Die Orgel war für Johann Sebastian Bach zeitlebens ein wichtiges Instrument. Zwar gab er 1717 den Beruf des Organisten auf, um zu- nächst als Kapellmeister nach Köthen und dann als Thomaskan- tor nach Leipzig zu gehen. Doch als Orgelexperte war er bei der Ab- nahme neuer Orgeln sehr gefragt, und er spielte nachweislich auch drei große Orgelkonzerte in Dresden.
Gerade in seinen letzten Lebens- jahren wendete sich Bach wieder intensiv der Orgelmusik zu. So überarbeitete er Orgelwerke, die er in seiner Weimarer Zeit geschaffen hatte. In der Staatsbibliothek zu Berlin befindet sich eine Handschrift, in der auf die Sechs Triosonaten BWV 525-530 zunächst 17 Orgelchoräle sowie die Canonischen Veränderungen über Vom Himmel hoch BWV 769 folgen, die Bach wohl 1747/48 komponierte.
Und er schuf die Kunst der Fuge, die er jedoch nicht vollendete. "Zum Ersatz des Fehlenden an der letztern Fuge ist dem Werke am Schluß der 4stimmig ausgearbeitete Choral: Wenn wir in höchsten Nöthen sind etc. beygefügt worden", schrieb Bach-Biograph Johann Nikolaus Forkel. "Bach hat ihn in seiner Blindheit, wenige Tage vor seinem Ende seinem Schwiegersohn Altnikol in die Feder dictirt. Von der in diesem Choral liegenden Kunst will ich nichts sagen; sie war dem Verf. desselben so geläufig geworden, daß er sie auch in der Krank- heit ausüben konnte. Aber der darin liegende Ausdruck von frommer Ergebung und Andacht hat mich stets ergriffen, so oft ich ihn gespielt habe, so daß ich kaum sagen kann, was ich lieber entbehren wollte, diesen Choral, oder das Ende der letztern Fuge."
Mit diesem legendären Fragment jedenfalls endet die oben benannte Handschrift. Diese 18 Leipziger Choräle sowie die Canonischen Ver- änderungen spielte der junge kanadische Organist Craig Frederick Humber 2007 für Dabringhaus und Grimm auf der Silbermann-Orgel in der Freiberger Petri-Kirche ein. Sie ist die größte zweimanualige Silbermann-Orgel, und Humber ist von diesem Instrument begeistert: "Erlesen im Klang, beweist sie hohe barocke Handwerks- und Konstruktionskunst und verfügt über Atmung und Ausmaße, die auch doppelt so große Orgeln bei weitem übertreffen", schreibt der Organist im Beiheft. "Ich war sofort beeindruckt von diesem Zauber, dieser Raffinesse und konnte vor allem das Herz und die Seele ihres Erbauers in diesem einzigartigen Instrument hören. Welches Instrument wäre besser geeignet, die Tiefe und Komplexität der Leipziger Choräle hervorzuheben, den Reichtum der Klangfarben, als die Mannigfaltigkeit und Brillanz dieser imposanten Orgel?"
Diese Faszination überträgt sich auf den Hörer dieser Aufnahme. Humber spielt virtuos und registriert klug; er zeigt aber nicht nur Klangfarben, sondern auch musikalische Strukturen auf. Der Organist nutzt zudem für diese Einspielung alle Register der Orgel zu St. Petri, und macht so diese CD zugleich zu einem Porträt dieses Instrumentes. Beeindruckend!
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