Dienstag, 22. Juni 2010

Otto Nicolai: Il Templario (cpo)

Schon bei den ersten Takten reibt man sich verwundert die Augen: Das soll ein Otto Nicolai sein? Musik aus der Feder des Begrün- ders der Wiener Philharmoniker?? Von dem Komponisten, der Die lustigen Weiber von Windsor schrieb??? 
Ouvertüre, Eingangschor und auch die folgenden Arien hätte man vielleicht einem Bellini oder Donizetti zugestanden - aber nicht einem jungen Mann, geboren 1810 in Königsberg, ausgebildet am Königlichen Institut für Kirchenmusik zu Berlin bei Carl Friedrich Zelter. Woher also dieser unverkennbar italienische Opernklang?
Die Antwort gibt die Biographie des Komponisten: Als 23jähriger erhielt er eine Organistenstelle an der Preußischen Gesandtschafts- kapelle in Rom. Dass er dort nicht nur Klassiker wie Palestrina studiert hat, kann man sich vorstellen.
Denn den jungen Mann zog es ganz offensichtlich zur Bühne; die italienische Oper, von der deutschen Kritik seinerzeit nach Kräften geschmäht, faszinierte ihn. Er gab Klavierstunden, dirigierte, und  komponierte fleißig - und stellte bald erfolgreich seine ersten Opern vor. 1841 wurde Nicolai Kapellmeister an der Wiener Hofoper; er etablierte zudem die Philharmonischen Konzerte und rief dafür ein eigenes Orchester ins Leben: Die Wiener Philharmoniker.
Dennoch nutzte Otto Nicolai letztendlich die Chance zur Rückkehr nach Berlin. 1847 erhielt er eine Anstellung als Dirigent des König- lichen Domchores und als Kapellmeister der Königlichen Oper. Zwei Jahre später, acht Wochen nach der Premiere der Lustigen Weiber von Windsor, starb Otto Nicolai, gerade 39 Jahre alt, an einem Schlaganfall. 
Nicolais dritte Oper, Il Templario nach Scotts Roman Ivanhoe, uraufgeführt in Turin 1840, geriet zum Triumph. Doch außerhalb der italienischen Theaterprovinz kam sie nur in Wien und in Berlin auf die Bühne. Und nach kurzer Zeit war sie wieder vergessen. Dass sie niemals wieder aufgeführt wurde, lag vor allem daran, dass ihre Partitur als verschollen galt. 
Es ist das Verdienst des Chemnitzer Opernhauses, wenn sie nunmehr gleich in drei Fassungen verfügbar ist, die der Musikwissenschaftler Michael Wittmann aufgespürt und kritisch erschlossen hat. Il Templa- rio erscheint als reiner Belcanto, traumhaft schöne Musik, die von den Solisten und dem Chor der Oper Chemnitz sowie - und das nicht zuletzt - von der Chemnitzer Robert-Schumann-Philharmonie unter Frank Beermann kraftvoll vorgestellt wird. Eine Entdeckung!

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