In den Jahren 1502 bis 1504 reiste Philipp von Österreich, genannte „der Schöne“, mit seinem Hofstaat von Spanien über Frankreich nach Brüssel. Dabei stattete er 1503 seinem Vater, Kaiser Maximilian, in Innsbruck einen Besuch ab. Das war ein großes Ereignis und ging wie jeder Staatsakt mit Turnieren, Jagden, allerlei Feierlichkeiten und natürlich auch Gottesdiensten einher. Bekannt ist, dass am 17. September 1503 die Hofkapellen beider Herrscher gemeinsam ein Hochamt in der Innsbrucker St. Jakobs-Pfarrkirche gestalteten. Auch in den nachfolgenden Tagen musizierten sie mehrfach zusammen.
Und das war ohne Zweifel ein musikalisches Gipfeltreffen – denn die beiden Hofkapellen gehörten zum Besten, was das Abendland seinerzeit zu bieten hatte. So reisten mit Philipp 39 Musiker, darunter elf Trompeter, und zusätzlich Kapellknaben. Auch Maximilian beschäftigte zahlreiche Könner ihres jeweiligen Faches.
Welche Wirkung es auf das Publikum hatte, wenn sie gemeinsam musizierten, davon vermittelt diese CD einen ungefähren Eindruck. Denn die Capella de la Torre unter Leitung der Oboistin Katharina Bäuml hat sich an eine Rekonstruktion der Feierlichkeiten gewagt. Als Schauplatz dafür wurde die Hofkirche Innsbruck ausgewählt, auch wenn sie damals noch nicht stand – aber sie ist heute der einzige verbliebene Renaissance-Sakralbau der Stadt, und dort befindet sich auch die älteste erhaltene Orgel Österreichs. Zentrale Werke der Einspielung sind insbesondere die Missa Virgo Prudentissima von Heinrich Isaac und die Missa pro fidelibus defunctis von Pierre de la Rue; die beiden Musiker waren Mitglieder der beteiligten Hofkapellen.
„Wie in einem Zeitraffer lassen wir die knapp vier Wochen von September bis Oktober 1503 Revue passieren“, berichtet das Beiheft: „Auf den Einzug der Fürsten mit ihrem Hofstaat und ihren Kapellen folgt der feierliche Gottesdienst, ein Bankett mit ausgelassener Tafelmusik schließt sich an und das Requiem für Hermes Sforza bildet den Schlusspunkt der Festlichkeiten. Wir haben versucht, einen möglichst vielfältigen Eindruck von der Klangpracht eines außergewöhnlichen, musikhistorisch denkwürdigen Ereignisses der Hochrenaissance zu geben. Dazu sind unterschiedliche Klanggruppen aufgeboten: Eine ,Alta Capella' mit Blasinstrumenten der Zeit, Singknaben und hervorragende Gesangssolisten.“
Die Capella de la Torre musiziert daher gemeinsam mit den Sängern Kai Wessel, Bernd-Oliver Fröhlich, Harry van Berne und Matthias Lutze sowie den Wiltener Sängerknaben, einem Innsbrucker Knabenchor, dessen Geschichte bis ins 13. Jahrhundert zurück reicht. Die Einspielung entführt den Hörer in die Klangwelt des Innsbrucker Hofes unter Kaiser Maximilian, und sie beeindruckt noch heute durch ihre enorme Klangpracht. Überwältigend!
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen