Der Oboe war Bach sehr verbun- den. Seine Kantaten enthalten mehr Soli für dieses als für jedes andere Instrument. Erstaunli- cherweise ist aber kein einziges größeres konzertantes Werk des Komponisten für die Oboe erhal- ten. Dabei begleitete das Instru- ment Bach sein Leben lang. So wirkte Bachs Bruder Johann Jacob Bach (1682 bis 1722) zunächst in der Eisenacher Hofkapelle als Hautboist, und später im Dienst Karls XII. von Schweden.
In Weimar und Köthen müssen Bach exzellente Bläser zur Seite ge- standen haben; und Leipzig war damals ohnehin eine Oboen-Hoch- burg mit mindestens vier Holzblasinstrumentenbauern und einer Vielzahl engagierter Musiker. Die Oboisten Caspar Gleditsch und Gottfried Kornagel waren wie Bach städtische Angestellte und spielten an der Thomaskirche. Schon 1722 hörte Bach Gleditsch auf der kurz zuvor in Leipzig erfundenen Oboe d'amore.
Mit den Soli aus den Kantaten, die Bach seinerzeit für diese großarti- gen Musiker komponierte, geben sich Oboisten aber ungern zufrie- den. Und so begaben sich immer wieder Neugierige auf die Spurensuche - mit Erfolg: Schon seit 1886 wird das Doppelkonzert BWV 1060 auch mit Violine und Oboe besetzt. In den 30er Jahren wurde zudem entdeckt, dass sowohl die Phrasierung als auch der Tonumfang der Solopartie von BWV 1055 präzise auf die Oboe d'amore passt. Musikwissenschaftler sind zudem der Meinung, das Adagio aus dem Oster-Oratorium BWV 249, um einen Ganzton tiefer transponiert, sei der originale Mittelsatz dieses Konzertes.
Auf dieser CD, die mit zwei aus Kantaten "rekonstruierten" Oboen- konzerten in F-Dur und in d-Moll beginnt, erklingt dieser Satz allerdings vor dem Konzert - was eine hübsche Idee ist, weil diese Placierung zum Vergleich geradezu einlädt. Alexej Leonidowitsch Ogrintschuk, derzeit Solo-Oboist am Koninklijk Concertgebouworkest Amsterdam, musiziert hier gemeinsam mit Alina Ibragimova, Violine, (im Doppelkonzert), Reinut Tepp, Cembalo, und dem Swedish Chamber Orchestra, Örebro, das er bei dieser Aufnahme auch leitet. Die Einspielung ist hervorragend, was nicht zuletzt an dem samt- weichen, geschmeidigen Oboenton Ogrintschuks liegt. Er gehört ohne Zweifel zu den besten Oboisten der Welt, und er wird auf dieser CD von exzellenten Musikern begleitet. Bravi!
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