Montag, 31. Dezember 2018

Wiener Sängerknaben - Strauss For Ever (Deutsche Grammophon)

Strauss und die Wiener Sänger- knaben – das ist eine lange Geschichte. Die Walzer und Polkas der Familie Strauss gehören seit den 20er Jahren zum Konzertrepertoire des berühmten Chores. Die erste Aufnahme des Donauwalzers mit den Wiener Sängerknaben entstand bereits im Jahre 1933. Etliche weitere folgten – und nun ist bei der Deutschen Grammophon eine ganz aktuelle erschienen, gesungen von den Wiener Sängerknaben unter Leitung von Gerald Wirth, der oft auch die Arrangements geschrieben hat. Begleitet werden die jungen Sänger vom Salonorchester Alt-Wien. 
Unter den 14 Titeln auf diesem Album finden sich sogar drei Erstein- spielungen: Matrosenpolka, Banditengalopp und For Ever. Die Texte entstanden eigens für die Sängerknaben. Zwei weitere Polkas, Auf Ferienreisen und die bekannte Tritsch Tratsch Polka, wurden bereits für die Neujahrskonzerte 2012 und 2016 mit neuen Texten versehen. Diese Versionen sind auch sicherlich sehr witzig – doch leider versteht man kaum eine Silbe davon. 
Gesungen allerdings wird sehr schön. Besonders gelungen: Der Frühlings- stimmen-Walzer mit dem Knabensopran Robert Mulchrone. Die hellen Stimmen der jungen Sänger kommen wunderbar zur Geltung, und es gelingt Gerald Wirth auch bei rasanten Tempi, jenen runden Chorklang zu formen, wie man ihn von den Wienern gewohnt ist. So eignet sich diese CD als Ergänzung zum Neujahrskonzert – die perfekte Einstimmung auf den Jahreswechsel! 

Sonntag, 30. Dezember 2018

Humperdinck: Hänsel und Gretel (Glyndebourne)

Es muss ein Ereignis gewesen sein, als Robin Ticciati, seit 2014 Musikdirektor der Glyndebourne Festival Opera, dort 2010 eine Inszenierung von Humperdincks Hänsel und Gretel dirigierte. Publikum und Kritiker zeigten sich hingerissen über die Kombination aus Volkslied und Wagner, die der junge Kapellmeister mit viel Charme präsentierte. Auf dieser Doppel-CD ist nun die Aufführung dokumentiert, wobei die Inszenierung wohl gar nicht so niedlich-unschuldig gewesen sein muss. 
Hänsel und Gretel, phantastisch gesungen von Alice Coote und Lydia Teuscher, sind ziemliche Racker. Mutter und Vater, zu erleben sind Irmgard Vilsmayer und William Dazeley, hausen mit den beiden Kindern in einer Bruchbude, wie aus dem Slum, und der Umgangston in dieser Familie ist eher derb. Kein Wunder, dass die knallbunte Supermarkt-Welt dieses Geschwisterpaar schwer beeindruckt – doch hinter all den Leckereien lauert schon die Hexe. Wolfgang Ablinger-Sperrhacke gibt diese als ein Monster mit Riesenbusen und knallpinkem Kostüm, rundum bedrohlich und gefährlich. Das ist eine ziemlich moderne Lesart des traditionellen Weihnachtsmärchens; am deutschen Stadttheater würde man das wohl anders machen. Aber musikalisch ist dieser Mitschnitt wirklich sehr reizvoll. 

Mayr: Psalms from Sacri Concentus 1681 (Challenge Classics)

„Ich komme aus den Bergen und ich liebe steinige Wege!“, schreibt Gunar Letzbor in seinem Geleitwort zu dieser Aufnahme. Als Geiger dürfte er auch mit den Mühen der Ebene ver- traut sein, denn eine Voraussetzung dafür, das Instrument exzellent zu spielen, ist jahrelanges beharrliches Üben – mit viel Geduld, Fortschritten und Rückschlägen. Die Ausbildung eines Sängers verläuft ähnlich; sie beginnt traditionell schon im Kindesalter. „Ich danke dem lieben Gott, dass er in St. Florian ein Sängerknaben-Institut bis zum heutigen Tag hat bestehen lassen“, meint Letzbor. „Wir konnten mit AAA schon von Anfang an mit diesen Knabenstimmen musizieren, ein Privileg!“ 
Auf dieser CD erklingen Psalmkonzerte von Rupert Ignaz Mayr (1646 bis 1712), die Sänger, Solovioline und Basso continuo gleichermaßen fordern. Mayr stammte aus Oberösterreich und erhielt seine musikalische Ausbildung vermutlich in Passau. Als Violinist musizierte er in Freising, Eichstätt, Regensburg und Passau. 1685 ging Mayr nach München, wo er in der kurfürstlichen Hofkapelle musizierte. Der Kurfürst schickte ihn zur weiteren Ausbildung nach Paris zu Jean-Baptiste Lully. Ansonsten orientierte sich die Musik am Münchner Hof aber an italienischen Vorbildern. 
1706 wurde Mayr in Freising zum fürstbischöflichen Hofkapellmeister ernannt. In diesem Amt komponierte er neben Kirchen- und Instrumen- talmusik offenbar auch für das Schultheater. In seinen Werken erinnert er an Zeitgenossen wie Johann Caspar von Kerll, Johann Philipp Krieger oder die österreichischen Musiker um Heinrich Ignaz Franz Biber. 
Diese CD mit Psalmvertonungen zeigt, dass Mayr auch protestantische Einflüsse durchaus nicht ignorierte. Insbesondere das Geistliche Konzert fand er interessant, wie seine äußerst anspruchsvollen Psalmkompo- sitionen aus den Sacri Concentus 1681 belegen. Es singen Fabian Winkelmaier, Knabensopran der St. Florianer Sängerknaben, Alois Mühlbacher, Sopran, ebenfalls ein ehemaliges Mitglied des renommierten Knabenchores, der nun schon seit vielen Jahren erfolgreich von Franz Farnberger geleitet wird, Markus Forster, Alt, Markus Miesenberger, Tenor, und Gerd Kenda, Bass. Ebenso individuell wie die Sänger agieren auch die Musiker von Ars Antiqua Austria und Gunar Letzbor, der die Solo-Violine spielt und das Ensemble leitet. 

Samstag, 29. Dezember 2018

Galanterie - Das Quantz Collegium (K&K)

Von den „historischen“ Kostümen und den albernen Perücken, die diese Musiker tragen, sollte man sich nicht abschrecken lassen. Denn das Quantz Collegium, in den 30er Jahren gegründet von dem Flötisten Ernst Friedrich Wilhelm Bodensohn, musiziert grandios. Das Ensemble lädt seit 1957 jeweils im Sommer zur Konzertreihe Festliche Serenaden in das Schloss Favorite bei Rastatt. 
Seit 1982 ist Jochen Baier der Flötist des Quantz Collegiums, das sich vor allem mit Kammermusik der Barock- zeit und der Klassik beschäftigt. Dabei stehen auch immer wieder Werke von weniger bekannten Komponisten auf dem Programm, die wohl, falls notwendig, sogar mit einigem Aufwand aus Quellen zugänglich gemacht werden. Das dürfte auch für dieses Programm erforderlich gewesen sein, das durchweg mit Entdeckungen begeistert. 
Der vorliegende Konzertmitschnitt ist im Mai 2018 entstanden. Einmal mehr erfassen Josef-Stefan Kindler und Andreas Otto Grimminger die einzigartige Atmosphäre, die das Musizieren im Gartensaal des „Porzellanschlosses“ Favorite prägt. Mit ihrem Label K&K sind sie seit Jahren darauf spezialisiert, herausragende Konzerte möglichst authentisch für die Nachwelt aufzuzeichnen. 
Ein solches Konzert ist auf dieser CD quasi mitzuerleben. Denn was das Quantz Collegium unter dem Stichwort „Galanterie“ zusammengetragen hat, das sind außerordentlich abwechslungsreiche und musikalisch lohnende Raritäten. Neben der Flöte rückt dieses Programm ganz besonders die Bratsche ins Scheinwerferlicht. Sie ist das Solo-Instrument zweier Konzerte von Christoph Graupner (1683 bis 1760) und Georg Philipp Telemann (1681 bis 1767); außerdem erklingen ein Flötenkonzert von Friedrich Wilhelm Heinrich Benda (1745 bis 1814) sowie ein Doppelkonzert für Flöte und Bratsche von Graupner. Und das Quantz Collegium spielt diese Kostbarkeiten derart hinreißend, lebendig und getragen von Musizierlust, dass es rundum eine Freude ist. Unbedingt anhören! 

Arias for Silvio Garghetti - The Habsburg Star Tenor (Pan Classics)

In der Musikaliensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, beim Stöbern in barocken Noten- handschriften, fand Markus Miesen- berger in den Besetzungslisten immer wieder den Namen „Silvio“. 
„In einigen Konzerten und bei Wettbewerben sang ich nun ein paar von Silvios Arien und bemerkte, dass mir dieser Gesangsstil ganz besonders gut gefiel“, berichtet der Tenor im Beiheft zu dieser CD. „Ich wurde neugierig und fragte mich, wer denn dieser Silvio gewesen war.“  Er stellte fest, dass es sich um Silvio Garghetti handelt – einen Sänger, der aus Rimini stammte und von 1702 bis zu seinem Tode 1729 als Tenor an der Wiener Hofkapelle engagiert war. 
Miesenberger stieß auf 28 Opern und Oratorien, in denen der Sänger im Zeitraum von 1705 bis 1718 in Erscheinung getreten ist. Er sang an der Seite der bekannten Virtuosen jener Zeit, und die Hofkomponisten schrieben umfangreiche und anspruchsvolle Partien für ihn. Sogar Kaiser Joseph I. schuf für Silvio Garghetti eine Arie. In einem Zeitalter, in dem die Rollen der Helden eigentlich für hohen Stimmen komponiert und von Kastraten gesungen wurden, will das schon etwas heißen. 
Anhand der Noten, so berichtet Miesenberger, lässt sich zudem die Entwicklung des Sängers vom lyrischen Tenor bis ins dramatische Fach nachvollziehen. „Die Arien wurden so komponiert, dass sie wie Balsam für die Stimme und die Kehle wirken und bei allen technischen Anforderungen ungemein angenehm zu singen sind“, freut sich der Sänger, der auf dieser CD eine Auswahl jener Werke vorstellt, die einst für seinen berühmten Kollegen entstanden sind. 
Die Arien Garghettis liegen Miesenberger in der Tat; stilsicher und mit schönem Timbre zeigt er, dass er der hohen Gesangskunst des einstigen Wiener Startenors durchaus gewachsen ist. Dabei assistiert die Neue Wiener Hofkapelle dem Sänger auf das Beste. 

Freitag, 28. Dezember 2018

Eichner: Four Harp Concertos (cpo)

Auf die Mannheimer Schule ver- weisen die Harfenkonzerte von Ernst Eichner (1740 bis 1777). Der Komponist, der einer Hofmusiker-Dynastie entstammte, wuchs wohl in Arolsen auf und wurde dort auch ausgebildet. Sein Lieblingsinstru- ment war das Fagott, mit dem er als begnadeter Virtuose überall, wo er konzertierte, Aufsehen erregte. 1762 engagierte schließlich der Herzog von Zweibrücken-Birkenfeld den jungen Musiker. 
Mit seinem Dienstherrn reiste Eichner unter anderem nach Paris; allerdings scheint er auch allein des öfteren auf Reisen gegangen zu sein. Der Herzog versuchte, dem Musiker die Extratouren abzugewöhnen; dazu erhöhte er Eichners Salär auf immerhin 600 Gulden, und ernannte ihn zum Konzertmeister. 1772 ließ er den Ausreißer in Frankfurt sogar arretieren. Das zeigte Wirkung, doch anders als gewünscht – noch im gleichen Jahr verließ Eichner Zweibrücken endgültig. 
Der Musiker reiste nach Paris und nach London, und nahm letztendlich eine Stelle am Hof des preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm in Potsdam an. Dort blieb er, bis zu seinem frühen Tod im Alter von gerade einmal 37 Jahren. 
Was für ein Verlust! Zeitgenossen schätzten insbesondere die Sinfonien Eichners. Die Harfenkonzerte des Komponisten hat Silke Aichhorn gemeinsam mit dem Kurpfälzischen Kammerorchester unter Stefan Fraas eingespielt. Sie sind in Zweibrücken entstanden, und wahrscheinlich in Frankfurt erstmals im Konzert erklungen. Für welchen Solisten sie geschrieben worden sind, ist heute nicht mehr herauszubekommen – es muss allerdings ein Virtuose gewesen sein, denn sie sind musikalisch wie technisch sehr anspruchsvoll. 
Silke Aichhorn musiziert dementsprechend brillant; und das Kurpfälzische Kammerorchester schafft quasi den Rahmen, der die Solistin gebührend in den Mittelpunkt rückt, aber selbst auch Farbakzente setzt und glänzt. Komplettiert wird das Hörvergnügen durch zwei weitere Harfenkonzerte, die bis vor kurzem ebenfalls Ernst Eichner zugeschrieben wurden. Sie sollen tatsächlich von einem Jean Théophile Eichner stammen – über den man aber ansonsten gar nichts weiß. Und sie sind denen Ernst Eichners in der Tat verblüffend ähnlich. 

Mittwoch, 26. Dezember 2018

Porpora: Christmas Oratorio (Sony)

Es muss nicht immer das Weihnachtsoratorium von Bach sein. Auf dieser CD präsentiert Sony eine Alternative aus Italien, so ganz anders als das gewohnte Weihnachts- programm: Il Verbo in carne von Nicola Antonio Porpora (1686 bis 1768) wurde 1747 oder 1748 in Neapel uraufgeführt und wohl erst kürzlich vom Kammerorchester Basel wiederentdeckt. Auf dieser CD erklingt eine Art Kurzzusammen- fassung dieses Werkes, das eigentlich mehr als zwei Stunden dauert. 
Es erzählt die Weihnachtsgeschichte mit Hilfe von allegorischen Figuren: Anstelle von Hirten und Engeln treten in diesem Oratorium Giustizia, Pace und Verità auf, gesungen von Rober- ta Invernizzi, Terry Wey und Martin Vanberg. So diskutieren im ersten Teil des Oratoriums Frieden und Gerechtigkeit über die menschliche Gesellschaft, die doch recht schlecht funktioniert – trotz aller Bibelworte, die eigentlich anderes vorhersagen. 
Mit Blick auf die Krippe beschließen die beiden dann, hinabzusteigen, und die Verhältnisse zu verbessern. Im zweiten Teil erfahren sie von der Wahrheit, wie das neugeborene Kind aufgenommen wird. Nach einer wunderbaren Arie, in der der Friede beschreibt, wie das Kind weint, beschließen Gerechtigkeit und Frieden, sich zu küssen, und gemeinsam mit der Wahrheit dafür einzutreten, dass das, was das Kind den Menschen verheißt, Wirklichkeit wird. 
Verpackt ist diese Handlung in sehr viel schöne Musik; nicht umsonst war Porpora einer der besten Gesangslehrer jener Zeit – und ein gefragter Opernkomponist. So ist Il Verbo in carne ausgesprochen kunstvoll gestaltet, und noch immer hörenswert. Dem Kammerorchester Basel unter der Leitung von Riccardo Minasi gelingt hier wirklich eine Wiederent- deckung; allerdings wäre es schön, wenn man dieses Meisterwerk der neapolitanischen Schule bald auch komplett anhören könnte. 

100 Years of Nine Lessons & Carols (King's College)

In vielen Ländern der Erde sitzen die Menschen alljährlich vor dem Radio, wenn die BBC live aus der Kapelle des King’s College in Cambridge die Nine Lessons and Carols überträgt. Seit nunmehr hundert Jahren gestaltet der Choir of King’s College diesen ganz besonderen Weihnachts- gottesdienst, der selbst auf einer noch älteren Tradition aufbaut. 
Denn Eric Milner-White, der diese Veranstaltungen einst begründet hat, griff dabei auf neun Lesungen zurück, die im Jahre 1880 ein Bischof nach mittelalterlichem Vorbild ausgewählt hatte, um Weihnachten in einem hölzernen Provisorium zu feiern, weil die Kathedrale noch eine Baustelle war. Die Texte wurden von den Mitarbeitern der Gemeinde gelesen, wobei der jüngste Chorknabe begann und der Bischof selbst den letzten Text vortrug. 
Nach diesem Muster wird noch heute in Cambridge gefeiert; Lesungen und Weihnachtslieder, die sogenannten Carols, wechseln sich ab. Seit 1928 sendet die BBC live und hat so den Nine Lessons and Carols rund um den Erdball zu enormer Popularität verholfen. Und zum Jubiläum präsen- tiert The Choir of King’s College nun auf einer Doppel-CD musikalische Höhepunkte aus der hundertjährigen Geschichte dieser weihnachtlichen Institution. 
Auf der ersten CD sind historische Aufnahmen aus den Gottesdiensten der Jahre 1958 bis 2017 zu hören. Dabei wird der Chor von David Willcocks, Philip Ledger und Stephen Cleobury dirigiert, den drei Chorleitern, die in diesem Zeitraum tätig waren. Auf der zweiten CD ist der heutige Chor mit einer Reihe von traditionellen und neuen Weihnachtsliedern zu erleben, wobei letztere zum Teil eigens für den Chor geschrieben worden sind. Und zum Abschluss erklingt natürlich das traditionelle Hark! The herald angels sing von Felix Mendelssohn-Bartholdy.  

Sonntag, 23. Dezember 2018

Gospel Christmas (Pentatone)

Da wir gerade bei regionalen Traditionen waren – hier gibt es satten Sound zur Weihnacht! Leidenschaft statt Besinnlichkeit, heiße Rhythmen statt beschauliche Klänge bietet dieses Album, das man unmöglich unbewegt anhören kann. Seit 20 Jahren lädt der Northwest Community Gospel Chorus gemeinsam mit The Oregon Symphony alljährlich zum Gospel Christmas. 
Diese wuchtige Woge von Lobpreis reißt einen auch am Lautsprecher vom Hocker. Was für Stimmen! Und was für Arrangements! Der Live-Mitschnitt aus Portland bringt jede Menge Weihnachtsfreude und Lebenslust zu uns, und natürlich jene ganz spezielle Spiritualität, wie man sie in amerikanischen Kirchen erleben kann. Selbst Händels Messias beginnt da zu tanzen. Great! 

Donnerstag, 20. Dezember 2018

Cantique de Noel (Delphian)

Französische Weihnachtslieder, gesungen von einem britischen Chor, sind auf dieser CD zu hören. Der Choir of Gonville & Caius College, Cambridge, wird von Geoffrey Webber geleitet. Er ist klein, aber gut bei Stimme, und auch die Soli werden von den Chorsängern überwiegend sehr ordentlich gesungen. 
Die Franzosen schätzen Traditionen: Es fällt auf, dass die Lieder und Chorsätze von erstklassigen Komponisten stammen. Die Liste ist lang und illuster, und sie reicht von Adolphe Adam über Gabriel Fauré und Claude Debussy bis hin zu Camille Saint-Saëns. Entsprechend klangvoll ist die Musik, und der Chor wird durch Michael How und Luke Fitzgerald, Orgel, sowie durch Ursula Perks am Klavier gekonnt begleitet.

Christmas Card Carols (Divine Art)

„I have always liked Christmas Carols (..) and I have been composing them (or rather trying to) since my early teens“, schreibt JohnTurner. „For many years our Christmas Cards were designed by my good friend the composer and artist Thomas Pitfield, but after his old age and infirmity brought that sequence to an end I thought I would send a specially composed carol each Christmas to my friends.“ 
Im Laufe der Jahre kam da einiges zusammen; und auf dieser CD sind diese „Weihnachtskarten-Lieder“ nun zu hören, vorgetragen vom Ensemble Intimate Voices unter Leitung von Christopher Stokes. Es sind zumeist mittelalterliche Texte, die John Turner inspirierten. Doch auch bekannte Lieder, wie Away in a Manger, hat er mit ausgewählt. Es singen Philippa Hyde, Eleanor Gregory und Sasha Johnson Manning, Sopran, Joyee Tindsley, Alt, Matthew Minter, Tenor und James Berry, Bass. Die Vokalisten werden begleitet durch Richard Simpson, Oboe, John Turner, Blockflöte, und Anna Christensen, Harfe. 

Bach: Weihnachtsoratorium (Naxos)

Jauchzet, frohlocket! Ralf Otto beweist mit dieser Einspielung, dass auch bei Johann Sebastian Bachs vielgespieltem Weihnachtsoratorium durchaus noch Entdeckungen möglich sind. Das gilt insbesondere für den Instrumentalpart, der vom Bachorchester Mainz großartig vorgetragen wird. Die Musik wird nicht nur faszinierend gestisch und lebendig interpretiert, sondern vor allem auch derart sauber strukturiert, dass beim Zuhören immer wieder Be- geisterung ausbricht: So viele Details waren wohl noch nie zu hören. 
Der Bachchor Mainz singt ebenfalls hervorragend. Die Chöre erklingen flott, aber immer exakt und nie verwischt, und die Choräle werden eindringlich-andächtig gesungen. Das Solistenquartett ist mit Julia Kleiter, Katharina Magiera, Georg Poplutz und Thomas E. Bauer opulent besetzt, wobei mir Poplutz als Evangelist besser gefällt als in den Arien. Aber Ralf Otto gelingt doch tatsächlich das Kunststück, das Duett Herr, dein Mitleid von einer nervigen Pflichtübung (Kirchen können ziemlich kalt sein!) zu dem zentralen Stück den Oratoriums zu machen. Exzellent! 

Dienstag, 18. Dezember 2018

Krebs: Complete Organ Music (Brilliant Classics)

Johann Ludwig Krebs (1713 bis 1780) war ein Schüler von Johann Sebastian Bach, der den begabten jungen Mann sehr schätzte. Der Lebensweg des Organisten ist in diesem Blog an anderer Stelle ausführlich nachzulesen. 
Für die Moden seiner Zeit hatte Krebs nicht viel übrig. Obwohl selbst Bachs Söhne ihre Werke am sogenannten empfindsamen Stil ausrichteten, orientierte er sich zeitlebens am Kontrapunkt und an norddeutschen Traditionen. Wie beeindruckend Krebs' Werke sind, das zeigt ihre Gesamtaufnahme, die Manuel Tomadin nun bei Brilliant Classics auf insgesamt sieben CD veröffentlicht hat. 
Der italienische Organist nutzte dafür nicht die Trost-Orgel in der Altenburger Schlosskirche, die Krebs ab 1755 gespielt hat. Tomadin entschied sich für die Arp-Schnitger-Orgel Noordbroek, die F.C. Schnitger- und H.H. Freytag-Orgel der Petruskerk in Zuidbroek und die Gottfried-Silbermann-Orgel der Petrikirche im sächsischen Freiberg. Außerdem erklingt ein Instrument, das der italienische Orgelbauer Giovanni Pradella 2007 im Valle di Colorina errichtet hat, wobei er historische Handwerks- techniken nutzte. Diese Orgel wählte Tomadin für die Clavier-Übung

Am Weihnachtsbaum (Sony)

Noch einmal weihnachtliche Musik aus Dresden, diesmal allerdings in einer ganz neuen Einspielung: Tra- ditionelle und moderne Weihnachts- lieder sowie Orgelmusik bietet diese CD mit dem Philharmonischen Kinderchor Dresden. 
Dieses Ensemble wurde 1967 auf Anregung von Kurt Masur, dem damaligen Chefdirigenten der Dresdner Philharmonie, gegründet. In dem Chor engagieren sich um die 140 Kinder und Jugendliche, die dort auch kontinuierlich professionell musikalisch betreut und ausgebildet werden. Das Ensemble, das heute von Gunter Berger geleitet wird, arbeitet eng mit der Dresdner Philharmonie zusammen. 
So gehört das traditionelle Weihnachtskonzert des Chors im Kulturpalast Dresden ohne Zweifel zu den Höhepunkten der Weihnachtszeit. Die jungen Chorsänger tragen ihre Lieder blitzsauber und versiert in altver- trauten wie in zeitgenössischen Chorsätzen teils a cappella, teilweise gemeinsam mit Mitgliedern der Dresdner Philharmonie oder mit Orgel- begleitung vor. 
Die neue Eule-Orgel im Kulturpalast Dresden ist auf dieser CD auch im Solo zu hören. Das Konzertinstrument, das 67 Register auf vier Manualen und Pedal aufweist, bietet dem Organisten eine breite Auswahl an Klang- farben aus verschiedenen Orgeltraditionen. Denny Wilke, Stadtorganist der Marienkirche zu Mühlhausen, nutzt diese Möglichkeiten, um auch französische Orgelmusik mit ins Programm zu integrieren. 

Dresdner Weihnacht (Rondeau)

Zur „Dresdner Weihnacht“ lädt das Leipziger Label Rondeau Production. In den Archiven fand sich dazu einiges, was dem Ohr schmeichelt, aber zur Kaufhausbeschallung eher nicht geeignet ist. Gleich zu Beginn erklingt beispielsweise Vom Himmel hoch, da komm ich her in der Version von Felix Mendelssohn Bartholdy, gesungen vom Dresdner Kreuzchor unter der Leitung von Martin Flämig, begleitet durch die Dresdner Philhar- moniker. In der weihnachtlichen Kollektion finden sich auch Aufnahmen mit dem Kammerchor der Frauenkirche Dresden, geleitet von Frauenkirchenkantor Matthias Grünert, mitunter gemeinsam mit dem Reußischen Kammerorchester. Das Ensemble Semper Brass setzt im Programm zahlreiche Blechbläser-Glanz- punkte. Und auch die Sächsische Staatskapelle unter der Leitung von Hans Vonk trägt mit Tschaikowskis Blumenwalzer zur heiteren Adventsstimmung bei.

Montag, 17. Dezember 2018

Stille Nacht, Heilige Nacht (Berlin Classics)

Chor- und Sologesang, Posaunen, Hörner, Klarinetten und Oboen, Geigen und Flöten, Pauken und Trompeten bietet diese CD, die Ludwig Güttler eigens zusammen- gestellt hat, um den 200. Geburts- tag des Liedes Stille Nacht, heilige Nacht zu würdigen. 
Dabei ging es in dem kleinen öster- reichischen Dorf, in dem das wohl bekannteste Weihnachtslied der Welt entstanden ist, einst eher bescheiden zu. Berichtet wird, dass es bei einer Christmette 1818 in Ort Oberndorf bei Salzburg zum ersten Mal gesungen wurde, erdacht von Franz Xaver Gruber, der in jenen Jahren dort die Orgel spielte, und dem Hilfspriester Joseph Mohr. Allerdings haben die beiden Herren es im Duett zur Gitarre vorgetragen, weil die Orgel nicht funktionierte, und kein Geld für eine Reparatur da war. 
Ludwig Güttler kennt und liebt das Lied von frühester Kindheit an: „Es ist eines der ersten Weihnachtslieder, die ich selbst auf der Ziehharmonika spielte. Die hatte ich nach meinem fünften Geburtstag zu Weihnachten geschenkt bekommen“, erinnert sich der Trompeter, der dieses Jahr seinen 75. Geburtstag gefeiert hat. 
Mit dieser CD beleuchtet Güttler den musikalischen Hintergrund, aus dem Stille Nacht, heilige Nacht damals hervorgegangen ist. Neben einer Auswahl aus dem Bestand finden sich auf dem Album auch noch nicht veröffentlichte Aufnahmen. So hat Güttler Stille Nacht, heilige Nacht für sein Blechbläserensemble arrangiert, und mit seinen Musikerkollegen kürzlich im Sommer im österreichischen Zwettl eingespielt. Die Bläserversion beginnt mit einem Waldhorn-Solo, doch jede der sechs Strophen wird anders wiedergegeben. So wechseln Klangfarben, und die vielfältigen Möglichkeiten des Blechbläserensembles werden erfahrbar. 
Ganz am Ende steht ein Spiel mit dem Echo und dem Verklingen – entsprechend den Assoziationen, die Güttler mit dem Lied verbindet: „Ich denke an eine klare, verschneite Nacht mit Mondschein“, schreibt der Musiker, „an eine unter dem Schnee beruhigte Welt der Stille.“ Doch bevor es soweit ist, erklingt erst einmal jede Menge Musik zur Weihnachtszeit, festlicher Bläserglanz inklusive. 

Un Nino nos es nascido (Deutsche Harmonia Mundi)

Überwiegend fröhlich und beschwingt geht es zu auf dieser CD mit spanischer Weihnachtsmusik. Die Entdeckungsreise beginnt mit eher besinnlicher geistlicher Vokalmusik von Komponisten wie Tomás Luis de Victoria (1548 bis 1611), Antonio de Cabezón (1510 bis 1566) oder Cristóbal de Morales (um 1500 bis 1553). Doch sie führt dann nach Lateinamerika, und wird deutlich temperamentvoller. 
Das Ensemble Phoenix aus München ergänzt den Gesang, wo es angebracht ist, durch die Klänge von Vihuela, Viola da gamba, Flöte, spanischer Harfe und diverse Schlag- und Effektinstrumente. Auch reine Instrumentalwerke sind zu hören. 
Der Initiator dieses Projektes, Bassbariton Joel Frederiksen, hat eine ganz besondere Beziehung zur Musik Lateinamerikas. Denn er ist zwar in den Vereinigten Staaten aufgewachsen, aber mit einer Kolumbianerin verheiratet. „This CD program should evoke the true spirit of Christmas“, schreibt Frederiksen im Beiheft, „universal and not confined to one religion alone: A celebration of hope through the renewal of life. I wish you a Christmas season blessed by the star and illuminated by light, and hope that our music can offer you moments of profundity, contemplation, and joy.“ 

A German Christmas (Naxos)

Ins 17. Jahrhundert führt uns diese CD: Das Margaretha Consort, ein niederländisches Ensemble, das auf auf Klänge aus Renaissance und Frühbarock spezialisiert ist, präsentiert unter der Leitung seiner Gründerin Marit Broekroelofs Advents- und Weihnachtsmusik, wie sie damals in einer größeren Stadt erklungen sein könnte. 
Aufwendige Figuralmusik, Gemeindegesang, Instrumentenspiel und Orgelklang – Solisten, Chor, Gottesdienstbesucher, Kantor, Organist und Stadtmusikanten, jeder trug dazu bei, festlichen Glanz zu verbreiten. Diese besondere Atmosphäre vermittelt auch die CD. Meine Empfehlung! 

Sonntag, 16. Dezember 2018

Haas: Christnacht (Tyxart)

Was tun, wenn die Weihnachtszeit naht, und der örtliche Chor zwar engagiert, aber nicht brillant singt? Die bekannten Großwerke, wie Bachs Weihnachtsoratorium, sollte man in diesem Falle besser meiden – doch wo finden sich Alternativen, die das Publikum ebenso erfreuen und erbauen? 
Einen Mangel an „abendfüllender Weihnachtsmusik, die den ,hohen Stil' meidet und doch künstlerische Haltung hat“, beklagte schon Joseph Haas (1879 bis 1960), Schüler Max Regers und Mitbegründer der Donaueschinger internationalen Kammermusikfeste für Neue Musik. Und so schuf der Münchner Professor, inspiriert durch die Krippensammlung des bayerischen Nationalmuseums sowie durch Krippenlieder aus Oberbayern und dem Tirol, das Weihnachtsliederspiel Christnacht op. 85. 
„Das süddeutsche Krippenspiel sollte in meinem Werke triumphieren, nicht mein Kunstverstand“, schrieb der Komponist damals. „Dem gemäß durften die Melodien auch keine Prunkgewänder tragen. Die altbayeri- sche Krippe kennt auch nur geigende, flötende, schalmeienspielende, horntutende und harfenleiernde Englein als Musikanten.“ 
Das Schalmeienspielen, Horntuten, Geigen und Flöten übernimmt bei dieser Aufnahme die Orgel. Norbert Düchtel hat im Interesse der Aufführbarkeit eine Fassung ohne Orchester erstellt, und spielt den Orgelpart auch selbst. Das ist in diesem Falle eine ebenso farbenreiche wie humorvolle Angelegenheit – man lausche  nur der Herbergsuche von Maria und Joseph in Bethlehem. Auch die Debatten der Hirten sind köstlich anzuhören. 
Der Chor Cantica Nova Holzkirchen unter Leitung von Katrin Wende-Ehmer gestaltet die vielen kleinen Details und Facetten dieses Weih- nachtsliederspieles mit Sorgfalt und sehr viel Liebe. Haas' Komposition erweist sich als ein ausdrucksstarkes und sehr charmantes Werk, das die poetische Kraft der derben, kantigen Texte wunderbar zur Geltung bringt. Was für ein Hörvergnügen! 

Samstag, 15. Dezember 2018

Barber: Organ Works (MDG)

„I was meant to be a composer, and will be I'm sure. I'll ask you one more thing. – Don't ask me to try to forget this unpleasant thing and go play football“, das schrieb Samuel Barber (1910 bis 1981) an seine Mutter, als er neun Jahre alt war. Und wie so viele Komponisten, begann auch Barber seine Laufbahn an der Orgel. 
Seine Neigung für dieses Instrument blieb bestehen; obgleich Orgelmusik nur einen kleinen Anteil an seinem Schaffen hat, erscheinen diese Stücke dennoch besonders interessant, weil sie über einen langen Zeitraum entstanden sind. Auf dieser CD spielt Rudolf Innig Barbers Orgelstücke in chronologischer Reihenfolge, und so kann man daran die Entwicklung des Komponisten quasi von den Kinderschuhen an verfolgen. Dabei enthält diese CD sogar einige frühe Werke, die in der aktuellen Notenedition fehlen; sie sind hier in Ersteinspielung zu hören. 
In seinem ersten Orgelstück To Longwood Gardens hatte der 15jährige Samuel Barber einst einen Spaziergang durch einen botanischen Garten in Klänge gesetzt. Es war sein Dank an das Industriellenpaar DuPont für die vielen Konzerte, die Barber dort besuchen durfte. 
Die nächsten Werke schrieb Barber im Rahmen seines Studiums am Curtis Institute of Music. So spiegeln die drei Choralvorspiele oder Präludium und Fuge h-Moll die Auseinandersetzung des jungen Musikers mit dem Schaffen Johann Sebastian Bachs – allerdings auf höchst originelle Weise; eine Imitation des großen Vorbildes ist das nicht. 
Auch sonst geht Barber ganz eigene Wege. So wählte er für sein letztes Orgelwerk, ein Choralvorspiel zu dem auch in Amerika überaus populären Lied Stille Nacht, heilige Nacht, einen 7/8-Takt, nebst einer recht eigenwilligen Harmonik. Insgesamt erweist sich die Orgelmusik des Komponisten als unglaublich raffiniert und abwechslungsreich. Und mit der Schuke-Orgel der Detmolder Heilig-Kreuz-Kirche hat Rudolf Innig auch ein Instrument für diese Einspielung gewählt, das exzellent zu Barbers Musik passt. Und bei dem Label Dabringhaus und Grimm kann man sich obendrein auf die herausragende technische Qualität der Aufnahme verlassen. Unbedingt anhören, es lohnt sich! 

Donnerstag, 13. Dezember 2018

Christmas on Sugarloaf Mountain (Avie)

Erneut widmet sich das Ensemble Apollo's Fire der Musik amerika- nischer Einwanderer: Mit Geigen, Flöten, Harfe, Hackbrett und Dudelsack, singend und tanzend feierten Siedler aus Schottland und Irland in der neuen Heimat die vertrauten Feste – und zu Weihnachten erinnerte man sich auch in den Appalachen gern an die alten Traditionen. 
Man sollte nicht vergessen, dass Europäer einst zu Tausenden die gefährliche Reise in die Neue Welt wagten, um Hunger, Not und Unterdrückung zu entrinnen. Die Sänger und Musiker um Jeanette Sorrell haben Melodien zusammengetragen, wie sie von den Einwanderern gespielt und gesungen wurden. Wenn die Reels und Carols erklingen, dann erinnert uns dies an diese Menschen und an ihren Aufbruchswillen und Gründergeist. Abgesehen davon ist „Christmas on Sugarloaf Mountain“ ein wunderbares Album für Freunde keltischer Klänge! 

Mittwoch, 12. Dezember 2018

Stille und Nacht (Oehms Classics)

Ein Nachtrag sei gestattet aus dem vergangenen Jahr: Der Salzburger Bariton Rafael Fingerlos, aufge- wachsen in der Stille-Nacht-Gemeinde Mariapfarr im Lungau, und sein Klavierpartner Sascha El Mouissi haben ein ausgesprochen originelles Programm rings um die Begriffe „Stille“ und „Nacht“ zusammengestellt. Es erklingen Lieder von Robert Fürstenthal, Richard Strauss, dem Ehepaar Schumann, Johannes Brahms, Carl Bohm und Franz Schubert – wobei es eher die weniger populären Werke sind, die Fingerlos und El Mouissi ausgewählt haben. 
Dabei ist ihnen sogar eine Weltersteinspielung gelungen – Rudolf Polsterers Lied Die Zeit steht still markiert die Schwelle vom ziemlich weltlichen ersten Teil zum Schlusssegment, das dann mit den Vater-unser-Liedern von Peter Cornelius und dem bekannten Die Könige aus den Weihnachtsliedern des Komponisten ins geistliche Repertoire wechselt. 
Klarer Höhepunkt der CD: Das nunmehr 200 Jahre alte Lied Stille Nacht von Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber, in Originalfassung für zwei Männerstimmen und Gitarre. Sie wird gespielt von David Bader, und Tenor Bernhard Berchtold singt gemeinsam mit Rafael Fingerlos die heimliche Weihnachtshymne Österreichs mit allen sechs Strophen – hinreißend, anrührend, ganz schlicht. 

Dienstag, 11. Dezember 2018

Meridiane Nord - Sjaella (Raumklang)

„Nord“ heißt das neue Album von Sjaella, das soeben bei dem Label Raumklang erschienen ist. Es ist zugleich die erste CD der Serie Meridiane, mit der das A-cappella-Ensemble internationale Folklore und Weltmusik aus den unter- schiedlichsten Regionen erkunden will. 
„Der Norden Europas ist nicht nur wegen unseres Ensemble-Namens ein passender Startpunkt für dieses Projekt“, schreibt Sopranistin Franziska Eberhardt im Beiheft. „Vor allem die skandinavische Chortradition hält uns seit vielen Jahren in ihrem Bann. Die dort beheimateten Ensembles haben unseren Klang geprägt und Interesse an ihrem vielfältigen Liedgut geweckt. Die musikalische Schlichtheit der Lieder, ihre kantablen Melodien mitsamt der kunstvollen Verzierungen und nicht zuletzt die vielen klangvollen und mystisch anmutenden Sprachen haben uns gereizt und die wichtigsten Impulse zu unserer Expedition durch Skandinavien, Großbritannien und Irland gesetzt.“ 
Die jungen Sängerinnen von Sjaella haben dafür ein ebenso anspruchs- volles wie klangschönes Programm zusammengestellt. Die Lieder erklingen in den originalen Sprachen und in modernen Arrangements, die das Sextett aus Leipzig oftmals sogar selbst geschrieben hat. Gesungen wird professionell, farbenreich und beseelt. Als Gäste wirken mit Peter Alexander Bauer, Percussion, und Barnabas Herrmann, Thin Whistle. Und auch musikalisch bietet die CD viel Abwechslung. Sehr gelungen! 

Der Nussknacker und die vier Reiche (Sony)

Die Geschichte von Nussknacker und Mausekönig, erdacht einst von dem Schriftsteller E.T.A. Hoffmann, gehört seit Jahrzehnten zur Vorweihnachtszeit. Ob als Ballett, mit der unsterblichen Musik Pjotr IljitschTschaikowskis, oder als Trickfilm – alle Kinder kennen und lieben die Geschichte um die kleine Marie, ihren Paten Drosselmeier und den etwas lädierten Nussknacker, der dennoch die Spielzeugsoldaten wacker in die Schlacht gegen das Heer der Mäuse führt. 
Nun hat Disney eine Spielfilmversion ins Kino gebracht: Der Nussknacker und die vier Reiche, inspiriert durch Märchen und Ballett, nimmt Groß und Klein mit auf eine abenteuerliche Reise ins Reich der Fantasie. Und diese CD beweist: Ebenso opulent wie Inszenierung und Ausstattung ist die Filmmusik von James Newton Howard. Natürlich wird der Kenner zahlreiche Themen von Tschaikowski erkennen. Doch der Rest ist Hollywood pur – zelebriert von Stars wie Lang Lang am Klavier, und Gustavo Dudamel, der das Philharmonia Orchestra dirigiert. Das Duett Fall on me singt Tenor Andrea Bocelli gemeinsam mit seinem Sohn Matteo; das Video dazu wurde innerhalb weniger Tage Tage nach Erscheinen auf Youtube Ende September 2018 bereits über elf Millionen Mal geklickt. 

"Das neugeborne Kindelein" (Accent)

Barocken Festtagsglanz verbreitet diese CD mit Werken von drei bekannten Komponisten: Dieterich Buxtehude, Johann Sebastian Bach und Georg Philipp Telemann schufen jeweils eine große Anzahl von Kantaten – und für das Weihnachts- fest offenbar besonders exquisite. 
Im Mittelpunkt dieser Aufnahme steht Bachs Choralkantate Ich freue mich in dir BWV 133. Sie wird von dem Ensemble La Petite Bande um Sigiswald Kuijken in durchweg solistischer Besetzung präsentiert: Es singen Anna Gschwend, Sopran, Lucia Napoli, Alt, Søren Richter, Tenor und Christian Wagner, Bass. 
Gefasst ist dieses musikalische Juwel, quasi als kleine Schwester der viel gespielten Kantaten des Weihnachtsoratoriums, in zwei Kompositionen Telemanns. Für Frankfurt/Main entstanden ist wohl um 1720 die Missa sopra Ein Kindelein so löbelich, sehr strikt polyphon gestaltet im stile antico. Die Kantate O Jesu Christ, dein Kripplein ist mein Paradies hingegen, aus dem Jahre 1748, schrieb Telemann ganz modern; hier zeigt sich der Komponist flott und sehr fröhlich, fast wie in einer italienischen Oper der damaligen Zeit. 
Den Rahmen bilden zwei Werke Buxtehudes: Die Kantate Das neugeborne Kindelein BuxWV 13 beeindruckt durch Innigkeit, und die Choralkantate In dulci jubilo BuxWV 52 gibt dann mit ihrer freudig-erregten letzten Strophe auch den Instrumentalisten noch einmal Gelegenheit, so recht in Weihnachtsjubel auszubrechen. Himmlisch! 

Feliz Navidad - Rolando Villazon (Deutsche Grammophon)

Spanisch, Französisch, Deutsch, Englisch und Italienisch – in allen Sprachen, die er selbst fließend spricht, singt Rolando Villazón auf dieser CD Weihnachtslieder. Das war für ihn eine Herzensangelegenheit: „Sobald im Winter der Weihnachts- baum in unserem Haus steht und wir als Familie zusammen sind, hören wir Weihnachtsmusik. Das hat bei uns Tradition“, erläutert der populäre Tenor. „Nun sind meine Kinder mittlerweile älter und mir ist bewusst geworden, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis sie nicht mehr zu Hause wohnen werden. Deshalb wollte ich selbst Weihnachtslieder aufnehmen – als Musik für meine Kinder und für alle anderen Menschen.“ 
Feliz Navidad ist zugleich eine kleine Reise durch unterschiedliche Weihnachtskulturen. Man spürt, dass Villazón, als französischer Sänger, der aus Mexiko stammt, dieses Fest ganz besonders schätzt. „Je mehr wir Weihnachten aufbauschen, Luxus anhäufen oder zu Weihnachten in erster Linie in die Shoppingmalls strömen, desto mehr entfernen wir uns von der eigentlichen Botschaft des Festes“, unterstreicht der Sänger. Und so singt er für uns die alten Lieder, begleitet von James Hayto, Gitarre, Chris Pearson, Bassgitarre, Sam Vincent, Kontrabass, Darran Muller, Schlagzeug, den Apollo Voices sowie dem Slovak National Symphony Orchestra unter Leitung von Allan Wilson. Entstanden ist diese Produktion mit hohem Aufwand und in gut einem halben Dutzend Studios. 
Für die deutschen Fans besonders attraktiv: Stille Nacht, heilige Nacht – jener Weihnachtshit, der vor nunmehr 200 Jahren am Heiligabend in Oberndorf bei Salzburg von einem Dorfschullehrer, der zugleich die Orgel spielte, und einem Hilfspfarrer erdacht und zur Gitarre gesungen wurde, weil die Not groß und das dortige Orgelchen kaputt war. Und vielleicht auch Leise rieselt der Schnee, das Villazón gemeinsam mit Popsänger Sasha vorträgt. 

Donnerstag, 6. Dezember 2018

One Byrde in Hande (Linn)

Überwältigend schön ist auch diese CD mit Cembalomusik des britischen Komponisten William Byrd (vermutlich 1543 bis 1623). Nicht umsonst gilt er als ein bedeutender Musiker der Insel zu Zeiten William Shakespeares. 
Byrd wirkte ebenso wie Thomas Tallis als Organist an der Chapel Royal in London; zu seinen Schülern zählen Thomas Tomkins und Thomas Morley. Auch wenn er vor allem durch seine Chorwerke bis zum heutigen Tage bekannt und geschätzt ist, so zeigt sich gerade in den oft sehr kurzen Stücken, die er für das Tasteninstrument schuf, wie originell und innovativ Byrd dachte. 
Richard Egarr, Klassikfreunden bislang vor allem als Dirigent präsent, hat sich dieser musikalischen Schätze angenommen. Er spielt Byrds Werke mit großer Sorgfalt und auch mit sehr viel britischem Humor – und erweist sich dabei, ganz nebenbei, als ein brillanter Cembalist. Eine der schönsten Einspielungen dieses Jahres! 

Joy to the World (BR Klassik)

Einen ganz besonderen Weihnachtszauber verbreitet diese CD, die der Chor des Bayerischen Rundfunks eingespielt hat. Das Programm kombiniert traditionelle Weihnachtslieder, auch aus Polen, Griechenland oder Frankreich, ebenso liebevoll wie aufwendig mit klassischem Repertoire. 
Die meisten Arrangements hat Chorleiter Howard Arman selbst geschrieben. Dabei hat er die bekannten Melodien oftmals kunstvoll bearbeitet und in eine ebenso üppige wie effektvolle Begleitung eingebettet. Das Münchner Rundfunkorchester sorgt für vorweihnachtlichen Glanz, und ist den Chorsängern sowie der Solistin, Sopranistin Chen Reiss, ein zuverlässiger Partner. So wird auf dieser CD hinreißend schön gesungen und musiziert – eine Aufnahme, die man Klassikfreunden mit gutem Gewissen unter den Weihnachtsbaum legen kann. 

Mittwoch, 5. Dezember 2018

Lyambiko - My Favorite Christmas Songs (OKeh/Sony)

Ihre Lieblings-Weihnachtslieder präsentiert Lyambiko auf dieser CD. Lässig begleitet von Svetoslav Karparov, Klavier, Hannah Weber, Violoncello, Thomas Brendgens-Mönkemeyer, Gitarre und Robin Draganic am Bass, erklingen Klassiker wie The First Noel, Winter Wonderland oder Silent Night, dazu White Christmas von Bing Crosby, Driving Home for Christmas von Chris Rea, und natürlich das unvermeidliche Last Christmas von Wham! 
„Sie besitzt die Dramatik einer Billie Holiday, die Erotik einer Julie London und die Schärfe einer Nina Simone“, schrieb der Boston Globe über die Jazzsängerin. Egal, ob Mariah Careys Superhit All I Want for Christmas oder Ella Fitzgeralds Have Yourself a Merry Little Christmas – Lyambiko findet für jeden Song den passenden Ausdruck; mal elegant, mal elegisch, dann wieder flott und ab und zu auch ein wenig keck. 

Dienstag, 4. Dezember 2018

Peter Schreier singt Weihnachtslieder (Berlin Classics)


Eine Legende ist zurück: „Peter Schreier singt Weihnachtslieder“, eine Schallplatte aus dem Jahre 1975, gehörte seinerzeit im Osten wie im Westen zum Fest, ähnlich wie Weih- nachtsbaum und Weihnachtsbraten. In ihrer Liebe zu den traditionellen Weihnachtsliedern waren sich die Menschen in DDR und BRD damals einig. 
Und auf beiden Seiten der Mauer wurde das unverkennbare Timbre des berühmten Tenors geschätzt, der auf dieser CD von der Staatskapelle Dresden begleitet wird und gemeinsam mit dem Thomanerchor Leipzig singt. Nach aufwendiger Restaurierung der Original-Tonbänder ist nun die legendäre Einspielung erstmals auf CD erhältlich. Von Kommet, ihr Hirten über Leise rieselt der Schnee bis O du fröhliche reicht das festliche Programm. 

German Cantatas (Audax)

Die alten deutschen Kantaten sind derzeit offenbar groß in Mode. Nun hat auch Johannes Pramsohler mit seinem Ensemble Diderot eine Auswahl dieser beeindruckenden Werke eingespielt, wobei der Geiger natürlich vor allem auch Kantaten mit virtuoser Solovioline herausgesucht hat. 
Und mit der Tenorkantate Ich will in aller Not auf meinen Jesum schauen von Daniel Eberlin (1647 bis nach 1692) enthält diese CD sogar eine Weltersteinspielung – was erstaunt, denn dieses Opus bietet, urteilte Hans Joachim Moser, Herausgeber der Neuedition in der Reihe Das Erbe deutscher Musik, das anspruchsvollste Violinsolo jener Zeit überhaupt. Eberlin wirkte einige Jahre als Kapell- meister in Eisenach und in Kassel. 
In Eisenach musizierten seinerzeit auch der Geiger Johann Ambrosius Bach, der Vater von Johann Sebastian, sowie Johann Pachelbel (1653 bis 1706), auf dieser CD vertreten mit den Kantaten Christ ist erstanden und Ach Herr, wie ist meiner Feinde soviel. Johann Ambrosius' Schwager Johann Christoph Bach (1642 bis 1703) war Organist in Eisenach, und spielte zudem als Cembalist in der Hofkapelle. Von ihm sind einige Kompositionen überliefert; auf dieser CD erklingen Wie bist du denn, o Gott, in Zorn auf mich entbrannt und Ach dass ich Wassers gnug hätte, zwei effektvolle Lamenti. 
Komplettiert wird diese Kollektion protestantischer Kantaten durch das höchst anspruchsvolle Concerto Mein Hertz ist bereit von Nicolaus Bruhns (1665 bis 1697). Er stammte aus einer schleswig-holsteinischen Musiker- dynastie, war ein Schüler Buxtehudes und wirkte in Husum; leider starb er sehr jung. Bruhns muss ein exzellenter Organist ebenso wie ein heraus- ragender Geiger gewesen sein. Und der Bassist, für den er komponierte, war ebenfalls ein erstklassiger Sänger; wer Bruhns' Werke singen will, dem jedenfalls wird einiges abverlangt. 
Nahuel Di Pierro singt mit einem wohlklingenden, samtigen und vor allem auch tiefen Bass. Zu hören sind außerdem die kanadische Mezzosoprani- stin Andrea Hill, der spanische Tenor Jorge Navarro Purves und der britische Bariton Christopher Purves. Bei dieser Einspielung zeigt sich allerdings wieder einmal, dass die alten Musikstücke mit ihrem rhetorischen Gestus durch Nicht-Muttersprachler nur schwer vorzutragen sind. Eindringlichkeit und starken Ausdruck, wie sie für diese klingenden Predigten notwendig sind, vermisst man bei dieser CD ein wenig. Aber dafür kann sich der Hörer auch bei den beiden Kantaten von Heinrich Ignaz Franz Biber (1644 bis 1704), der für die süddeutsch-katholische Kirchenmusik dieser Zeit steht, am hinreißend schönen Geigenspiel von Johannes Pramsohler erfreuen. 

Donnerstag, 29. November 2018

The Romantic Piano Concerto 76: Rheinberger, Scholz (Hyperion)

Joseph Gabriel Rheinberger (1839 bis 1901) ist heute eigentlich nur noch mit seiner Orgelmusik, und vielleicht auch noch mit einigen seiner Vokalwerke, im Konzertleben präsent. Dass er auch Kammer- und Orchestermusik geschrieben hat, das ist weit weniger bekannt. Mit entsprechend großer Neugier habe ich daher sein Klavierkonzert in As-Dur op. 94 angehört, das Simon Callaghan gemeinsam mit dem BBC Scottish Symphony Orchestra unter Leitung von Ben Gernon für Hyperion eingespielt hat. 
Entstanden ist dieses Werk im Jahre 1876; damals wurde Rheinberger als Orgel- und Kompositionsprofessor an das Münchner Konservatorium berufen, und kein Geringerer als Richard Strauss übernahm die Uraufführung seiner Orchesterwerke. Über den Lebensweg Rheinbergers wurde in diesem Blog bereits an anderer Stelle ausführlich berichtet. Sein Klavierkonzert zeichnet sich aus durch Virtuosität, durch Leidenschaft und Tiefe. Warum dieses beeindruckende Werk nicht mehr im Repertoire ist, das ist mir ein Rätsel. 
Wahrend Rheinberger einst das Musikleben Münchens mit prägte, wirkte Bernhard Scholz (1835 bis 1916) in Breslau als Leiter des dortigen Musikvereins. Ausgebildet ursprünglich als Drucker, sollte Scholz eigentlich das Verlagsgeschäft der Familie in Mainz fortführen. Doch seine musikalische Begabung setzte sich letztendlich durch; nach einer soliden Unterweisung in Klavierspiel, Komposition und Gesang unterrichtete Scholz zunächst Kontrapunkt am Münchner Konservatorium, und wurde dann nach einigen Kapellmeister-Stationen der Leiter des Breslauer Orchestervereins. 
1883 wurde er dann Direktor des Hoch'schen Konservatoriums in Frankfurt/Main, außerdem leitete er den Rühlschen Gesangsverein. Musikalisch stand er Joseph Joachim, Clara Schumann und vor allem auch Johannes Brahms nahe. Auf dieser CD erklingen sein Klavierkonzert in H-Dur op. 57 sowie das Capriccio für Klavier und Orchester op. 35, beides in Weltersteinspielung. Und beides ebenfalls sehr hörenswert. Herzlichen Dank für die Wiederentdeckung dieser attraktiven Musik! 

Mittwoch, 28. November 2018

Gott ist unsere Zuversicht (Rondeau)

Der Stadtsingechor Halle/Saale ist ein renommiertes Ensemble mit einer ganz enormen Tradition. Seine Wurzeln reichen bis in das Jahr 1116, zur Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes Neuwerk, zurück. 1565 schlossen sich die Hallenser Pfarrschulen zum lutherischen Gymnasium zusammen. So entstand auch ein Schulchor, der unter anderem Gottesdienste in den drei Hauptkirchen Unser Lieben Frauen, St. Ulrich und St. Moritz musikalisch auszugestalten hatte. Er wurde später Stadtsingechor genannt, und wirkte im Laufe der Jahrhunderte mit zahlreichen hervorragenden Kantoren und Organisten zusammen, wie Samuel Scheidt, Friedrich Wilhelm Zachow, Daniel Gottlob Türk oder Wilhelm Friedemann Bach. Seit 2014 wird der Chor von Clemens Flämig geleitet. Er ist heute in den Franckeschen Stiftungen beheimatet; die Sänger lernen am Landesgymnasium Latina, und absolvieren zudem ein umfangreiches Pensum an Musikunterricht, Proben und Konzerten. 
Die neue CD mit dem Titel „Gott ist unsre Zuversicht“ bietet Chormusik vom 16. bis zum 21. Jahrhundert; das Programm ist auf den 46. Psalm ausgerichtet. Sein Text wurde von Martin Luther zu einem Lied umge- arbeitet: Ein feste Burg ist unser Gott gilt bis heute als ein Symbol der Reformation. 
So reicht denn auch dieses Programm von der Reformation bis in die Moderne. Die Anforderungen an die jungen Chorsänger sind hoch, doch sie singen mit hoher Präzision und mit Engagement. Allerdings erfolgte die Aufnahme so ungeschickt, dass der überaus hallige Kirchenraum alles dominiert. Wer auch immer für die Tontechnik verantwortlich war – eine Glanzleistung ist das leider nicht. 

Alexander Knyazev - Pipe Organ (Melodija)

Eine ganz famose Orgel stellt diese Doppel-CD vor. Sie befindet sich im Dom zu Riga, und wurde 1882/83 von der Ludwigsburger Orgelbau- firma Walcker errichtet. Hinter dem frühbarocken Orgelprospekt des Vorgängerinstrumentes, der übrigens zu den ältesten der Welt gehört, befinden sich 6.718 Pfeifen; verfügbar sind 124 Register auf vier Manualen und Pedal. 
Als dieses Instrument im Januar 1884 eingeweiht wurde, war es die größte Orgel der Welt. Und zum hundertsten Geburtstag gab es eine umfassende Restaurierung durch das niederländischen Orgelbau- unternehmen Flentrop. 
Beeindruckend klingt sie noch immer. Und der russische Organist Alexander Knjasew  bringt mit seinem Spiel das Instrument so recht zur Geltung. Knjasew ist ein Phänomen – denn eigentlich ist er von Haus aus ein erfolgreicher Cellist; er hat bereits in vielen erstklassigen Konzertsälen und mit namhaften Dirigenten musiziert, und war Gast auf bedeutenden Festivals weltweit. 
Mit dieser Einspielung aus dem Jahre 2012 wendet er sich den berühmten Leipziger Chorälen von Johann Sebastian Bach zu. Sein Kommentar dazu: „Ich suche nach einer Interpretation von Bachs Musik, die in erster Linie und vor allem sehr lebendig sein soll. Ich glaube, dass der Genius von Bachs Musik extrem modern ist. Wir sollten sie auf keinen Fall wie einen Museumsgegenstand behandeln.“ 

Dienstag, 27. November 2018

Kind of Gold - Matthias Höfs & Ensembles (Berlin Classsics)

Was für ein Sound! Wenn Matthias Höfs, Professor an der Hamburger Musikhochschule, seine Schüler zum gemeinsamen Musizieren herbeiruft, dann meint dies offenbar nicht nur seine aktuelle Trompetenklasse. An dieser Einspielung waren auch ehemalige Studenten beteiligt, die mittlerweile in renommierten Orchestern musizieren. Und so hält dieses Album auch, was der Titel verspricht: Satte Blechbläserklänge. 
Zentrales Stück auf der CD: The Trumpets Shall Sound für Solotrom- pete, neun Trompeten und Orchester – ein Werk großen Formates, das Wolf Kerschek eigens für Matthias Höfs geschrieben hat. Es beeindruckt durch vielfältige Klangeffekte, und Anspielungen an die Geschichte des Blasinstrumentes. Man hört, dass Kerschek sich eigentlich mit Jazz und Filmmusik beschäftigt. 
„Wann hat man schon mal so viele Trompeten? Da muss man sich etwas einfallen lassen“, meint der Komponist, der ebenfalls an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg lehrt und Höfs sehr schätzt. Auch das Orchester der Hochschule unter Leitung von Professor Ulrich Windfuhr wirkte mit. 
„Für alle war es spannend, ein so vielfarbiges Werk zu erarbeiten, es in Konzerten zu spielen und anschließend zu produzieren“, berichtet Höfs. „Wenn Komponist, Solist, Orchester, Dirigent und Tonmeister aus einem Haus kommen und ein Projekt mit so positiver Energie umsetzen, dann ist das etwas Außergewöhnliches.“ 
Mit Space Heroes ist noch ein weiteres Werk Kerscheks auf der CD zu hören. Komplettiert wird das Programm durch die Festmusik der Stadt Wien von Richard Strauss, für immerhin zehn Trompeten, sieben Posaunen, zwei Tuben und Pauken, die ebenfalls selten gespielten Fanfare für ein neues Theater sowie die Eröffnungsfanfare des Balletts Agon von Igor Strawinsky, Sinfonia und Caprice op. 56 des japanischen Kompo- nisten Itaru Sakai für acht Trompeten, und die Sokol-Fanfare aus der Sinfonietta op. 60 von Leoš Janáček. 
Eine Aufführung dieses Werkes gab auch den Impuls für dieses CD-Pro- jekt: „Gemeinsam mit meiner Trompetenklasse werde ich des Öfteren von Orchestern eingeladen, um Janáčeks ,Sinfonietta' zu spielen. Während einer Orchesterprobe saß ich mit insgesamt 12 Trompetern auf der Bühne und dachte: ,Was für ein Klang!'“, berichtet Matthias Höfs. „Man hört diese große Trompetenbesetzung dann leider nur kurz am Anfang und am Ende des Stücks.“ Und in der gesamten Musikliteratur gebe es nur sehr wenige Werke, die mit einem derart geballten Bläsersound aufwarten können. 

Montag, 26. November 2018

Molter: Sinfonias & Cantatas (cpo)

Mit einem Editionsprojekt ehrte Thüringen Johann Melchior Molter (1696 bis 1765): Aus Anlass des 250. Todestages startete Theater&Phil- harmonie Thüringen mit dem Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena eine Neuausgabe der Werke des Komponisten, der in Tiefenort an der Werra zur Welt kam, und in Karls- ruhe sowie in Eisenach als Hofkapell- meister wirkte. 
Studierende der Hochschule für Musik Franz Liszt beschäftigten sich intensiv mit den alten Handschriften, die sich in der Badischen Landes- bibliothek Karlsruhe befinden und online abrufbar sind. Sie haben für einige Werke Molters, die seit seinem Tod nicht mehr gespielt wurden, Notenmaterial erstellt. 
Dies ist nicht nur die Grundlage für eine Molter-Werksausgabe, die in den kommenden Jahren bei der Verlagsgruppe Kamprad in Altenburg erscheinen soll. Es schafft auch die Voraussetzung für die Aufführung dieser Musik durch das Reußische Kammerorchester, das unter der Leitung von Werner Ehrhardt Molters Musik einstudiert und in Altenburg und Gera aufgeführt hat. 
So ist auch dieser Mitschnitt entstanden, der im Geraer Konzertsaal aufgezeichnet wurde. Ehrhardt, selbst ein exzellenter Barockgeiger, Gründungsmitglied des Concerto Köln und Gründer des Ensemble L'Arte del Mondo, lässt das Reußische Kammerorchester differenziert und elegant musizieren. So gelingt insbesondere Molters Flötenkonzert sehr ausdrucksvoll; Solist ist Andreas Knoop. Bei den großbesetzten Orchesterstücken am Anfang und Ende der CD wird allerdings hörbar, dass das Orchester solide, aber nicht überragend agiert. 
Die beiden Arien und die umfangreiche Cantata L'augellin tra verdi fronde sind technisch anspruchsvoll und virtuos; leider wird Julia S. Wagner mit ihrem doch recht massigen Sopran diesen Kabinettstückchen des Rokoko-Ziergesanges nur unzureichend gerecht. Hier hätte man sich eine wesentlich beweglichere, koloratursichere Stimme gewünscht. 

Sonntag, 25. November 2018

Funeralisssimo (Genuin)

Geige, Violoncello und Akkordeon – das ist die Besetzung, die Matthias Well für sein Debütalbum wählte. Der Fanny-Mendelssohn-Förder- preisträger 2017 hat sich intensiv mit Trauermusik beschäftigt. Denn schon als Kind spielte er auf Trauerfeiern. Der Trauergeiger fasziniert den jungen Musiker: „Doch was zeichnet ihn aus? Worin liegt das Geheimnis seiner Kunst“, fragt Well in einem klugen Essay, der im Beiheft nachzulesen ist. „In erster Linie muss der Violinist mit seinem Spiel die tiefen Gefühle aufnehmen, von denen die Anwesenden ergriffen sind, und sie kunstvoll in einen Klangteppich weben, der die Tragik des Moments abbildet, ihr eine Form verleiht und sie greifbar macht. Der individuelle Schmerz wird auf die Ebene der ewigen menschlichen Erfahrung gehoben.“ 
Studienkollegen haben Matthias Well berichtet, wie Beerdigungen in anderen Ländern ablaufen, ob und was am Grab musiziert wird. Sie haben dem Geiger auch die entsprechenden Musikstücke geschickt. Dabei wurde bald sichtbar, dass die Bräuche regional höchst unterschiedlich sind. 
Auf dieser CD stellt Well ein Programm vor, dass zu mitteleuropäischer Trauerkultur passt, aber Melodien aus vielen Regionen der Erde enthält. Vom westafrikanischen Totentanz bis zum deutschen Volkslied, von indonesischen Klängen bis zum Jodler aus dem Alpenland und vom indische Raga bis zum Lamento Mexicano reichen die ausgewählten Stücke. Auch „klassische“ Musik von Johann Sebastian Bach, Reinhold Glière, Alessandro Stradella, Ciprian Porumbescu und Astor Piazzolla erklingt. 
Erstaunlicherweise harmonieren all diese sehr unterschiedlichen Stücke dennoch ausgezeichnet miteinander. Bei dieser Einspielung unterstützten den Violinisten seine Schwester Maria Well sowie der Akkordeonist Zdravko Živković. Schöne Töne, große Bögen. Und die Kombination von Violine, Cello und Akkordeon wirkt sanft und tröstlich. Das perfekte Album zum heutigen Totensonntag! 

Michael & Joseph Haydn: Horn Concertos (Avi-Music)

Hornkonzerte von Joseph und Michael Haydn erklingen auf dieser CD. Nicht bei allen dieser Stücke ist wirklich sicher, dass sie von den Brüdern stammen. Trotzdem lohnt sich aber eine solche Einspielung, denn die beiden Konzerte, deren Urheberschaft geklärt ist, sind wirklich exzellent. Das Concerto per il Corno da caccia D-Dur hat Joseph Haydn wohl für den Hornisten Joseph Leutgeb (1732 bis 1811) komponiert. Er trat 1763 in die Esterházy-Hofkapelle ein, musizierte dort aber nicht lange. Dass er einer der bedeutenden Hornvirtuosen seiner Zeit war, darüber wurde in diesem Blog bereits an anderer Stelle berichtet – denn auch Wolfgang Amadeus Mozart schrieb für Leutgeb Hornkonzerte. Mozart war mit dem Hornisten befreundet, und seine Werke sind nicht frei von Schabernack. 
Haydn, obzwar musikalischen Scherzen ebenfalls nicht abgeneigt, hat für Leutgeb in diesem Falle ganz ernsthaft anspruchsvolle Musik zu Papier gebracht. In diesem Hornkonzert kann der Solist glänzen, und seine Brillanz unter Beweis stellen. Přemysl Vojta, Solohornist des WDR Sinfonieorchesters Köln, musiziert auf dieser CD gemeinsam mit dem Haydn Ensemble Prag unter Leitung von Martin Petrák. Besonders gelungen: Das Concertino per il Corno e Trombone aus der Serenata in D-Dur von Michael Haydn, das Vojta gemeinsam mit Fabrice Millischer spielt. Es gibt nicht viele Stücke, in denen Altposaune und Horn miteinander konzertieren. Die beiden Solisten harmonieren aufs Beste miteinander, und man staunt, wie sehr sich die Instrumente auch klanglich einander anpassen. 

Freitag, 23. November 2018

Claude Debussy - Daniel Barenboim (Deutsche Grammophon)

„Wenn man sich keine Reise leisten kann, muss die Imagination einspringen.“ Diesen Ausspruch von Claude Debussy (1862 bis 1918) stellt das Beiheft dem Begleittext voran – wie passend! Denn auf diesem Album erklingt Klaviermusik des Komponisten, eingespielt von Daniel Barenboim. Dieser ließ sich dabei wohl vor allem von Klangfarben und orchestralen Effekten inspirieren, die Debussys Werke, beispielsweise die Estampes, mit denen diese CD beginnt, so faszinierend machen. Allerdings geht dies zu Lasten der strukturellen Klarheit, und so wirkt alles ein wenig schwerfällig, spannungslos, beliebig. Das gilt auch für die Préludes I, und man staunt, wenn man dann obendrein liest, dass dieser Teil des Programmes bereits im Jahr 1998 aufgenommen wurde. Bei allem Respekt – aber von der Deutschen Grammophon mit ihrer reichen Tradition hätte man zum Debussy-Jubiläum mehr erwartet.

Donnerstag, 22. November 2018

Humperdinck: Hänsel und Gretel (Genuin)

Liebe Streicher, ihr müsst jetzt ganz stark sein. Denn auf dieser CD be- weist die Sächsische Bläserphilhar- monie unter Chefdirigent Thomas Clamor, dass es eigentlich auch ganz gut ohne Violinen, Violen und Violoncelli geht. 
Das Ensemble präsentiert die beliebte Oper Hänsel und Gretel von Engelbert Humperdinck in einer Version nur für Blasinstrumente. Natürlich passt nicht das ganze Werk auf die eine Silberscheibe – aber tatsächlich sind alle bekannten Melodien zu hören: Brüderchen, komm tanz mit mir, singen Caroline Schnitzer und Anne Petzsch, alias Hänsel und Gretel. Und Frederick Tucker als Vater lässt sein Rallalala erklingen. 
Aus dem zweiten Bild ist neben dem herzigen Ein Männlein steht im Walde auch das Lied des Sandmanns – diese Partie übernahm neben jener der Mutter Josephin Queck – zu hören. Und natürlich dürfen der Abendsegen sowie die Musik zur Engels-Pantomime nicht fehlen. 
Auch das Taumännchen, zu hören ist hier Leevke Hambach mit ihrem wirklich federleichten Sopran, der Knusperwalzer oder das große Finale sind zu finden. Nicht zu hören hingegen ist die Knusperhexe. Aber das ist zu verschmerzen, denn die jungen Sänger – vier von ihnen sind Preisträger der Internationalen Sächsischen Sängerakademie Torgau – sind wirklich exzellent. Es sind schöne Stimmen, klug geführt, die zu der jeweiligen Partie hervorragend passen. 
Und auch die Sächsische Bläserphilharmonie beeindruckt einmal mehr – es ist kaum zu glauben, wie farbenreich Bläser klingen können, und wie facettenreich dieses Orchester musiziert. Zu loben sind außerdem die Arrangements, in denen Siegmund Goldhammer Humperdincks Musik kongenial für die Bad Lausicker bearbeitet hat. Die Sächsische Bläser- philharmonie ist doch immer wieder für eine Überraschung gut!