händel nach Venedig gereist, um eine Oper von Antonio Lotti anzuhören. Doch dann ließ er sich wohl dazu überreden, das Libretto von Agrippina zu vertonen. Es stammt von Kardinal Vincenzo Grimani, Vizekönig von Neapel und Besitzer des Theaters, und hat beachtliche Qualitäten: Eine straffe Handlung, starke Charaktere, große Gefühle, jede Menge Intrigen, eine große Portion Komik und permanente Ironie – die Grundlage für eine großartige Musik. Und obgleich Händel dafür überwiegend schon Vorhandenes wiederverwendet haben soll, erweist sich der Komponist einmal mehr als brillant darin, menschliche Eigenschaften und Gefühle hörbar zu machen.
Händel hat diese Oper in späteren Jahren nie wieder aufgeführt; er hat lediglich einige der Arien in Rinaldo und Il pastor fido, zwei frühen Londoner Opern, noch einmal genutzt. Agrippina ist auch auf der Opern- bühne heute eine Rarität. Eigentlich ist das schade, wie ein Mitschnitt beweist, der bei den Göttinger Händelfestspielen 2015 aufgezeichnet worden ist. Es handelt sich dabei um die Weltersteinspielung nach der neuen kritischen Hallischen Händel-Ausgabe.
Zu hören sind Ulrike Schneider als ehrgeizige Agrippina, die unbedingt ihren Sohn Nerone zum Kaiser machen will, Ida Falk Winland als Poppea, João Fernandes als Claudio, und die Countertenöre Christopher Ainslie und Jake Arditti als Ottone und Nerone. Es musiziert das Festspiel- orchester Göttingen unter Laurence Cummings. Die sehr ansprechend gestaltetet Box mit drei CD ist bei Accent erhältlich.
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