Mittwoch, 28. Februar 2018
Season - Lalá Vocalensemble (Hänssler Classic)
Was für ein Sound! Das international preisgekrönte Gesangsquartett Lalá begeistert durch einen unver- wechselbaren Klang – glasklar, harmonisch und perfekt aufeinander eingestimmt. Das neue Album der vier Österreicher heißt Season, und es bietet viel Abwechslung. Denn das Programm reicht vom schwedischen Volkslied über geistliche Musik bis hin zum sanften Pop. Bei letzterem werden die Vokalisten Ilia Staple, Julia Kaineder, Peter Chalupar und Mathias Kaineder durch Georg Haselböck unterstützt, der seinen Part als lebendiges Schlagzeug ebenfalls brillant ausfüllt. Rundum ein Hörvergnü- gen!
Monteverdi: Madrigali (Brilliant Classics)
Monteverdi XL ist nun vollständig: Mit einer Neueinspielung der Libri V und VI schließt das Ensemble Le Nuovo Musiche unter Leitung von Krijn Koetsveld seine Gesamtauf- nahme der Madrigalbücher von Claudio Monteverdi (1567 bis 1643) ab.
In den acht zu Lebzeiten den Komponisten veröffentlichten Madrigalbüchern lässt sich der Übergang von der strengen Polyphonie („stile antico“) zu den erweiterten harmonischen Möglichkeiten der „nuova pratica“ nachvollziehen. Es ist ein wichtiger Schritt auf dem Wege von der Renaissance zum Barock. Ein neuntes Buch, das nach dem Tode Monteverdis erschienen ist, erweist sich als eine Sammlung früher Werke im alten Stil.
Die niederländischen Alte-Musik-Spezialisten singen wirklich hinreißend. Wer an Monteverdis Madrigalen den Wohlklang schätzt, der wird mit dieser Aufnahme glücklich sein. Wer allerdings nicht nur schöne Töne, sondern vor allem auch Ausdrucksstärke wünscht, der wird eine andere Aufnahme auswählen müssen.
In den acht zu Lebzeiten den Komponisten veröffentlichten Madrigalbüchern lässt sich der Übergang von der strengen Polyphonie („stile antico“) zu den erweiterten harmonischen Möglichkeiten der „nuova pratica“ nachvollziehen. Es ist ein wichtiger Schritt auf dem Wege von der Renaissance zum Barock. Ein neuntes Buch, das nach dem Tode Monteverdis erschienen ist, erweist sich als eine Sammlung früher Werke im alten Stil.
Die niederländischen Alte-Musik-Spezialisten singen wirklich hinreißend. Wer an Monteverdis Madrigalen den Wohlklang schätzt, der wird mit dieser Aufnahme glücklich sein. Wer allerdings nicht nur schöne Töne, sondern vor allem auch Ausdrucksstärke wünscht, der wird eine andere Aufnahme auswählen müssen.
Dienstag, 27. Februar 2018
Platti: Concerti per il Cembalo obligato (Arcana)
In seinem hochinteressanten Ein- führungstext zu dieser CD, nachzu- lesen im Beiheft, nennt Alberto Iesué den Komponisten Giovanni Benedetto Platti (1697 bis 1763) „Padre della sonata classica tra Vivaldi e Mozart“. Die Aufnahme macht hörbar, dass der renommierte Musikwissenschaftler, der sich seit 1974 mit dem Leben und Werk Plattis beschäftigt, keinesfalls übertreibt.
Zu hören sind drei der insgesamt neun Concerti a cembalo obligato Plattis, die mittlerweile entdeckt worden sind. Die Handschriften dazu befinden sich in der Staatsbibliothek zu Berlin. Ergänzt wird das Programm durch eine Oboensonate sowie eine Sonate für Cembalo solo aus den Beständen der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden.
Über Plattis Lebensweg in seinen frühen Jahren ist wenig bekannt. Wir wissen lediglich, dass er in Venedig ausgebildet wurde. Außerdem soll er, bevor er nach Würzburg ging, wo am fürstbischöflichen Hof als Musiker wirkte, einige Zeit in Siena verbracht haben. Dort, am Hofe der kunstsinnigen Violante Beatrix von Bayern, soll er eines der ersten Fortepianos des Florenzer Instrumentenbauers Bartolomeo Christofori kennengelernt haben.
Für dieses Instrument komponierte er dann auch. Und deshalb verwendet Luca Guglielmi für seine Einspielung ebenfalls eine Kopie des „Gravicembalo col piano e forte“ von Cristofori. Doch selbst wenn er auf einem normalen Cembalo musiziert hätte, würde dem Hörer auffallen, dass Platti seine Musik außerordentlich einfallsreich gestaltet hat.
So beginnt diese CD mit einem Concerto, das die barocken Konventionen noch einhält. Da gibt es einen Continuo-Part, und klare Wechsel zwischen Tutti- und Solo-Teilen. In den beiden andern Konzerten agiert Platti, ähnlich wie in seinen Sonaten, die in diesem Blog an anderer Stelle zu finden sind, weit freier und experimenteller: Die Streicher treten mit dem Tasteninstrument in einen Dialog; und in Melodik und Harmonik weisen diese Concerti mitunter bereits über die Klassik hinaus.
Die Einspielung freilich ist nicht nur musikhistorisch interessant. Es wird auch höchst ansprechend musiziert, und so kann man diese CD auch gänzlich ohne Hintergrundwissen genießen. Zumal der Urvater aller Hammerklaviere wirklich hinreißend klingt.
Zu hören sind drei der insgesamt neun Concerti a cembalo obligato Plattis, die mittlerweile entdeckt worden sind. Die Handschriften dazu befinden sich in der Staatsbibliothek zu Berlin. Ergänzt wird das Programm durch eine Oboensonate sowie eine Sonate für Cembalo solo aus den Beständen der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden.
Über Plattis Lebensweg in seinen frühen Jahren ist wenig bekannt. Wir wissen lediglich, dass er in Venedig ausgebildet wurde. Außerdem soll er, bevor er nach Würzburg ging, wo am fürstbischöflichen Hof als Musiker wirkte, einige Zeit in Siena verbracht haben. Dort, am Hofe der kunstsinnigen Violante Beatrix von Bayern, soll er eines der ersten Fortepianos des Florenzer Instrumentenbauers Bartolomeo Christofori kennengelernt haben.
Für dieses Instrument komponierte er dann auch. Und deshalb verwendet Luca Guglielmi für seine Einspielung ebenfalls eine Kopie des „Gravicembalo col piano e forte“ von Cristofori. Doch selbst wenn er auf einem normalen Cembalo musiziert hätte, würde dem Hörer auffallen, dass Platti seine Musik außerordentlich einfallsreich gestaltet hat.
So beginnt diese CD mit einem Concerto, das die barocken Konventionen noch einhält. Da gibt es einen Continuo-Part, und klare Wechsel zwischen Tutti- und Solo-Teilen. In den beiden andern Konzerten agiert Platti, ähnlich wie in seinen Sonaten, die in diesem Blog an anderer Stelle zu finden sind, weit freier und experimenteller: Die Streicher treten mit dem Tasteninstrument in einen Dialog; und in Melodik und Harmonik weisen diese Concerti mitunter bereits über die Klassik hinaus.
Die Einspielung freilich ist nicht nur musikhistorisch interessant. Es wird auch höchst ansprechend musiziert, und so kann man diese CD auch gänzlich ohne Hintergrundwissen genießen. Zumal der Urvater aller Hammerklaviere wirklich hinreißend klingt.
Händel: Messiah (Gramola)
Händels Messias hat der Salzburger Bachchor gemeinsam mit dem Bach Consort Wien am 19. März 2016 in der Basilika des Stiftes Kloster- neuburg aufgeführt. Der Mitschnitt dieses Osterkonzertes ist bei Gramola erschienen – und er ist meine ganz persönliche Empfehlung zum Fest in diesem Jahr.
Denn Rubén Dubrovsky, dem Diri- genten dieser Einspielung, gelingt es, das viel gespielte Werk aus gänzlich neuer Perspektive zu lesen. Er sieht Händel als „Theaterviech“, und konzentriert sich auf die dramatische Kraft, die Leidenschaft und religiöse Emphase, mit der der Komponist diese musikalische Jesus-Biographie gestaltet hat.
Der Salzburger Bachchor singt in kleiner Besetzung, beschwingt und gestisch, und mit faszinierender Klarheit. Da sitzt, selbst bei flottem Tempo, jede Koloratur und jede Verzierung – wunderbar! Auch das Solistenquartett – Hanna Herfurtner, Sopran, Gaia Petrone, Mezzosopran, Michael Schade, Tenor, und Christian Immler, Bariton – setzt in erster Linie auf die Affekte und beeindruckt dazu noch durch exzellente Text- verständlichkeit. Das Ergebnis ist eine der schönsten Messias-Aufnahmen überhaupt – unbedingt anhören!
Denn Rubén Dubrovsky, dem Diri- genten dieser Einspielung, gelingt es, das viel gespielte Werk aus gänzlich neuer Perspektive zu lesen. Er sieht Händel als „Theaterviech“, und konzentriert sich auf die dramatische Kraft, die Leidenschaft und religiöse Emphase, mit der der Komponist diese musikalische Jesus-Biographie gestaltet hat.
Der Salzburger Bachchor singt in kleiner Besetzung, beschwingt und gestisch, und mit faszinierender Klarheit. Da sitzt, selbst bei flottem Tempo, jede Koloratur und jede Verzierung – wunderbar! Auch das Solistenquartett – Hanna Herfurtner, Sopran, Gaia Petrone, Mezzosopran, Michael Schade, Tenor, und Christian Immler, Bariton – setzt in erster Linie auf die Affekte und beeindruckt dazu noch durch exzellente Text- verständlichkeit. Das Ergebnis ist eine der schönsten Messias-Aufnahmen überhaupt – unbedingt anhören!
Montag, 26. Februar 2018
A Purcell Collection (Signum Classics)
Henry Purcell (1659 bis 1695) widmet das britische Solistenensemble Voces 8 seine jüngste CD. Die Vokalisten haben dafür eine Werksauswahl zusammengestellt, die von Praise the Lord, o Jerusalem bis zu Strike the Viol und vom legendären Cold Song aus King Arthur bis zu Hail! Bright Cecilia mit so mancher bekannten Melodie erfreut.
Unterstützt werden die Sängerinnen und Sänger dabei durch die Instru- mentalisten von Les Inventions; die „Alte“-Musik-Spezialisten um den Geiger Shunske Sato und den Organisten und Cembalisten Patrick Ayrton prägen die CD mit ihrem farbenreichen, akzentuierten Spiel ganz entscheidend. Die Sänger bieten in erster Linie Schöngesang. Das passt leider nicht zu allen Musikstücken des Orpheus Britannicus gleichermaßen. So wünscht man sich mitunter etwas mehr Ausdruck und rhythmische Prägnanz.
Unterstützt werden die Sängerinnen und Sänger dabei durch die Instru- mentalisten von Les Inventions; die „Alte“-Musik-Spezialisten um den Geiger Shunske Sato und den Organisten und Cembalisten Patrick Ayrton prägen die CD mit ihrem farbenreichen, akzentuierten Spiel ganz entscheidend. Die Sänger bieten in erster Linie Schöngesang. Das passt leider nicht zu allen Musikstücken des Orpheus Britannicus gleichermaßen. So wünscht man sich mitunter etwas mehr Ausdruck und rhythmische Prägnanz.
Sonntag, 25. Februar 2018
Mozart: Piano Concertos; Uchida (Decca)
Mit dieser CD komplettiert Mitsuko Uchida ihre Einspielung der Klavierkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 bis 1791). Es handelt sich dabei um einen Konzert-Live-Mitschnitt, der im Februar 2016 aufgezeichnet worden ist. Die Pianistin hat sich dafür entschieden, das G-Dur-Konzert KV 453 mit dem C-Dur-Konzert KV 503 zu kombinieren. Und sie leitet das Cleveland Orchestra vom Klavier aus selbst. Das funktioniert bestens; die Solistin und die Orchestermusiker harmonieren wunderbar. Mitsuko Uchida spielt einen modernen Steinway, und sie verzichtet auf historisch korrektes Musizieren. Ihr Mozart ist nicht Museum, sondern Moderne – und er klingt außerordentlich elegant und feinsinnig. Das wird nicht jedem gefallen, aber es hat eine ganz eigene Qualität, ohne Zweifel.
C.P.E. Bach: Sonatas for Flute & Basso Continuo (Tyxart)
Flötensonaten hat Carl Philipp Emanuel Bach (1714 bis 1788) in erstaunlich großer Zahl geschrieben. Schon in Leipzig, in seinen Lehr- jahren beim Vater, komponierte der älteste Sohn von Johann Sebastian Bach für dieses Instrument, das damals neu und modern war.
Diese CD bietet eine Auswahl aus den Flötensonaten – vom Frühwerk, entstanden während des Jurastudiums in Frankfurt/Oder, über Musik aus jenen Jahren, die Carl Philipp Emanuel Bach als Kammercembalist im Dienste des preußischen Königs Friedrich II. stand, bis hin zur berühmten Hamburger Sonate. Als Bach dieses Werk schrieb, war er bereits Nachfolger seines Taufpaten Georg Philipp Telemann als städtischer Musikdirektor und Kantor am Johanneum in Hamburg.
Katalin Horvath, Traversflöte, Thomas Platzgummer, Violoncello, und Eva Maria Pollerus, Tasteninstrumente, setzen ihren Ehrgeiz daran, diese Werke möglichst authentisch zu interpretieren. Dabei kommt dem Tasteninstrument entscheidende Bedeutung zu, wie die drei Musiker festgestellt haben.
„Die Auswahl an besaiteten Tasteninstrumenten war vielfältig zur Zeit der Bach-Söhne“, schreibt Pollerus im Beiheft zu dieser CD: „Das Cembalo war noch der König der Tasten, das Hammerklavier – wenn auch eine rare Option – schon dabei, die Herzen der Musiker zu erobern, und das Clavichord liebste Wahl für die intime musikalische Zwiesprache.“
In Sanssouci stand Bach ein Hammerflügel von Gottfried Silbermann zur Verfügung. Weil es nicht gelungen ist, für diese Einspielung ein solches Instrument zu besorgen, haben sich die Musiker für ein anderes entschie- den, das in Hamburg seinerzeit gebräuchlich war: Ein Tafelklavier, um 1780/90 in Hamburg oder England gebaut. „Es zeichnet sich durch eine ungemein sensible Leichtgängigkeit, erstaunlich sichere und schnelle Tonrepetition und einen inspirierenden, fast ,Pantaleon'- bzw. ,Hackbrett-'artigen silbrigen Klang aus“, schwärmt die Cembalistin.
Zu hören sind auch ein Clavichord und ein Cembalo; bei der Wahl der jeweiligen Besetzung haben die Musiker sehr genau in den Notentext geschaut. Und so steht das Tasteninstrument bei dieser Aufnahme letztendlich im Mittelpunkt. Die Flötistin möge mir verzeihen, aber was das Continuo hier an Gestaltungsvarianten austestet, das macht selbst simples Generalbass-Spiel zum musikalischen Abenteuer.
Diese CD bietet eine Auswahl aus den Flötensonaten – vom Frühwerk, entstanden während des Jurastudiums in Frankfurt/Oder, über Musik aus jenen Jahren, die Carl Philipp Emanuel Bach als Kammercembalist im Dienste des preußischen Königs Friedrich II. stand, bis hin zur berühmten Hamburger Sonate. Als Bach dieses Werk schrieb, war er bereits Nachfolger seines Taufpaten Georg Philipp Telemann als städtischer Musikdirektor und Kantor am Johanneum in Hamburg.
Katalin Horvath, Traversflöte, Thomas Platzgummer, Violoncello, und Eva Maria Pollerus, Tasteninstrumente, setzen ihren Ehrgeiz daran, diese Werke möglichst authentisch zu interpretieren. Dabei kommt dem Tasteninstrument entscheidende Bedeutung zu, wie die drei Musiker festgestellt haben.
„Die Auswahl an besaiteten Tasteninstrumenten war vielfältig zur Zeit der Bach-Söhne“, schreibt Pollerus im Beiheft zu dieser CD: „Das Cembalo war noch der König der Tasten, das Hammerklavier – wenn auch eine rare Option – schon dabei, die Herzen der Musiker zu erobern, und das Clavichord liebste Wahl für die intime musikalische Zwiesprache.“
In Sanssouci stand Bach ein Hammerflügel von Gottfried Silbermann zur Verfügung. Weil es nicht gelungen ist, für diese Einspielung ein solches Instrument zu besorgen, haben sich die Musiker für ein anderes entschie- den, das in Hamburg seinerzeit gebräuchlich war: Ein Tafelklavier, um 1780/90 in Hamburg oder England gebaut. „Es zeichnet sich durch eine ungemein sensible Leichtgängigkeit, erstaunlich sichere und schnelle Tonrepetition und einen inspirierenden, fast ,Pantaleon'- bzw. ,Hackbrett-'artigen silbrigen Klang aus“, schwärmt die Cembalistin.
Zu hören sind auch ein Clavichord und ein Cembalo; bei der Wahl der jeweiligen Besetzung haben die Musiker sehr genau in den Notentext geschaut. Und so steht das Tasteninstrument bei dieser Aufnahme letztendlich im Mittelpunkt. Die Flötistin möge mir verzeihen, aber was das Continuo hier an Gestaltungsvarianten austestet, das macht selbst simples Generalbass-Spiel zum musikalischen Abenteuer.
Samstag, 24. Februar 2018
Franz & Carl Doppler: The Complete Flute Music
Die Brüder Albert Franz Doppler (1821 bis 1883) und Carl Doppler (1825 bis 1900) waren Flötenvir- tuosen. Franz Doppler begann seine musikalische Ausbildung im Alter von sieben Jahren – und spielte bereits ein Jahr später erstmals als Solist mit einem Orchester. Carl trat als Elfjähriger seine erste Stelle als Flötist in Budapest an. Die Brüder gingen auch auf Konzertreisen.
1858 wurde Franz Doppler Erster Flötist und Kapellmeister an der Wiener Hofoper; in späteren Jahren unterrichtete er zudem als Professor für Flöte am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Carl Doppler wirkte zunächst als Musikdirektor am Theater in Budapest; 1865 wurde er dann Hofkapellmeister in Stuttgart, wo er bis an sein Lebensende blieb.
Wie es damals üblich war, komponierten die Brüder für ihre Auftritte eine Menge Virtuosenmusik. Das Label Capriccio hat nun damit begonnen, diese Werke in einer Zehn-CD-Edition zusammenzutragen. Spiritus rector dieses Projektes ist offenbar der spanische Flötist Claudi Arimany. Er konnte dafür zudem vier spanische Orchester sowie eine Vielzahl von Musikerkollegen aus ganz Europa begeistern.
Die Aufnahmen sind zwischen 2007 und 2016 in Katalonien entstanden. Sie sind auch von ziemlich unterschiedlicher Qualität – aber dafür ist der Repertoire-Wert der Edition enorm; sehr viele Werke sind in Welterst- einspielung zu hören. Wer Flötenmusik mit ungarischen Melodien und französischem Esprit mag, der sollte sich daher diese Neuerscheinungen nicht entgehen lassen.
1858 wurde Franz Doppler Erster Flötist und Kapellmeister an der Wiener Hofoper; in späteren Jahren unterrichtete er zudem als Professor für Flöte am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Carl Doppler wirkte zunächst als Musikdirektor am Theater in Budapest; 1865 wurde er dann Hofkapellmeister in Stuttgart, wo er bis an sein Lebensende blieb.
Wie es damals üblich war, komponierten die Brüder für ihre Auftritte eine Menge Virtuosenmusik. Das Label Capriccio hat nun damit begonnen, diese Werke in einer Zehn-CD-Edition zusammenzutragen. Spiritus rector dieses Projektes ist offenbar der spanische Flötist Claudi Arimany. Er konnte dafür zudem vier spanische Orchester sowie eine Vielzahl von Musikerkollegen aus ganz Europa begeistern.
Die Aufnahmen sind zwischen 2007 und 2016 in Katalonien entstanden. Sie sind auch von ziemlich unterschiedlicher Qualität – aber dafür ist der Repertoire-Wert der Edition enorm; sehr viele Werke sind in Welterst- einspielung zu hören. Wer Flötenmusik mit ungarischen Melodien und französischem Esprit mag, der sollte sich daher diese Neuerscheinungen nicht entgehen lassen.
Sonates en trio - Schieferlein, Telemann, C.P.E. Bach (Atma Classics)
„Schieferlein“ oder aber „Schieffer- lein“ hieß der Komponist, der die drei exquisiten Triosonaten geschaffen hat, die das Ensemble Pallade Musica auf dieser CD vorstellt. Sie sind einzigartig, denn es sind Sonaten per Violoncello Concerto, Violino Concerto, e Basso Continuo – und das Violoncello hat in diesen Werken in der Tat einen außergewöhnlichen Part. Dass es noch vor der ebenfalls konzertierenden Geige genannt wird, hat durchaus seine Berechtigung.
Das Manuskript befindet sich in der Bibliothek des Königlichen Konservatoriums Brüssel. Es wird vermutet, dass diese Triosonaten Werke von Otto Ernst Gregorius Schiefferlein (1704 bis 1787) sein könnten. Er hatte eine sagenhafte Karriere als Altus in Hamburg; so ist belegt, dass er noch mit 72 Jahren die Alt-Partie in der Johannespassion von Carl Philipp Emanuel Bach sang. Schiefferlein arbeitete zudem als Kopist für Georg Philipp Telemann und dann bis in die 1780er Jahre für dessen Amtsnach- folger Bach.
Viel mehr ist über ihn allerdings nicht bekannt. Überliefert ist noch eine Hochzeitskantate, und auch das früheste deutsche Violoncellokonzert wird einem „Shiwerlein“ zugeschrieben. Warum ein Sänger sich derart für das Cello einsetzt, und wie er diese virtuosen Stücke für das damals noch ziemlich neue Instrument schreiben kann, auf diese Fragen gibt es derzeit noch keine Antwort. Aber die Musik ist wirklich großartig, und sie wird von Tanya Laperrière, Violine, Elinor Frey, Violoncello, Esteban la Rotta, Theorbe/Laute/Barockgitarre, und Mélisande McNabney, Cembalo, aufs Schönste präsentiert. Pallade Musica komplettiert das Programm zudem mit einer Triosonate von Telemann sowie der Fantasie in D-Dur Wq. 117/14 und der Triosonate in G-Dur Wq. 150 von Carl Philipp Emanuel Bach. Den Flötenpart übernimmt dabei Anne Thivierge.
Das Manuskript befindet sich in der Bibliothek des Königlichen Konservatoriums Brüssel. Es wird vermutet, dass diese Triosonaten Werke von Otto Ernst Gregorius Schiefferlein (1704 bis 1787) sein könnten. Er hatte eine sagenhafte Karriere als Altus in Hamburg; so ist belegt, dass er noch mit 72 Jahren die Alt-Partie in der Johannespassion von Carl Philipp Emanuel Bach sang. Schiefferlein arbeitete zudem als Kopist für Georg Philipp Telemann und dann bis in die 1780er Jahre für dessen Amtsnach- folger Bach.
Viel mehr ist über ihn allerdings nicht bekannt. Überliefert ist noch eine Hochzeitskantate, und auch das früheste deutsche Violoncellokonzert wird einem „Shiwerlein“ zugeschrieben. Warum ein Sänger sich derart für das Cello einsetzt, und wie er diese virtuosen Stücke für das damals noch ziemlich neue Instrument schreiben kann, auf diese Fragen gibt es derzeit noch keine Antwort. Aber die Musik ist wirklich großartig, und sie wird von Tanya Laperrière, Violine, Elinor Frey, Violoncello, Esteban la Rotta, Theorbe/Laute/Barockgitarre, und Mélisande McNabney, Cembalo, aufs Schönste präsentiert. Pallade Musica komplettiert das Programm zudem mit einer Triosonate von Telemann sowie der Fantasie in D-Dur Wq. 117/14 und der Triosonate in G-Dur Wq. 150 von Carl Philipp Emanuel Bach. Den Flötenpart übernimmt dabei Anne Thivierge.
Freitag, 23. Februar 2018
Inner Chambres (Naxos)
Welche Musik hörte Ludwig XIV., der Sonnenkönig, in seinen privaten Räumen? Einen Eindruck davon gibt das Ensemble Les Ordinaires auf dieser CD. Les Ordinaires du Roi wurden einst die Musiker genannt, die in kleinstem Kreise für den Herrscher spielten. Besonders geschätzt wurde die Kombination aus Traversflöte, Viola da gamba und Theorbe, daher auch als „königliches Trio“ bezeichnet.
Leela Breithaupt, Erica Rubis und David Walker haben Werke herausgesucht, wie sie einst in Versailles erklungen sind. Ihr Programm beginnt mit einem Prelude aus L'Art de préluder sur la flûte traversière von Jacques-Martin Hotteterre. Mit Suiten vertreten sind François Couperin, Jean Marais und Michel Pignolet de Montéclair. Auch zwei populäre Lieder tragen die Musiker vor, bevor schließlich eine betörende Chaconne aus den Trios de la Chambre 'pour le Choucher du Roi' von Jean-Baptiste Lully den Schlusspunkt setzt. Hier übernimmt Allison Nyquist, Barockvioline, die zweite Melodiestimme.
Leela Breithaupt, Erica Rubis und David Walker haben Werke herausgesucht, wie sie einst in Versailles erklungen sind. Ihr Programm beginnt mit einem Prelude aus L'Art de préluder sur la flûte traversière von Jacques-Martin Hotteterre. Mit Suiten vertreten sind François Couperin, Jean Marais und Michel Pignolet de Montéclair. Auch zwei populäre Lieder tragen die Musiker vor, bevor schließlich eine betörende Chaconne aus den Trios de la Chambre 'pour le Choucher du Roi' von Jean-Baptiste Lully den Schlusspunkt setzt. Hier übernimmt Allison Nyquist, Barockvioline, die zweite Melodiestimme.
Donnerstag, 22. Februar 2018
Monteverdi: Canzonette a tre voci (Brilliant Classics)
Claudio Monteverdi (1567 bis 1643) gehört zu jenen Komponisten, die im vergangenen Jahr dank eines Jubiläums – in diesem Falle der 550. Geburtstag – mit einigen besonderen CD-Editionen geehrt wurden. Das Label Brilliant Classics widmet sich allerdings schon seit längerem dem Schaffen Monteverdis. Auf dieser CD beispielsweise sind die Canzonette a tre voci zu hören. Sie sind 1584 in Venedig erstmals im Druck erschienen und gehören somit zu den Frühwerken des Komponisten.
Das ausschließlich mit Damen besetzte Gesangsensemble Armoniosoincanto singt die unterhaltsamen Stücke mit klaren, schlanken Stimmen und Sinn für theatralische Wirkungen. Die Sängerinnen werden zudem durch eine reich besetzte Continuo-Gruppe unterstützt.
Das ausschließlich mit Damen besetzte Gesangsensemble Armoniosoincanto singt die unterhaltsamen Stücke mit klaren, schlanken Stimmen und Sinn für theatralische Wirkungen. Die Sängerinnen werden zudem durch eine reich besetzte Continuo-Gruppe unterstützt.
Ritter: Complete Organ Sonatas (MDG)
Eine einzigartige Aufnahme ist nun bei Dabringhaus und Grimm wieder erhältlich: Ursula Philippi, eine exzellente Organistin aus Siebenbür- gen, hat an ihrer „Haus-Orgel“, der Sauer-Orgel in Hermannstadt/Sibiu, Siebenbürgen, die vier Orgelsonaten August Gottfried Ritters (1811 bis 1885) eingespielt.
Ritter war eine Autorität in allem, was mit Orgeln und Orgelspiel seiner Zeit zu tun hatte – als Orgelvirtuose, Improvisator, als Komponist, Orgelbauspezialist oder Pädagoge. Er stammte aus Erfurt, und wurde unter anderem von Michael Gotthard Fischer unterrichtet, einem Enkelschüler Bachs, und von Johann Nepomuk Hummel. 1831 wurde er Organist in seiner Heimatstadt und zugleich Schullehrer; Stipendien ermöglichten ihm mehrfach kürzere Studienaufenthalte in Berlin.
1844 ging Ritter nach Merseburg, wo er sich nur noch dem Orgelspiel widmen konnte und kein Schullehreramt mehr ausüben musste. Drei Jahr später wurde er als Domorganist nach Magdeburg berufen. Er schätzte die alten Meister, und betrieb umfangreiche musikhistorische Forschungen. Außerdem unterrichtete er mit großem Engagement, und stellte dafür eine eigene Orgelschule zusammen.
Die vier Orgelsonaten sind die wohl wichtigsten Orgelwerke August Gottfried Ritters. Ursula Philippi, langjährige Kantorin der Evangelischen Stadtpfarrkirche in Hermannstadt/Sibiu, in späteren Jahren an der Musikhochschule in Klausenburg/Cluj zudem verantwortlich für die Orgelklasse, erweist sich als großartige Interpretin dieser Fantasie-Sonaten. Sie lassen uns ahnen, wie Ritters Improvisationen einst geklungen haben könnten.
Die legendäre Sauer-Orgel, ein romantisches Instrument aus den Jahren 1914/15, gibt ihr dabei prächtige Klangmöglichkeiten. Mit 79 Register auf vier Manualen und Pedal ist sie die größte Orgel in Siebenbürgen. Die kommunistische Diktatur in Rumänien überstand sie, in schlechtem Zustand. 1996/97 konnte die Orgel gründlich restauriert werden. Die Firma Christian Scheffler aus Frankfurt/Oder versetzte sie dabei in den Originalzustand zurück. Bei dieser Aufnahme aus dem Jahre 1998 ist sie mit ihrem farbenreich, warmen Klang in ihrer ganzen Pracht zu erleben.
Ritter war eine Autorität in allem, was mit Orgeln und Orgelspiel seiner Zeit zu tun hatte – als Orgelvirtuose, Improvisator, als Komponist, Orgelbauspezialist oder Pädagoge. Er stammte aus Erfurt, und wurde unter anderem von Michael Gotthard Fischer unterrichtet, einem Enkelschüler Bachs, und von Johann Nepomuk Hummel. 1831 wurde er Organist in seiner Heimatstadt und zugleich Schullehrer; Stipendien ermöglichten ihm mehrfach kürzere Studienaufenthalte in Berlin.
1844 ging Ritter nach Merseburg, wo er sich nur noch dem Orgelspiel widmen konnte und kein Schullehreramt mehr ausüben musste. Drei Jahr später wurde er als Domorganist nach Magdeburg berufen. Er schätzte die alten Meister, und betrieb umfangreiche musikhistorische Forschungen. Außerdem unterrichtete er mit großem Engagement, und stellte dafür eine eigene Orgelschule zusammen.
Die vier Orgelsonaten sind die wohl wichtigsten Orgelwerke August Gottfried Ritters. Ursula Philippi, langjährige Kantorin der Evangelischen Stadtpfarrkirche in Hermannstadt/Sibiu, in späteren Jahren an der Musikhochschule in Klausenburg/Cluj zudem verantwortlich für die Orgelklasse, erweist sich als großartige Interpretin dieser Fantasie-Sonaten. Sie lassen uns ahnen, wie Ritters Improvisationen einst geklungen haben könnten.
Die legendäre Sauer-Orgel, ein romantisches Instrument aus den Jahren 1914/15, gibt ihr dabei prächtige Klangmöglichkeiten. Mit 79 Register auf vier Manualen und Pedal ist sie die größte Orgel in Siebenbürgen. Die kommunistische Diktatur in Rumänien überstand sie, in schlechtem Zustand. 1996/97 konnte die Orgel gründlich restauriert werden. Die Firma Christian Scheffler aus Frankfurt/Oder versetzte sie dabei in den Originalzustand zurück. Bei dieser Aufnahme aus dem Jahre 1998 ist sie mit ihrem farbenreich, warmen Klang in ihrer ganzen Pracht zu erleben.
Keiser: Markus-Passion (Christophorus)
Von Reinhard Keiser (1674 bis 1739) sind noch immer wesentlich mehr Anekdoten überliefert als Werke. Das ist ein wenig schade, denn der Musi- ker, der aus Teuchern bei Weißenfels stammte und seine musikalische Aus- bildung unter den Thomaskantoren Johann Schelle und Johann Kuhnau an der Leipziger Thomasschule begann, hat deutlich mehr zu bieten als pikante Geschichten.
Seine erste Stelle erhielt er am Hof zu Braunschweig, wo er 1693 mit Basilius, einem deutschsprachigen Remake von Il re pastore, einen ersten Erfolg als Opernkomponist erreichen konnte. Schon bald zog er weiter nach Hamburg, wo er dann in erster Linie für die Oper am Gänsemarkt komponierte. 1728 wurde er schließlich Kantor am Hamburger Dom; die letzten Lebensjahre widmete Keiser vor allem der Kirchenmusik.
Ob die Markus-Passion tatsächlich von Reinhard Keiser stammt, das ist unter Experten umstritten. So wird das Oratorium auch Friedrich Nicolaus Bruhns (1637 bis 1718) zugeschrieben; dieser war Direktor der Hamburger Ratsmusik und später dann auch Domkantor, und ein Onkel des berühmten Husumer Organisten Nicolaus Bruhns. In jedem Falle aber schätzte Johann Sebastian Bach das Werk; er hat es eigenhändig abgeschrieben, und sehr wahrscheinlich in Leipzig auch aufgeführt.
Die Markus-Passion erinnert in vielen Details an die großen Bach-Passionen. Insofern ist diese Einspielung hochwillkommen. Allerdings wird das Ensemble Parthenia unter Leitung von Christian Brembeck den doch recht hohen Anforderungen nicht wirklich gerecht. So singt Parthenia vocal als Doppelquartett, was zum einen einer dynamischen Differenzierung recht enge Grenzen setzt. Die Turbachöre beispielsweise könnten mehr Wucht gut gebrauchen. Zum anderen sind die Stimmen im Timbre relativ unterschiedlich, was leider mitunter auch als Intonations- problem hörbar wird. Daher kann man diese Aufnahme nicht wirklich empfehlen. Schade.
Seine erste Stelle erhielt er am Hof zu Braunschweig, wo er 1693 mit Basilius, einem deutschsprachigen Remake von Il re pastore, einen ersten Erfolg als Opernkomponist erreichen konnte. Schon bald zog er weiter nach Hamburg, wo er dann in erster Linie für die Oper am Gänsemarkt komponierte. 1728 wurde er schließlich Kantor am Hamburger Dom; die letzten Lebensjahre widmete Keiser vor allem der Kirchenmusik.
Ob die Markus-Passion tatsächlich von Reinhard Keiser stammt, das ist unter Experten umstritten. So wird das Oratorium auch Friedrich Nicolaus Bruhns (1637 bis 1718) zugeschrieben; dieser war Direktor der Hamburger Ratsmusik und später dann auch Domkantor, und ein Onkel des berühmten Husumer Organisten Nicolaus Bruhns. In jedem Falle aber schätzte Johann Sebastian Bach das Werk; er hat es eigenhändig abgeschrieben, und sehr wahrscheinlich in Leipzig auch aufgeführt.
Die Markus-Passion erinnert in vielen Details an die großen Bach-Passionen. Insofern ist diese Einspielung hochwillkommen. Allerdings wird das Ensemble Parthenia unter Leitung von Christian Brembeck den doch recht hohen Anforderungen nicht wirklich gerecht. So singt Parthenia vocal als Doppelquartett, was zum einen einer dynamischen Differenzierung recht enge Grenzen setzt. Die Turbachöre beispielsweise könnten mehr Wucht gut gebrauchen. Zum anderen sind die Stimmen im Timbre relativ unterschiedlich, was leider mitunter auch als Intonations- problem hörbar wird. Daher kann man diese Aufnahme nicht wirklich empfehlen. Schade.
Donnerstag, 15. Februar 2018
Mozart: Piano Concertos Nos 23 & 27; Pressler (Cavi Music)
Der Pianist Menahem Pressler, Jahrgang 1923, ist ein Phänomen. Nachdem er jahrzehntelang vor allem mit dem Beaux Arts Trio erfolgreich musiziert hatte, wurde er nach der Auflösung des Klaviertrios im Jahre 2008 zu einem weltweit ebenso gefragten Solisten.
Seine Konzerte gestaltet er mit der Weisheit des Alters: „Wenn ich heute spiele, spiele ich ja nicht mehr für den Erfolg“, zitiert das Beiheft zu dieser CD den Pianisten. „Wenn ich spiele, dann um mit meinem Publikum die Liebe zu den Werken, die ich empfinde, zu teilen. Und ich spiele nur die Werke, die ich liebe. Ich akzeptiere nicht, was ich nicht üben möchte – oder man könnte sogar sagen: was ich nicht kann.“
Ein schönes Beispiel dafür ist auf dieser CD zu hören. Es handelt sich um Mitschnitte von Konzerten, die Pressler im Mai und im Dezember 2016 in Magdeburg gegeben hat – jener Stadt, in der er einst das Licht der Welt erblickte. Gemeinsam mit der Magdeburgischen Philharmonie spielte er unter Leitung von Generalmusikdirektor Kimbo Ishii zwei Klavierkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart – im Mai das B-Dur-Konzert KV 595, das letzte aus Mozarts Feder, und im Dezember dann das Klavierkonzert A-Dur KV 488. Als Zugaben spielte Menahem Pressler La Cathédrale engloutie aus aus den Préludes von Claude Debussy sowie ein Nocturne und eine Mazurka von Frédéric Chopin.
Und man muss sagen: Beeindruckend! Pressler gestaltet jede einzelne Phrase, jede Passage durchdacht und mit unbeschreiblicher Finesse. Und trotz seines hohen Alters – bei dem zweiten Konzert in Magdeburg, am 16. Dezember 2016, feierte Pressler seinen 93. Geburtstag – bietet dieser Pianist nicht Technik und Routine, sondern tiefe Empfindung, Innigkeit, ein Klavierspiel, frei von jeder Eitelkeit und Oberflächlichkeit. Unbedingt anhören - einzigartig!
Seine Konzerte gestaltet er mit der Weisheit des Alters: „Wenn ich heute spiele, spiele ich ja nicht mehr für den Erfolg“, zitiert das Beiheft zu dieser CD den Pianisten. „Wenn ich spiele, dann um mit meinem Publikum die Liebe zu den Werken, die ich empfinde, zu teilen. Und ich spiele nur die Werke, die ich liebe. Ich akzeptiere nicht, was ich nicht üben möchte – oder man könnte sogar sagen: was ich nicht kann.“
Ein schönes Beispiel dafür ist auf dieser CD zu hören. Es handelt sich um Mitschnitte von Konzerten, die Pressler im Mai und im Dezember 2016 in Magdeburg gegeben hat – jener Stadt, in der er einst das Licht der Welt erblickte. Gemeinsam mit der Magdeburgischen Philharmonie spielte er unter Leitung von Generalmusikdirektor Kimbo Ishii zwei Klavierkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart – im Mai das B-Dur-Konzert KV 595, das letzte aus Mozarts Feder, und im Dezember dann das Klavierkonzert A-Dur KV 488. Als Zugaben spielte Menahem Pressler La Cathédrale engloutie aus aus den Préludes von Claude Debussy sowie ein Nocturne und eine Mazurka von Frédéric Chopin.
Und man muss sagen: Beeindruckend! Pressler gestaltet jede einzelne Phrase, jede Passage durchdacht und mit unbeschreiblicher Finesse. Und trotz seines hohen Alters – bei dem zweiten Konzert in Magdeburg, am 16. Dezember 2016, feierte Pressler seinen 93. Geburtstag – bietet dieser Pianist nicht Technik und Routine, sondern tiefe Empfindung, Innigkeit, ein Klavierspiel, frei von jeder Eitelkeit und Oberflächlichkeit. Unbedingt anhören - einzigartig!
Dienstag, 13. Februar 2018
Andreas Scholl und Dorothee Oberlinger - Small gifts (Deutsche Harmonia Mundi)
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Und weil das so ist, hat Blockflötistin Dorothee Oberlinger mit ihrem Ensemble 1700 nun gleich eine ganze CD mit Musik von Johann Sebastian Bach zusammengestellt, die man durchaus auf einen Gabentisch legen könnte. „Small gifts“, so der Titel des Albums, nimmt Bezug auf eine Widmung, die Bach einst seinen Brandenburgischen Konzerten voranstellte. Der Komponist schrieb an Markgraf Christian Ludwig von Brandenburg-Schwedt, er habe bemerkt, „qu'Elle prennoît quelque plaisir aux petits talents que le Ciel m'a donnés pour la Musique“. Das galt seinerzeit als höflich; man stapelte tief, wenn es um das eigene Schaffen ging, und lobte den Widmungsempfänger über den grünen Klee. Damit hatte alles seine Ordnung, und alle waren zufrieden.
Aus den „geringen Talenten“, die Bach sich dort zuschreibt, „kleine Gaben des Himmels“ zu machen, das ist nicht unbedingt die perfekte Übersetzung. Aber sei es, wie es sei – Bach hört man doch immer wieder gern, und die Musiker, die an dieser CD mitgewirkt haben, müssen auch keineswegs auf ihre „schwachen Talente“ verweisen. Zumal sie für dieses Album den renommierten Countertenor Andreas Scholl gewinnen konnten, der neben der Solokantate Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust BWV 170 auch noch einige weitere Arien aus Bach-Kantaten singt, die durch den Dialog zwischen Altstimme und Blockflöte geprägt sind.
Komplettiert wird dieses schöne Programm durch drei bekannte Instrumentalstücke. Dorothee Oberlinger ist eine versierte Musikerin, und die Kollegen, die ihr im Ensemble 1700 zur Seite stehen, lassen sich ebenfalls inspiriert und schwungvoll hören. Dazu haben sie ausgiebig Gelegenheit. Die Brandenburgischen Konzerte Nr. 4 und Nr. 2 sind mir aber fast ein wenig zu zupackend gespielt, hier hätte ich mir dann doch mehr Eleganz gewünscht.
An zentraler Stelle steht schließlich das Cembalokonzert in f-Moll BWV 1056 – es erklingt auf dieser CD in einer Version für eine Forthflute in B. Vermutet wird, dass die beiden Ecksätze ursprünglich Bestandteil eines Violinkonzertes waren, während für den Mittelsatz angenommen wird, dass er ursprünglich für Oboe d'amore entstanden ist. Insofern folgt die Neubearbeitung einer Praxis, die Bach selbst vielfach geübt hat. Ein interessantes Experiment, mit einem überzeugenden Ergebnis.
Aus den „geringen Talenten“, die Bach sich dort zuschreibt, „kleine Gaben des Himmels“ zu machen, das ist nicht unbedingt die perfekte Übersetzung. Aber sei es, wie es sei – Bach hört man doch immer wieder gern, und die Musiker, die an dieser CD mitgewirkt haben, müssen auch keineswegs auf ihre „schwachen Talente“ verweisen. Zumal sie für dieses Album den renommierten Countertenor Andreas Scholl gewinnen konnten, der neben der Solokantate Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust BWV 170 auch noch einige weitere Arien aus Bach-Kantaten singt, die durch den Dialog zwischen Altstimme und Blockflöte geprägt sind.
Komplettiert wird dieses schöne Programm durch drei bekannte Instrumentalstücke. Dorothee Oberlinger ist eine versierte Musikerin, und die Kollegen, die ihr im Ensemble 1700 zur Seite stehen, lassen sich ebenfalls inspiriert und schwungvoll hören. Dazu haben sie ausgiebig Gelegenheit. Die Brandenburgischen Konzerte Nr. 4 und Nr. 2 sind mir aber fast ein wenig zu zupackend gespielt, hier hätte ich mir dann doch mehr Eleganz gewünscht.
An zentraler Stelle steht schließlich das Cembalokonzert in f-Moll BWV 1056 – es erklingt auf dieser CD in einer Version für eine Forthflute in B. Vermutet wird, dass die beiden Ecksätze ursprünglich Bestandteil eines Violinkonzertes waren, während für den Mittelsatz angenommen wird, dass er ursprünglich für Oboe d'amore entstanden ist. Insofern folgt die Neubearbeitung einer Praxis, die Bach selbst vielfach geübt hat. Ein interessantes Experiment, mit einem überzeugenden Ergebnis.
Montag, 12. Februar 2018
Viaggio nel tempo (Gramola)
Einer Kontrabassisten-Dynastie, die bereits über vier Generationen reicht, gehört Ernő Rácz an. Der Musiker, der aus Ungarn stammt, ist Solo-Kontrabassist des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich. Auf dieser CD entführt er gemeinsam mit Pianistin Veronika Trisko den Hörer auf eine musikalische Zeitreise. Sie beginnt im 17. Jahrhundert mit einer Sonate in g-Moll von Henry Eccles, ursprünglich für Violine komponiert, die aber ebenso gern von Kontrabassisten gespielt wird. Auch das Arioso aus der Kantate Ich steh mit einem Fuß im Grabe BWV 156 von Johann Sebastian Bach gehört zu jenen Stücken, die Musiker wie Publikum sehr schätzen – hier in Kontrabass-Version.
Nächste Station der Zeitreise: Die Tageszeiten-Sinfonien Hob. I/6-8 von Joseph Haydn, mit ihren anspruchsvollen Kontrabass-Soli. Attraktive Solo-Parts finden sich zudem in den Sinfonien Nr. 31 Mit dem Hornsignal und Nr. 72 Jagd. Auf CD zu hören waren solche Ausschnitte bislang noch nicht; Rácz demonstriert damit eindrücklich, dass ein Kontrabass weit mehr sein kann als nur Fundament des Orchesters.
Dass auch ein Nocturne von Frederic Chopin in einer Kontrabass-Bear- beitung sehr apart klingen kann, zeigt Rácz danach. In seinem Spiel vereint er Virtuosität und Ausdruck. Das unterstreichen auch die nach- folgenden Originalwerke, so vier Stücke von Serge Koussevitzky, und Extrème von Lajos Montag. Kicho komponierte Astor Piazzolla speziell für einen Freund, den Kontrabassisten Enrique „Kicho“ Díaz, der als einer der herausragenden Tango-Interpreten seiner Zeit galt. Die Kontrabass-Zeitreise endet in der Gegenwart, mit vier Werken aus Jelek, játékok és üzenetek für Kontrabass solo von György Kurtág.
Nächste Station der Zeitreise: Die Tageszeiten-Sinfonien Hob. I/6-8 von Joseph Haydn, mit ihren anspruchsvollen Kontrabass-Soli. Attraktive Solo-Parts finden sich zudem in den Sinfonien Nr. 31 Mit dem Hornsignal und Nr. 72 Jagd. Auf CD zu hören waren solche Ausschnitte bislang noch nicht; Rácz demonstriert damit eindrücklich, dass ein Kontrabass weit mehr sein kann als nur Fundament des Orchesters.
Dass auch ein Nocturne von Frederic Chopin in einer Kontrabass-Bear- beitung sehr apart klingen kann, zeigt Rácz danach. In seinem Spiel vereint er Virtuosität und Ausdruck. Das unterstreichen auch die nach- folgenden Originalwerke, so vier Stücke von Serge Koussevitzky, und Extrème von Lajos Montag. Kicho komponierte Astor Piazzolla speziell für einen Freund, den Kontrabassisten Enrique „Kicho“ Díaz, der als einer der herausragenden Tango-Interpreten seiner Zeit galt. Die Kontrabass-Zeitreise endet in der Gegenwart, mit vier Werken aus Jelek, játékok és üzenetek für Kontrabass solo von György Kurtág.
Dienstag, 6. Februar 2018
Grüße zum Jubiläum: Zehn Jahre Klassikblog "ouverture"
Was, schon zehn Jahre
gibt es das Klassikblog? In der Tat, es ist wahr: Am 6. Februar 2008 ist der erste
Text erschienen. Heute finden Leser im Klassikblog „ouverture“
Informationen über mehr als 2.500 CD-Editionen, oftmals verknüpft mit Erläuterungen zur Musikgeschichte, verlässlichen Angaben zu Biographien oder aber Reflexionen zur Aufführungspraxis.
Das Klassikblog wird daher auch als eine Art Musiklexikon gern und viel genutzt, und im Monat mitunter von mehr als 15.000 Interessenten besucht. Sie leben buchstäblich rund um den Erdball – heute beispiels- weise waren es Leser aus Deutschland, den USA, den Niederlanden, der Ukraine, Russland, Hongkong, Rumänien, Griechenland, Indonesien und von den Philippinen. Auch in vielen anderen Ländern Europas, in Kanada, einigen Ländern Südamerikas sowie in Japan und Südkorea wird das Klassikblog gelesen.
Darüber freue ich mich sehr, und danke meinen Lesern für ihre Ausdauer, ihre Neugier und ihre Wertschätzung. Den vielen Musikern, ob Komponisten, Dirigenten, Sänger oder Instrumentalisten, deren Arbeit im Mittelpunkt dieses Blogs steht, danke ich für unzählige Stunden Musikgenuss, beständige Inspiration und unglaublich viele Anregungen und Entdeckungen. Dafür danke ich natürlich auch den Kollegen bei den Vertrieben und den Labels (und für die vielen Informationen und Rezensionsmuster, jeden Monat wieder). Ich danke Google dafür, dass das Klassikblog in den Suchergebnissen mal mehr, mal weniger präsent ist – und ich verspreche, dass ich auch in Zukunft für meine Leser und nicht für die Suchmaschine schreiben werde.
Ein großes Dankeschön geht nun zum Schluss an meine Familie, die seit nunmehr zehn Jahren die doch recht aufwendige Arbeit am Klassikblog akzeptiert und unterstützt. Danke, danke, danke! Und auf die nächsten zehn Jahre!
Das Klassikblog wird daher auch als eine Art Musiklexikon gern und viel genutzt, und im Monat mitunter von mehr als 15.000 Interessenten besucht. Sie leben buchstäblich rund um den Erdball – heute beispiels- weise waren es Leser aus Deutschland, den USA, den Niederlanden, der Ukraine, Russland, Hongkong, Rumänien, Griechenland, Indonesien und von den Philippinen. Auch in vielen anderen Ländern Europas, in Kanada, einigen Ländern Südamerikas sowie in Japan und Südkorea wird das Klassikblog gelesen.
Darüber freue ich mich sehr, und danke meinen Lesern für ihre Ausdauer, ihre Neugier und ihre Wertschätzung. Den vielen Musikern, ob Komponisten, Dirigenten, Sänger oder Instrumentalisten, deren Arbeit im Mittelpunkt dieses Blogs steht, danke ich für unzählige Stunden Musikgenuss, beständige Inspiration und unglaublich viele Anregungen und Entdeckungen. Dafür danke ich natürlich auch den Kollegen bei den Vertrieben und den Labels (und für die vielen Informationen und Rezensionsmuster, jeden Monat wieder). Ich danke Google dafür, dass das Klassikblog in den Suchergebnissen mal mehr, mal weniger präsent ist – und ich verspreche, dass ich auch in Zukunft für meine Leser und nicht für die Suchmaschine schreiben werde.
Ein großes Dankeschön geht nun zum Schluss an meine Familie, die seit nunmehr zehn Jahren die doch recht aufwendige Arbeit am Klassikblog akzeptiert und unterstützt. Danke, danke, danke! Und auf die nächsten zehn Jahre!
Montag, 5. Februar 2018
Brahms - Frei aber einsam (Berlin Classics)
F-A-E – diese Tonfolge prägt drei Werke von Johannes Brahms (1833 bis 1897), und sein ganzes Leben. Denn die drei Buchstaben stehen für „frei, aber einsam“; dies war das Lebensmotto des Geigers Joseph Joachim, und diesem Leitspruch folgte auch sein Freund Brahms. Der Pianist Matthias Kirschnereit hat sich nun an die drei Stücke gewagt, in denen der Komponist dieses Motiv einsetzte.
Zum ersten Mal verwendete Johannes Brahms dieses Thema in seiner Klaviersonate Nr. 3 in f-Moll, op. 5, aus dem Jahre 1853. „Brahms sagt sein Leben selbst als Prophet voraus, deutet Dinge an, die ihm später widerfahren werden“, meint Matthias Kirschnereit dazu. Und das bedeutet in diesem Falle eine Liebe, so romantisch wie man sich das nur vorstellen kann, die dann zerbricht, betrauert wird – und im Finale erklingt dann erstmals die Tonfolge f-a-e.
Zu hören ist sie auch in einem Gemeinschaftswerk, das Robert Schumann, Albert Dietrich und Johannes Brahms 1853 „In Erwartung der Ankunft des verehrten und geliebten Freundes Joseph Joachim“ geschrieben haben. Jeder von ihnen komponierte einen Satz; von Brahms stammt das Scherzo dieser F.A.E.-Sonate.
Das Klavierquintett f-Moll op. 34 aus dem Jahre 1864 wiederum ist ein Stück, „in dem der kontrollierte Brahms ausbricht und sich an den Rand seiner üblichen Konventionen begibt“, so Kirschnereit. „Er kann sich selbst nicht mehr ganz bändigen. Im dritten und vierten Satz ist es extrem wild und exzentrisch. Wenn man hier das Gefühl hat, dass eigentlich schon alles gesagt ist, genau dann setzt Brahms noch eine Sequenz drauf. Das verleiht dem etwas Animalisches. Das ist sehr selten, diese Schutz- losigkeit, diese rohe Energie. Dieses Hin und Her in den vier Sätzen, dieses Unvereinbare ist fantastisch.“
Dieses Ringen zu erkunden, tritt der Pianist nun an – und was da zu hören ist, das verschlägt einem schier den Atem, so überwältigend wird hier musiziert. Kirschnereit beeindruckt durch Sensibilität ebenso wie durch Leidenschaft. Auch seine Partner sind erstklassig: Beim Scherzo aus der Violinsonate bringt Lena Neudauer ihre Perspektive in den Dialog mit ein. Und das Klavierquintett gestaltet Kirschnereit gemeinsam mit dem exzellenten Amaryllis Quartett – zupackend, dramatisch; das ist schlicht grandios. Generell ist alles sehr durchdacht gearbeitet, kammermusika- lisch differenziert, und unglaublich ausdrucksstark. Diese Doppel-CD ist ohne Zweifel eine Referenzaufnahme, die für lange Zeit ihre Gültigkeit behalten wird. Überragend!
Zum ersten Mal verwendete Johannes Brahms dieses Thema in seiner Klaviersonate Nr. 3 in f-Moll, op. 5, aus dem Jahre 1853. „Brahms sagt sein Leben selbst als Prophet voraus, deutet Dinge an, die ihm später widerfahren werden“, meint Matthias Kirschnereit dazu. Und das bedeutet in diesem Falle eine Liebe, so romantisch wie man sich das nur vorstellen kann, die dann zerbricht, betrauert wird – und im Finale erklingt dann erstmals die Tonfolge f-a-e.
Zu hören ist sie auch in einem Gemeinschaftswerk, das Robert Schumann, Albert Dietrich und Johannes Brahms 1853 „In Erwartung der Ankunft des verehrten und geliebten Freundes Joseph Joachim“ geschrieben haben. Jeder von ihnen komponierte einen Satz; von Brahms stammt das Scherzo dieser F.A.E.-Sonate.
Das Klavierquintett f-Moll op. 34 aus dem Jahre 1864 wiederum ist ein Stück, „in dem der kontrollierte Brahms ausbricht und sich an den Rand seiner üblichen Konventionen begibt“, so Kirschnereit. „Er kann sich selbst nicht mehr ganz bändigen. Im dritten und vierten Satz ist es extrem wild und exzentrisch. Wenn man hier das Gefühl hat, dass eigentlich schon alles gesagt ist, genau dann setzt Brahms noch eine Sequenz drauf. Das verleiht dem etwas Animalisches. Das ist sehr selten, diese Schutz- losigkeit, diese rohe Energie. Dieses Hin und Her in den vier Sätzen, dieses Unvereinbare ist fantastisch.“
Dieses Ringen zu erkunden, tritt der Pianist nun an – und was da zu hören ist, das verschlägt einem schier den Atem, so überwältigend wird hier musiziert. Kirschnereit beeindruckt durch Sensibilität ebenso wie durch Leidenschaft. Auch seine Partner sind erstklassig: Beim Scherzo aus der Violinsonate bringt Lena Neudauer ihre Perspektive in den Dialog mit ein. Und das Klavierquintett gestaltet Kirschnereit gemeinsam mit dem exzellenten Amaryllis Quartett – zupackend, dramatisch; das ist schlicht grandios. Generell ist alles sehr durchdacht gearbeitet, kammermusika- lisch differenziert, und unglaublich ausdrucksstark. Diese Doppel-CD ist ohne Zweifel eine Referenzaufnahme, die für lange Zeit ihre Gültigkeit behalten wird. Überragend!
Sonntag, 4. Februar 2018
Mendelssohn Bartholdy: Psalmen (BR Klassik)
Fünf breit angelegte und groß besetzte Psalmvertonungen schuf Felix Mendelssohns Bartholdy (1809 bis 1847). Drei davon sind auf dieser CD zu hören, vorgetragen vom Chor des Bayerischen Rundfunks und dem Münchner Rundfunkorchester unter Leitung von Howard Arman. Es handelt sich dabei um einen Live-Mitschnitt vom Dezember 2016 aus dem Münchner Prinzregententhea- ter. Solisten des Abends waren Julia Winkel, Sopran, Hanne Weber, Alt, Julian Prégardien, Tenor und Krešimir Stražanac, Bassbariton.
Howard Arman verzichtet auf allzu üppige Emotionswogen. Er setzt mit dem zu Recht hochgelobten Ensemble in erster Linie auf Ausdruck, und dann erst auf Schönklang, und wird damit dem Anliegen des Komponisten ganz sicher gerecht. Denn hinter dem Schaffen Felix Mendelssohn Bartholdys sind die musikalischen Traditionen immer präsent. Das macht Arman auch deutlich.
Non nobis Domine für Soli, Chor und Orchester op. 31 basiert auf Versen aus dem 115. Psalm. Es wird vermutet, dass Mendelssohn an diesem Werk während seines ersten Englandaufenthalts 1829 arbeitete; bei dieser Gelegenheit studierte er in London Handschriften Händels, was ihn hörbar inspiriert hat.
Die Vertonung des 42. Psalms, Wie der Hirsch schreit op. 42, ein umfang- reiches, kantatenartiges Werk für Sopran, Chor und Orchester, schrieb Mendelssohn 1837 auf seiner Hochzeitsreise. Sie gehört bis heute zu den bekanntesten Chorwerken des Komponisten.
In seiner Position als Generalmusikdirektor des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. – der die Kirchenmusik reformieren wollte und dabei die Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts als Ideal betrachtete – schuf Mendelssohn Singet dem Herrn ein neues Lied op. 91, eine Vertonung des 98. Psalms. Sie wurde 1844 am Neujahrstage durch den neu zusammengestellten Berliner Domchor aufgeführt, und erinnert zunächst an historische Vorbilder: Ein achtstimmiger A-cappella-Gesang, doppelchörig, den Text deklamierend wie weiland Heinrich Schütz. Allerdings wagte es Mendelssohn dann, den Herrn auch tatsächlich mit Harfen, Trompeten und Posaunen zu loben – was bei der Geistlichkeit damals wohl wenig Begeisterung auslöste. Bei allen nachfolgenden Werken für den Domchor jedenfalls ließ der Komponist die Sänger ohne Instrumentalisten antreten.
Wie sehr Felix Mendelssohn Bartholdy die deutsche Chortradition geprägt hat, demonstriert noch ein anderes Werk auf dieser CD: Verleih uns Frieden gnädiglich, ein kurzes Gebet nach Worten Martin Luthers für Chor und Orchester, gehört zu einer Folge von acht Choralkantaten, die Zeugnis geben von der intensiven Beschäftigung des jungen Musikers mit dem Werk Bachs.
In der Familie Mendelssohns war die Erinnerung an den großen Meister stets präsent. So war seine Großtante Sara Levy eine Schülerin Carl Philipp Emanuel Bachs, und seine Großmutter Bella Salomon eine Schülerin Kirn- bergers. 1823 hatte sie ihrem Enkel eine Abschrift der Matthäuspassion geschenkt; 1829 leitete Mendelssohn die erste Aufführung dieses Werkes nach dem Tode Bachs – mit der Sing-Akademie zu Berlin, und gegen alle Bedenken ihres Gründers und seines Lehrers Carl Friedrich Zelter. Doch das ist eine andere Geschichte.
Diese CD endet mit Hear my Prayer, einem Wechselgesang zwischen Sopran und Chor nach dem 55. Psalm, den Felix Mendelssohn Bartholdy für eine Aufführung in London geschaffen hat. Das Werk wurde zunächst durch eine Orgel begleitet; hier ist allerdings die Orchesterfassung zu hören, die der Komponist 1847 anfertigte.
Howard Arman verzichtet auf allzu üppige Emotionswogen. Er setzt mit dem zu Recht hochgelobten Ensemble in erster Linie auf Ausdruck, und dann erst auf Schönklang, und wird damit dem Anliegen des Komponisten ganz sicher gerecht. Denn hinter dem Schaffen Felix Mendelssohn Bartholdys sind die musikalischen Traditionen immer präsent. Das macht Arman auch deutlich.
Non nobis Domine für Soli, Chor und Orchester op. 31 basiert auf Versen aus dem 115. Psalm. Es wird vermutet, dass Mendelssohn an diesem Werk während seines ersten Englandaufenthalts 1829 arbeitete; bei dieser Gelegenheit studierte er in London Handschriften Händels, was ihn hörbar inspiriert hat.
Die Vertonung des 42. Psalms, Wie der Hirsch schreit op. 42, ein umfang- reiches, kantatenartiges Werk für Sopran, Chor und Orchester, schrieb Mendelssohn 1837 auf seiner Hochzeitsreise. Sie gehört bis heute zu den bekanntesten Chorwerken des Komponisten.
In seiner Position als Generalmusikdirektor des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. – der die Kirchenmusik reformieren wollte und dabei die Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts als Ideal betrachtete – schuf Mendelssohn Singet dem Herrn ein neues Lied op. 91, eine Vertonung des 98. Psalms. Sie wurde 1844 am Neujahrstage durch den neu zusammengestellten Berliner Domchor aufgeführt, und erinnert zunächst an historische Vorbilder: Ein achtstimmiger A-cappella-Gesang, doppelchörig, den Text deklamierend wie weiland Heinrich Schütz. Allerdings wagte es Mendelssohn dann, den Herrn auch tatsächlich mit Harfen, Trompeten und Posaunen zu loben – was bei der Geistlichkeit damals wohl wenig Begeisterung auslöste. Bei allen nachfolgenden Werken für den Domchor jedenfalls ließ der Komponist die Sänger ohne Instrumentalisten antreten.
Wie sehr Felix Mendelssohn Bartholdy die deutsche Chortradition geprägt hat, demonstriert noch ein anderes Werk auf dieser CD: Verleih uns Frieden gnädiglich, ein kurzes Gebet nach Worten Martin Luthers für Chor und Orchester, gehört zu einer Folge von acht Choralkantaten, die Zeugnis geben von der intensiven Beschäftigung des jungen Musikers mit dem Werk Bachs.
In der Familie Mendelssohns war die Erinnerung an den großen Meister stets präsent. So war seine Großtante Sara Levy eine Schülerin Carl Philipp Emanuel Bachs, und seine Großmutter Bella Salomon eine Schülerin Kirn- bergers. 1823 hatte sie ihrem Enkel eine Abschrift der Matthäuspassion geschenkt; 1829 leitete Mendelssohn die erste Aufführung dieses Werkes nach dem Tode Bachs – mit der Sing-Akademie zu Berlin, und gegen alle Bedenken ihres Gründers und seines Lehrers Carl Friedrich Zelter. Doch das ist eine andere Geschichte.
Diese CD endet mit Hear my Prayer, einem Wechselgesang zwischen Sopran und Chor nach dem 55. Psalm, den Felix Mendelssohn Bartholdy für eine Aufführung in London geschaffen hat. Das Werk wurde zunächst durch eine Orgel begleitet; hier ist allerdings die Orchesterfassung zu hören, die der Komponist 1847 anfertigte.
Music for Brass Septett 5 (Naxos)
Das Blechbläserseptett Septura erkundet auf dieser CD zur Abwechslung einmal französische Musik. Das ist ein faszinierendes Unterfangen, denn zum Anfang des 20. Jahrhunderts bot Frankreich eine der spannendsten musikalischen Landschaften überhaupt. Für die vorliegende Aufnahme wählte Septura Werke von drei Komponisten, die diese Entwicklung maßgeblich mit geprägt haben: Gabriel Fauré (1845 bis 1924), Maurice Ravel (1875 bis 1937) und Claude Debussy (1862 bis 1918).
Dank der gekonnten Arrangements der Ensemblemitglieder Matthew Knight und Simon Cox können ihre Werke, die ursprünglich zumeist für Klavier entstanden sind, höchst eindrucksvoll durch sieben Blechbläser interpretiert werden. Ravels Ma Mère l'Oye beispielsweise klingt, als wäre es für Trompeten, Posaunen und Tuba geschrieben. Und auch die Pavane pour une infante défunte erweist sich als perfektes Blechbläser-Stück.
Septura spielt zudem sechs der 24 Préludes von Debussy – farbenreich, ausdrucksstark, wirklich beeindruckend. Der Höhepunkt aber sind die Lieder von Gabriel Fauré, die jeweils einem Septura-Mitglieder Gelegenheit für ein hinreißendes Solo bieten. Nur für die tiefen Bläser – Daniel West, Bassposaune, und Peter Smith, Tuba – fand sich offenbar kein geeigneter Part.
Dank der gekonnten Arrangements der Ensemblemitglieder Matthew Knight und Simon Cox können ihre Werke, die ursprünglich zumeist für Klavier entstanden sind, höchst eindrucksvoll durch sieben Blechbläser interpretiert werden. Ravels Ma Mère l'Oye beispielsweise klingt, als wäre es für Trompeten, Posaunen und Tuba geschrieben. Und auch die Pavane pour une infante défunte erweist sich als perfektes Blechbläser-Stück.
Septura spielt zudem sechs der 24 Préludes von Debussy – farbenreich, ausdrucksstark, wirklich beeindruckend. Der Höhepunkt aber sind die Lieder von Gabriel Fauré, die jeweils einem Septura-Mitglieder Gelegenheit für ein hinreißendes Solo bieten. Nur für die tiefen Bläser – Daniel West, Bassposaune, und Peter Smith, Tuba – fand sich offenbar kein geeigneter Part.
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