Am 31.Dezember 2016 nahm Marek Janowski mit Beethovens Neunter seinen Abschied als langjähriger Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin. Mit diesem Ensemble hatte er im Berliner Mu- sikleben deutliche Akzente gesetzt; so hat Janowski die Opern von Richard Wagner konzertant aufgeführt – mit einem handverlesenen Sängerensem- ble, und, da ohne szenisches Geschehen, gänzlich auf die Musik konzentriert.
Am 23. Dezember 2016 ließ er darauf Engelbert Humperdincks Märchen- oper Hänsel und Gretel folgen, erneut in einer konzertanten Vorstellung, deren Mitschnitt nun bei Pentatone veröffentlicht wurde. Das bunte Bild auf dem Cover aber täuscht - denn Janowski ging es leider mitnichten um eine reizvoll-magische Kinder-Weihnachtsoper. Auch wenn der Kinderchor der Staatsoper Unter den Linden, geleitet von Vinzenz Weissenburger, wunderbar gesungen hat. Aber diese Vorstellung war wohl eher für ein ergrautes Publikum bestimmt, das die Magie vor allem in der engen Verbindung zwischen Humperdinck und Richard Wagner sah.
Denn Janowski stellte diese Verknüpfung in den Vordergrund; er spürte den Wagner-Anklängen feinsinnig nach. Und er fand eine Menge Stellen, wo man es wagnern lassen kann - so massiv war mir das noch nie aufgefallen, und es ist die Frage, ob dies wirklich musikalisch derart zentral ist.
Denn im Gegenzug ließ der Dirigent dafür so manches zurückstehen, was Humperdinck ausgemacht hätte. Bei aller Inspiration durch das Erlebnis Bayreuth - aber ist er nicht doch deutlich mehr als nur ein Wagner-Epi- gone? So gab es also, auf den Tag genau 123 Jahre nach der Uraufführung durch die Staatskapelle Weimar unter Richard Strauss, in der Philhar- monie mit dem trefflich musizierenden Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin ein Kinderstuben-Weihfestspiel: „Reisbrei! Reisbrei!“ statt „Rhein- gold! Rheingold!“
Der Live-Mitschnitt bietet reichlich Drama; man höre nur die Auftritte von Ricarda Merbeth als verzweifelte Mutter und Albert Dohmen als angesäuselter Vater. Großes Kino! doch leider versteht man bei Frau Merbeth kaum ein Wort. Der Text aber ist nun einmal Bestandteil des Gesamtkunstwerkes Oper, daran ist nicht zu rütteln.
Alexandra Steiner als Gretel und Katrin Wundsam als Hänsel hält man beim Anhören vom Timbre her für eine vertauschte Besetzung – und zu Kindern im Grundschulalter passen diese vibratoreichen, hubraumstarken Stimmen gleich gar nicht. So mangelt es den Szenen der Kinder an Verspieltheit und an Charme, wallalaweia. Auch bei diesen Sängerinnen lässt zudem die Textverständlichkeit erheblich zu wünschen übrig.
Als Sandmännchen ist Annika Gerhards zu hören, und Alexandra Hutton als Taumännchen. Die Partie der Knusperhexe gestaltet Christian Elsner – und er übernimmt diese Aufgabe mit Hingabe. Der Tenor hat hörbar Spaß an dem so gar nicht netten Treiben der Rosine Leckermaul, und so kann sich beim dritten Akt endlich auch ein Zuhörer amüsieren, der Wagner womöglich weniger wonniglich findet. Das ist unter dem Strich allerdings enttäuschend; insgesamt finde ich diesen Live-Mitschnitt so gar nicht zauberhaft. Schade!
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