Louis Spohr (1784 bis 1859) gehört zu jenen Komponisten, deren Werk derzeit allmählich wieder durch Musiker entdeckt wird. Dabei erweist sich, wie sehr das Repertoire durch diese Werke bereichert wird, die lange im Kon- zert überhaupt nicht zu erleben waren.
Dass die Musikwelt auf diese Verluste aufmerksam wird, das ist nicht zuletzt das Verdienst einiger sehr engagierter Labels. So hat beispielsweise cpo bereits sämt- liche sinfonischen Werke von Louis Spohr in Neueinspielungen veröffentlicht. Auch für die Edition der Violinkonzerte durch cpo gab es großen Beifall.
Nun haben Ingolf Turban und Kolja Lessing eine CD mit Werken für Violine und Klavier vorgelegt. Sie zeigt uns, dass der Violinvirtuose und Hofkapellmeister Spohr auch beim Klavier eher die Diskant- register, klanglich transparente Strukturen und Eleganz bevorzugte. Im Zusammenspiel mit der Violine bekam das Klavier zudem nicht mehr die führende Stimme, der sich die Violine beiordnet. Spohr folgte nicht mehr dem Modell der Sonata per pianoforte con accompagnamento di violino, sondern er weist schon mit Titeln wie Duo concertant darauf hin, dass beide Partner gleichermaßen mit virtuosen Partien vor das Publikum treten.
Und auch wenn das Anfang 1837 in Kassel komponierte Grand Duo concertant op. 112 klassischen Prinzipien folgt, von der Sonaten- hauptsatzform im ersten Satz bis hin zum abschließenden Rondo, so klingt das Werk doch ausgesprochen vergnügt und naturverbunden. In den Sechs Salonstücken op. 135 aus den Jahren 1846/47 sind ebenfalls Passagen zu hören, die an Reiseerinnerungen denken lassen. Was Spohr freilich von allzu romantischen Ideen hält, das kann der Hörer am zweiten Teil des Grand Duo concertant erkennen, einem Larghetto, in dem der Komponist zunächst eine biedermeierliche Idylle aufbaut - um sich dann deftig darüber lustig zu machen.
Ingolf Turban und Kolja Lessing erweisen sich als ideale Besetzung für dieses charmante, aber gelegentlich auch doppelbödige Repertoire. Anders als die Werke Paganinis, wo die Virtuosität stets im Vorder- grund steht, fordert die Musik von Spohr deutlich mehr als Finger- akrobatik. Turban macht deutlich, dass virtuose Passagen bei Spohr immer Bestandteil einer musikalischen Idee sind. Doppelgriffe und Trillerketten sind hier Gestaltungsmittel, und nicht Turnübungen. Und wenn Turban auf einen allzu satten, "romantischen" Ton zumeist verzichtet, dann wirkt dies mitunter wie der Kommentar zum Kommentar. Auch das ist Rezeptionsgeschichte. Wie kühn und modern Spohr komponierte, das zeigt vor allem das Adagio WoO 37 mit seinen harmonischen Überraschungen.
Turban und Lessing haben gemeinsam schon mehrere CD eingespielt. Diese künstlerische Partnerschaft ist möglicherweise gerade deshalb so fruchtbar, weil Kolja Lessing selbst Geiger ist. Wie eine amüsante Fußnote wirkt es, wenn er hier Spohrs einzige Miniatur für Klavier solo spielt, das heiter-beschwingte Rondoletto op. 149.
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