Wenn die Trompeten und Pauken der Herrscher gemeinsam mit den Oboen der Hirten musizieren, dann ist wieder einmal Weihnachten. Das Fest verbindet Himmel und Erde, Arme und Reiche, und Menschen aus der ganzen Welt. Ludwig Güttler war es deshalb ein Anliegen, auf eine Tradition europäischer Musik hinzuweisen, die man aus heutiger Sicht oftmals vergisst: Musik überschreitet Grenzen. Und Musiker in Europa haben schon immer über Grenzen geschaut.
Flämische Musiker inspirierten Italiener, deutsche Musiker lernten in Italien, Musiker aus Böhmen waren nicht nur in Österreich sehr begehrt, und der französische Hof bot mit seiner Pracht und seinem Sonnenkönig ein Vorbild, das europaweit vielfach kopiert wurde. Händel stammte aus Halle an der Saale, er war schon in Italien erfolgreich, und er ging schließlich nach England. Hasse stammte aus Bergedorf bei Hamburg; in Italien wurde er – nach heutigen Maßstäben – zum Star, und er wirkte schließlich in Dresden.
Bachs weiteste Reise ging nach Lübeck. Doch in seiner Musik griff er, ebenso wie sein Kollege Telemann und viele andere, Anregungen aus Italien ebenso auf wie die neuesten Trends aus Frankreich. Denn nicht nur Musiker reisten von Rom bis nach St. Petersburg, von Stockholm bis Madrid und von Wien bis London quer durch Europa. Auch Noten wurden eifrig studiert, kopiert und weitergegeben.
„Europa cantat“, überschrieb Ludwig Güttler seine neuen CD, Europa singt. Und das prägt auch die Musikauswahl: „Mir war es wichtig, Komponisten zu versammeln, die den Europagedanken zum Ausdruck bringen, sei es in ihrer Herkunft, ihrer Ausbildung, den Reisen und Umzügen nach unterschiedlichen Wirkungsorten“, sagt Güttler. Und so fasst der Trompeter und Dirigent auf dieser CD barocke Weihnachtsmusiken aus verschiedenen Regionen Europas zusammen, die verdeutlichen, wie gut doch seinerzeit der kulturelle Austausch europaweit funktionierte.
Werke namhafter Komponisten wie Bach, Händel und Telemann stehen dabei neben denen weniger bekannter Musiker, wie Pietro Torri, Pavel Josef Vejvanovský oder William Brade. Im Laufe seiner langen Musiker- karriere hat Güttler etliche davon in Archiven wiederentdeckt und mit seinen Ensembles aufgeführt. Dort sind aber auch weiterhin Schätze zu heben, meint der Musiker: „Der Fundus an Meisterwerken ist riesig“, unterstreicht Güttler. „Wir dürfen heute mit unseren Taschenlampen Lichtkegel darauf richten.“
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