"Über kurz oder lang muss ein Tenor eine geistliche CD aufneh- men", meint Juan Diego Flórez. Im Zentrum dieser Aufnahme steht ohne Zweifel der Belcanto; Rossini und Bellini sind erklärtermaßen die musikalischen Lieblinge des perua- nischen Tenors, und natürlich hat er einige ihrer Arien für diese CD ausgewählt. Doch auch ein Stück aus Händels Messias findet sich auf Santo: "Händel wirkte zu Zeiten der Castrati; das bedeutet Kolora- tur, und man könnte dabei sogar vom wahren Belcanto sprechen."
Die CD beginnt allerdings mit einem prächtigen, von Trompeten- geschmetter begleiteten Alleluia seines älteren Kollegen Johann Joseph Fux. Wiener Traditionen pflegt Flórez auch mit einer Arie aus Haydns Schöpfung - und mit dem Ave Maria von Franz Schubert, das er gottlob stil- und zielsicher am Kitsch vorbeisteuert. Das gilt auch für das Panis angelicus von César Franck, und zwei bekannte Weih- nachtslieder. Weniger bekannt ist hierzulande die Misa Criolla von Ariel Ramírez, aus der das Kyrie erklingt. Abschluss und emotionaler Höhepunkt der CD ist Santo, eine Komposition des Sängers, mit der er seiner Heimat Peru Reverenz erweist.
Flórez nimmt sich zurück, wie es bei diesem Repertoire durchaus angemessen erscheint. Er verzichtet auf eine allzu plakative Zurschaustellung seiner Sangeskunst - und zeigt gerade damit, über welch ausgefeilte Technik er verfügt. Das ist verblüffend, aber es funktioniert. Auch nach mehrmaligem Anhören bleibt diese CD, gerade auch aufgrund der enormen Breite ihres musikalischen Spektrums, sehr interessant. Der Tenor wird bei dieser Einspielung angemessen begleitet vom Orchestra e coro del Teatro Comunale di Bologna unter Leitung des jungen Dirigenten Michele Mariotti.
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