David Popper (1843 bis 1913), Sohn eines Prager Synagogenkantors, erhielt seine Ausbildung am Prager Konservatorium bei dem Cellisten August Julius Goltermann. „Famoser Ton, große Technik“, so rühmte Hans von Bülow bereits den 21jährigen. Mit gerade einmal 25 wurde Popper Solo- cellist der Wiener Hofoper – und fünf Jahre später sah er sich gezwungen, diese Stelle wieder aufzugeben, weil der Dienst im Orchestergraben mit seinen solistischen Ambitionen nicht länger zu vereinbaren war.
Popper war aber nicht nur einer der bedeutenden Virtuosen seiner Zeit. Er hat obendrein das Repertoire für „sein“ Instrument um diverse Kompositionen bereichert – darunter nicht nur vier Konzerte und diverse Etüdenbände, sondern auch Miniaturen, wie Gavotten, Polonaisen und dergleichen. Und er hat über seine Schüler und Enkelschüler, die teilweise selbst großartige Lehrer wurden, Generationen von Cellisten mit geprägt. Denn ab 1896 unterrichtete Popper als Professor an dem von Franz Liszt gegründeten Konservatorium in Budapest. Gefeiert wurde er übrigens auch als Kammermusiker, zunächst als Mitglied im Hellmesberger-Quartett, und später dann mit dem Hubay-Popper-Quartett, das er in Budapest gemeinsam mit dem Violinisten Jenö Hubay gründete.
Die ersten drei der vier Violoncello-Konzerte von David Popper hat Wen-Sinn Yang 2011 gemeinsam mit dem WDR Funkhausorchester Köln unter Leitung von Niklas Willén eingespielt; sie sind kürzlich als CD bei cpo erschienen. Es ist frappierend, wie stark die zunehmende Erfahrung Poppers seine musikalische Handschrift geprägt hat. Das erste Konzert
op. 8, entstanden noch während seiner Tätigkeit an der Wiener Hofoper, ist zwar von hohem Anspruch, aber es wirkt auch mitunter etwas akade- misch – es handele sich um einen „typischen Fall von jugendlichem Leichtsinn“ zitiert das Programmheft den Solisten der vorliegenden Aufnahme. Wen-Sinn Yang gelingt es aber im Zusammenspiel mit dem WDR Funkhausorchester, dieses Jugendwerk so spannend zu inter- pretieren, dass man seine Längen gar nicht bemerkt. Technische Klippen scheinen für den Cellisten ohnehin nicht zu existieren. Yangs Ton ist wundervoll, und seine Phrasierung ist schlicht grandios.
Dem zweiten Konzert Poppers, op. 24 aus dem Jahre 1880, hört man seine Erfahrung als reisender Virtuose bereits an. Es ist längst nicht mehr so brav; auch Yang zeigt hier Temperament und Sinn für Dramatik. Das dritte Konzert op. 59 aus dem Jahre 1888 ist wesentlich kürzer. Es wird vermutet, dass es für einen privaten Anlass entstanden ist, zumal das Orchester etwas kleiner besetzt ist. Doch auch dieses eher kompakte Werk beein- druckt mit Schwung und mit schönen Melodien. Es ist umso erstaunlicher, dass Poppers Konzerte im Konzertbetrieb heutzutage eigentlich gar keine Rolle spielen. Vielleicht kann diese gelungene Einspielung daran ja etwas ändern.
Mittwoch, 31. Dezember 2014
Dienstag, 30. Dezember 2014
Mozart: Clarinet Concerto & Quintet; Schorn (Cavi Music)
Zwei Mitschnitte aus dem Jahre 2012, die auch beide bereits auf CD erschienen sind, fasst Cavi Music hier noch einmal separat zusammen. Das erscheint durchaus sinnvoll, denn damit liegen nun beide Mozart-Aufnahmen von Matthias Schorn auf einer Silberscheibe vor. Der Soloklari- nettist der Wiener Philharmoniker hat das Klarinettenquintett KV 581 gemeinsam mit dem Minetti Quartett eingespielt. Das Klarinettenkonzert KV 622 musizierte er gemeinsam mit dem Innviertler Symphonie Orchester – einem quasi-professionellen En- semble, das sich zweimal jährlich in der Gemeinde Mettmach zu Konzert- projekten versammelt. Enthusiasmus und Spielfreude dieses unkonventio- nellen Orchesters, in dem sich gestandene Berufsmusiker ebenso engagieren wie Studierende, bleiben selbst in der Aufnahme noch erlebbar. Schorn musiziert ebenfalls sehr hörenswert; sein schlanker, eleganter Ton passt zu Mozart ganz hervorragend.
Montag, 29. Dezember 2014
Schumann - Cortot, Horowitz, Backhaus (Fabula Classica)
An dieser CD kann man wunderbar lernen, wie sehr eine Interpretation vom individuellen Genius eines Musikers abhängt, und auch vom jeweils herrschenden Zeitgeist. Sieben Pianisten spielen Werke von Robert Schumann – und es ist frappierend, wie unterschiedlich sie den Notentext lesen.
Den Reigen eröffnet Alfred Cortot (1877 bis 1962) mit dem Carnaval op. 9, aufgenommen 1928. Der Musiker, ausgebildet am Pariser Konserva- torium, legte größten Wert auf den Ausdruck. Wenn dabei links und rechts ein paar Noten abhanden kommen, oder der Mann am Klavier hier und da schlicht danebengreift – dumm gelaufen! Und man verzeiht ihm das tat- sächlich, weil zu spüren ist, wie intensiv er sich mit dieser Musik ausein- andergesetzt hat.
Vladimir Horowitz (1903 bis 1989) folgt danach mit den Kinderszenen op. 15 in einer Aufnahme aus dem Jahre 1950. „Klavierspiel besteht aus Vernunft, Herz und technischen Mitteln“, soll er einmal geäußert haben. „Alles sollte gleichermaßen entwickelt sein. Ohne Vernunft sind Sie ein Fiasko, ohne Technik ein Amateur, ohne Herz eine Maschine.“ Die Virtuosität, die Horowitz gelegentlich bis hin zum Theaterdonner trieb, ist hier der Grund, aus dem ein fein abgestuftes Spiel mit Schattierungen und Klangfarben erwächst.
Die Toccata in C-Dur op. 7 spielt Swjatoslaw Richter (1915 bis 1997). Die Aufnahme stammt aus dem Jahre 1959, und sie macht deutlich, wie stark der Pianist die technische Brillanz in den Dienst einer durch und durch poetischen Werkauffassung stellt. Was für ein Wirbelsturm! und welch ein verblüffendes Finale...
In einer Aufnahme aus dem Jahre 1953 ist Clara Haskil (1895 bis 1960) mit den Abegg-Variationen op. 1 zu hören. 1955 entstanden ist die Aufzeichnung der Waldszenen op. 82 mit Wilhelm Backhaus (1884 bis 1969). Hier ist die Präzision die Basis für den Ausdruck. Mit der Romanze op. 28 Nr. 2 zu erleben ist zudem in einer Einspielung aus dem Jahre 1928 Francis Planté (1839 bis 1934) – was für eine Rarität!
Den Abschluss bildet Carl Reinecke (1824 bis 1910) mit einer Aufnahme von Warum? aus den Phantasiestücken op. 12. Reinecke, zeitweise Kapellmeister am Leipziger Gewandhaus, kannte Robert Schumann und Clara Wieck sogar noch persönlich. Er hat sowohl für Welte-Mignon als auch für Hupfeld etliche Werke eingespielt – und dank der mechanischen Klaviere kann man ihn noch heute hören. Leider wird diese CD nicht durch ein Beiheft begleitet, vergebens wünscht man sich mehr Informationen.
Den Reigen eröffnet Alfred Cortot (1877 bis 1962) mit dem Carnaval op. 9, aufgenommen 1928. Der Musiker, ausgebildet am Pariser Konserva- torium, legte größten Wert auf den Ausdruck. Wenn dabei links und rechts ein paar Noten abhanden kommen, oder der Mann am Klavier hier und da schlicht danebengreift – dumm gelaufen! Und man verzeiht ihm das tat- sächlich, weil zu spüren ist, wie intensiv er sich mit dieser Musik ausein- andergesetzt hat.
Vladimir Horowitz (1903 bis 1989) folgt danach mit den Kinderszenen op. 15 in einer Aufnahme aus dem Jahre 1950. „Klavierspiel besteht aus Vernunft, Herz und technischen Mitteln“, soll er einmal geäußert haben. „Alles sollte gleichermaßen entwickelt sein. Ohne Vernunft sind Sie ein Fiasko, ohne Technik ein Amateur, ohne Herz eine Maschine.“ Die Virtuosität, die Horowitz gelegentlich bis hin zum Theaterdonner trieb, ist hier der Grund, aus dem ein fein abgestuftes Spiel mit Schattierungen und Klangfarben erwächst.
Die Toccata in C-Dur op. 7 spielt Swjatoslaw Richter (1915 bis 1997). Die Aufnahme stammt aus dem Jahre 1959, und sie macht deutlich, wie stark der Pianist die technische Brillanz in den Dienst einer durch und durch poetischen Werkauffassung stellt. Was für ein Wirbelsturm! und welch ein verblüffendes Finale...
In einer Aufnahme aus dem Jahre 1953 ist Clara Haskil (1895 bis 1960) mit den Abegg-Variationen op. 1 zu hören. 1955 entstanden ist die Aufzeichnung der Waldszenen op. 82 mit Wilhelm Backhaus (1884 bis 1969). Hier ist die Präzision die Basis für den Ausdruck. Mit der Romanze op. 28 Nr. 2 zu erleben ist zudem in einer Einspielung aus dem Jahre 1928 Francis Planté (1839 bis 1934) – was für eine Rarität!
Den Abschluss bildet Carl Reinecke (1824 bis 1910) mit einer Aufnahme von Warum? aus den Phantasiestücken op. 12. Reinecke, zeitweise Kapellmeister am Leipziger Gewandhaus, kannte Robert Schumann und Clara Wieck sogar noch persönlich. Er hat sowohl für Welte-Mignon als auch für Hupfeld etliche Werke eingespielt – und dank der mechanischen Klaviere kann man ihn noch heute hören. Leider wird diese CD nicht durch ein Beiheft begleitet, vergebens wünscht man sich mehr Informationen.
Sonntag, 28. Dezember 2014
Advent (Rondeau)
Dass Weihnachten auch eine Zeit der Muße und der Besinnung ist, das vermittelt diese CD des Jungen Kammerchores Rhein-Neckar. Das kleine, aber wohlformierte Ensemble unter Leitung von Mathias Rickert singt Lieder und Motetten zum Advent. Die ausgewählten Werke sind oftmals weniger bekannt. Sie reichen von William Byrd bis Bob Chilcott, von Tomás Luis de Victoria bis zu Erhard Mauersberger und von Johannes Brahms bis zu Arvo Pärt. Diese Kompositionen zeichnen sich durch spirituelle Kraft aus, und lassen den Zuhörer zur Ruhe kommen. Gesungen wird sauber und konzentriert; eine außerordentlich gelungene CD, abseits vom üblichen Trubel.
Böhmische Weihnacht (Berlin Classics)
Ludwig Güttler engagiert sich seit vielen Jahren für das musikalische Erbe der sächsischen Hofkapelle. Und weil viele Musiker aus Böhmen in Dresden wirkten, liegt auch der Blick über die Landesgrenze nahe. In den Archiven, beispielsweise in Kremsier, fand Güttler so manche grandiose Komposition, die er dann in seine Programme aufgenommen hat. Im Jahre 2012 lud der Trompeter erstmals zu dem Konzert „Böhmische Weihnachten“ in die Dresdner Frauenkirche ein, deren Wieder- aufbau übrigens ebenfalls zu einem nicht geringen Anteil dem Drängen und dem beharrlichen Einsatz Güttlers zu verdanken ist.
Von diesem Konzert stammt nicht nur die Idee, sondern auch ein Teil der Aufnahmen für dieses Album. Es erklingen Werke von Pavel Josef Vejva- novský, Romanus Weichlein, Gottfried Finger, Johann Georg Neruda, nach 1772 Konzertmeister der Dresdner Hofkapelle, August Kerzinger, Johann Heinrich Schmelzer oder Heinrich Ignaz Franz Biber. Ein Teil der Einspielungen stammt aus älteren Jahren, einige werden hier zum ersten Male veröffentlicht. Sehr hübsch ist beispielsweise Schmelzers Hirten- kantate Venite ocius, transeamus usque in Bethlehem. Eine Vielzahl prachtvoller Sonaten und auch ein Concerto bringen dem Weihnachtsfest den Glanz der Trompetenklänge. Güttler-Fans dürfen sich freuen. Die CD endet mit dem Kyrie und dem Gloria aus Bibers monumentaler Missa Alleluja. Diese mehrchörige Komposition, entstanden einst für den Salzburger Dom, setzt einen beeindruckenden, üppigen Schlusspunkt.
Von diesem Konzert stammt nicht nur die Idee, sondern auch ein Teil der Aufnahmen für dieses Album. Es erklingen Werke von Pavel Josef Vejva- novský, Romanus Weichlein, Gottfried Finger, Johann Georg Neruda, nach 1772 Konzertmeister der Dresdner Hofkapelle, August Kerzinger, Johann Heinrich Schmelzer oder Heinrich Ignaz Franz Biber. Ein Teil der Einspielungen stammt aus älteren Jahren, einige werden hier zum ersten Male veröffentlicht. Sehr hübsch ist beispielsweise Schmelzers Hirten- kantate Venite ocius, transeamus usque in Bethlehem. Eine Vielzahl prachtvoller Sonaten und auch ein Concerto bringen dem Weihnachtsfest den Glanz der Trompetenklänge. Güttler-Fans dürfen sich freuen. Die CD endet mit dem Kyrie und dem Gloria aus Bibers monumentaler Missa Alleluja. Diese mehrchörige Komposition, entstanden einst für den Salzburger Dom, setzt einen beeindruckenden, üppigen Schlusspunkt.
Samstag, 27. Dezember 2014
Christmas Music (Nimbus Records)
Die Christ Church Cathedral in Oxford, Bischofskirche des Bistums Oxford der Church of England und zugleich die Kirche des Christ Church College, beherbergt einen traditions- reichen Chor. Er blickt nicht nur auf eine mehr als 500 Jahre andauernde Geschichte zurück; er ist auch nach wie vor sowohl dem Bistum als auch dem College verbunden. Geleitet wird dieser Chor seit 1985 von Stephen Darlington. Er widmet sich besonders der Musik des 16. Jahrhunderts sowie der zeitgenössischen Sakralmusik – was auch diese Sammlung mit weihnachtlicher Musik prägt. So erklingen Chorsätze von John Taverner (1490 bis 1545) und William Byrd 1543 bis 1623) neben dem Salve Regina von Francis Poulenc aus dem Jahre 1941 oder der Carol Sequence Ave Rex von William Mathias aus dem Jahre 1969. Das sind anspruchsvolle Aufgaben, denen sich die zwölf erwachsenen Chorsänger und die 16 boy choristers aber sehr erfolgreich stellen. Hörenswert!
Monteverdi: Marienvesper (Carus)
Die Lautten Compagney unter Wolf- gang Katschner hat gemeinsam mit dem Leipziger Vokalensemble Amarcord Monteverdis berühmte Marienvesper eingespielt. Grundlage für diese Aufnahme bildete die neue kritische Ausgabe des Carus-Verla- ges, deren Herausgeber Uwe Wolf auch einen der Begleittexte für das Beiheft beigesteuert hat.
Die Sänger und Musiker um Katsch- ner haben sich für eine Gesamtauf- führung der Marienvesper ent- schieden – ohne den eigentlich damit verbundenen liturgischen Rahmen, und auch auf die in dem Sammeldruck von 1610 vorangestellte Sanctissi- mae Virgini Missa senis vocibus wird verzichtet. Diese Missa In illo tem- pore demonstriert eindrucksvoll die Fertigkeiten Monteverdis im „alten“ Stil, für Vespermusiken hingegen wurden üblicherweise modernere Aus- drucksmittel genutzt.
Um die Expressivität der fünf Vesper-Psalmvertonungen sowie der dazwi- schen placierten Concerti herauszustellen, kombiniert diese Aufnahme eine üppige Instrumentalbesetzung mit einem solistisch besetzten Sänger- ensemble. Es ist freilich noch immer kraftvoll genug, denn der Psalm Nisi dominus gibt mit seinen zehn Stimmen den Umfang dieser Sängergruppe vor. Die fünf Herren von Amarcord haben sich daher Verstärkung einge- laden; es sind dies Angelika Lenter und Hanna Zumsande, Sopran, David Erler und Stefan Kunath, Altus sowie Daniel Schreiber, Tenor. Die Gäste fügen sich hervorragend in den Ensembleklang ein.
Musiziert wird im hohen Stimmton bei 465 Hertz, was die Sänger nicht in Probleme bringt – wohl aber den Gesamtklang mitunter seltsam dünn und hell ausfallen lässt. Lauda sion und Magnificat sind eben doch vielleicht nicht umsonst in Chiavetten notiert. In Schwierigkeiten geraten die Sänger allerdings hörbar bei Nigra sum oder aber beim Duo Seraphim. Die Aus- zierung solcher Stücke ist eine große Herausforderung, und da überzeugt Amarcord nicht wirklich.
Auch die „frischen Tempi“, von vielen Rezensenten lobend erwähnt, finde ich nicht per se gelungen. Es ist ja nett, wenn die komplette Marienvesper auf eine CD passt. Aber Kontemplation benötigt auch Muße; Klang muss sich entwickeln, muss erblühen und seine Wirkung entfalten können. Geläufigkeit ist eben doch nicht alles.
Die Sänger und Musiker um Katsch- ner haben sich für eine Gesamtauf- führung der Marienvesper ent- schieden – ohne den eigentlich damit verbundenen liturgischen Rahmen, und auch auf die in dem Sammeldruck von 1610 vorangestellte Sanctissi- mae Virgini Missa senis vocibus wird verzichtet. Diese Missa In illo tem- pore demonstriert eindrucksvoll die Fertigkeiten Monteverdis im „alten“ Stil, für Vespermusiken hingegen wurden üblicherweise modernere Aus- drucksmittel genutzt.
Um die Expressivität der fünf Vesper-Psalmvertonungen sowie der dazwi- schen placierten Concerti herauszustellen, kombiniert diese Aufnahme eine üppige Instrumentalbesetzung mit einem solistisch besetzten Sänger- ensemble. Es ist freilich noch immer kraftvoll genug, denn der Psalm Nisi dominus gibt mit seinen zehn Stimmen den Umfang dieser Sängergruppe vor. Die fünf Herren von Amarcord haben sich daher Verstärkung einge- laden; es sind dies Angelika Lenter und Hanna Zumsande, Sopran, David Erler und Stefan Kunath, Altus sowie Daniel Schreiber, Tenor. Die Gäste fügen sich hervorragend in den Ensembleklang ein.
Musiziert wird im hohen Stimmton bei 465 Hertz, was die Sänger nicht in Probleme bringt – wohl aber den Gesamtklang mitunter seltsam dünn und hell ausfallen lässt. Lauda sion und Magnificat sind eben doch vielleicht nicht umsonst in Chiavetten notiert. In Schwierigkeiten geraten die Sänger allerdings hörbar bei Nigra sum oder aber beim Duo Seraphim. Die Aus- zierung solcher Stücke ist eine große Herausforderung, und da überzeugt Amarcord nicht wirklich.
Auch die „frischen Tempi“, von vielen Rezensenten lobend erwähnt, finde ich nicht per se gelungen. Es ist ja nett, wenn die komplette Marienvesper auf eine CD passt. Aber Kontemplation benötigt auch Muße; Klang muss sich entwickeln, muss erblühen und seine Wirkung entfalten können. Geläufigkeit ist eben doch nicht alles.
Freitag, 26. Dezember 2014
Christvesper des Dresdner Kreuzchores (Berlin Classics)
Nirgendwo auf der Welt wird Weih- nachten festlicher begangen als im Erzgebirge. Selbst die kleinsten Dörfer schmücken sich mit großen Pyramiden und Lichterbogen. Lichter strahlen auch in den Fenstern – eine Tradition aus alter Zeit, als die Bergmänner im Winter ihre Schicht in der Dunkelheit begonnen und wieder in der Dunkelheit beendet haben. Das Erzgebirge hat aber auch großartige musikalische Traditionen. Etwas davon hat Rudolf Mauers- berger einst nach Dresden übertragen. Er wirkte von 1930 bis 1971 als Kreuzkantor, und hat den berühmten Knabenchor über eine schwierige Zeit gebracht.
Wenn es noch heute jedes Jahr am Heiligen Abend Tausende in die Dresdner Kreuzkirche zu den beiden Christvespern zieht, dann geht diese Faszination auf Mauersberger zurück. Er hat die bekannten Weihnachts- lieder und Choräle zu einer geschlossenen Komposition verknüpft, die die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium mit einschließt, aber auch an die kraftvollen Gemeindegesänge und Posaunenchöre jenes frommen Landstrichs erinnert. Christvespern in der Tradition Mauers- bergers werden noch heute in Dresden alljährlich gesungen. Hier legt Berlin Classics eine gelungene Aufnahme aus dem Jahre 1993 auf unseren Gabentisch, geleitet vom damaligen Kreuzkantor Gothart Stier.
Wenn es noch heute jedes Jahr am Heiligen Abend Tausende in die Dresdner Kreuzkirche zu den beiden Christvespern zieht, dann geht diese Faszination auf Mauersberger zurück. Er hat die bekannten Weihnachts- lieder und Choräle zu einer geschlossenen Komposition verknüpft, die die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium mit einschließt, aber auch an die kraftvollen Gemeindegesänge und Posaunenchöre jenes frommen Landstrichs erinnert. Christvespern in der Tradition Mauers- bergers werden noch heute in Dresden alljährlich gesungen. Hier legt Berlin Classics eine gelungene Aufnahme aus dem Jahre 1993 auf unseren Gabentisch, geleitet vom damaligen Kreuzkantor Gothart Stier.
Es sol claro y luciente (K&K)
Die mit Abstand fröhlichste CD zu Weihnachten ist bei dem Label K&K erschienen. Sie gibt Zeugnis von der Verschmelzung indianischer Tradition mit der spanischen und portugiesischen katholischen Liturgie in Südamerika. Missionare haben seinerzeit die Weihnachtslieder aus ihrer Heimat dem musikalischen Umfeld angepasst, das sie in den Gemeinden vorgefunden haben. Wie sich das anhört, demonstriert hier die Grupo Canto Coral.
Das argentinische Ensemble hat sich auf die Erschließung dieses Erbes spezialisiert. Deshalb gehören dazu nicht nur diverse Chöre, die von Néstor Andrenacci geleitet werden, sondern auch ein Notenverlag. 2002 war die Grupo Canto Coral zu Gast im Kloster Maulbronn. Das Konzert wurde durch Josef-Stefan Kindler und Andreas Otto Grimminger aufgezeichnet. Die Musik klingt wie eine Mischung aus Indio-Kapelle und barocker Pastorale. So heiter sollte man Weihnachten auch hierzulande feiern.
Das argentinische Ensemble hat sich auf die Erschließung dieses Erbes spezialisiert. Deshalb gehören dazu nicht nur diverse Chöre, die von Néstor Andrenacci geleitet werden, sondern auch ein Notenverlag. 2002 war die Grupo Canto Coral zu Gast im Kloster Maulbronn. Das Konzert wurde durch Josef-Stefan Kindler und Andreas Otto Grimminger aufgezeichnet. Die Musik klingt wie eine Mischung aus Indio-Kapelle und barocker Pastorale. So heiter sollte man Weihnachten auch hierzulande feiern.
Favourite carols from King's (The Choir of King's College)
Weihnachten mit dem Chor des King's College aus Cambrigde – das ist in Großbritannien eine Institution. Eingeführt hat das King's Festival of Nine Lessons and Carols 1918 Eric Milner-White. Er kehrte aus dem Ersten Weltkrieg zurück und lud zum Weihnachtskonzert ein, als Geschenk an die Stadt Cambridge – und zum Gedenken an die College-Mitglieder, die im Krieg gefallen waren. Seit 1928 überträgt es die BBC. So wurden die Weihnachtslieder, die von den boy choristers sowie den choral scholars und organ scholars vorgetragen wer- den, überall auf der Welt angehört. Seit 1954 wird zudem ein Gottesdienst aus der King's Chapel im Fernsehen gesendet.
Auf dieser CD, aufgezeichnet im März 2014, singt der Chor unter seinem derzeitigen Chorleiter Stephen Cleobury eine Auswahl der schönsten englischen Weihnachtslieder in ansprechenden Arrangements. Sie sind modern und dennoch eingängig, ohne aber simpel zu wirken. Wer traditionelle christmas carols wie God rest you merry, gentlemen und Away in a manger schätzt, der wird diese CD mögen.
Auf dieser CD, aufgezeichnet im März 2014, singt der Chor unter seinem derzeitigen Chorleiter Stephen Cleobury eine Auswahl der schönsten englischen Weihnachtslieder in ansprechenden Arrangements. Sie sind modern und dennoch eingängig, ohne aber simpel zu wirken. Wer traditionelle christmas carols wie God rest you merry, gentlemen und Away in a manger schätzt, der wird diese CD mögen.
Montag, 22. Dezember 2014
Christmas Carols (Rondeau)
Das Adventskonzert hat einen festen Platz im Terminplan des Knaben- chores Hannover. Das Programm der jungen Sänger 2013 in der Markt- kirche Hannover, das auf dieser CD zu hören ist, umfasste in erster Linie Christmas Carols, traditionelle Weihnachtslieder aus England. Das ist kein Zufall – denn 1714 war Georg Ludwig, Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg, zum König von England gekrönt worden. Bis 1837 regierten die jeweiligen Herrscher gleichzeitig das Königreich Hannover und das United Kingdom; auch Königin Vic- toria, mit deren Thronbesteigung diese Personalunion endete, entstammte dem Haus Hannover. Sie heiratete Albert von Sachsen-Coburg und Gotha; ihr Enkel änderte 1917 den Namen seines Hauses in Windsor.
Der historischen Ereignisse wurde in diesem Jahr natürlich in Hannover gedacht. Und die jungen Chorsänger aus der Leinestadt stimmten auf das Jubiläum ein mit einer farbenreichen Kollektion Christmas Carols, vor- getragen gemeinsam mit dem Ensemble London Brass. Da findet sich Sing Joyfully unto God Our Strength von William Byrd (1543 bis 1623) neben The Wexford Carol von John Rutter (*1945), Angelus ad virginem aus dem 13. Jahrhundert neben A Hymn to the Virgin von Benjamin Britten (1913 bis 1976). Doch auch In dulci jubilo oder Hark! The Herald Angels Sing, ein britisches Weihnachtslied, das der deutsche Komponist Felix Mendels- sohn Bartholdy geschrieben hat, standen auf dem Programm. Das deutsche Weihnachtslied Es ist ein Ros entsprungen erklingt zunächst in dem berühmten Satz von Michael Praetorius (1571 bis 1621); fortgeführt wird es aber in einem gelungenen Arrangement von Donald Cashmore (1926 bis 2013), das den Cantus firmus durch die Register wandern lässt, und in seiner Innigkeit bezaubert.
Der Knabenchor Hannover singt exzellent, unter der Leitung von Jörg Breiding. Und London Brass gehört zu den besten Bläserensembles welt- weit. Gemeinsam laden sie ein zu einem Ausflug in die Musikgeschichte – das Konzert muss wirklich ein Erlebnis gewesen sein. Bravi! und weiterhin viele gute Ideen, für die Konzerte der kommenden Jahre.
Der historischen Ereignisse wurde in diesem Jahr natürlich in Hannover gedacht. Und die jungen Chorsänger aus der Leinestadt stimmten auf das Jubiläum ein mit einer farbenreichen Kollektion Christmas Carols, vor- getragen gemeinsam mit dem Ensemble London Brass. Da findet sich Sing Joyfully unto God Our Strength von William Byrd (1543 bis 1623) neben The Wexford Carol von John Rutter (*1945), Angelus ad virginem aus dem 13. Jahrhundert neben A Hymn to the Virgin von Benjamin Britten (1913 bis 1976). Doch auch In dulci jubilo oder Hark! The Herald Angels Sing, ein britisches Weihnachtslied, das der deutsche Komponist Felix Mendels- sohn Bartholdy geschrieben hat, standen auf dem Programm. Das deutsche Weihnachtslied Es ist ein Ros entsprungen erklingt zunächst in dem berühmten Satz von Michael Praetorius (1571 bis 1621); fortgeführt wird es aber in einem gelungenen Arrangement von Donald Cashmore (1926 bis 2013), das den Cantus firmus durch die Register wandern lässt, und in seiner Innigkeit bezaubert.
Der Knabenchor Hannover singt exzellent, unter der Leitung von Jörg Breiding. Und London Brass gehört zu den besten Bläserensembles welt- weit. Gemeinsam laden sie ein zu einem Ausflug in die Musikgeschichte – das Konzert muss wirklich ein Erlebnis gewesen sein. Bravi! und weiterhin viele gute Ideen, für die Konzerte der kommenden Jahre.
Transeamus - The Hilliard Ensemble (ECM New Series)
Transeamus – lasst uns gehen! - überschreibt das Hilliard Ensemble seine aktuelle CD. Das darf man durchaus wörtlich nehmen, denn dies soll die letzte Aufnahme des Vokal- ensembles sein. Das Quartett, das sich vor 40 Jahren formierte hatte, um „Alte“ Musik zu singen, hat schon vor einiger Zeit mitgeteilt, dass es zum Jahresende auseinandergehen werde.
Die Abschiedstournee quer durch Europa ist beendet; das letzte Konzert hat das Hilliard Ensemble dieser Tage in London in Wigmore Hall gegeben. Es war schon lange ausverkauft. Es ist der ganz besondere Klang, der das Hilliard Ensemble so einmalig macht – die vier Sänger haben ihn über alle Projekte und Besetzungswechsel hin beibehalten. Heute bilden David James, Rogers Covey-Trump, Steven Harrod und Gordon Jones das Quartett; für einige Programme kamen zusätzliche Sänger hinzu.
Unvergesslich sind CD wie In paradisum, Perotin oder Tenebrae. Obwohl The Hilliard Ensemble sich eigentlich mit Musik beschäftigt, die vor 1600 geschrieben wurde, gehören Aufnahmen mit moderner Musik zu den Höhepunkten in der Geschichte der Formation. Hier sei nur an die Werke von Arvo Pärt erinnert, die die Sänger vorgetragen haben, wie es keinem anderen Ensemble je wieder gelingen wird, oder aber an ihre langjährige Zusammmenarbeit mit dem Saxophonisten Jan Garbarek, die einige bezaubernde Alben von geradezu überirdischer Strahlkraft hervorgebracht hat. Kurz und gut: The Hilliard Ensemble wird uns fehlen. Diese Lücke können auch die jungen A-cappella-Formationen nicht schließen, die durch die Sänger des Hilliard Ensembles seit Jahren nach Kräften geför- dert werden.
Das Quartett verabschiedet sich von seinem Publikum mit polyphonen Gesängen aus dem England des 15. Jahrhunderts. „The Hilliard Ensemble's first ever recording contained music from the court of King Henry VIII and so it seemed appropriate for our final recording to return to our roots, particularly as we have never recorded several of our most loved and often performed pieces from this period“, schreibt Countertenor David James im Beiheft zu dieser CD. Ein ganz besonderes Weihnachts- geschenk für alle Freunde des Ensembles. Hochachtung für die Sänger, die aufhören, obwohl sie noch gut bei Stimme und auch gut im Geschäft sind. Es fällt nicht ganz leicht, zu gehen, wenn es am schönsten ist.
Die Abschiedstournee quer durch Europa ist beendet; das letzte Konzert hat das Hilliard Ensemble dieser Tage in London in Wigmore Hall gegeben. Es war schon lange ausverkauft. Es ist der ganz besondere Klang, der das Hilliard Ensemble so einmalig macht – die vier Sänger haben ihn über alle Projekte und Besetzungswechsel hin beibehalten. Heute bilden David James, Rogers Covey-Trump, Steven Harrod und Gordon Jones das Quartett; für einige Programme kamen zusätzliche Sänger hinzu.
Unvergesslich sind CD wie In paradisum, Perotin oder Tenebrae. Obwohl The Hilliard Ensemble sich eigentlich mit Musik beschäftigt, die vor 1600 geschrieben wurde, gehören Aufnahmen mit moderner Musik zu den Höhepunkten in der Geschichte der Formation. Hier sei nur an die Werke von Arvo Pärt erinnert, die die Sänger vorgetragen haben, wie es keinem anderen Ensemble je wieder gelingen wird, oder aber an ihre langjährige Zusammmenarbeit mit dem Saxophonisten Jan Garbarek, die einige bezaubernde Alben von geradezu überirdischer Strahlkraft hervorgebracht hat. Kurz und gut: The Hilliard Ensemble wird uns fehlen. Diese Lücke können auch die jungen A-cappella-Formationen nicht schließen, die durch die Sänger des Hilliard Ensembles seit Jahren nach Kräften geför- dert werden.
Das Quartett verabschiedet sich von seinem Publikum mit polyphonen Gesängen aus dem England des 15. Jahrhunderts. „The Hilliard Ensemble's first ever recording contained music from the court of King Henry VIII and so it seemed appropriate for our final recording to return to our roots, particularly as we have never recorded several of our most loved and often performed pieces from this period“, schreibt Countertenor David James im Beiheft zu dieser CD. Ein ganz besonderes Weihnachts- geschenk für alle Freunde des Ensembles. Hochachtung für die Sänger, die aufhören, obwohl sie noch gut bei Stimme und auch gut im Geschäft sind. Es fällt nicht ganz leicht, zu gehen, wenn es am schönsten ist.
Deutsche geistliche Barockmusik: Weihnachten (Ricercar)
Weihnachtliche Barockmusik aus Deutschland enthält diese Box. Auf sieben (!) CD bündelt Ricercar eine Serie von Aufnahmen aus den Jahren 1982 bis 2010, die seinerzeit viel Beachtung gefunden hat. Denn es handelt sich oftmals um Welterst- einspielungen, und die Raritäten werden von renommierten Solisten und Ensembles vorgetragen. Zu hören sind beispielsweise Agnès Mellon, Elisabeth Scholl und Amaryllis Dieltjens, Sopran, Henri Ledroit, Countertenor, Lothar Blum und Hans-Jörg Mammel, Tenor, Stefan Geyer, Bariton, Max van Egmond, Bass und Bernard Foccroulle an der Orgel sowie das Ricercar Consort, der Choeur de Chambre de Namur und Les Agrémens, das Ensemble La Fenice, die Capella Sancti Michaelis und die Mannheimer Hofkapelle mit dem Vokalensemble Ex Tempore.
Es erklingen zum einen Werke aus Mitteldeutschland; dort wirkten „die drei großen S“ - Schütz, Schein und Scheidt – und ihre Schüler sowie Johann Sebastian Bach, der wiederum auch durch die norddeutsche Kirchenmusik stark beeinflusst worden ist. Sie ist hier ebenfalls vertreten durch Protagonisten wie Franz Tunder, Nicolaus Bruhns, Dieterich Buxtehude oder Matthias Weckmann.
Die reichhaltigen Aufnahmen aus dem Bestand von Ricercar werden ergänzt durch eine Einspielung von Heinrich Schütz' Historia der Geburt Jesu Christi SWV 435, die bei dem Label K 617 erschienen ist. Hervorzu- heben sind zudem die Weihnachtskantaten des Darmstädter Hofkapell- meisters Christoph Graupner. Sein Werk, das neben dem seiner namhaften Zeitgenossen durchaus bestehen kann, befindet sich leider noch immer weitestgehend im Archivschlaf. Desto mehr freut man sich über jede Kantate, die wieder erklingt – und über jede Notenedition, die vorliegt.
Es erklingen zum einen Werke aus Mitteldeutschland; dort wirkten „die drei großen S“ - Schütz, Schein und Scheidt – und ihre Schüler sowie Johann Sebastian Bach, der wiederum auch durch die norddeutsche Kirchenmusik stark beeinflusst worden ist. Sie ist hier ebenfalls vertreten durch Protagonisten wie Franz Tunder, Nicolaus Bruhns, Dieterich Buxtehude oder Matthias Weckmann.
Die reichhaltigen Aufnahmen aus dem Bestand von Ricercar werden ergänzt durch eine Einspielung von Heinrich Schütz' Historia der Geburt Jesu Christi SWV 435, die bei dem Label K 617 erschienen ist. Hervorzu- heben sind zudem die Weihnachtskantaten des Darmstädter Hofkapell- meisters Christoph Graupner. Sein Werk, das neben dem seiner namhaften Zeitgenossen durchaus bestehen kann, befindet sich leider noch immer weitestgehend im Archivschlaf. Desto mehr freut man sich über jede Kantate, die wieder erklingt – und über jede Notenedition, die vorliegt.
Sonntag, 21. Dezember 2014
Virgo prudentissima (cpo)
Polen hat trotz seiner schwierigen Geschichte – das Land wurde immer wieder von Kriegen verwüstet und zerteilt – eine beeindruckende musikalische Tradition. Diese CD führt uns ins 17. Jahrhundert, in die Zeit der Wasa-Könige. Sie demonstriert am Beispiel von Musik, die für Marienfeste entstanden ist, wie international und auf welch hohem Stand insbesondere zur Zeit des Königs Sigismund III. Wasa nicht nur am Hof in Warschau musiziert wurde. Dazu stellt Manfred Cordes mit seinem Ensemble Weser-Renaissance Bremen Werke von drei Komponisten vor.
Über Mikolaj Zielenski ist wenig bekannt; nicht einmal seine Lebensdaten gelten als gesichert. Nachgewiesen ist, dass er 1604 Organist des Bischofs Baranowski von Plock war, der 1608 Erzbischof von Gniezno und polni- scher Primas wurde. Zielenski wurde sein Kapellmeister; zwei Kollektionen seiner Werke, die Offertoria und die Communiones totius anni, wurden 1611 in Venedig gedruckt.
Marcin Mielczewski (um 1600 bis 1651) wirkte von 1638 bis 1644 als Musiker und Komponist am Hof von König Wladyslaw IV. in Warschau. 1645 wurde er Hofkapellmeister bei dessen Bruder Karl Ferdinand, Bischof von Breslau und Plock. Etliche seiner Werke sind überliefert, und sie finden sich in ganz Europa – selbst in Frankreich wurden sie aufbewahrt. Die bedeutendste Sammlung seiner Werke liegt heute in der Staatsbibliothek zu Berlin. Wer in Mielczewskis prachtvollen Werk Virgo prudentissima Zitate aus Monteverdis berühmter Marienvesper erkennt, der hat sich übrigens keineswegs verhört. Derartige Anleihen waren damals nicht unüblich. Dieses Detail ist aber sehr interessant, denn es belegt, dass Monteverdis Musik, 1610 im Druck erschienen, in Europa weithin bekannt und ver- breitet war.
Adam Jarzebski (um 1590 bis 1649) stand 1612 in Berlin als Violinist im Dienste Johann Sigismunds von Brandenburg. 1615 schickte ihm der Kurfürst für ein Jahr nach Italien. 1617 wurde Jarzebski Mitglied der königlichen Hofkapelle in Warschau. Er ist hier mit einigen Instrumental- werken vertreten.
Diese CD ist außerordentlich spannend, weil sie den Blick weitet auf die europäischen Dimensionen der Musik zur Zeit des Barock. Sie zeigt, wie eng verflochten Entwicklungen an scheinbar weit voneinander entfernten Orten erfolgten. Und sie macht Raritäten zugänglich, die man sonst nir- gends hören kann. Das lohnt sich, zumal das Ensemble Weser-Renaissan- ce unter Manfred Cordes die Werke der polnischen Komponisten mit der gebotenen Klangpracht präsentiert. Wunderschön!
Über Mikolaj Zielenski ist wenig bekannt; nicht einmal seine Lebensdaten gelten als gesichert. Nachgewiesen ist, dass er 1604 Organist des Bischofs Baranowski von Plock war, der 1608 Erzbischof von Gniezno und polni- scher Primas wurde. Zielenski wurde sein Kapellmeister; zwei Kollektionen seiner Werke, die Offertoria und die Communiones totius anni, wurden 1611 in Venedig gedruckt.
Marcin Mielczewski (um 1600 bis 1651) wirkte von 1638 bis 1644 als Musiker und Komponist am Hof von König Wladyslaw IV. in Warschau. 1645 wurde er Hofkapellmeister bei dessen Bruder Karl Ferdinand, Bischof von Breslau und Plock. Etliche seiner Werke sind überliefert, und sie finden sich in ganz Europa – selbst in Frankreich wurden sie aufbewahrt. Die bedeutendste Sammlung seiner Werke liegt heute in der Staatsbibliothek zu Berlin. Wer in Mielczewskis prachtvollen Werk Virgo prudentissima Zitate aus Monteverdis berühmter Marienvesper erkennt, der hat sich übrigens keineswegs verhört. Derartige Anleihen waren damals nicht unüblich. Dieses Detail ist aber sehr interessant, denn es belegt, dass Monteverdis Musik, 1610 im Druck erschienen, in Europa weithin bekannt und ver- breitet war.
Adam Jarzebski (um 1590 bis 1649) stand 1612 in Berlin als Violinist im Dienste Johann Sigismunds von Brandenburg. 1615 schickte ihm der Kurfürst für ein Jahr nach Italien. 1617 wurde Jarzebski Mitglied der königlichen Hofkapelle in Warschau. Er ist hier mit einigen Instrumental- werken vertreten.
Diese CD ist außerordentlich spannend, weil sie den Blick weitet auf die europäischen Dimensionen der Musik zur Zeit des Barock. Sie zeigt, wie eng verflochten Entwicklungen an scheinbar weit voneinander entfernten Orten erfolgten. Und sie macht Raritäten zugänglich, die man sonst nir- gends hören kann. Das lohnt sich, zumal das Ensemble Weser-Renaissan- ce unter Manfred Cordes die Werke der polnischen Komponisten mit der gebotenen Klangpracht präsentiert. Wunderschön!
Wie schön leucht' uns der Morgenstern (Berlin Classics)
„Im Choral fühle ich mich einer nicht nennbaren, aber doch erheblichen Zahl an Generationen verbunden“, erklärt Ludwig Güttler im Interview. „Wir meinen spüren zu können, dass die Menschen früher schon so empfunden, gelitten und gedacht haben wie wir heute. Es macht uns noch ein Stück verwandter mit unseren Ahnen. Und es gibt wenige Dinge, die so gemeinschaftsbildend sind wie ein gemeinsamer Gesang.“ Das gilt ganz besonders für das Weihnachtsfest, wo in den Kirchen neben bekannten Weihnachtsliedern auch stets die althergebrachten Melo- dien erklingen. Auf dieser CD erklingen Choräle in den unterschiedlichsten Varianten – im barocken Gewand, oder im romantischen Arrangement, im Chorgesang oder aber von Bläsern vorgetragen, eingebettet in festliche Bläsermusik. Edel Classics hat dafür Auszüge aus bereits erschienenen Einspielungen neu zusammengestellt. Es wirken mit Ludwig Güttler, Orga- nist Friedrich Kircheis, das Ensemble Concentus Vocalis Wien und der Thüringische Akademische Singkreis, die Virtuosi Saxoniae, das Blech- bläserensemble Ludwig Güttler und das Trompetenensemble Mathias Schmutzler.
Samstag, 20. Dezember 2014
Stille Nacht... (Audite)
Diese CD erinnert an einen groß- artigen Chorleiter: Uwe Gronostay (1939 bis 2008) prägte über vierzig Jahre lang als Dirigent, Pädagoge und Organisator die deutsche und europäische Chorkultur umfassend und maßgeblich. Am 25. Oktober 2014 wäre er 75 Jahre alt geworden. Ihm zum Gedenken veröffentlicht das Label Audite diese CD mit Liedern zur Weihnacht, die zwischen 1972 und 1986 aufgezeichnet worden sind, als Gronostay künstlerischer Leiter des RIAS Kammerchors war.
Diese CD führt den Zuhörer von der geheimnisvollen Nacht, in die Gottes Licht fällt, über Lob-, Erzähl- und Betrachtungslieder zur Christgeburt wieder zurück zur Nacht, die auch den Anbruch des neuen Tages in sich trägt. Die eingespielten Lieder reichen zudem von Renaissance und Reformation über romantische Chorwerke bis hin zu Liedsätzen und Kompositionen des 20. Jahrhunderts.
Bekannte Sätze sind dabei eher rar; es sind zumeist weniger geläufige Werke, die Gronostay einst für „seinen“ Chor ausgewählt hat. Nicht Mendelssohn, sondern Loewe und Herzogenberg; nicht Bach, sondern Crüger, und nicht Rutter und Willcocks, sondern Wolfgang Jehn, Heinz Werner Zimmermann und Helmut Barbe. Ebenso beeindruckend ist die stilistische Vielfalt, für die diese Chorsätze stehen. Nicht alles freilich liegt dem RIAS Kammerchor gleichermaßen. Seine Stärken hat er eindeutig im moderneren Repertoire; die „Alte“ Musik singen andere Ensembles besser. Wer eine unkonventionelle CD zur Weihnacht sucht, mit Mut zum klang- lichen Experiment, der sollte sich diese jedoch unbedingt anhören.
Diese CD führt den Zuhörer von der geheimnisvollen Nacht, in die Gottes Licht fällt, über Lob-, Erzähl- und Betrachtungslieder zur Christgeburt wieder zurück zur Nacht, die auch den Anbruch des neuen Tages in sich trägt. Die eingespielten Lieder reichen zudem von Renaissance und Reformation über romantische Chorwerke bis hin zu Liedsätzen und Kompositionen des 20. Jahrhunderts.
Bekannte Sätze sind dabei eher rar; es sind zumeist weniger geläufige Werke, die Gronostay einst für „seinen“ Chor ausgewählt hat. Nicht Mendelssohn, sondern Loewe und Herzogenberg; nicht Bach, sondern Crüger, und nicht Rutter und Willcocks, sondern Wolfgang Jehn, Heinz Werner Zimmermann und Helmut Barbe. Ebenso beeindruckend ist die stilistische Vielfalt, für die diese Chorsätze stehen. Nicht alles freilich liegt dem RIAS Kammerchor gleichermaßen. Seine Stärken hat er eindeutig im moderneren Repertoire; die „Alte“ Musik singen andere Ensembles besser. Wer eine unkonventionelle CD zur Weihnacht sucht, mit Mut zum klang- lichen Experiment, der sollte sich diese jedoch unbedingt anhören.
Mittwoch, 17. Dezember 2014
In dulci jubilo - Don Kosaken Chor Serge Jaroff (K&K)
Der Don Kosaken Chor Serge Jaroff hat seine Wurzeln in einem Ensemble, das sich 1920 in einem Internierungslager bei Istanbul zusammengefunden hat. Dort saßen die Überlebenden der Donkosaken-Regimenter gefangen. Aus den Resten der einstigen Regimentschöre entstand kurz vor Weihnachten ein Chor, der später unter der Leitung von Sergej Alexejewitsch Scharow ganz Westeuropa bezauberte und letztend- lich in den USA eine neue Heimat fand.
In den 80er Jahren löste sich das Ensemble auf; 1985 starb Serge Jaroff. Heute reist eine ganze Reihe von Chören unter dem Etikett „Donkosaken“ durch die Lande. Dieser hier wird von einem Bayern geleitet – Hans Reitmayr aus Petershausen bei München sang seinerzeit etliche Jahre unter Jaroffs Leitung, unter seinem Künstler- namen Wanja Hlibka pflegt er seit 1991 das musikalische Erbe der Donko- saken.
In seinem Chor singen ausschließlich Profis mit klassischer Gesangs- ausbildung, die Sänger kommen vor allem aus Russland und aus der Ukraine. Auf dieser CD sind sie mit klassischen liturgischen Stücken sowie mit Weihnachtsliedern aus Russland, der Ukraine und Deutschland zu vernehmen. Das Programm ist abwechslungsreich, und dürfte seinerzeit beim Publikum gut angekommen sein. Die Akustik der Klosterkirche von Waldsassen, in der dieses Konzert im Dezember 2005 mitgeschnitten wurde, erweist sich allerdings selbst für diese erfahrenen Sänger als Herausforderung. Mitunter wird so aus Inbrunst pure Lautstärke, und nicht jeder Ton ist perfekt geführt. Gerade in den Stücken, die ihren Ursprung in der russisch-orthodoxen Liturgie haben, vermisst man zudem den typi- schen, leicht nasalen Klang der russischen Chöre; wer sich Aufnahmen des Don Kosaken Chores unter Serge Jaroff anhört, der wird den Unter- schied bemerken. Bemerkenswert sind allerdings die tiefen Bässe des Ensembles. In Westeuropa sind solche Stimmen äußerst rar.
In den 80er Jahren löste sich das Ensemble auf; 1985 starb Serge Jaroff. Heute reist eine ganze Reihe von Chören unter dem Etikett „Donkosaken“ durch die Lande. Dieser hier wird von einem Bayern geleitet – Hans Reitmayr aus Petershausen bei München sang seinerzeit etliche Jahre unter Jaroffs Leitung, unter seinem Künstler- namen Wanja Hlibka pflegt er seit 1991 das musikalische Erbe der Donko- saken.
In seinem Chor singen ausschließlich Profis mit klassischer Gesangs- ausbildung, die Sänger kommen vor allem aus Russland und aus der Ukraine. Auf dieser CD sind sie mit klassischen liturgischen Stücken sowie mit Weihnachtsliedern aus Russland, der Ukraine und Deutschland zu vernehmen. Das Programm ist abwechslungsreich, und dürfte seinerzeit beim Publikum gut angekommen sein. Die Akustik der Klosterkirche von Waldsassen, in der dieses Konzert im Dezember 2005 mitgeschnitten wurde, erweist sich allerdings selbst für diese erfahrenen Sänger als Herausforderung. Mitunter wird so aus Inbrunst pure Lautstärke, und nicht jeder Ton ist perfekt geführt. Gerade in den Stücken, die ihren Ursprung in der russisch-orthodoxen Liturgie haben, vermisst man zudem den typi- schen, leicht nasalen Klang der russischen Chöre; wer sich Aufnahmen des Don Kosaken Chores unter Serge Jaroff anhört, der wird den Unter- schied bemerken. Bemerkenswert sind allerdings die tiefen Bässe des Ensembles. In Westeuropa sind solche Stimmen äußerst rar.
The Wonder of Christmas (Naxos)
Die Elora Festival Singers gehören zu den besten Kammerchören Kanadas. Das 1980 gegründete Ensemble, das von Noel Edison geleitet wird, hat allen Freunden der traditionellen britischen Weihnachtslieder diese CD auf den Gabentisch gelegt. Dabei greifen die Sänger weit aus, vom Mittelalter bis zur Gegenwart; das gilt sowohl für das Repertoire als auch für die Arrangements. So erklingt Nesciens mater virgo virum von Jean Mouton (um 1459 bis 1522) neben dem bekannten Away in a Manger, hier in einer Bearbeitung von Bob Chilcott, und A Boy Was Born von Benjamin Britten (1913 bis 1967) neben dem schwungvollen The holly and the ivy in einem Arrangement von Stuart Thompson, mit dem der Musikdirektor der Caterham School übrigens den The Times carol competition 2011 gewonnen hat. Und natürlich dürfen auch Werke von John Tavener und John Rutter nicht fehlen. Die Elora Festival Singers sind in allen Stilrichtungen versiert; der Chor singt professionell, sehr geschmeidig und auch sehr präzise. Das macht diese CD wirklich hörenswert.
Montag, 15. Dezember 2014
Bach and B-A-C-H (Genuin)
Ein originelles Programm zusam- menzustellen, das einerseits Neues bietet, andererseits aber auch auffällt auf einem beim Thema Bach nicht eben notleidenden CD-Markt, das war das Anliegen von Johannes Lang. Der junge Musiker absolviert derzeit einen Masterstudiengang in den Bereichen Historische Tasten- instrumente/Cembalo sowie Kirchen- musik an der Musikhochschule Freiburg. Er hat bereits eine Vielzahl von Wettbewerben gewonnen, darunter den Internationalen Bach-Wettbewerb 2012, und ist Stipendiat der Deutschen Stiftung Musikleben sowie der Studienstiftung des Deut- schen Volkes.
Diese CD eröffnet er mit dem Praeludium in C BWV 566 von Johann Sebastian Bach. Bachs Musik ergänzt Lang durch Werke, die das Thema
B-A-C-H aufgreifen. Dabei präsentiert er ein Kuriosum – eine Fantasie von Jan Pieterszoon Sweelinck (1562 bis 1621), die dieses Thema ganz deutlich erklingen lässt. Was zeigt, dass die Faszination durch diese Tonfolge nicht nur mit dem Bezug auf den Namen zu erklären ist.
Den letzten, Fragment gebliebenen Contrapunctus aus Bachs Kunst der Fuge beantwortet Lang nachfolgend mit der zweiten Fuge von Robert Schumann aus den Sechs Fugen über den Namen BACH op. 60. „Es war äußerst spannend, das Experiment zu wagen, ein romantisches Werk an einer Barockorgel aufzunehmen und dabei bewusst ,romantisch' zu registrieren“, schreibt der Musiker im Beiheft. „Dabei bestätigte sich eine meiner Beobachtungen: Je konsequenter eine Orgel eine eigene Persönlichkeit vertritt, desto vielseitiger und auch überzeugender ist sie einzusetzen.“
Für diese Einspielung hat sich Johannes Lang die große Orgel der Stiftskirche St. Georg im Goslarer Stadtteil Grauhof ausgesucht. Sie wurde von dem Magdeburger Orgelbauer Christoph Treutmann 1734 bis 1737 errichtet, und durch die Gebrüder Hillebrand 1989 bis 1992 sorgsam restauriert. Auf diesem wohlklingenden Instrument findet Lang für jedes Musikstück eine Registrierung, die sein Wesen trifft, ohne hausbacken-konventionell zu wirken. Ein gutes Beispiel dafür ist die Triosonate BWV 530.
Spannungsvoll erscheint Variationen über B-A-C-H von Jan Esra Kuhl, ein Auftragswerk das eigens für diese CD entstanden ist. „Dazu führte mich vor allem der Wunsch, dass das Motiv B-A-C-H auch in Kompositionen der Gegenwart präsent sei, sowie die Beobachtung, dass Werke, die sich explizit mit den besonderen Gegebenheiten historischer Orgeln (..) auseinandersetzen, unter zeitgenössischen Kompositionen sehr selten zu finden sind“, erläutert Lang. Die CD klingt aus mit Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564.
Johannes Lang musiziert stets ebenso virtuos wie durchdacht, ausgespro- chen klar strukturiert und sorgsam im Umgang mit dem jeweiligen musi- kalischen Material. Seine Interpretationen wirken wunderbar lebendig und von Musizierlust getragen, kraftvoll und beseelt zugleich. Organisten dieser Klasse sind rar; auf die nächsten Aufnahmen es jungen Musikers darf man daher gespannt sein.
Diese CD eröffnet er mit dem Praeludium in C BWV 566 von Johann Sebastian Bach. Bachs Musik ergänzt Lang durch Werke, die das Thema
B-A-C-H aufgreifen. Dabei präsentiert er ein Kuriosum – eine Fantasie von Jan Pieterszoon Sweelinck (1562 bis 1621), die dieses Thema ganz deutlich erklingen lässt. Was zeigt, dass die Faszination durch diese Tonfolge nicht nur mit dem Bezug auf den Namen zu erklären ist.
Den letzten, Fragment gebliebenen Contrapunctus aus Bachs Kunst der Fuge beantwortet Lang nachfolgend mit der zweiten Fuge von Robert Schumann aus den Sechs Fugen über den Namen BACH op. 60. „Es war äußerst spannend, das Experiment zu wagen, ein romantisches Werk an einer Barockorgel aufzunehmen und dabei bewusst ,romantisch' zu registrieren“, schreibt der Musiker im Beiheft. „Dabei bestätigte sich eine meiner Beobachtungen: Je konsequenter eine Orgel eine eigene Persönlichkeit vertritt, desto vielseitiger und auch überzeugender ist sie einzusetzen.“
Für diese Einspielung hat sich Johannes Lang die große Orgel der Stiftskirche St. Georg im Goslarer Stadtteil Grauhof ausgesucht. Sie wurde von dem Magdeburger Orgelbauer Christoph Treutmann 1734 bis 1737 errichtet, und durch die Gebrüder Hillebrand 1989 bis 1992 sorgsam restauriert. Auf diesem wohlklingenden Instrument findet Lang für jedes Musikstück eine Registrierung, die sein Wesen trifft, ohne hausbacken-konventionell zu wirken. Ein gutes Beispiel dafür ist die Triosonate BWV 530.
Spannungsvoll erscheint Variationen über B-A-C-H von Jan Esra Kuhl, ein Auftragswerk das eigens für diese CD entstanden ist. „Dazu führte mich vor allem der Wunsch, dass das Motiv B-A-C-H auch in Kompositionen der Gegenwart präsent sei, sowie die Beobachtung, dass Werke, die sich explizit mit den besonderen Gegebenheiten historischer Orgeln (..) auseinandersetzen, unter zeitgenössischen Kompositionen sehr selten zu finden sind“, erläutert Lang. Die CD klingt aus mit Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564.
Johannes Lang musiziert stets ebenso virtuos wie durchdacht, ausgespro- chen klar strukturiert und sorgsam im Umgang mit dem jeweiligen musi- kalischen Material. Seine Interpretationen wirken wunderbar lebendig und von Musizierlust getragen, kraftvoll und beseelt zugleich. Organisten dieser Klasse sind rar; auf die nächsten Aufnahmen es jungen Musikers darf man daher gespannt sein.
Sonntag, 14. Dezember 2014
Fernando Sor - 24 Selected Studies (MGD)
Jeder Gitarrenschüler kennt Musik von Fernando Sor (1778 bis 1839). Der Virtuose hat seinerzeit, offenbar mit resigniertem Blick auf den Markt, zahlreiche ultra-leichte Stücke geschrieben. Mit dieser CD bricht der renommierte Gitarrist Frank Bungar- ten eine Lanzen für den anderen Teil dieser stets wohlklingenden Werke – die Gitarrenmusik, die man wirklich üben muss.
Man stellt verwundert fest, dass es sich auch hier um Etüden handelt. Mit den üblichen Übungsstücken, an denen Musiker technische Abläufe oder aber ihre Geläufigkeit schulen – und die des öfteren auch ziemlich langweilig klingen – haben diese Werke nichts gemein. Man höre nur die Flageolett-Etüde, die einen vollständigen Liedsatz in die Obertöne verlegt. Doch auch die „kleinen“ Etüden aus op. 6 wirken keineswegs trivial.
Aus 97 Etüden, die in fünf Bänden erschienen sind, hat Bungarten seine persönlichen Favoriten ausgewählt und daraus ein anspruchsvolles Konzertprogramm zusammengestellt. „Tiefer Vertraute erkennen in den Etüden grundweg die Essenz der charakteristischen, eigenständigen Tonsprache des Fernando Sor“, schreibt der Gitarrist im Beiheft zu dieser CD: „Das verfeinerte Ausdrucksspektrum seiner Vorhaltsharmonik. Den Nachklang opernhafter Dramatik neben den zarten, verwehten Miniatu- ren. Die heroische In-die-Welt-hinaus-Gebärde des Napoleonanhängers und die elegische Melodik seiner russischen Lebensphase. Die Momente unschuldiger Anmut oder beinahe Schubertscher Gebrochenheit.“
Und all das findet sich auch im Spiel des Gitarristen wieder. Bungarten musiziert großartig. Jede Phrase ist mit Sorgfalt gestaltet, jede Stimme liebevoll herausgearbeitet – das ist Sor mit Noblesse, man freut sich über jedes Stück und jede einzelne Minute. Bravo! Und gern mehr davon.
Man stellt verwundert fest, dass es sich auch hier um Etüden handelt. Mit den üblichen Übungsstücken, an denen Musiker technische Abläufe oder aber ihre Geläufigkeit schulen – und die des öfteren auch ziemlich langweilig klingen – haben diese Werke nichts gemein. Man höre nur die Flageolett-Etüde, die einen vollständigen Liedsatz in die Obertöne verlegt. Doch auch die „kleinen“ Etüden aus op. 6 wirken keineswegs trivial.
Aus 97 Etüden, die in fünf Bänden erschienen sind, hat Bungarten seine persönlichen Favoriten ausgewählt und daraus ein anspruchsvolles Konzertprogramm zusammengestellt. „Tiefer Vertraute erkennen in den Etüden grundweg die Essenz der charakteristischen, eigenständigen Tonsprache des Fernando Sor“, schreibt der Gitarrist im Beiheft zu dieser CD: „Das verfeinerte Ausdrucksspektrum seiner Vorhaltsharmonik. Den Nachklang opernhafter Dramatik neben den zarten, verwehten Miniatu- ren. Die heroische In-die-Welt-hinaus-Gebärde des Napoleonanhängers und die elegische Melodik seiner russischen Lebensphase. Die Momente unschuldiger Anmut oder beinahe Schubertscher Gebrochenheit.“
Und all das findet sich auch im Spiel des Gitarristen wieder. Bungarten musiziert großartig. Jede Phrase ist mit Sorgfalt gestaltet, jede Stimme liebevoll herausgearbeitet – das ist Sor mit Noblesse, man freut sich über jedes Stück und jede einzelne Minute. Bravo! Und gern mehr davon.
Samstag, 13. Dezember 2014
Mendelssohn Bartholdy: Sechs Orgelsonaten op. 65 (Auris Subtilis)
„Es kommt bei diesen Sonaten auf richtige Wahl der Register sehr viel an“, so schrieb Felix Mendelssohn Bartholdy seinerzeit im Vorwort zu den Sechs Sonaten für Orgel op. 65, „da aber jede der mir bekannten Orgeln in dieser Hinsicht eine eigene Behandlungsart erfordert, indem selbst die gleichnamigen Register nicht immer bei verschiedenen Instrumenten die gleiche Wirkung hervorbringen, so habe ich nur gewisse Grenzen, ohne Bezeichnung der Registernamen angegeben.“ Die Walcker-Orgel der St. Annenkirche in Annaberg-Buchholz, errichtet von dem Ludwigsburger Orgelbauer im Jahre 1883/84 und 1995 von der Bautzner Firma Hermann Eule Orgelbau restauriert, eignet sich klanglich für diese Musik ziemlich gut. Und Kirchenmusikdirektor Matthias Süß, mit „seinem“ Instrument bestens vertraut, registiert gekonnt und hat für Mendelssohns Orgelsonaten interessante Klangfarben gewählt. So wird diese CD auch ein klein wenig zu einem Orgelporträt, das natürlich romantische Klangvarianten heraus- stellt. Die Aufnahme ist rundum hörenswert.
Freitag, 12. Dezember 2014
Lauter Freude, lauter Wonne (Rondeau)
Den Jubel und den sanften Frohsinn der Weihnachtszeit haben drei Musiker aus Hannover auf eine CD gebracht. Sopranistin Ute Engelke, Blockflötistin Elisabeth Schwanda und Ulfert Smidt, der Organist der Marktkirche, interpretieren Musik aus vier Jahrhunderten. Die ausgewählten Werke reichen vom verspielt-verzierten Puer nobis nascitur aus dem Fluyten Lust-Hof von Jacob van Eyck für Blockflöte solo bis zur eher gravitätischen Pastorale für Orgel solo von César Franck, von den traumschönen, aber eher wenig bekannten Bicinien von Michael Praetorius bis hin zu der populären Arie Schafe können sicher weiden von Johann Sebastian Bach und von Monteverdis höchst anspruchsvoller Motette Exulta Filia Sion bis hin zu der romantischen Orgel-Phantasia Jul von Otto Olsson. Ute Engelkes schlank geführte, strahlende Sopranstimme, das virtuose Flötenspiel von Elisabeth Schwanda und das souveräne Musizieren von Ulfert Smit an der Chor-Ensemble-Orgel ergänzen sich perfekt; die ganze Einspielung ist geprägt von einer hinreißenden Musizierfreude. Bravi!
Mittwoch, 10. Dezember 2014
Agricola: Die Hirten bei der Krippe (cpo)
Wenn die Weihnachtszeit naht, prä- sentiert das Label cpo stets Wieder- entdeckungen, die sich als Alterna- tiven zu Bachs Weihnachtsoratorium empfehlen. In diesem Jahr sind es Uns ist ein Kind geboren, Die Hirten bei der Krippe und Kündlich groß ist das gottselige Geheimnis, drei große Kantaten des Bach-Schülers Johann Friedrich Agricola (1720 bis 1774).
Agricola war der Sohn eines Gerichts- direktors aus Dobritschen im Für- stentum Altenburg. Der Knabe erhielt nicht nur Privatunterricht in den üblichen Schulfächern, sondern auch eine solide musikalische Ausbildung auf Clavier und Orgel. Während seines Studiums an der Leipziger Universität komplettierte er diese durch Unterricht bei Johann Sebastian Bach. Er musizierte unter der Leitung des Thomaskantors im Collegium musicum und gelegentlich wohl auch in der Kirche.
Im Herbst 1741 ging Agricola nach Berlin. 1751 wurde er zum Hof- komponisten ernannt, und nach Grauns Tod 1759 leitete er die Hofkapelle – ohne freilich jemals den Titel des Hofkapellmeisters zu erhalten. Ab 1755 wandte sich Agricola verstärkt der Kirchenmusik zu. Seine Werke erklangen in der Kirche St. Petri, sowie bei der Königinmutter und bei Prinzessin Anna Amalia. Im Druck ist allerdings kaum etwas davon erschienen. Erfreulicherweise sind dank der Wiedergewinnung des Noten-Archivs der Sing-Akademie zu Berlin im Jahr 2001 etliche seiner Werke nun wieder greifbar. Denn er ist im Archivbestand als Komponist, Vorbe- sitzer und Schreiber zahlreicher Quellen auszumachen.
Agricola hatte 1742 eine der Opernsängerinnen des Königs geheiratet. Für seine Frau, Benedetta Emilia Molteni, schuf er eine Vielzahl wohlklingen- der Sopranpartien – auch davon legt diese CD Zeugnis ab. Sie ist musik- historisch durchaus interessant, obwohl man bald feststellen wird, dass die Kantaten Agricolas keineswegs der ganz großen Kunst zuzurechnen sind. Solides Handwerk aber sind sie allemal. Und in dieser gelungenen Aufnahme mit den Solisten Berit Solset, Myriam Arbouz, Nicholas Mulroy und Matthias Vieweg sowie der Kölner Akademie unter Michael Alexander Willens hört man sie wirklich gern.
Agricola war der Sohn eines Gerichts- direktors aus Dobritschen im Für- stentum Altenburg. Der Knabe erhielt nicht nur Privatunterricht in den üblichen Schulfächern, sondern auch eine solide musikalische Ausbildung auf Clavier und Orgel. Während seines Studiums an der Leipziger Universität komplettierte er diese durch Unterricht bei Johann Sebastian Bach. Er musizierte unter der Leitung des Thomaskantors im Collegium musicum und gelegentlich wohl auch in der Kirche.
Im Herbst 1741 ging Agricola nach Berlin. 1751 wurde er zum Hof- komponisten ernannt, und nach Grauns Tod 1759 leitete er die Hofkapelle – ohne freilich jemals den Titel des Hofkapellmeisters zu erhalten. Ab 1755 wandte sich Agricola verstärkt der Kirchenmusik zu. Seine Werke erklangen in der Kirche St. Petri, sowie bei der Königinmutter und bei Prinzessin Anna Amalia. Im Druck ist allerdings kaum etwas davon erschienen. Erfreulicherweise sind dank der Wiedergewinnung des Noten-Archivs der Sing-Akademie zu Berlin im Jahr 2001 etliche seiner Werke nun wieder greifbar. Denn er ist im Archivbestand als Komponist, Vorbe- sitzer und Schreiber zahlreicher Quellen auszumachen.
Agricola hatte 1742 eine der Opernsängerinnen des Königs geheiratet. Für seine Frau, Benedetta Emilia Molteni, schuf er eine Vielzahl wohlklingen- der Sopranpartien – auch davon legt diese CD Zeugnis ab. Sie ist musik- historisch durchaus interessant, obwohl man bald feststellen wird, dass die Kantaten Agricolas keineswegs der ganz großen Kunst zuzurechnen sind. Solides Handwerk aber sind sie allemal. Und in dieser gelungenen Aufnahme mit den Solisten Berit Solset, Myriam Arbouz, Nicholas Mulroy und Matthias Vieweg sowie der Kölner Akademie unter Michael Alexander Willens hört man sie wirklich gern.
Dienstag, 9. Dezember 2014
Claudius Tanski, piano - Mozart, Beethoven, Schubert (MDG)
Claudius Tanski, Professor am Salz- burger Mozarteum, gilt als Klang- magier. Auf dieser CD widmet er sich drei Sonaten, eine in C-Dur, zwei in c-Moll, allesamt Gipfelwerke der Klavierliteratur.
Die Gipfeltour beginnt Tanski mit der Sonate KV 457 von Wolfgang Amadeus Mozart. Sie ist in der Tat ein Solitär. Ohnehin hat Mozart offenbar nur zwei Klaviersonaten in Moll komponiert. Diese hier zeichnet sich nicht nur durch eine ganz erstaunliche Auswahl an Tonarten, sondern zudem durch einen einzigartigen Umgang mit dem Hauptthema aus.
Die Sonate in c-Moll op. 111 von Ludwig van Beethoven ist dessen letzte. Sie gilt als Opus summum, und darüber, was der Meister in den beiden Sätzen dieses Werkes zum Ausdruck bringen wollte, haben sich nicht nur Musiker, sondern auch beispielsweise der Schriftsteller Thomas Mann ausführlich geäußert. Der unbeschwerte Umgang mit der Gattung freilich war nach diesen Höhepunkten dahin. Die Romantiker hatten anderes im Sinn, und die Sonatenhauptsatzform, zum Maß aller Dinge erhoben, verhinderte eine allzu kreative Weiterentwicklung.
Franz Schubert hat, wie Beethoven, zahlreiche Sonaten geschrieben. Er setzte dabei allerdings oftmals eher auf Klang und Melodie statt auf formale Finessen. Seine Sonate in C-Dur D 840 wurde nie vollendet, was ihr später den Beinamen „Reliquie“ eintrug. Die beiden fertiggestellten Sätze sind beeindruckend, zwei weitere ließ der Komponist unfertig liegen. Tanski hat sich entschieden, die „Reliquie“ in diesem Zustand zu akzeptieren. Wie seinerzeit Swjatoslaw Richter, verstummt er dort, wo Schubert die Arbeit abgebrochen hat.
Die Gipfeltour beginnt Tanski mit der Sonate KV 457 von Wolfgang Amadeus Mozart. Sie ist in der Tat ein Solitär. Ohnehin hat Mozart offenbar nur zwei Klaviersonaten in Moll komponiert. Diese hier zeichnet sich nicht nur durch eine ganz erstaunliche Auswahl an Tonarten, sondern zudem durch einen einzigartigen Umgang mit dem Hauptthema aus.
Die Sonate in c-Moll op. 111 von Ludwig van Beethoven ist dessen letzte. Sie gilt als Opus summum, und darüber, was der Meister in den beiden Sätzen dieses Werkes zum Ausdruck bringen wollte, haben sich nicht nur Musiker, sondern auch beispielsweise der Schriftsteller Thomas Mann ausführlich geäußert. Der unbeschwerte Umgang mit der Gattung freilich war nach diesen Höhepunkten dahin. Die Romantiker hatten anderes im Sinn, und die Sonatenhauptsatzform, zum Maß aller Dinge erhoben, verhinderte eine allzu kreative Weiterentwicklung.
Franz Schubert hat, wie Beethoven, zahlreiche Sonaten geschrieben. Er setzte dabei allerdings oftmals eher auf Klang und Melodie statt auf formale Finessen. Seine Sonate in C-Dur D 840 wurde nie vollendet, was ihr später den Beinamen „Reliquie“ eintrug. Die beiden fertiggestellten Sätze sind beeindruckend, zwei weitere ließ der Komponist unfertig liegen. Tanski hat sich entschieden, die „Reliquie“ in diesem Zustand zu akzeptieren. Wie seinerzeit Swjatoslaw Richter, verstummt er dort, wo Schubert die Arbeit abgebrochen hat.
Montag, 8. Dezember 2014
Fasch: Quartets and Concertos (Linn)
Johann Friedrich Fasch (1688 bis 1758) gehört ohne Zweifel zu jenen Komponisten, die bislang noch nicht so wahrgenommen werden, wie sie es verdient hätten. Die Werke des Mu- sikers, der ab 1722 als Hofkapell- meister in Zerbst angestellt war, wurden von seinen Zeitgenossen sehr geschätzt. Obwohl nur ein Teil seines Schaffens überliefert ist, halten die Archive doch noch manche Über- raschung bereit.
So hat das Ensemble Marsyas kürz- lich bei Linn Records eine CD mit Quartetten und Konzerten des Komponisten vorgelegt. Diese rundum gelungene Einspielung überwältigt mit bezaubernden Klangfarben, die Fasch in vielen Schattierungen einzu- setzen wusste. Der Hofkapellmeister setzte dazu auch die Instrumente in abwechslungsreichen Kombinationen ein. Neben den traditionellen Instrumenten höfischer Virtuosen der damaligen Zeit, wie Geigen, Gamben oder (Block-)Flöten, verwendete Fasch auch Innovationen wie Oboe und Fagott. So enthält diese CD ein wundervolles Quartett für Horn, Oboe, Violine und Continuo. Andere Quartette besetzte Fasch sogar mit zwei Oboen, obligatem Fagott und Continuo. Doch auch die Blockflöte bedachte er mit hörenswerten Partien.
Das Ensemble Marsyas, unterstützt durch Pamela Thorby, Blockflöte, und Peter Whelan, Fagott, musiziert mit Präzision und Hingabe. Die Musiker beeindrucken durch die Feinfühligkeit, mit der sie diese musikalischen Juwelen zum Leuchten und Funkeln bringen. Eine der schönsten CD des Jahres!
So hat das Ensemble Marsyas kürz- lich bei Linn Records eine CD mit Quartetten und Konzerten des Komponisten vorgelegt. Diese rundum gelungene Einspielung überwältigt mit bezaubernden Klangfarben, die Fasch in vielen Schattierungen einzu- setzen wusste. Der Hofkapellmeister setzte dazu auch die Instrumente in abwechslungsreichen Kombinationen ein. Neben den traditionellen Instrumenten höfischer Virtuosen der damaligen Zeit, wie Geigen, Gamben oder (Block-)Flöten, verwendete Fasch auch Innovationen wie Oboe und Fagott. So enthält diese CD ein wundervolles Quartett für Horn, Oboe, Violine und Continuo. Andere Quartette besetzte Fasch sogar mit zwei Oboen, obligatem Fagott und Continuo. Doch auch die Blockflöte bedachte er mit hörenswerten Partien.
Das Ensemble Marsyas, unterstützt durch Pamela Thorby, Blockflöte, und Peter Whelan, Fagott, musiziert mit Präzision und Hingabe. Die Musiker beeindrucken durch die Feinfühligkeit, mit der sie diese musikalischen Juwelen zum Leuchten und Funkeln bringen. Eine der schönsten CD des Jahres!
The Wexford Carols (Heresy)
Weihnachtslieder aus Irland präsen- tiert die irische Sängerin Caitríona O’Leary. Die uralten Songs erklingen bis zum heutigen Tage in der Gemein- de Kilmore, gelegen in der Grafschaft Wexford. Grundlage für diese Auf- nahme sind zwei Sammlungen von Weihnachtsliedern: 1684 veröffent- lichte Bischof Luke Waddinge „A Smale Garland of Pious & Godly Songs“ mit elf Liedern. Darauf nahm Father William Devereux Bezug, der 1728 ebenfalls elf Lieder unter dem Titel „A New Garland Containing Songs for Christmas“ publizierte.
Die frommen Texte, gedichtet auf damals bekannte irische Volksmelodien, wurden schon bald populär. Denn die Iren lebten damals in Elend und Verfolgung; den Katholiken war sogar das Feiern der Heiligen Messe verboten. Die Wexford Carols erzählen nicht nur die Weihnachtsge- schichte, sie gaben zugleich den Unterdrückten und ihrer tiefen Religiosität eine Stimme.
„I have been fascinated by these sublime carols for the past 25 years, ever since I first heard Nóirín Ní Riain's beautiful album, The Darkest Mid- night, and completely enthralled since I first heard the carol singers of Kilmore one cold Christmas some 5 years later“, berichtet O'Leary im Beiheft zu dieser CD. „Over the past 20 years I have been singing and studying the carols with the notion of expanding the current living tradition, and have also, I believe, found several of the tunes that had been lost.“
An dieser Einspielung, die der vierfache Grammy-Gewinner Joe Henry produziert hat, beteiligten sich rings um Caitríona O'Leary, Tom Jones, Rosanne Cash und Rhiannon Giddens etliche versierte Musiker. Das Ergebnis ist stilistisch zu verorten irgendwo zwischen traditionellen Christmas Carols und moderner Rockmusik, zwischen Irish Folk und Gospel. Wer diese Mischung mag, der dürfte von diesem Album schwer begeistert sein.
Die frommen Texte, gedichtet auf damals bekannte irische Volksmelodien, wurden schon bald populär. Denn die Iren lebten damals in Elend und Verfolgung; den Katholiken war sogar das Feiern der Heiligen Messe verboten. Die Wexford Carols erzählen nicht nur die Weihnachtsge- schichte, sie gaben zugleich den Unterdrückten und ihrer tiefen Religiosität eine Stimme.
„I have been fascinated by these sublime carols for the past 25 years, ever since I first heard Nóirín Ní Riain's beautiful album, The Darkest Mid- night, and completely enthralled since I first heard the carol singers of Kilmore one cold Christmas some 5 years later“, berichtet O'Leary im Beiheft zu dieser CD. „Over the past 20 years I have been singing and studying the carols with the notion of expanding the current living tradition, and have also, I believe, found several of the tunes that had been lost.“
An dieser Einspielung, die der vierfache Grammy-Gewinner Joe Henry produziert hat, beteiligten sich rings um Caitríona O'Leary, Tom Jones, Rosanne Cash und Rhiannon Giddens etliche versierte Musiker. Das Ergebnis ist stilistisch zu verorten irgendwo zwischen traditionellen Christmas Carols und moderner Rockmusik, zwischen Irish Folk und Gospel. Wer diese Mischung mag, der dürfte von diesem Album schwer begeistert sein.
Sonntag, 7. Dezember 2014
Melani: Marienvesper (cpo)
Alessandro Melani (1639 bis 1703) war der Sohn eines Glöckners aus dem norditalienischen Städtchen Pistoia. Er wurde – wie auch seine sechs Brüder – zum Musiker ausgebildet. Im Jahre 1667 wurde er Kapellmeister an der Kathedrale seiner Heimatstadt; er ging aber noch im selben Jahr nach Rom, dieweil sein Gönner als Clemens IX. den Papstthron bestieg. So wurde Melani Kapellmeister an der vom Papst bevorzugten Kirche Santa Maria Maggiore. 1672 wechselte er dann an die französische Kirche in Rom, San Luigi dei Francesi. Dort wirkte er den Rest seines Lebens.
Alessandro Melani war ein bedeutender Komponist von Opern; er schuf aber auch eine Vielzahl an Werken aus dem Bereich der geistlichen Musik. Eine Auswahl davon stellt cpo nun auf einer CD vor. Ausgewählt wurden dafür Vesper-Kompositionen, festliche Werke, aufwendig vertont und von repräsentativem Charakter. Sie wurden zu einer Marienvesper gruppiert; an zwei Fehlstellen, für die keine Werke Melanis überliefert sind, wurden Vertonungen von Giuseppe Ottavio Pitoni (1657 bis 1743) eingefügt.
Die moderne Erstaufführung dieser Marienvesper hat Hermann Max über- nommen, mit Solisten der Rheinischen Kantorei und dem Instrumental- ensemble Das Kleine Konzert. Die Aufnahme ist aber trotz der vielen renommierten Sänger und Musiker nicht besonders gut gelungen. Das liegt zum einen daran, dass die Sopran-Solopartien zwar ziemlich schwierig, dennoch aber deutlich erkennbar für Knabenstimmen geschrieben worden sind. Der Klang der Frauenstimmen, und seien sie noch so schlank geführt, passt in diesem Falle wirklich nicht. Zum anderen wird routiniert und zumeist ziemlich flott musiziert. Auch dies erscheint mir hier nicht korrekt, das zu schnelle Tempo ruiniert für meinen Geschmack zu oft die Wirkung der Musik. Schade.
Alessandro Melani war ein bedeutender Komponist von Opern; er schuf aber auch eine Vielzahl an Werken aus dem Bereich der geistlichen Musik. Eine Auswahl davon stellt cpo nun auf einer CD vor. Ausgewählt wurden dafür Vesper-Kompositionen, festliche Werke, aufwendig vertont und von repräsentativem Charakter. Sie wurden zu einer Marienvesper gruppiert; an zwei Fehlstellen, für die keine Werke Melanis überliefert sind, wurden Vertonungen von Giuseppe Ottavio Pitoni (1657 bis 1743) eingefügt.
Die moderne Erstaufführung dieser Marienvesper hat Hermann Max über- nommen, mit Solisten der Rheinischen Kantorei und dem Instrumental- ensemble Das Kleine Konzert. Die Aufnahme ist aber trotz der vielen renommierten Sänger und Musiker nicht besonders gut gelungen. Das liegt zum einen daran, dass die Sopran-Solopartien zwar ziemlich schwierig, dennoch aber deutlich erkennbar für Knabenstimmen geschrieben worden sind. Der Klang der Frauenstimmen, und seien sie noch so schlank geführt, passt in diesem Falle wirklich nicht. Zum anderen wird routiniert und zumeist ziemlich flott musiziert. Auch dies erscheint mir hier nicht korrekt, das zu schnelle Tempo ruiniert für meinen Geschmack zu oft die Wirkung der Musik. Schade.
Freitag, 5. Dezember 2014
Bach: 3 Sonatas for Viola da Gamba and Harpsichord (Genuin)
Nicolas Altstaedt gehört zu den bereits etablierten Musikern der jüngeren Generation. Er hat zahlreiche Preise und Stipendien gewonnen, und mit vielen namhaften Orchestern und Dirigenten musiziert. Er ist zudem Nachfolger von Gidon Kremer als Leiter des Lockenhaus-Festivals. Hat man von ihm bislang eher zeitgenössische Klänge gehört – so erschien bei Genuin zuletzt eine CD, auf der er Miniaturen von Robert Schumann und Wilhelm Killmayer in ein spannungsvolles Verhältnis setzt –, wendet er sich nun musikalischen Traditionen zu.
Auf seiner fünften Genuin-CD präsentiert Altstaedt die drei Sonaten für Viola da gamba und Cembalo von Johann Sebastian Bach, BWV 1027-1029, gemeinsam mit dem Cembalisten Jonathan Cohen. Die Gambe freilich war zu Bachs Zeiten eigentlich schon aus der Mode; auch wenn es noch Musiker gab, die dieses Instrument virtuos beherrschten. Bach hat speziell für die Gambe schöne Passagen komponiert – in der Matthäus- passion. Seine Gambensonaten hingegen sind Bearbeitungen anderer Werke; die Gambenstimme hat Bach dabei in den polyphonen Satz mit eingeflochten. Das bringt klangliche Probleme mit sich, denn selbst im Zusammenspiel mit einem Cembalo hat es die Gambe mitunter schwer, sich zu behaupten.
So werden die Stücke oftmals auf dem Violoncello oder aber der Viola gespielt – was dann wiederum ein akustisches Ungleichgewicht zu Lasten des Cembalos mit sich bringt. Um diesen Nachteil auszugleichen, wird dann gern ein Klavier verwendet – und so gerät man Schritt für Schritt weg von einem Original, das ohnehin schon eine Kopie war. Altstaedt und Cohen sind daher einen Kompromiss eingegangen: Sie nutzen ein Cembalo und ein Violoncello, doch Altstaedt stimmt sein Instrument tiefer; in Köthen lag der Kammerton um 1720 wohl bei 415 Hertz.
Der Cellist hätte gern auf Darmsaiten musiziert, doch das war auf dem von ihm gespielten Lupot-Violoncello nicht möglich. So blieb es bei den Stahl- saiten, und einem etwas dunkleren, runderen Ton – bei zugleich stärkerer klanglicher Präsenz der Gambenpartie. Musiziert wird "historisch infor- miert"; die Interpretation selber aber erscheint mir erstaunlich planlos und ziemlich beliebig. Altstaedt beispielsweise platziert Akzente gelegentlich an Stellen, wo man sie nicht erwartet, weil sie die Phrasierung stören. Hinzu kommt, dass das Cembalo mitunter Durchsetzungsprobleme hat, insbe- sondere in der Diskant-Lage, was die Wahrnehmung der Triosonaten als solche beeinträchtigt. Bei aller Musizierleidenschaft – aber diese CD überzeugt mich nicht; ich kann die Aufnahme nicht empfehlen.
Auf seiner fünften Genuin-CD präsentiert Altstaedt die drei Sonaten für Viola da gamba und Cembalo von Johann Sebastian Bach, BWV 1027-1029, gemeinsam mit dem Cembalisten Jonathan Cohen. Die Gambe freilich war zu Bachs Zeiten eigentlich schon aus der Mode; auch wenn es noch Musiker gab, die dieses Instrument virtuos beherrschten. Bach hat speziell für die Gambe schöne Passagen komponiert – in der Matthäus- passion. Seine Gambensonaten hingegen sind Bearbeitungen anderer Werke; die Gambenstimme hat Bach dabei in den polyphonen Satz mit eingeflochten. Das bringt klangliche Probleme mit sich, denn selbst im Zusammenspiel mit einem Cembalo hat es die Gambe mitunter schwer, sich zu behaupten.
So werden die Stücke oftmals auf dem Violoncello oder aber der Viola gespielt – was dann wiederum ein akustisches Ungleichgewicht zu Lasten des Cembalos mit sich bringt. Um diesen Nachteil auszugleichen, wird dann gern ein Klavier verwendet – und so gerät man Schritt für Schritt weg von einem Original, das ohnehin schon eine Kopie war. Altstaedt und Cohen sind daher einen Kompromiss eingegangen: Sie nutzen ein Cembalo und ein Violoncello, doch Altstaedt stimmt sein Instrument tiefer; in Köthen lag der Kammerton um 1720 wohl bei 415 Hertz.
Der Cellist hätte gern auf Darmsaiten musiziert, doch das war auf dem von ihm gespielten Lupot-Violoncello nicht möglich. So blieb es bei den Stahl- saiten, und einem etwas dunkleren, runderen Ton – bei zugleich stärkerer klanglicher Präsenz der Gambenpartie. Musiziert wird "historisch infor- miert"; die Interpretation selber aber erscheint mir erstaunlich planlos und ziemlich beliebig. Altstaedt beispielsweise platziert Akzente gelegentlich an Stellen, wo man sie nicht erwartet, weil sie die Phrasierung stören. Hinzu kommt, dass das Cembalo mitunter Durchsetzungsprobleme hat, insbe- sondere in der Diskant-Lage, was die Wahrnehmung der Triosonaten als solche beeinträchtigt. Bei aller Musizierleidenschaft – aber diese CD überzeugt mich nicht; ich kann die Aufnahme nicht empfehlen.
Grützmacher: Vortragsstücke und Etüden für Cello (Musicaphon)
Drei große Cellisten hat die Familie Grützmacher hervorgebracht. Friedrich Wilhelm Grützmacher (1832 bis 1903) stammte aus Dessau und war ein Enkelschüler von Justus Johann Friedrich Dotzauer (1783 bis 1869). Grützmacher debütierte 1849 in Leipzig und wurde sofort Solo- cellist des Gewandhausorchesters. 1860 wurde er nach Dresden abge- worben, wo er bis zu seinem Tode als Solist, Orchester- und Kammermu- siker, Komponist und Herausgeber sowie als Musikpädagoge und Vor- stand des Tonkünstlervereins tätig war. Grützmacher unterrichtete zahlreiche Schüler; einige davon wurden berühmte Cellisten. Und er schuf die berühmt-berüchtigte Etüdensamm- lung Technologie des Violoncellospiels op. 38.
„Veröffentlicht ursprünglich in zwei Bänden (Nr. 1 bis 12 ohne, Nr. 13 bis 24 mit Daumenaufsatz), findet sie immer noch Verwendung für besonders fortgeschrittene Studenten, kommt aber gegen die ,Hohe Schule des Violoncellospiels' von David Popper sowohl in Popularität als auch in pädagogischem Wert nicht wirklich an“, schreibt Martin Rummel im Beiheft zu dieser CD. „Anders als Popper beschränkt sich Grützmacher pro Etüde nicht auf ein instrumentaltechnisches Problem, sondern geht vielmehr scheinbar als Komponist an die Sache heran, was unweigerlich zur Aneinanderreihung von mehreren instrumentaltechnischen Schwie- rigkeiten innerhalb einer Etüde führt.“
Das macht die Stücke einerseits knifflig – andererseits aber auch attraktiv, wie Rummel mit dieser Einspielung zeigt. Der Cellist hat für diese CD elf Etüden aus Grützmachers Sammlung ausgewählt. Und wenn er auch an ihren pädagogischen Qualitäten zweifelt, so hat Rummel doch ganz offenkundig an ihren virtuosen Effekten sein Vergnügen. Ergänzt wird das Programm durch einige Salonstücke Grützmachers für Violoncello und Klavier, wie die Fantaisie Hongroise op. 7, die Rummel gemeinsam mit der Pianistin Gerda Guttenberg vorträgt. Es sind hörenswerte Werke, die es durchaus verdient hätten, wieder mehr gespielt zu werden. Die sogenannte Virtuosenmusik sorgt doch immer wieder für Überraschungen.
„Veröffentlicht ursprünglich in zwei Bänden (Nr. 1 bis 12 ohne, Nr. 13 bis 24 mit Daumenaufsatz), findet sie immer noch Verwendung für besonders fortgeschrittene Studenten, kommt aber gegen die ,Hohe Schule des Violoncellospiels' von David Popper sowohl in Popularität als auch in pädagogischem Wert nicht wirklich an“, schreibt Martin Rummel im Beiheft zu dieser CD. „Anders als Popper beschränkt sich Grützmacher pro Etüde nicht auf ein instrumentaltechnisches Problem, sondern geht vielmehr scheinbar als Komponist an die Sache heran, was unweigerlich zur Aneinanderreihung von mehreren instrumentaltechnischen Schwie- rigkeiten innerhalb einer Etüde führt.“
Das macht die Stücke einerseits knifflig – andererseits aber auch attraktiv, wie Rummel mit dieser Einspielung zeigt. Der Cellist hat für diese CD elf Etüden aus Grützmachers Sammlung ausgewählt. Und wenn er auch an ihren pädagogischen Qualitäten zweifelt, so hat Rummel doch ganz offenkundig an ihren virtuosen Effekten sein Vergnügen. Ergänzt wird das Programm durch einige Salonstücke Grützmachers für Violoncello und Klavier, wie die Fantaisie Hongroise op. 7, die Rummel gemeinsam mit der Pianistin Gerda Guttenberg vorträgt. Es sind hörenswerte Werke, die es durchaus verdient hätten, wieder mehr gespielt zu werden. Die sogenannte Virtuosenmusik sorgt doch immer wieder für Überraschungen.
Donnerstag, 4. Dezember 2014
Organ Music for Christmas (Brilliant Classics)
Thomas Quasthoff - Mein Weihnachten (Deutsche Grammophon)
Dass Thomas Quasthoff seine Karriere als Lied- und Opernsänger beendet hat, das heißt wohl nicht, dass das Publikum von ihm nichts mehr hören wird. So ganz mag der Bariton das Singen offenbar nicht lassen. Auf dieser CD ist er mit vier weihnachtlichen Jazz-Standards zu hören. Die cool-beschwingten Songs trägt er gemeinsam mit Frank Chastenier, Klavier, Dieter Ilg, Bass, Wolfgang Haffner, Schlagzeug und Percussion und Bruno Müller, E-Gitarre, vor. Mit den vier Musikern hatte er bereits das Album Tell It Like Is It aufgenommen. Die Arrangements sind klar und reduziert: „Mir geht es in diesem Album um diese zurückgelehnte Gelassenheit“, meint Quasthoff, „dieses Spiel mit der Fluffigkeit, die Reduktion aufs Wesentliche, den Sound unserer Jazz-Band.“
Und auch sonst ist diese CD ein Stück weit gekennzeichnet durch die Rückkehr zu den Wurzeln. Denn Quasthoff startete seine Laufbahn als Radiomoderator und Sprecher beim NDR. Mit seiner markanten Stimme spricht er nun Gedichte, die unsere deutsche Weihnacht aus sehr unter- schiedlichen Perspektiven betrachten. Eine sehr persönliche CD, die sich wohltuend vom allgemeinen Kommerzgedudel abhebt. Rundum gelungen!
Und auch sonst ist diese CD ein Stück weit gekennzeichnet durch die Rückkehr zu den Wurzeln. Denn Quasthoff startete seine Laufbahn als Radiomoderator und Sprecher beim NDR. Mit seiner markanten Stimme spricht er nun Gedichte, die unsere deutsche Weihnacht aus sehr unter- schiedlichen Perspektiven betrachten. Eine sehr persönliche CD, die sich wohltuend vom allgemeinen Kommerzgedudel abhebt. Rundum gelungen!
Buxtehude: Opera Omnia - Vocal Works; Koopman (Challenge Classics)
Ton Koopman verdanken wir viele bedeutende musikalische Entdek- kungen und Einspielungen. Erinnert sei hier an seine Gesamtaufnahmen des Orgelwerkes sowie der Kantaten von Johann Sebastian Bach. Die Auseinandersetzung mit diesen Werken hat – glücklicherweise – Koopmans Aufmerksamkeit auf einen weiteren Komponisten gelenkt, von dem Bach sehr viel gelernt hat: Dieterich Buxtehude (1637 bis 1707).
Warum ist Bach seinerzeit im November 1705 vom thüringischen Arnstadt nach Lübeck gewandert, und wieso blieb er dort wesentlich länger, als ihm vom Rat der Stadt zugestanden worden war? Diese Frage trieb wohl auch Koopman um. Eine Antwort liegt nahe: Buxtehudes Vokalmusik erklang an der Marienkirche in Lübeck nicht im regulären Gottesdienst, sondern in den sogenannten Abendmusiken, alljährlich an fünf Sonntagen nach dem Martinstag, also dem 11. November.
Damit waren die Kompositionen nicht liturgisch gebunden. Buxtehude war sowohl in der Auswahl der Inhalte als auch der Formen frei, und so schuf er Arien, Konzerte und Kantaten auf der Grundlage kirchlicher Hymnen sowie biblischer oder poetischer Texte. In den Abendmusiken erklangen aber auch Instrumentalwerke – und was die Orgelmusik angeht, war Buxtehude der berühmteste Protagonist der Norddeutschen Orgelschule.
Verblüffenderweise werden seine Werke, insbesondere seine Instrumental- und Vokalmusik, heute bis auf wenige Ausnahmen äußerst selten aufge- führt. Auch wenn Bruno Grusnick (1900 bis 1992) sich große Verdienste um die Erschließung des Notenbestandes insbesondere auch der Sammlung Düben erworben hat, ist eine historisch-kritische Edition derzeit immer noch nur für einige wenige Werke verfügbar. Der Carus-Verlag hat diese Ausgabe begonnen; die Orgelmusik erscheint aber wohl bei Bärenreiter.
Trotz dieser Schwierigkeiten hat sich Ton Koopman mit seinem Amster- dam Baroque Orchestra and Choir sowie einer großen Schar engagierter Solisten an eine Gesamtaufnahme gewagt. 2005 begann er das Projekt „Dieterich Buxtehude – Opera Omnia“. Mittlerweile ist diese Kollektion vollendet. Koopman hat dafür bei seinem eigenen Label Antoine Marchand den kompletten Buxtehude eingespielt, die Vokal- und Kammermusik ebenso wie die Kompositionen für Orgel und Cembalo, die er selbst auf historischen Instrumenten interpretiert.
Und man muss sagen, diese Arbeit hat sich gelohnt. Denn die Musik ist wirklich beeindruckend. Die Aufnahmen zeigen allerdings auch, dass die Vokalwerke Buxtehudes zumeist durch eine normale Kantorei nicht ohne weiteres aufzuführen sind. So werden sie wohl Musik für professionelle Ensembles bleiben. Hören freilich möchte man sie gern öfters.
Man mag sich kaum vorstellen, was für ein Kraftakt die Vorbereitung einer solchen Gesamteinspielung gewesen sein dürfte. Es ist kaum zu glauben, aber Ton Koopman hat im Oktober 2014 seinen 70. Geburtstag gefeiert. Für den Ruhestand hat er gar keine Zeit: Die Webseite verrät es – der Kalender des Dirigenten, Organisten, Cembalisten und Musikwissenschaftlers ist voll wie eh und je. Wir gratulieren, wenn auch mit Verspätung, und wir freuen uns schon auf die nächsten Projekte.
Warum ist Bach seinerzeit im November 1705 vom thüringischen Arnstadt nach Lübeck gewandert, und wieso blieb er dort wesentlich länger, als ihm vom Rat der Stadt zugestanden worden war? Diese Frage trieb wohl auch Koopman um. Eine Antwort liegt nahe: Buxtehudes Vokalmusik erklang an der Marienkirche in Lübeck nicht im regulären Gottesdienst, sondern in den sogenannten Abendmusiken, alljährlich an fünf Sonntagen nach dem Martinstag, also dem 11. November.
Damit waren die Kompositionen nicht liturgisch gebunden. Buxtehude war sowohl in der Auswahl der Inhalte als auch der Formen frei, und so schuf er Arien, Konzerte und Kantaten auf der Grundlage kirchlicher Hymnen sowie biblischer oder poetischer Texte. In den Abendmusiken erklangen aber auch Instrumentalwerke – und was die Orgelmusik angeht, war Buxtehude der berühmteste Protagonist der Norddeutschen Orgelschule.
Verblüffenderweise werden seine Werke, insbesondere seine Instrumental- und Vokalmusik, heute bis auf wenige Ausnahmen äußerst selten aufge- führt. Auch wenn Bruno Grusnick (1900 bis 1992) sich große Verdienste um die Erschließung des Notenbestandes insbesondere auch der Sammlung Düben erworben hat, ist eine historisch-kritische Edition derzeit immer noch nur für einige wenige Werke verfügbar. Der Carus-Verlag hat diese Ausgabe begonnen; die Orgelmusik erscheint aber wohl bei Bärenreiter.
Trotz dieser Schwierigkeiten hat sich Ton Koopman mit seinem Amster- dam Baroque Orchestra and Choir sowie einer großen Schar engagierter Solisten an eine Gesamtaufnahme gewagt. 2005 begann er das Projekt „Dieterich Buxtehude – Opera Omnia“. Mittlerweile ist diese Kollektion vollendet. Koopman hat dafür bei seinem eigenen Label Antoine Marchand den kompletten Buxtehude eingespielt, die Vokal- und Kammermusik ebenso wie die Kompositionen für Orgel und Cembalo, die er selbst auf historischen Instrumenten interpretiert.
Und man muss sagen, diese Arbeit hat sich gelohnt. Denn die Musik ist wirklich beeindruckend. Die Aufnahmen zeigen allerdings auch, dass die Vokalwerke Buxtehudes zumeist durch eine normale Kantorei nicht ohne weiteres aufzuführen sind. So werden sie wohl Musik für professionelle Ensembles bleiben. Hören freilich möchte man sie gern öfters.
Man mag sich kaum vorstellen, was für ein Kraftakt die Vorbereitung einer solchen Gesamteinspielung gewesen sein dürfte. Es ist kaum zu glauben, aber Ton Koopman hat im Oktober 2014 seinen 70. Geburtstag gefeiert. Für den Ruhestand hat er gar keine Zeit: Die Webseite verrät es – der Kalender des Dirigenten, Organisten, Cembalisten und Musikwissenschaftlers ist voll wie eh und je. Wir gratulieren, wenn auch mit Verspätung, und wir freuen uns schon auf die nächsten Projekte.
Mittwoch, 3. Dezember 2014
Winterreise; Biesemans (Genuin)
Auf dieser CD frönt Els Biesemans gleich drei Steckenpferden. Da ist zum einen ihr Interesse für histori- sche Klaviere und ihren ganz speziellen Klang. Dazu kommt ihr Faible für Franz Liszt, den sie sowohl als Komponisten als auch als Persön- lichkeit faszinierend findet. Und deutlich spürbar ist zudem ihre enor- me Begeisterung für das romantische Repertoire, insbesondere die Lieder: „Das wunderbare Zusammenspiel von poetischen Texten, Melodien und Klavierbegleitungen hat mich immer sehr berührt“, schreibt die belgische Pianistin in dem außerordentlich lesenwerten Beiheft. „Die Entdeckung der Liedbearbeitungen gab mir die Möglichkeit, auch allein ohne Sänger in diese Welt einzutauchen.“
So hat sie nun, nach ihrem viel beachteten Debüt mit Fanny Hensel-Men- delssohns Klavierzyklus Das Jahr bei Genuin eine CD mit Lied-Transkrip- tionen von Franz Liszt vorgelegt. Im Mittelpunkt dieser Aufnahme stehen seine Versionen von zwölf Lieder aus Franz Schuberts Winterreise, er- gänzt um das brillante Auf dem Wasser zu singen sowie weitere Liedbear- beitungen nach Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy und Frédéric Chopin.
Schuberts Werke schätzte Liszt offenbar sehr. „Von den etwa 150 Lied-Transkriptionen, die Liszt für Klavier solo anfertigte, betreffen nicht weniger als 55 Nummern Schubert-Lieder“, berichtet Biesemans. „Man bekommt den Eindruck, dass er aus den 24 Liedern der Winterreise genau die Lieder ausgewählt hat, in denen er am trefflichsten sein eigenes Leben spiegeln konnte. Der Wanderer, der die Natur durchstreift, ist auch Symbol für das Leben als herumreisender Konzertvirtuose.“
Bei seinen Liedtranskriptionen legte Liszt besonderen Wert auf den Aus- druck. Eine notengetreue Übertragung genügte ihm dazu nicht. So inter- pretiert er den Textinhalt mit pianistischen Mitteln, wozu er durchaus auch den Tonumfang des Flügels ausnutzt. Allzu virtuose Einfälle allerdings, wie man sie von den für Konzerte komponierten Opernparaphrasen gewohnt ist, vermeidet Liszt in diesem Falle. Els Biesemans hat für diese beeindruckenden Werke einen Flügel von Aloys Biber (1804 bis 1858) mit Wiener Mechanik ausgewählt. Dieser Klavierbauer, der aus Franken stammte, hatte seine Werkstatt in München.
Biesemans versteht sich bestens darauf, diesem Instrument Klangeffekte zu entlocken. Sie spielt sehr präzise, setzt Liszts Vortragsbezeichnungen um, und trifft ebenso perfekt die jeweils passenden Klangfarben. Ob kammer- musikalisch zurückhaltend oder üppig orchestral – die Pianistin musiziert durchdacht und stets überzeugend. Kurz: Gefällt mir! Brava!
So hat sie nun, nach ihrem viel beachteten Debüt mit Fanny Hensel-Men- delssohns Klavierzyklus Das Jahr bei Genuin eine CD mit Lied-Transkrip- tionen von Franz Liszt vorgelegt. Im Mittelpunkt dieser Aufnahme stehen seine Versionen von zwölf Lieder aus Franz Schuberts Winterreise, er- gänzt um das brillante Auf dem Wasser zu singen sowie weitere Liedbear- beitungen nach Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy und Frédéric Chopin.
Schuberts Werke schätzte Liszt offenbar sehr. „Von den etwa 150 Lied-Transkriptionen, die Liszt für Klavier solo anfertigte, betreffen nicht weniger als 55 Nummern Schubert-Lieder“, berichtet Biesemans. „Man bekommt den Eindruck, dass er aus den 24 Liedern der Winterreise genau die Lieder ausgewählt hat, in denen er am trefflichsten sein eigenes Leben spiegeln konnte. Der Wanderer, der die Natur durchstreift, ist auch Symbol für das Leben als herumreisender Konzertvirtuose.“
Bei seinen Liedtranskriptionen legte Liszt besonderen Wert auf den Aus- druck. Eine notengetreue Übertragung genügte ihm dazu nicht. So inter- pretiert er den Textinhalt mit pianistischen Mitteln, wozu er durchaus auch den Tonumfang des Flügels ausnutzt. Allzu virtuose Einfälle allerdings, wie man sie von den für Konzerte komponierten Opernparaphrasen gewohnt ist, vermeidet Liszt in diesem Falle. Els Biesemans hat für diese beeindruckenden Werke einen Flügel von Aloys Biber (1804 bis 1858) mit Wiener Mechanik ausgewählt. Dieser Klavierbauer, der aus Franken stammte, hatte seine Werkstatt in München.
Biesemans versteht sich bestens darauf, diesem Instrument Klangeffekte zu entlocken. Sie spielt sehr präzise, setzt Liszts Vortragsbezeichnungen um, und trifft ebenso perfekt die jeweils passenden Klangfarben. Ob kammer- musikalisch zurückhaltend oder üppig orchestral – die Pianistin musiziert durchdacht und stets überzeugend. Kurz: Gefällt mir! Brava!
Dienstag, 2. Dezember 2014
Lechner: Geistliche Festmusik (Christophorus)
Über Leonhard Lechner (um 1553 bis 1606) und seinen Lebensweg ist nicht viel bekannt. Es wird vermutet, dass er aus dem Etschtal in Südtirol stammt. Seine Musikerlaufbahn begann er möglicherweise an der Münchner Hofkapelle, wo er ein Schüler Orlando di Lassos gewesen sein könnte. Dass Lechner seine Ausbildung in Italien fortgesetzt hat, lässt sich ebenfalls nicht nachwei- sen. Seine Werke allerdings geben Zeugnis davon, dass er mit der zeit- genössischen italienischen Musik bestens vertraut war.
Um 1575 ging Lechner nach Nürnberg. Dort war er zunächst als Schul- gehilfe an der größten städtischen Lateinschule St. Lorenz angestellt, erwarb sich aber bald einen Namen als Komponist, weshalb ihn die Stadt 1582 zum archimusicus ernannte und mit der Leitung des städtischen Musiklebens beauftragte. Dennoch ging Lechner 1584 als Kapellmeisters an den Hof des Grafen Eitel Friedrich von Hohenzollern in Hechingen. Von dort entwich er aber bald darauf, suchte bei Herzog Ludwig von Württemberg Schutz und bewarb sich in Dresden. Der Kurfürst holte Referenzen ein, und vergab die Anstellung dann doch lieber an Rogier Michael. Lechner hingegen wurde 1586 württembergischer Hofkomponist und 1594 Hofkapellmeister.
Auch wenn er uns heute insbesondere als Liedkomponist noch ein Begriff ist – Lechner hat, vor allem in seinen Nürnberger Jahren, eine Vielzahl von Gelegenheitskompositionen geschaffen. So erhielt er den Auftrag, die Festmusik zur Hochzeit des Neffen des ehemaligen Bürgermeisters Hans Welser mit der Tochter des amtierenden Bürgermeisters Endres Imhoff zu schreiben. Das Ensemble Officium hat gemeinsam mit dem Ensemble Gabinetto Armonico unter der Leitung von Wilfried Rombach eine hörens- werte Auswahl daraus bei Christophorus eingespielt. Neben der Missa super Domine, Dominus noster findet sich auf der CD auch Lechners vierundzwanzigstimmige Motette Quid Chaos in der Tradition ähnlich monumentaler Werke von Alessandro Striggio und Thomas Tallis. Vorausgehend erklingen zudem das Vorbild für Lechners Missa – ein Werk von Orlando di Lasso – sowie ein Präludium von Andrea Gabrieli. So wird hörbar, wie stark diese Musik stilistisch aufeinander bezogen ist.
Ergänzend sind vier sechsstimmige Motteten aus den Motectae Sacrae (1575) sowie die erst kürzlich in Flensburg wiederentdeckten Kronburg-Motetten fur den dänischen König Friedrich II. zu hören. Das letzte Werk auf der CD schuf Lechner 1604 für die Hochzeit des Herzogs Johann Georg von Sachsen mit Prinzessin Sibylle Elisabeth von Württemberg. Das Manuskript der dreichörigen, fünfzehnstimmigen Festmotette Laudate Dominum befindet sich noch heute im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden.
Um 1575 ging Lechner nach Nürnberg. Dort war er zunächst als Schul- gehilfe an der größten städtischen Lateinschule St. Lorenz angestellt, erwarb sich aber bald einen Namen als Komponist, weshalb ihn die Stadt 1582 zum archimusicus ernannte und mit der Leitung des städtischen Musiklebens beauftragte. Dennoch ging Lechner 1584 als Kapellmeisters an den Hof des Grafen Eitel Friedrich von Hohenzollern in Hechingen. Von dort entwich er aber bald darauf, suchte bei Herzog Ludwig von Württemberg Schutz und bewarb sich in Dresden. Der Kurfürst holte Referenzen ein, und vergab die Anstellung dann doch lieber an Rogier Michael. Lechner hingegen wurde 1586 württembergischer Hofkomponist und 1594 Hofkapellmeister.
Auch wenn er uns heute insbesondere als Liedkomponist noch ein Begriff ist – Lechner hat, vor allem in seinen Nürnberger Jahren, eine Vielzahl von Gelegenheitskompositionen geschaffen. So erhielt er den Auftrag, die Festmusik zur Hochzeit des Neffen des ehemaligen Bürgermeisters Hans Welser mit der Tochter des amtierenden Bürgermeisters Endres Imhoff zu schreiben. Das Ensemble Officium hat gemeinsam mit dem Ensemble Gabinetto Armonico unter der Leitung von Wilfried Rombach eine hörens- werte Auswahl daraus bei Christophorus eingespielt. Neben der Missa super Domine, Dominus noster findet sich auf der CD auch Lechners vierundzwanzigstimmige Motette Quid Chaos in der Tradition ähnlich monumentaler Werke von Alessandro Striggio und Thomas Tallis. Vorausgehend erklingen zudem das Vorbild für Lechners Missa – ein Werk von Orlando di Lasso – sowie ein Präludium von Andrea Gabrieli. So wird hörbar, wie stark diese Musik stilistisch aufeinander bezogen ist.
Ergänzend sind vier sechsstimmige Motteten aus den Motectae Sacrae (1575) sowie die erst kürzlich in Flensburg wiederentdeckten Kronburg-Motetten fur den dänischen König Friedrich II. zu hören. Das letzte Werk auf der CD schuf Lechner 1604 für die Hochzeit des Herzogs Johann Georg von Sachsen mit Prinzessin Sibylle Elisabeth von Württemberg. Das Manuskript der dreichörigen, fünfzehnstimmigen Festmotette Laudate Dominum befindet sich noch heute im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden.
Der Musikalische Adventskalender (Hänssler classic)
Auch in diesem Jahr wieder gibt es den musikalischen Adventskalender von SWR/Hänssler Classic. Sänger und Musiker des SWR sowie zwei erfolgreiche Kinderchöre aus dem Südwesten Deutschlands präsen- tieren eine Auswahl an vorweih- nachtlicher Musik. Sie reicht von traditionellen bis zu modernen Wer- ken, von Michael Praetorius’ Wie schön leuchtet der Morgenstern bis zum Psalm 100 für gemischten Chor und Glocken von Charles Ives. Zu hören sind zudem Werke von Johann Sebastian Bach, Max Reger, Peter Tschaikowski, Gabriel Fauré, Felix Mendelssohn Bartholdy oder John Rutter – insgesamt 24 Musikstücke, ganz wie es sich für einen Advents- kalender gehört. Wie in jedem Jahr dient diese Kollektion auch einem guten Zweck, denn für jede verkaufte CD geht ein Euro an die Aktion „Her- zenssache“.
Montag, 1. Dezember 2014
Christmas in Naples (Pan Classics)
Weihnachten in Neapel um 1700 – das muss ein klangvolles Fest gewesen sein. Geprägt wurde es in erster Linie durch die Werke zweier Komponisten: Gaetano Veneziano (1656 bis 1716), ein Schüler von Francesco Provenzale, schrieb Musik für die Kirchen und Klöster. Und Alessandro Scarlatti (1660 bis 1725), zeitweilig am Hofe des Vizekönigs als Kapellmeister tätig, schuf Werke, die zumeist eher im weltlichen Bereich erklungen sein dürften. Auf dieser CD sind zwei seiner Zwölf Sinfonie di concerto grosso zu hören.
Das Ensemble Odyssee hat zudem drei Vertonungen von Lesetexten für die Nokturnen in der Christnacht eingespielt. Ob Gaetano Veneziano noch weitere der insgesamt neun Lesungen vertont hat, ist nicht bekannt – aber diese hier sind festlich, ja, überraschend prächtig. Eine dieser leziones singt Countertenor Filippo Mineccia, die beiden anderen Sopranistin Jenny Högström. Geradezu üppig besetzt ist schließlich Venezianos Pastorale a quattro voci con tromba e flauti. Dieses Werk zeigt noch einmal deutlich, wie aufwendig und virtuos in Neapel seinerzeit Weihnachten gefeiert wurde.
Das Ensemble Odyssee hat zudem drei Vertonungen von Lesetexten für die Nokturnen in der Christnacht eingespielt. Ob Gaetano Veneziano noch weitere der insgesamt neun Lesungen vertont hat, ist nicht bekannt – aber diese hier sind festlich, ja, überraschend prächtig. Eine dieser leziones singt Countertenor Filippo Mineccia, die beiden anderen Sopranistin Jenny Högström. Geradezu üppig besetzt ist schließlich Venezianos Pastorale a quattro voci con tromba e flauti. Dieses Werk zeigt noch einmal deutlich, wie aufwendig und virtuos in Neapel seinerzeit Weihnachten gefeiert wurde.
Karajan - The Christmas Album (Deutsche Grammophon)
Weihnachten mit Herbert von Karajan? Nicht nur für Fans des Dirigenten hat die Deutsche Grammophon aus alten Mitschnitten ein neues Weihnachtsalbum zusammengestellt. Die CD bietet sowohl die berühmten langsamen Sätze („Pastorale“) aus diversen Weihnachtskonzerten als auch bekannte Chöre und populäre Weihnachtslieder. Natürlich darf Tschaikowskis Nussknacker-Suite nicht fehlen. Es musizieren die Berliner und die Wiener Philharmoniker. Und es gibt ein Wiederhören mit einer famosen Sopranistin: Christmas With Leontyne Price hieß ein Album, das 1961 erschienen ist. Es wurde hier quasi recycelt. Im Beiheft gibt es zudem ein paar Fotos von Karajan und seinem tief verschneiten Haus in Anif, unweit von Salzburg. Sehr hübsch.
Hasse: Bella, mi parto (MDG)
Johann Adolf Hasse (1699 bis 1783) gehörte einst zu den großen
Stars, insbesondere der Opernwelt. Der Musiker, der aus Bergedorf bei
Hamburg stammt, wurde 1718 als Tenor Mitglied des Ensembles der
Hamburger Oper am Gänsemarkt. In Italien studierte er dann den
aktuellen Opernstil sozusagen an der Quelle. Und als sein Lehrer
Alessandro Scarlatti starb, gelang es ihm, die entstandene Lücke zu
füllen: Innerhalb weniger Jahre wurde Hasse zu einem der
erfolgreichsten Opernkomponisten seiner Zeit.
Von Neapel und Venedig bis nach Dresden und von London bis Warschau erklang Hasses Musik. Selbst in Spanien waren seine Arien bekannt und beliebt; sie gehörten zu jenen Stücken, die der Kastrat Farinelli täglich für den schwermütigen König Philipp V. sang. Doch Hasse schuf nicht nur Opern. Seine Zeitgenossen schätzten ihn auch wegen seiner Instrumen- talmusik und seiner Kammerkantaten.
Wer sie heute aufführen möchte, der steht allerdings vor dem Problem, dass nur wenige dieser Werke im Druck erschienen sind. Die meisten Kantaten Hasses sind nur in Form von Abschriften überliefert, verfasst von den unterschiedlichsten Kopisten und verstreut über halb Europa.
Das Ensemble Musica Alta Ripa hat nun einige dieser Raritäten gekonnt bei Dabringhaus und Grimm eingespielt. Drei Solokantaten des Kompo- nisten für Altus trägt Kai Wessel vor; zudem erklingt ein wenig Kammer- musik. Besonders angetan hat es mir das charmante Konzert für Solo-Mandoline, zwei Violinen und Basso continuo. Auch wenn vermutet wird, dass Hasse diese Musik für das Musizieren im privaten Kreise geschrieben hat – es ist wundervolle Musik, und der Komponist sorgt geschickt dafür, dass der zarte Klang der Mandoline gebührend zur Geltung kommt. Sehr gelungen!
Von Neapel und Venedig bis nach Dresden und von London bis Warschau erklang Hasses Musik. Selbst in Spanien waren seine Arien bekannt und beliebt; sie gehörten zu jenen Stücken, die der Kastrat Farinelli täglich für den schwermütigen König Philipp V. sang. Doch Hasse schuf nicht nur Opern. Seine Zeitgenossen schätzten ihn auch wegen seiner Instrumen- talmusik und seiner Kammerkantaten.
Wer sie heute aufführen möchte, der steht allerdings vor dem Problem, dass nur wenige dieser Werke im Druck erschienen sind. Die meisten Kantaten Hasses sind nur in Form von Abschriften überliefert, verfasst von den unterschiedlichsten Kopisten und verstreut über halb Europa.
Das Ensemble Musica Alta Ripa hat nun einige dieser Raritäten gekonnt bei Dabringhaus und Grimm eingespielt. Drei Solokantaten des Kompo- nisten für Altus trägt Kai Wessel vor; zudem erklingt ein wenig Kammer- musik. Besonders angetan hat es mir das charmante Konzert für Solo-Mandoline, zwei Violinen und Basso continuo. Auch wenn vermutet wird, dass Hasse diese Musik für das Musizieren im privaten Kreise geschrieben hat – es ist wundervolle Musik, und der Komponist sorgt geschickt dafür, dass der zarte Klang der Mandoline gebührend zur Geltung kommt. Sehr gelungen!
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