Pierre Rode (1774 bis 1830) gehört zu den Vätern der französischen Violinschule. Er kam in Bordeaux als Sohn eines Parfumeurs zur Welt. Sein musikalisches Talent wurde schon früh erkannt und gefördert; sein erster Lehrer war André-Joseph Fauvel, der den begabten Jungen 1787 nach Paris brachte. Dort unterrichtete ihn Giovanni Battista Viotti, der ihn bald schon zu seinem Meisterschüler machte.
Von 1789 bis 1792 musizierte Rode im Orchester am Théâtre de Monsieur; 1792 spielte er bei den traditionellen Passionskonzerten sehr erfolgreich als Solist. Das war der Startschuss für eine Karriere als reisender Virtuose. Außerdem wurde Rode im November 1795 als Professor an das neu gegründete Pariser Conservatoire berufen. Dort erarbeitete er gemeinsam mit seinen Kollegen Pierre Baillot und Rodolphe Kreutzer eine Méthode du violon; dieses bedeutende Lehrwerk wurde 1802 veröffentlicht. Als Solist war Rode ebenfalls sehr erfolgreich. Er wirkte als Konzertmeister und Sologeiger an der Pariser Oper, und musizierte als Solist in der Privatkapelle Napoleons. Von 1804 bis 1808 hielt er sich in Russland auf, wo er vom Zaren zum Hofgeiger ernannt wurde.
Doch nach seiner Rückkehr konnte er an seinen früheren Erfolg nicht an- knüpfen. So konstatierte der Virtuose Louis Spohr, der Rode sehr verehrte, in seiner Selbstbiographie: „Ich fand sein Spiel jetzt kalt und manierirt, vermisste die frühere Kühnheit in Besiegung großer Schwierigkeiten und fühlte mich besonders unbefriedigt vom Vortrage des Cantabile.“
Rode reiste wieder durch Europa. In Berlin heiratete er, und stand in engem Kontakt zur Familie Mendelssohn. 1819 kehrte er zurück in die Umgebung von Bordeaux, wo er die Jahre mehr oder minder im Ruhestand verbrachte. 1828 versuchte Rode noch einmal, in Paris ein Konzert zu geben – und erlebte damit eine solche Katastrophe, dass einige seiner Biographen darin die Ursache für den frühen Tod des Geigers 1830 sehen.
Pierre Rode hat auch komponiert, nahezu ausschließlich Musik für Violine, darunter die berühmten 24 Capricen, aber auch Sonaten, Quartette und 13 Konzerte. Erstaunlicherweise sind diese anspruchsvollen Werke bislang auf CD gar nicht und auch nur teilweise als Noteneditionen erhältlich gewesen. Friedemann Eichhorn, Professor an der Hochschule für Musik in Weimar und Leiter der Meisterkurse an der renommierten Kronberg Academy, hat die Konzerte Rodes neu ediert und gemeinsam mit der Jenaer Philharmonie unter Nicolás Pasquet bei Naxos eingespielt. Mittlerweile ist die Serie mit vier CD komplett.
Es sind tatsächlich Weltersteinspielungen – was angesichts der herrlichen Melodien erstaunt. Wie kann derartige Musik komplett in Vergessenheit geraten? Eichhorn hat sie nun in Zusammenarbeit mit Pasquet und mit dem größten Konzertorchester Thüringens zurück auf die Bühne gebracht. Das war ganz sicher ein langer Weg, doch das Ergebnis ist überaus erfreulich. Rodes Konzerte sind ansprechend, und technisch sehr anspruchsvoll – eine lohnende Aufgabe für Violinvirtuosen, die heute wahrscheinlich, was die reine Fingerfertigkeit betrifft, so versiert sind wie nie zuvor. Man darf sich also wünschen, dass man diese Musik in Zukunft auch wieder im Konzertsaal hören kann. Und wer Spaß an musikalischen Knobeleien hat, der wird Eichhorns Kadenzen mit doppeltem Vergnügen lauschen. Großen Dank an die Musiker – und gern mehr davon.
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