Eine dicke Box mit Werken von Alessandro Scarlatti (1660 bis 1725) veröffentlicht dieser Tage Brilliant Classics. Der Neapolitaner war einer der wichtigsten und erfolgreichsten Vokalmusik-Komponisten des ausgehenden Barocks – Grund genug, in diesem Blog endlich einmal ausführlicher über ihn zu berichten.
Scarlatti, der einer Musikerdynastie entstammte, kam auf Sizilien zur Welt. 1672 zog die Familie um nach Rom; dort erhielt Alessandro 1678 erstmals eine Anstellung als Kirchenkapellmeister, und heiratete. Ein Jahr später erklang im Palazzo Bernini seine erste Oper, und auch mit seinen Solokantaten begeisterte Scarlatti den römischen Adel. Königin Christine von Schweden, die in Rom lebte, ernannte ihn zu ihrem Hof- kapellmeister. 1683/84 wurde er Kapellmeister am Hofe des Vizekönigs in Neapel, wo er bis 1702 wirkte. Für diesen sowie für verschiedene andere Gönner komponierte er unter anderem etwa 40 Opern, und dazu eine Vielzahl anderer Musikstücke.
1703 kehrte er nach Rom zurück; zu diesem Zeitpunkt waren Opern- aufführungen in der Heiligen Stadt bereits vom Papst verboten worden. Und so widmete sich Scarlatti in Rom in erster Linie der geistlichen Musik. Im Karneval 1707 versuchte der Komponist aber, mit zwei Opern das Publikum in Venedig zu begeistern. Dabei verwendete er französische Vorbilder, was beim Publikum wenig Begeisterung auslöste.
Ab 1708 regierten nicht mehr die Spanier, sondern die Österreicher als Vizekönige in Neapel, und Scarlatti wurde erneut Hofkapellmeister. Von 1717 bis 1722 hielt sich der Komponist wohl überwiegend in Rom auf; seinen Lebensabend allerdings verbrachte er in Neapel. Scarlatti hatte neun Söhne; der bekannteste davon ist sicherlich Domenico Scarlatti, ebenfalls Komponist und Cembalist.
Zu Lebzeiten war Scarlatti berühmt insbesondere für seine Opern; im Laufe seines Lebens schuf er mehr als hundert dieser Werke. In dieser Box sind sie nicht mit enthalten. Die 30 CD bieten ansonsten einen umfassenden Überblick über das Schaffen des Komponisten. So sind allein auf sechs CD Werke für Tasteninstrumente zu finden, eingespielt auf Cembalo und Orgel von Francesco Tasini. Umfangreich vertreten sind auch die Oratorien Scarlattis; zu hören sind hier teilweise namhafte Solisten und Ensembles, wie der Nederlands Kamerkoor unter Harry van der Kamp, La Stagione unter Michael Schneider, oder das Alessandro Stradella Consort unter Estévan Velardi. Letzteres überrascht sogar mit mehreren Weltersteinspielungen, was man in einer solchen Sammelbox eher nicht vermutet hätte.
Einspielungen der Geistlichen Konzerte op. 2 und einer Auswahl an Kammerkantaten runden das Angebot an Vokalmusik ab. Wenn man bedenkte, dass Scarlatti fast 800 derartiger Kantaten geschrieben hat, dann ahnt man, wie vieles da in Zukunft noch zu entdecken sein wird.
Das Ensemble Insieme Strumentale di Roma unter Giorgio Basso kombiniert auf seiner CD zwei Kantaten, gesungen von der Altistin Gabriella Martellacci, mit zwei Flötenkonzerten und zwei Sonate a quattro. Letztere gelten als Vorläufer des Streichquartettes. Auf den beiden ersten CD erklingen zudem die zwölf Sinfonie di concerto grosso (1715). Zu hören ist hier die Capella Tiberina.
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