Wer die Posaune erfunden hat, und wo genau dieses Blasinstrument zum ersten Mal erklungen ist, das ist nicht bekannt. Doch mit ihrem repräsentablen Klang war sie be- reits zu Beginn des 16. Jahrhun- derts in Europa sowohl in den Städten als auch an den Höfen des Adels weit verbreitet. So bestellte Herzog Albrecht von Preußen aus Königsberg Mitte des 16. Jahrhun- derts bei dem Nürnberger Instru- mentenbauer Georg Neuschel offenbar nicht nur Trompeten. In dem Briefwechsel unterbreitet Neuschel das Angebot, "5 groß bussanen, da zue sammen steyen, das eyne Mittel bussanen, da man sonst auffs baß sezt ein discant ist machenn" - genau wie jene Instrumente, die er für "Churfurst am Reyn und herzog Ottheinrich Lantgraff, de(n) Kunig von Pollen, (und den) kunig von Engelland" angefertigt habe. Wie damals üblich, wur- den auch diese Instrumente in ganzen Familien gebaut - vom Piccolo bis zur Kontrabassposaune.
Im modernen Orchester spielen heute üblicherweise zwei Tenor- und eine Bassposaune. Doch Posaunen gab es in vielerlei Bauformen und erstaunlich vielen Stimmungen. Mit dem Interesse für "Alte" Musik verbunden war auch die Renaissance der historischen Instrumente. Auf dieser CD spielt Wim Becu eine Bassposaune nach Georg Nicolaus Öller, Stockholm 1640, die Ewald Meinl aus Geretsried 1994 ange- fertigt hat.
Die Klangfarben und technischen Möglichkeiten dieser "Trombone grande" präsentiert er mit seinem Ensemble Oltremontano anhand von Musik, wie sie um 1600 vor allem in Italien aufgeführt worden ist. Darunter ist La Hieronyma von Giovanni Martino Cesare, eines jener raren Solowerke des 17. Jahrhunderts, die ausdrücklich für Posaune komponiert wurden. Dieses Stück, geschrieben für Tenor- posaune, wurde hier um eine Quinte abwärts transponiert.
Zu hören sind selbstverständlich Werke von Girolamo Frescobaldi und Claudio Monteverdi, aber auch von weniger bekannten Kompo- nisten. Die CD zeigt zudem, dass italienische Musik in ganz Europa bekannt war und Musikern als Vorbild diente. So veröffentlichte Mikolaj Zielenski, Kapellmeister und Organist des polnischen Primas Wojciech Baranowski, seine Kompositionen in Venedig. Antonio de Cabezón war dem spanischen Königshaus verbunden. Und Cesare, der aus Udine stammte, wirkte in Günzburg und München.
Der niederländische Posaunist Wim Becu gehört ohne Zweifel zu den führenden Interpreten der historisch informierten Aufführungs- praxis. Insbesondere in den Solostücken zeigt er seine beeindrucken- de Virtuosität. Doch auch im Zusammenspiel mit seinen Musiker- kollegen, beispielsweise im Dialog mit Rainer Zipperling am Barock-Violoncello oder mit Doron David Sherwin am Zink, wird die beson- dere Qualität dieser Aufnahme hörbar. Ob weit gespannte sonore Klangbögen oder anspruchsvolle Verzierungen - dieses Ensemble bewältigt technische Herausforderungen jeglicher Art erfreulich locker. Diese CD lockt mit balsamischem Wohlklang, und man möchte sie immer wieder anhören.
Freitag, 30. November 2012
Sonntag, 25. November 2012
In the World of Spirits (Naxos)
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Wer hört, wie perfekt hier musi- ziert wird, der staunt, wenn er dann liest, dass dieses Album von Studierenden und Musikschülern, verstärkt durch einige Alumni, eingespielt worden ist. Mehr als hundert junge Musiker haben bei den Proben und Aufnahmen im Sommer 2011 unter dem Namen Emory Symphonic Winds gemeinsam musiziert.
Das ist durchaus programmatisch zu nennen, denn mit dem klassi- schen Bläsersound hat der Klang dieses Ensembles eher wenig gemein. Und in dem Programm gibt es viel zu entdecken - von Gustav Holsts Christmas Day: Fantasy on Old Carols über Mysterium, ein Werk der 1962 geborenen Komponistin Jennifer Higdon, die sowohl mit dem Pulitzer-Preis als auch mit dem Grammy ausgezeichnet worden ist, bis hin zur kraftvollen Russian Christmas Music von Alfred Reed, der darin Motive aus der russisch-orthodoxen liturgi- schen Musik aufgreift. Die Titelmusik In the World of Spirits stammt von Bruce Broughton, der besonders als Komponist von Filmmusiken (Silverado) sehr erfolgreich ist. Die CD beginnt mit dem Symphonic Prelude on Adeste Fideles von Claude T. Smith - und endet schwung- voll mit Leroy Andersons berühmtem Sleigh Ride. Was man Blas- instrumenten doch an Klangfarben und Ausdruck entlocken kann! Diese CD wird nicht nur Experten verzaubern.
Handel: Messiah (Tafelmusik)
Aufnahmen von Händels Messias gibt es viele. Diese hier setzt auf Rhetorik - und man horcht gleich beim ersten Solo des Tenors Rufus Müller auf: Ganz offenkundig sind sich Sänger, Instrumentalisten und Dirigent in Sachen Gestaltung einig. Wer regelmäßig "echte" Konzerte besucht, der weiß, das dies keinesfalls selbstverständlich ist.
Die Solopartien sind mit Karina Gauvin, Robin Blaze, Rufus Müller und Brett Polegato sehr hörenswert besetzt; in diesem Solistenquar- tett schwächelt einzig die Sopranistin ein wenig. Vielleicht liegt es an der starken Orientierung am Text, dass Gauvin eher erdverbunden-dramatisch klingt als engelhaft ätherisch.
Das Tafelmusik Baroque Orchestra überzeugt durch sein exzellentes Zusammenspiel mit den Sängern, und durch eine Leichtigkeit und Beschwingtheit, die auch Händel ganz sicher begeistert hätte. Im Zentrum dieses Oratoriums aber steht eigentlich der Chor, in diesem Falle der Tafelmusik Chamber Choir unter Ivars Taurins. Das Ensem- ble ist für einen Kammerchor ziemlich groß, doch es singt phäno- menal. Die Stimmen sind enorm beweglich, klangschön und von einer berückenden Ausstrahlung. Wer auf der Suche nach einer Messias-Einspielung für die Feiertage ist - diese hier gehört zu den absoluten Favoriten. Unbedingt anhören!
Die Solopartien sind mit Karina Gauvin, Robin Blaze, Rufus Müller und Brett Polegato sehr hörenswert besetzt; in diesem Solistenquar- tett schwächelt einzig die Sopranistin ein wenig. Vielleicht liegt es an der starken Orientierung am Text, dass Gauvin eher erdverbunden-dramatisch klingt als engelhaft ätherisch.
Das Tafelmusik Baroque Orchestra überzeugt durch sein exzellentes Zusammenspiel mit den Sängern, und durch eine Leichtigkeit und Beschwingtheit, die auch Händel ganz sicher begeistert hätte. Im Zentrum dieses Oratoriums aber steht eigentlich der Chor, in diesem Falle der Tafelmusik Chamber Choir unter Ivars Taurins. Das Ensem- ble ist für einen Kammerchor ziemlich groß, doch es singt phäno- menal. Die Stimmen sind enorm beweglich, klangschön und von einer berückenden Ausstrahlung. Wer auf der Suche nach einer Messias-Einspielung für die Feiertage ist - diese hier gehört zu den absoluten Favoriten. Unbedingt anhören!
Samstag, 24. November 2012
The Complete Harpsichord Works of Rameau (Sono Luminus)
Jean-Philippe Rameau (1683 bis 1764) war der Sohn eines Orga- nisten. Seine Ausbildung begann er bei seinem Vater, und seine musi- kalische Laufbahn begann er als Orchestergeiger und Organist. Und obwohl er mit seinen musiktheore- tischen Schriften gewichtige Bei- träge insbesondere zur Harmonie- lehre leistete, sah es zunächst ganz danach aus, als würde Rameau bis an das Ende seines Musikerlebens in wechselnden Kirchen die Orgel spielen.
Der Komponist war schon 50 Jahre alt, als er Hippolyte et Aricie, seine erste tragédie en musique, vorstellte - was ihn über Nacht berühmt machte. Die Werke für die Bühne bescherten ihm Wohlstand und Ansehen. Ludwig XV. erhob Rameau in den Adelsstand, ernannte ihn 1845 zum Compositeur de la Musique du Cabinet du Roi, und gewährte ihm eine großzügige Pension. Dabei hatte Rameau nach 1706 - da erschien sein Premier Livre de Pièces de Clavecin - bereits gut 50 Stücke für Cembalo veröffentlicht, die ihm aber lang nicht so viel Aufmerksamkeit einbrachten.
Wieso eigentlich nicht? Das fragt man sich heute. Jory Vinikour hat sämtliche Cembalo-Werke Rameaus für Sono Luminus eingespielt - und die beiden CD enthalten so manche Überraschung. Denn etliche dieser kleinen Stücke, die zumeist ziemlich kurz sind, erweisen sich als kühne musikalische Experimente. Da findet sich mitten in einer Suite, zwischen den üblichen Tänzen, auf einmal ein Satz mit dem Namen Le Rappel des Oiseaux, und zu hören ist in der Tat, wie sie herumfliegen, hüpfen und Körnchen picken. Sind es Anfangs nur einzelne Bilder, die der Komponist einbindet, bestehen seine Suiten später fast ausschließlich aus derartigen Miniaturen.
Vinikour spielt diese musikalischen Charakterstückchen mit Hingabe. Er setzt, in bester französischer Tradition, auf Ausdruck und Eleganz. Dazu passt auch das Instrument, auf dem er musiziert, ganz ausge- zeichnet. Es handelt sich um ein klangstarkes zweimanualiges Cembalo, das Thomas und Barbara Wolf, The Plains, Virginia/USA, 2005 nach einem Vorbild von Nicolas Dumant aus dem Jahre 1707 angefertigt haben. Der französische Hof besaß einige seiner Instru- mente. Dieses hier zeichnet sich durch die kontrastreichen Klang- farben aus, die aufgrund der beiden Manuale zur Verfügung stehen. Vinikour reizt diese Möglichkeiten aus - und das Ergebnis ist faszi- nierend. Unbedingt anhören!
Wieso eigentlich nicht? Das fragt man sich heute. Jory Vinikour hat sämtliche Cembalo-Werke Rameaus für Sono Luminus eingespielt - und die beiden CD enthalten so manche Überraschung. Denn etliche dieser kleinen Stücke, die zumeist ziemlich kurz sind, erweisen sich als kühne musikalische Experimente. Da findet sich mitten in einer Suite, zwischen den üblichen Tänzen, auf einmal ein Satz mit dem Namen Le Rappel des Oiseaux, und zu hören ist in der Tat, wie sie herumfliegen, hüpfen und Körnchen picken. Sind es Anfangs nur einzelne Bilder, die der Komponist einbindet, bestehen seine Suiten später fast ausschließlich aus derartigen Miniaturen.
Vinikour spielt diese musikalischen Charakterstückchen mit Hingabe. Er setzt, in bester französischer Tradition, auf Ausdruck und Eleganz. Dazu passt auch das Instrument, auf dem er musiziert, ganz ausge- zeichnet. Es handelt sich um ein klangstarkes zweimanualiges Cembalo, das Thomas und Barbara Wolf, The Plains, Virginia/USA, 2005 nach einem Vorbild von Nicolas Dumant aus dem Jahre 1707 angefertigt haben. Der französische Hof besaß einige seiner Instru- mente. Dieses hier zeichnet sich durch die kontrastreichen Klang- farben aus, die aufgrund der beiden Manuale zur Verfügung stehen. Vinikour reizt diese Möglichkeiten aus - und das Ergebnis ist faszi- nierend. Unbedingt anhören!
Freitag, 23. November 2012
Mendelssohn: Lieder ohne Worte; Brautigam (BIS)
Wer sich dafür interessiert, wie die Lieder ohne Worte von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 bis 1847) zu Lebzeiten des Kompo- nisten gespielt worden sind, der sollte sich diese Aufnahme mit Ronald Brautigam anhören.
Der niederländische Pianist wurde für sein Spiel auf modernen Instru- menten mit vielen Preisen ausge- zeichnet. Doch mit gleicher Lei- denschaft widmet sich Brautigam dem Musizieren auf dem Forte- piano. So hat er mittlerweile bei dem Label BIS sämtliche Klavierwerke Mozarts, Klavierkonzerte und Sonaten Beethovens sowie die Klavierkonzerte von Mendelssohn eingespielt.
Nun hat er sich die Lieder ohne Worte vorgenommen - Musikstücke, die beispielhaft vorführen, wie die Romantiker Grenzen zwischen den Künsten aufgelöst haben. Denn üblicherweise haben Lieder einen Text. Doch der Komponist sah für das Wort Probleme, die er in der Musik überwunden fand: "Die Leute beklagen sich gewöhnlich, Musik sei so vieldeutig; es sei so zweifelhaft, was sie sich dabei zu denken hätten, und die Worte verstünde doch ein Jeder", schrieb Felix Mendelssohn Bartholdy im Jahre 1842. "Mir geht es aber gerade umgekehrt. Und nicht blos mit ganzen Reden, auch mit einzelnen Worten, auch die scheinen mir so vieldeutig, so unbestimmt, so missverständlich im Vergleich zu einer rechten Musik, die Einem die Seele erfüllt mit tausend bessern Dingen, als Worten. Das was mir eine Musik ausspricht die ich liebe, sind mir nicht zu unbestimmte Gedanken, um sie in Worte zu fassen, sondern zu bestimmte."
Sechs Hefte mit je sechs Liedern ohne Worte hat Mendelssohn zu Lebzeiten herausgegeben. Auf dieser CD finden sich die ersten vier davon, sowie fünf weitere Stücke, die der Komponist nicht veröffent- licht hat. Brautigam spielt sie auf einem Hammerflügel, der nach einem Instrument aus dem Jahre 1830 aus der Werkstatt Ignaz Pleyels von dem renommierten Klavierbauer Paul McNulty ange- fertigt worden ist. Das Original befindet sich im Musée de la musique in Paris.
Dieses Fortepiano hat einen erstaunlich warmen, wandlungsfähigen Ton - doch es erzwingt offenbar auch eine Spielweise, die hektischer wirkt, als man das von den modernen Instrumenten gewohnt ist. Brautigam produziert damit eher Klangflächen als durchhörbare Strukturen. Das muss man mögen - und in diesem Falle überzeugt es mich nicht.
Der niederländische Pianist wurde für sein Spiel auf modernen Instru- menten mit vielen Preisen ausge- zeichnet. Doch mit gleicher Lei- denschaft widmet sich Brautigam dem Musizieren auf dem Forte- piano. So hat er mittlerweile bei dem Label BIS sämtliche Klavierwerke Mozarts, Klavierkonzerte und Sonaten Beethovens sowie die Klavierkonzerte von Mendelssohn eingespielt.
Nun hat er sich die Lieder ohne Worte vorgenommen - Musikstücke, die beispielhaft vorführen, wie die Romantiker Grenzen zwischen den Künsten aufgelöst haben. Denn üblicherweise haben Lieder einen Text. Doch der Komponist sah für das Wort Probleme, die er in der Musik überwunden fand: "Die Leute beklagen sich gewöhnlich, Musik sei so vieldeutig; es sei so zweifelhaft, was sie sich dabei zu denken hätten, und die Worte verstünde doch ein Jeder", schrieb Felix Mendelssohn Bartholdy im Jahre 1842. "Mir geht es aber gerade umgekehrt. Und nicht blos mit ganzen Reden, auch mit einzelnen Worten, auch die scheinen mir so vieldeutig, so unbestimmt, so missverständlich im Vergleich zu einer rechten Musik, die Einem die Seele erfüllt mit tausend bessern Dingen, als Worten. Das was mir eine Musik ausspricht die ich liebe, sind mir nicht zu unbestimmte Gedanken, um sie in Worte zu fassen, sondern zu bestimmte."
Sechs Hefte mit je sechs Liedern ohne Worte hat Mendelssohn zu Lebzeiten herausgegeben. Auf dieser CD finden sich die ersten vier davon, sowie fünf weitere Stücke, die der Komponist nicht veröffent- licht hat. Brautigam spielt sie auf einem Hammerflügel, der nach einem Instrument aus dem Jahre 1830 aus der Werkstatt Ignaz Pleyels von dem renommierten Klavierbauer Paul McNulty ange- fertigt worden ist. Das Original befindet sich im Musée de la musique in Paris.
Dieses Fortepiano hat einen erstaunlich warmen, wandlungsfähigen Ton - doch es erzwingt offenbar auch eine Spielweise, die hektischer wirkt, als man das von den modernen Instrumenten gewohnt ist. Brautigam produziert damit eher Klangflächen als durchhörbare Strukturen. Das muss man mögen - und in diesem Falle überzeugt es mich nicht.
Haydn: The Cello Concertos; Krijgh (Capriccio)
Die niederländische Cellistin Harriet Krijgh, Jahrgang 1991, hat die beiden Violoncello-Konzerte von Joseph Haydn eingespielt. Und man muss sagen, das ist ihr ganz hervorragend gelungen. Die junge Musikerin überzeugt mit einem schönen Ton, Dynamik und kluger Phrasierung. So gelingt es ihr insbesondere auch beim D-Dur-Konzert, dem eine gewisse Schwerfälligkeit nachgesagt wird, Haydns wundervolle Melodien in den Vordergrund zu stellen. Krijgh setzt auf Eleganz und Leichtigkeit - und gestaltet zusammen mit der Wiener Kammerphilharmonie unter Claudius Traunfellner die beiden Konzerte so, wie man sie gern öfter hören würde. Der jungen Cellistin gelingt damit eine Referenzaufnahme, und ich bin sicher, das wird nicht die letzte sein. Bravi!
Donnerstag, 22. November 2012
A Baroque Christmas (Ricercar)
Ein Weihnachtskonzert ganz besonderer Art hat das Label Ricercar in dieser Drei-CD-Box zusammengestellt: Aus dem eigenen Programm sowie den Katalogen von Zig-Zag-Territoires, Fonti Musicali und der Manufac- ture d'orgues Thomas erklingen Werke aus der Barockzeit, und zwar aus Deutschland, England, Italien und Frankreich.
Zu hören sind zahlreiche bekannte Ensembles wie Vox Luminus, Ricercar Consort, La Pastorella, La Fenice oder Choeur de Chambre de Namur, und auch die Namensliste der beteiligten Solisten ist lang und illuster. Entsprechend hoch ist das Niveau, auf dem hier musiziert wird.
Es wird nicht verwundern, dass die Weihnachtsgeschichte gerade in dem auf Inszenierung und Theatralik versessenen Barockzeitalter viele Komponisten in ganz Europa inspiriert hat. Die Hirtenmusik, die Engelschöre und das jeweilige regionale Brauchtum lieferten dafür eine Fülle von Anregungen. Die drei CD machen Gemeinsamkeiten und Unterschiede hörbar - und erweisen sich so, ganz nebenbei, als kleine Lektion in europäischer Musikgeschichte. Dazu trägt auch das Beiheft mit seinen Informationen bei. Wer also etwas lernen will, der hat dazu Gelegenheit - und wer einfach nur genießen möchte, der darf sich ebenfalls freuen.
Zu hören sind zahlreiche bekannte Ensembles wie Vox Luminus, Ricercar Consort, La Pastorella, La Fenice oder Choeur de Chambre de Namur, und auch die Namensliste der beteiligten Solisten ist lang und illuster. Entsprechend hoch ist das Niveau, auf dem hier musiziert wird.
Es wird nicht verwundern, dass die Weihnachtsgeschichte gerade in dem auf Inszenierung und Theatralik versessenen Barockzeitalter viele Komponisten in ganz Europa inspiriert hat. Die Hirtenmusik, die Engelschöre und das jeweilige regionale Brauchtum lieferten dafür eine Fülle von Anregungen. Die drei CD machen Gemeinsamkeiten und Unterschiede hörbar - und erweisen sich so, ganz nebenbei, als kleine Lektion in europäischer Musikgeschichte. Dazu trägt auch das Beiheft mit seinen Informationen bei. Wer also etwas lernen will, der hat dazu Gelegenheit - und wer einfach nur genießen möchte, der darf sich ebenfalls freuen.
Mittwoch, 21. November 2012
Awakening Princesses (Aeolus)
Auf dieser CD erklingen Blockflöten aus der Bate Collection of Musical Instruments der Universität Ox- ford. Es sind kostbare Instrumen- te, und es ist keineswegs alltäglich, dass solche Sammlerstücke ge- spielt werden dürfen. Für die Idee, ihren besonderen Klang auf CD zu dokumentieren, ist Andrew Lamb, dem Kurator der Sammlung, zu danken.
Zwar sind Nachbauten historischer Instrumente heute allgegenwärtig. Doch standen den Instrumentenbauern vergangener Jahrhunderte natürlich nicht die Fertigungsmittel zur Verfügung, die ihre Kollegen heutzutage verwenden. Obendrein hat sich die Stimmtonhöhe im Verlaufe der Zeit erheblich verändert. Passt man den Stimmton aber heutigen Konventionen an, verändert sich notwendigerweise auch die Flöte. All das hat Auswirkungen auf den Klang.
Will man herausfinden, wie Blockflöten zu Purcells Zeiten geklungen haben, ist man auf Originale aus jenen Tagen angewiesen. Leider sind Flöten empfindlich; wenn man sie spielt, werden sie durch die Atem- luft mit Feuchtigkeit und Wärme konfrontiert. Wer aber für eine Sammlung wertvoller Musikinstrumente verantwortlich ist, der will sie erhalten - und so liegen historische Blockflöten, wenn sie einmal im Museum angekommen sind, üblicherweise nur noch stumm in der Vitrine.
Die Instrumente der Bate Collection durfte Flötenvirtuose Peter Holtslag für diese Aufnahmen aus dem musealen Schlummer holen. Das hatte seine Tücken, schreibt der Musiker im Begleitheft zu dieser CD: "Wie bei allen schlafenden Märchenprinzessinnen, die etwas taugen, war das Aufwecken dieser Schönheiten alles andere als einfach. Nachdem sie so lange in ihren Kästen in Oxford ge- schlummert hatten, waren sie zerbrechlich, empfindlich und launisch." Sechs Blockflöten aus diesem Schatz wählte er für die Aufnahmen aus.
Einige der Instrumente, berichtet Holtslag, klangen immer besser, je länger sie gespielt wurden. Das gilt insbesondere für die Blockflöten von Peter Bressan (1663 bis 1731). Er war wohl in erster Linie Oboist, doch er gilt als der Stradivarius der Barockblockflöte. Von den Oboen, die er angefertigt hat, blieb keine erhalten; aber 57 Block- und drei Traversflöten sind überliefert. Holtslag stellt auf der CD eine einzigartige Quartflöte des Meisters vor, sowie eine Altblockflöte und eine wundervolle Bassblockflöte, die nicht nur traumhaft aussieht, sondern auch phantastisch klingt.
Den Stempel Urquhart tragen nur noch zwei Altblockflöten weltweit. Über ihren Erbauer ist nichts bekannt; aber die Flöten sind ausge- sprochen kunstfertig aus gebeiztem Buchbaum mit Elfenbeinringen angefertigt worden. Das Instrument, das Holtslag in der Oxforder Sammlung vorfand, klingt einzigartig - aber es ist sehr fragil und heute nur noch für wenige Minuten spielbar.
Ähnliches gilt auch für eine Altblockflöte des Niederländers Robert Wijne (1698-1774). Dieses Instrument hat einen faszinierenden Klang - aber es hat sich derart verzogen, dass Holtslag die Sonate von Johann Christian Schickardt vermutlich über mehrere Tage verteilt eingespielt hat: "Die Stimmung ist äußerst problematisch und ver- schlechtert sich nach nur wenigen Minuten des Spielens", berichtet der Flötist.
Thomas Stanesby junior (1692 bis 1754) ist auf der CD mit einer Tenorflöte vertreten. Auch sie erwies sich als Prinzessin - mit einem Riss im Kopfstück. "Normalerweise ist dieser Riss nur kosmetischer Natur, er bleibt geschlossen, und das Instrument spielt einwandfrei", meint Holtslag. "Wie aber nicht anders zu erwarten, entschloss sich der Riss allerdings, einen Tag vor unserer Aufnahme aufzugehen, was das Instrument fast unmöglich zu spielen machte. Wir schafften gerade ein kurzes (...) Stück, wobei wir unglücklicherweise gezwungen waren, das tiefe Register des Instruments zu meiden, welches normalerweise besonders schön klingt." Wie die Geschichte weitergeht, kann sich der Hörer denken: "Zwei Tage nach Beenden der Aufnahmen kehrte die Stanesby - was sonst - zurück zu ihrem vorherigen Zustand."
Es wird also nicht verwundern, dass die Blockflöten von Peter Bressan den weitaus größten Anteil an dieser Klangprobe haben. Holtslag hat für jedes Instrument passende Werke ausgewählt, und sich zudem exzellente Mitstreiter gesucht. So wird der Flötist von Elizabeth Kenny, Erzlaute und Theorbe, Rainer Zipperling, Gambe und Barock-Violoncello sowie Carsten Lohff am Cembalo begleitet. Bressan betrachtet Musik zudem als Fortsetzung der Rhetorik mit musikali- schen Mitteln, und nicht als sportliche Übung. Das Ergebnis ist eine außerordentlich spannende, klangschöne CD, die Freunde der Barockmusik begeistern wird.
Zwar sind Nachbauten historischer Instrumente heute allgegenwärtig. Doch standen den Instrumentenbauern vergangener Jahrhunderte natürlich nicht die Fertigungsmittel zur Verfügung, die ihre Kollegen heutzutage verwenden. Obendrein hat sich die Stimmtonhöhe im Verlaufe der Zeit erheblich verändert. Passt man den Stimmton aber heutigen Konventionen an, verändert sich notwendigerweise auch die Flöte. All das hat Auswirkungen auf den Klang.
Will man herausfinden, wie Blockflöten zu Purcells Zeiten geklungen haben, ist man auf Originale aus jenen Tagen angewiesen. Leider sind Flöten empfindlich; wenn man sie spielt, werden sie durch die Atem- luft mit Feuchtigkeit und Wärme konfrontiert. Wer aber für eine Sammlung wertvoller Musikinstrumente verantwortlich ist, der will sie erhalten - und so liegen historische Blockflöten, wenn sie einmal im Museum angekommen sind, üblicherweise nur noch stumm in der Vitrine.
Die Instrumente der Bate Collection durfte Flötenvirtuose Peter Holtslag für diese Aufnahmen aus dem musealen Schlummer holen. Das hatte seine Tücken, schreibt der Musiker im Begleitheft zu dieser CD: "Wie bei allen schlafenden Märchenprinzessinnen, die etwas taugen, war das Aufwecken dieser Schönheiten alles andere als einfach. Nachdem sie so lange in ihren Kästen in Oxford ge- schlummert hatten, waren sie zerbrechlich, empfindlich und launisch." Sechs Blockflöten aus diesem Schatz wählte er für die Aufnahmen aus.
Einige der Instrumente, berichtet Holtslag, klangen immer besser, je länger sie gespielt wurden. Das gilt insbesondere für die Blockflöten von Peter Bressan (1663 bis 1731). Er war wohl in erster Linie Oboist, doch er gilt als der Stradivarius der Barockblockflöte. Von den Oboen, die er angefertigt hat, blieb keine erhalten; aber 57 Block- und drei Traversflöten sind überliefert. Holtslag stellt auf der CD eine einzigartige Quartflöte des Meisters vor, sowie eine Altblockflöte und eine wundervolle Bassblockflöte, die nicht nur traumhaft aussieht, sondern auch phantastisch klingt.
Den Stempel Urquhart tragen nur noch zwei Altblockflöten weltweit. Über ihren Erbauer ist nichts bekannt; aber die Flöten sind ausge- sprochen kunstfertig aus gebeiztem Buchbaum mit Elfenbeinringen angefertigt worden. Das Instrument, das Holtslag in der Oxforder Sammlung vorfand, klingt einzigartig - aber es ist sehr fragil und heute nur noch für wenige Minuten spielbar.
Ähnliches gilt auch für eine Altblockflöte des Niederländers Robert Wijne (1698-1774). Dieses Instrument hat einen faszinierenden Klang - aber es hat sich derart verzogen, dass Holtslag die Sonate von Johann Christian Schickardt vermutlich über mehrere Tage verteilt eingespielt hat: "Die Stimmung ist äußerst problematisch und ver- schlechtert sich nach nur wenigen Minuten des Spielens", berichtet der Flötist.
Thomas Stanesby junior (1692 bis 1754) ist auf der CD mit einer Tenorflöte vertreten. Auch sie erwies sich als Prinzessin - mit einem Riss im Kopfstück. "Normalerweise ist dieser Riss nur kosmetischer Natur, er bleibt geschlossen, und das Instrument spielt einwandfrei", meint Holtslag. "Wie aber nicht anders zu erwarten, entschloss sich der Riss allerdings, einen Tag vor unserer Aufnahme aufzugehen, was das Instrument fast unmöglich zu spielen machte. Wir schafften gerade ein kurzes (...) Stück, wobei wir unglücklicherweise gezwungen waren, das tiefe Register des Instruments zu meiden, welches normalerweise besonders schön klingt." Wie die Geschichte weitergeht, kann sich der Hörer denken: "Zwei Tage nach Beenden der Aufnahmen kehrte die Stanesby - was sonst - zurück zu ihrem vorherigen Zustand."
Es wird also nicht verwundern, dass die Blockflöten von Peter Bressan den weitaus größten Anteil an dieser Klangprobe haben. Holtslag hat für jedes Instrument passende Werke ausgewählt, und sich zudem exzellente Mitstreiter gesucht. So wird der Flötist von Elizabeth Kenny, Erzlaute und Theorbe, Rainer Zipperling, Gambe und Barock-Violoncello sowie Carsten Lohff am Cembalo begleitet. Bressan betrachtet Musik zudem als Fortsetzung der Rhetorik mit musikali- schen Mitteln, und nicht als sportliche Übung. Das Ergebnis ist eine außerordentlich spannende, klangschöne CD, die Freunde der Barockmusik begeistern wird.
Dienstag, 20. November 2012
Still liegt die Winternacht (Hänssler)
Zur Zeit der Romantik waren Männerchöre in Deutschland weit verbreitet. Leider sind sie heute Raritäten, und auch diese CD hat mit dem vorweihnachtlichen Gedudel, was man bald wieder überall ertragen muss, soviel zu tun wie Santa Claus mit Knecht Ruprecht.
Die Meistersinger präsentieren den Mitschnitt eines Konzertes, das sie am 4. Dezember 2011 im Kloster Bronnbach gesungen haben. Dieser Chor ist aus den Männerstimmen der Gächinger Kantorei hervorgegangen. Er wurde 1998 gegründet, und wird von Klaus Breuninger geleitet. Zwar kann das Ensemble im Bereich der hohen Männerstimmen nicht mit Glanz und Strahlkraft prunken. Doch das macht das tiefe Register mehr als wett - die Meistersinger verfügen über wirklich tiefe Bässe, eine Stimmlage, die mittlerweile ebenso selten geworden ist wie der "echte" hohe Tenor. Und das Ensemble singt sehr sauber und harmonisch. Diese Stärken kommen in dem ausgewählten Programm gut zur Geltung. Man höre nur die drei Chorsätze, die Guido Heidloff speziell für die Meister- singer geschrieben hat, mit ihren tollkühnen harmonischen Rückungen - musikalisch sehr anspruchsvoll, doch solche Kapriolen bereiten den 16 Sängern keinerlei Probleme.
In einem liebevoll zusammengestellten Beiheft erläutern die Meister- singer ihre Programmzusammenstellung. Der Leser freut sich über die kurzen Texte, die in launiger Art und Weise Herkunft und Urheber der Lieder erläutern. Und der Hörer freut sich über die Lieder, die einerseits typisches Männerchor-Repertoire und andererseits zum größten Teil wenig bekannt sind. In die Liedauswahl, die von Adeste Fideles bis hin zu In der Winternacht von Walter Rein aus dem Jahre 1950 und von Es ist ein Ros entsprungen bis zu White Christmas reicht, haben die Meistersinger aber auch Klassiker wie Maria durch ein Dornwald ging oder Leise rieselt der Schnee mit aufgenommen. Die Arrangements sind mitunter faszinierend. Weniger gelungen finde ich allerdings den Sprung über den Atlantik; natürlich möchte jeder gern Bing Crosby singen, aber diese Art Chorgesang können die Amerikaner besser. Doch dann erklingt Stille Nacht, heilige Nacht - so innig und inspiriert, das rettet die Stimmung und ist wirklich ein krönender Abschluss. Bravi!
Die Meistersinger präsentieren den Mitschnitt eines Konzertes, das sie am 4. Dezember 2011 im Kloster Bronnbach gesungen haben. Dieser Chor ist aus den Männerstimmen der Gächinger Kantorei hervorgegangen. Er wurde 1998 gegründet, und wird von Klaus Breuninger geleitet. Zwar kann das Ensemble im Bereich der hohen Männerstimmen nicht mit Glanz und Strahlkraft prunken. Doch das macht das tiefe Register mehr als wett - die Meistersinger verfügen über wirklich tiefe Bässe, eine Stimmlage, die mittlerweile ebenso selten geworden ist wie der "echte" hohe Tenor. Und das Ensemble singt sehr sauber und harmonisch. Diese Stärken kommen in dem ausgewählten Programm gut zur Geltung. Man höre nur die drei Chorsätze, die Guido Heidloff speziell für die Meister- singer geschrieben hat, mit ihren tollkühnen harmonischen Rückungen - musikalisch sehr anspruchsvoll, doch solche Kapriolen bereiten den 16 Sängern keinerlei Probleme.
In einem liebevoll zusammengestellten Beiheft erläutern die Meister- singer ihre Programmzusammenstellung. Der Leser freut sich über die kurzen Texte, die in launiger Art und Weise Herkunft und Urheber der Lieder erläutern. Und der Hörer freut sich über die Lieder, die einerseits typisches Männerchor-Repertoire und andererseits zum größten Teil wenig bekannt sind. In die Liedauswahl, die von Adeste Fideles bis hin zu In der Winternacht von Walter Rein aus dem Jahre 1950 und von Es ist ein Ros entsprungen bis zu White Christmas reicht, haben die Meistersinger aber auch Klassiker wie Maria durch ein Dornwald ging oder Leise rieselt der Schnee mit aufgenommen. Die Arrangements sind mitunter faszinierend. Weniger gelungen finde ich allerdings den Sprung über den Atlantik; natürlich möchte jeder gern Bing Crosby singen, aber diese Art Chorgesang können die Amerikaner besser. Doch dann erklingt Stille Nacht, heilige Nacht - so innig und inspiriert, das rettet die Stimmung und ist wirklich ein krönender Abschluss. Bravi!
Mendelssohn Bartholdy: Lieder ohne Worte; Korstick (cpo)
Michael Korstick spielt die Lieder ohne Worte sowie die Variations sérieuses von Felix Mendelssohn Bartholdy. Er erkundet diese Werke mit derselben Sorgfalt und pianistischen Präzision, die man bereits von seinen Beethoven-Einspielungen kennt und schätzt.
Wenn Korstick spielt, klingt Mendelssohns Musik elegant und erfreulich klar strukturiert. Darin unterscheidet sich diese Aufnahme wohltuend von anderen Einspie- lungen, die sich gern im Gefühlig-Ungefähren tummeln. So kennt man die Lieder ohne Worte eher als Klanggewaber, aus dem ab und zu Melodiefragmente auftauchen. Davon kann auf diesen beiden CD keine Rede sein. Und man staunt, wie sorgsam der Komponist einst diese kleinen Werke gestaltet hat - dank Korstick wird es hörbar.
Dass diese hübschen Miniaturen mehr sind als Salonstücke zur Unterhaltung der besseren Kreise, macht Korstick mit seiner Inter- pretation deutlich. Wer die zwei CD angehört hat, der wird mir zu- stimmen: Diesem brillanten Pianisten ist damit eine weitere Referenz- aufnahme gelungen, die man nur empfehlen kann.
Wenn Korstick spielt, klingt Mendelssohns Musik elegant und erfreulich klar strukturiert. Darin unterscheidet sich diese Aufnahme wohltuend von anderen Einspie- lungen, die sich gern im Gefühlig-Ungefähren tummeln. So kennt man die Lieder ohne Worte eher als Klanggewaber, aus dem ab und zu Melodiefragmente auftauchen. Davon kann auf diesen beiden CD keine Rede sein. Und man staunt, wie sorgsam der Komponist einst diese kleinen Werke gestaltet hat - dank Korstick wird es hörbar.
Dass diese hübschen Miniaturen mehr sind als Salonstücke zur Unterhaltung der besseren Kreise, macht Korstick mit seiner Inter- pretation deutlich. Wer die zwei CD angehört hat, der wird mir zu- stimmen: Diesem brillanten Pianisten ist damit eine weitere Referenz- aufnahme gelungen, die man nur empfehlen kann.
Sonntag, 18. November 2012
Bach: Motetten; Bernius (Carus)
Aufnahmen von Bachs Motetten gibt es in großer Zahl. Ob im Chor oder in solistischer Besetzung, mit Knabenstimmen, mit Orchester oder nur mit Continuo - vom Thomanerchor bis hin zur Rheini- schen Kantorei, vom Niederländi- schen Kammerchor über das Collegium Vocale Gent bis zum Bach Collegium Japan und vom Monteverdi Choir bis zu Amar- cord, man muss nur kurz beispielsweise bei Amazon das Stichwort eingeben, und wird eine riesige Auswahl vorfinden. Auch Frieder Bernius hat mit dem Kammerchor und dem Barockorchester Stuttgart 1989 bereits eine Version eingespielt.
Warum er sich entschlossen hat, nun noch einmal diese Werke vorzulegen, das würde der neugierige Hörer gern aus dem Beiheft zu dieser CD erfahren. Doch dort findet sich lediglich ein langer Text, der sich mit Echtheits- und Überlieferungsproblemen auseinandersetzt. Das ist ja ganz nett, aber es macht uns nicht schlauer.
Und die Aufnahme erklärt es ebenfalls nicht. Auch wenn Bernius hier auf das Orchester gänzlich verzichtet und die Motetten pur, nur unter Mitwirkung von Hartwig Groth an der Gambe und Christof Roos an der Orgel, vortragen lässt. Vielleicht ist es ein Wunsch des Labels, denn die populären Motetten werden sicherlich Umsatz bringen - zumal wenn sie so perfekt gesungen erklingen.
Der Kammerchor Stuttgart singt harmonisch und ausbalanciert, das Ensemble zeigt - wie gewohnt - sängerische Brillanz und einen un- glaublich ausgewogenen Chorklang. Darüber geht allerdings jeglicher Affekt flöten. Was für ein Jammer! Ich lasse dich nicht klingt hier genauso wie Singet dem Herrn ein neues Lied oder Jesu meine Freude. Gerade von Bernius und seinem stimmstarken Ensemble hatte man mehr erhofft als eine bloße Hochglanz-Aufnahme. Doch so enttäuscht diese CD mit Schönklang, der Langeweile verbreitet. Schade!
Warum er sich entschlossen hat, nun noch einmal diese Werke vorzulegen, das würde der neugierige Hörer gern aus dem Beiheft zu dieser CD erfahren. Doch dort findet sich lediglich ein langer Text, der sich mit Echtheits- und Überlieferungsproblemen auseinandersetzt. Das ist ja ganz nett, aber es macht uns nicht schlauer.
Und die Aufnahme erklärt es ebenfalls nicht. Auch wenn Bernius hier auf das Orchester gänzlich verzichtet und die Motetten pur, nur unter Mitwirkung von Hartwig Groth an der Gambe und Christof Roos an der Orgel, vortragen lässt. Vielleicht ist es ein Wunsch des Labels, denn die populären Motetten werden sicherlich Umsatz bringen - zumal wenn sie so perfekt gesungen erklingen.
Der Kammerchor Stuttgart singt harmonisch und ausbalanciert, das Ensemble zeigt - wie gewohnt - sängerische Brillanz und einen un- glaublich ausgewogenen Chorklang. Darüber geht allerdings jeglicher Affekt flöten. Was für ein Jammer! Ich lasse dich nicht klingt hier genauso wie Singet dem Herrn ein neues Lied oder Jesu meine Freude. Gerade von Bernius und seinem stimmstarken Ensemble hatte man mehr erhofft als eine bloße Hochglanz-Aufnahme. Doch so enttäuscht diese CD mit Schönklang, der Langeweile verbreitet. Schade!
Wilhelm Friedemann Bach: Sonatas and Suite (Naxos)
Wilhelm Friedemann Bach (1710 bis 1784), der älteste Sohn Johann Sebastian Bachs und seiner ersten Frau Maria Barbara, gehört ohne Zweifel zu den großen Clavier- virtuosen seiner Zeit. Anders aber als sein Bruder Carl Philipp Ema- nuel Bach, der als Cembalist bei Friedrich dem Großen diente, und in seinen Werken für Tasteninstru- mente teilweise eine sehr moderne musikalische Sprache entwickelte, setzte Wilhelm Friedemann Bach auf eine höchst eigenwillige Kom- bination aus dem traditionellen Kontrapunkt und dem Experimen- tierdrang seiner Generation. Da gibt es einiges zu entdecken. So beeindruckt beispielsweise sein kühner Einsatz von Chromatik und Kontrasten.
Julia Brown, Musikdirektorin und Organistin an der First United Methodist Church in Eugene, Oregon/USA, wagt sich an eine erste Gesamtaufnahme der Clavierwerke des Komponisten, die insbe- sondere aus einer Reihe von Sonaten und etlichen einzelnen Tanzsätzen bestehen. Diese CD enthält auch die einzige überlieferte Suite von Wilhelm Friedemann Bach. Wie schon sein Vater in den Partiten, überschreitet hier auch der Sohn die Grenzen des Genres. Er nutzt zwar die Tanzsätze weiter, aber obgleich eine gewisse formale Strenge hier ebenfalls nicht zu verleugnen ist, so ähneln diese Werke doch bereits stärker Charakterstücken.
Julia Brown, Musikdirektorin und Organistin an der First United Methodist Church in Eugene, Oregon/USA, wagt sich an eine erste Gesamtaufnahme der Clavierwerke des Komponisten, die insbe- sondere aus einer Reihe von Sonaten und etlichen einzelnen Tanzsätzen bestehen. Diese CD enthält auch die einzige überlieferte Suite von Wilhelm Friedemann Bach. Wie schon sein Vater in den Partiten, überschreitet hier auch der Sohn die Grenzen des Genres. Er nutzt zwar die Tanzsätze weiter, aber obgleich eine gewisse formale Strenge hier ebenfalls nicht zu verleugnen ist, so ähneln diese Werke doch bereits stärker Charakterstücken.
Fasch: Orchestral works Vol. 3 (Chaconne)
Das Tempesta di Mare Philadelphia Baroque Orchestra hat erneut eine CD mit Orchesterwerken von Johann Friedrich Fasch (1688 bis 1758) veröffentlicht. Dabei ge- lingen dem Ensemble, das durch die Flötistin Gwyn Roberts und den Lautenisten Richard Stone geleitet wird, erneut einige Entdeckungen. So sind vier der sechs Konzerte und Ouvertüren auf dieser CD in Ersteinspielung zu hören.
Es erklingt ein Lautenkonzert, das Fasch möglicherweise für den berühmten Dresdner Lautenisten Sylvius Leopold Weiss (1687 bis 1750) geschrieben hat. Auch ein Blockflötenkonzert, das stilistisch an die Werke Vivaldis erinnert, haben die Musiker aufgespürt und ein- gespielt. Der Konzertsatz in F-Dur hingegen klingt wie eine Parodie des galanten Stils, so lehrbuchmäßig folgt der Komponist hier der damaligen Mode.
Ansonsten sind die Konzerte sehr häufig typisch Fasch; sein höchst individueller Stil, der stets Überraschungen bereithält, ist klar zu erkennen. Leider wird bei dieser CD nicht deutlich, wo die Musiker die einzelnen Werke gefunden haben. Das ist durchaus eine interessante Frage, denn Fasch, Kapellmeister in Zerbst, stand zeitlebens in regem Austausch mit Kollegen und Freunden. Wer also unveröffentlichte Werke sucht, der sollte diesem Netzwerk nachspüren. Das lohnt sich, wie hier zu hören ist. Und man darf gespannt bleiben, was Tempesta di Mare in den nächsten Folgen dieser Reihe vorstellen wird.
Es erklingt ein Lautenkonzert, das Fasch möglicherweise für den berühmten Dresdner Lautenisten Sylvius Leopold Weiss (1687 bis 1750) geschrieben hat. Auch ein Blockflötenkonzert, das stilistisch an die Werke Vivaldis erinnert, haben die Musiker aufgespürt und ein- gespielt. Der Konzertsatz in F-Dur hingegen klingt wie eine Parodie des galanten Stils, so lehrbuchmäßig folgt der Komponist hier der damaligen Mode.
Ansonsten sind die Konzerte sehr häufig typisch Fasch; sein höchst individueller Stil, der stets Überraschungen bereithält, ist klar zu erkennen. Leider wird bei dieser CD nicht deutlich, wo die Musiker die einzelnen Werke gefunden haben. Das ist durchaus eine interessante Frage, denn Fasch, Kapellmeister in Zerbst, stand zeitlebens in regem Austausch mit Kollegen und Freunden. Wer also unveröffentlichte Werke sucht, der sollte diesem Netzwerk nachspüren. Das lohnt sich, wie hier zu hören ist. Und man darf gespannt bleiben, was Tempesta di Mare in den nächsten Folgen dieser Reihe vorstellen wird.
Freitag, 16. November 2012
The young Salvatore Accardo (Idis)
"Il mio iter di studi è stato asso- lutamente normale, solo che ho fatto tutto molto prima", bemerkte der Geiger Salvatore Accardo einmal. Üblicherweise dauert das Studium an einem italienischen Konservatorium zehn Jahre, mit Prüfungen nach dem fünften, dem achten und dem letzten Unter- richtsjahr. Accardo, Jahrgang 1941, absolvierte die erste Prüfung 1951, die zweite 1953 und das Ab- schlussexamen 1956. Zwei Jahre später gewann er den Internatio- nalen Violinwettbewerb Premio Paganini in Genua.
Diese CD bringt - sorgsam remastert - einige ganz frühe Aufnahmen Accardos, die er in den Jahren 1959/60 im Studio eingespielt hat, am Klavier begleitet von Antonio Beltrami. Der Hörer erlebt kein dres- siertes Wunderkind, sondern einen jugendlichen Künstler, der sich bereits durch jene Sorgfalt und Finesse auszeichnet, die sein Spiel auch später prägt. Und noch eines wird klar: Alle Geiger, die Werke von Paganini vortragen wollen, müssen sich an diesen Aufnahmen messen lassen. Dieses Niveau will erst einmal erreicht sein.
Diese CD bringt - sorgsam remastert - einige ganz frühe Aufnahmen Accardos, die er in den Jahren 1959/60 im Studio eingespielt hat, am Klavier begleitet von Antonio Beltrami. Der Hörer erlebt kein dres- siertes Wunderkind, sondern einen jugendlichen Künstler, der sich bereits durch jene Sorgfalt und Finesse auszeichnet, die sein Spiel auch später prägt. Und noch eines wird klar: Alle Geiger, die Werke von Paganini vortragen wollen, müssen sich an diesen Aufnahmen messen lassen. Dieses Niveau will erst einmal erreicht sein.
Salvatore Accardo (Dynamic)
Diese Neun-CD-Box, erschienen anlässlich des siebzigsten Geburts- tages des großen Geigers Salvatore Accardo, bestätigt es wieder ein- mal: Virtuosität ist eine notwendi- ge, aber keine hinreichende Vor- aussetzung für den Musikerberuf.
Das zeigt sich insbesondere an Accardos Auseinandersetzung mit dem Werk Nicoló Paganinis. Wir verdanken ihm viele Ersteinspie- lungen und Wiederentdeckungen - und wer darum weiß, wie der exzellent ausgebildete Nachwuchs diese Werke oftmals spielt, der wird bestätigen, dass es nichts von dem Zauber dieser Musik vermittelt, wenn man sie lediglich technisch brillant und so rasant wie eben möglich vorträgt. So erklingen Paga- ninis Drei Duette für Violine und Fagott als zwar virtuose, aber eben auch geistreiche Stücke, in denen Salvatore Accardo in einen spielerischen Wettstreit mit Claudio Gonella tritt, der die höllisch anspruchsvolle Fagott-Partie locker und mit Witz meistert.
Auch die Kammermusik gehört offensichtlich zu den Leidenschaften Accardos. Ob das Concerto von Alberto Ginastera oder Werke von Dvorak, Verdi, Chausson, Borodin oder Rolla - in den Archiven von Dynamic fanden sich viele interessante Aufnahmen. Sie zeigen, mit welcher Sorgfalt und Hingabe der Geiger auch Werke erarbeitete, die viele namhafte Solisten gar nicht beachten. Vielen Dank an das Label für dieses großartige Porträt eines bedeutenden Musikers.
Das zeigt sich insbesondere an Accardos Auseinandersetzung mit dem Werk Nicoló Paganinis. Wir verdanken ihm viele Ersteinspie- lungen und Wiederentdeckungen - und wer darum weiß, wie der exzellent ausgebildete Nachwuchs diese Werke oftmals spielt, der wird bestätigen, dass es nichts von dem Zauber dieser Musik vermittelt, wenn man sie lediglich technisch brillant und so rasant wie eben möglich vorträgt. So erklingen Paga- ninis Drei Duette für Violine und Fagott als zwar virtuose, aber eben auch geistreiche Stücke, in denen Salvatore Accardo in einen spielerischen Wettstreit mit Claudio Gonella tritt, der die höllisch anspruchsvolle Fagott-Partie locker und mit Witz meistert.
Auch die Kammermusik gehört offensichtlich zu den Leidenschaften Accardos. Ob das Concerto von Alberto Ginastera oder Werke von Dvorak, Verdi, Chausson, Borodin oder Rolla - in den Archiven von Dynamic fanden sich viele interessante Aufnahmen. Sie zeigen, mit welcher Sorgfalt und Hingabe der Geiger auch Werke erarbeitete, die viele namhafte Solisten gar nicht beachten. Vielen Dank an das Label für dieses großartige Porträt eines bedeutenden Musikers.
Donnerstag, 15. November 2012
Amüsantes und Rasantes für 2 Flöten und Klavier (Thorofon)
Raritäten für Flötenduo haben Elisabeth Weinzierl und Edmund Wächter gemeinsam mit der Pianistin Eva Schieferdecker auf dieser CD zusammengetragen.
Die Münchner Flötisten spielen das Duettino hongrois op. 36 von Franz Doppler, das Grand Trio
op. 119 von Friedrich Kuhlau, und Mozarts Sonate D-Dur KV 448 - ursprünglich entstanden für zwei Klaviere, später für zwei Violinen und Klavier bearbeitet von Ferdi- nand David. Auf der Grundlage dieser Version haben die Münchner Musiker dann ihr Arrangement für zwei Flöten und Klavier erstellt.
Eine Bearbeitung der drei Musiker erschließt auch das berühmte Duo des Fleurs aus der Oper Lakmé von Léo Delibes für diese Besetzung; man staunt, dass dies zuvor noch niemandem eingefallen ist, denn das Werk bietet sich dafür geradezu an. So erklingt es auf dieser CD in Ersteinspielung - wie auch die Fantaisie concertante Souvenir de Lucie de Lammermoor von Jules Herman und die Musik für die Pan- tomime aus dem ersten Akt der Oper Cardillac von Paul Hindemith. Anspruchsvolles Repertoire also, das teilweise hohe Anforderungen an die Solisten stellt. Wenn man bedenkt, welch ausgezeichneten Ruf die beiden Flötisten als Lehrer und Herausgeber von Unterrichts- literatur haben, dann wird man freilich von dieser Aufnahme ein bisschen enttäuscht sein. Denn man vermisst eine gewisse Eleganz in Phrasierung und Gestaltung - und der Ton könnte auch farbiger, ab- wechslungsreicher sein. Schade.
Die Münchner Flötisten spielen das Duettino hongrois op. 36 von Franz Doppler, das Grand Trio
op. 119 von Friedrich Kuhlau, und Mozarts Sonate D-Dur KV 448 - ursprünglich entstanden für zwei Klaviere, später für zwei Violinen und Klavier bearbeitet von Ferdi- nand David. Auf der Grundlage dieser Version haben die Münchner Musiker dann ihr Arrangement für zwei Flöten und Klavier erstellt.
Eine Bearbeitung der drei Musiker erschließt auch das berühmte Duo des Fleurs aus der Oper Lakmé von Léo Delibes für diese Besetzung; man staunt, dass dies zuvor noch niemandem eingefallen ist, denn das Werk bietet sich dafür geradezu an. So erklingt es auf dieser CD in Ersteinspielung - wie auch die Fantaisie concertante Souvenir de Lucie de Lammermoor von Jules Herman und die Musik für die Pan- tomime aus dem ersten Akt der Oper Cardillac von Paul Hindemith. Anspruchsvolles Repertoire also, das teilweise hohe Anforderungen an die Solisten stellt. Wenn man bedenkt, welch ausgezeichneten Ruf die beiden Flötisten als Lehrer und Herausgeber von Unterrichts- literatur haben, dann wird man freilich von dieser Aufnahme ein bisschen enttäuscht sein. Denn man vermisst eine gewisse Eleganz in Phrasierung und Gestaltung - und der Ton könnte auch farbiger, ab- wechslungsreicher sein. Schade.
Mittwoch, 14. November 2012
Bach: 6 Suites a violoncello solo senza basso (Lipkind)
"Bach's cello suites were the first music I ever tried to play on the cello", berichtet Gavriel Lipkind in dem sehr ausführlichen Beiheft zu dieser Produktion. "Coming from a non-musician family of Bach devotees and baroque enthusiasts, there was always a sense of a scientific-spiritual-human truth to be discovered in the music of the ,Supreme Master'."
Der Musiker kam 1977 in Tel Aviv als Kind russischer Auswanderer zur Welt. Er begann mit sechs Jahren, Violoncello zu lernen, und studierte dann bei Lehrern auf drei Kontinenten. Noch als Teenager gewann er zahlreiche Wettbe- werbe und Preise. Doch statt sich in den Erfolg und den Konzert- betrieb zu stürzen, verließ der Cellist die Bühne: Lipkind nahm eine Auszeit. "At this stage of my career I was looking for a chance to go into retreat in order to concentrate on developing certain skills and qualities, the absence of which, I felt, hindered my growth as an artist", erläutert der Musiker seine Entscheidung. Ein Ergebnis dieser künstlerisch keineswegs unproduktiven Zeit ist das eigene Label Lipkind Productions, wo der Cellist nunmehr die Resultate seiner Arbeit veröffentlicht. Ein weiteres Resultat ist diese Aufnahme von Bachs Cello-Suiten.
Im Beiheft erklärt Lipkind umfassend, wie er zu seiner Interpretation gelangt ist. Ein wichtiger Aspekt ist ohne Zweifel ein Phänomen, dass er mit dem Begriff der single-voice polyphony beschreibt: Zu Bachs Zeiten war es durchaus üblich, eine einzelne Stimme zu notieren - und dabei weitere, virtuelle Stimmen zu berücksichtigen, die nicht er- klingen, aber die ein (geübter) Zuhörer trotzdem wahrnimmt. Diese latente Polyphonie nutzt Lipkind als Grundlage seines Musizierens. Das freilich haben vor ihm auch schon andere Cellisten getan.
Was aber unterscheidet diese Interpretation von ihren Aufnahmen? Vielleicht in erster Linie ihre Spiritualität. Theologische Aspekte prägen nicht nur die Überlegungen Lipkinds, sie beeinflussen auch sein Spiel, das durch meditative Ruhe und Tiefgründigkeit beein- druckt. Tänzerische Akzente, wie sie manch anderer Musiker setzt, sind hier nicht vordergründig. Und man muss sagen, auch das Instrument ist eine Wucht.
Lipkind spielt das sogenannte Zihrhonheimer Cello - laut Zettel angefertigt von Aloysius Michael Garani 1702 in Bologna. Dieses Cello klingt eher wild als nett; es scheint keines jener Instrumente zu sein, die aus sich selbst heraus strahlen. Man darf sehr gespannt sein, wie sich das anhören wird, wenn Lipkind darauf Werke von Haydn oder aber Schumann vorstellt.
Der Musiker kam 1977 in Tel Aviv als Kind russischer Auswanderer zur Welt. Er begann mit sechs Jahren, Violoncello zu lernen, und studierte dann bei Lehrern auf drei Kontinenten. Noch als Teenager gewann er zahlreiche Wettbe- werbe und Preise. Doch statt sich in den Erfolg und den Konzert- betrieb zu stürzen, verließ der Cellist die Bühne: Lipkind nahm eine Auszeit. "At this stage of my career I was looking for a chance to go into retreat in order to concentrate on developing certain skills and qualities, the absence of which, I felt, hindered my growth as an artist", erläutert der Musiker seine Entscheidung. Ein Ergebnis dieser künstlerisch keineswegs unproduktiven Zeit ist das eigene Label Lipkind Productions, wo der Cellist nunmehr die Resultate seiner Arbeit veröffentlicht. Ein weiteres Resultat ist diese Aufnahme von Bachs Cello-Suiten.
Im Beiheft erklärt Lipkind umfassend, wie er zu seiner Interpretation gelangt ist. Ein wichtiger Aspekt ist ohne Zweifel ein Phänomen, dass er mit dem Begriff der single-voice polyphony beschreibt: Zu Bachs Zeiten war es durchaus üblich, eine einzelne Stimme zu notieren - und dabei weitere, virtuelle Stimmen zu berücksichtigen, die nicht er- klingen, aber die ein (geübter) Zuhörer trotzdem wahrnimmt. Diese latente Polyphonie nutzt Lipkind als Grundlage seines Musizierens. Das freilich haben vor ihm auch schon andere Cellisten getan.
Was aber unterscheidet diese Interpretation von ihren Aufnahmen? Vielleicht in erster Linie ihre Spiritualität. Theologische Aspekte prägen nicht nur die Überlegungen Lipkinds, sie beeinflussen auch sein Spiel, das durch meditative Ruhe und Tiefgründigkeit beein- druckt. Tänzerische Akzente, wie sie manch anderer Musiker setzt, sind hier nicht vordergründig. Und man muss sagen, auch das Instrument ist eine Wucht.
Lipkind spielt das sogenannte Zihrhonheimer Cello - laut Zettel angefertigt von Aloysius Michael Garani 1702 in Bologna. Dieses Cello klingt eher wild als nett; es scheint keines jener Instrumente zu sein, die aus sich selbst heraus strahlen. Man darf sehr gespannt sein, wie sich das anhören wird, wenn Lipkind darauf Werke von Haydn oder aber Schumann vorstellt.
Montag, 12. November 2012
Johann Christoph Bach: Arie variate & Lamenti (Etcetera)
"Dies ist der große und ausdrük- kende Componist", notierte Carl Philipp Emanuel Bach über seinen Vorfahren. Und der Jenaer Musiker Johann Jakob Syrbius berichtet, Johann Christoph Bach sei nicht nur ein "recht Miracul von einem Organisten", ihn habe auch beispielsweise Johann Pachelbel "über 1000 andere aestimiret".
Wer die vorliegende CD angehört hat, der wird ihm darin zustimmen. Sie gibt Einblick in das schmale überlieferte Werk des Komponisten. Die zwei Arie variate und eine Sarabanda variata sowie die Lamenti Ach, dass ich Wassers gnug hätte und Wie bist du denn, o Gott, in Zorn auf mich entbrannt lassen aufhorchen. Johann Christoph Bach, der als Organist in Eisenach wirkte, verstand offenbar sein Handwerk - und hatte kühne musikalische Ideen, die bis zum heutigen Tage begeistern.
Johann Christoph Bach (1642 bis 1703) war der Sohn des Arnstädter Organisten Heinrich Bach. An Tasteninstrumenten dürfte ihn sein Vater unterrichtet haben; es wird zudem vermutet, das ihn im Fach Komposition Kantor Jonas de Fletin unterwiesen hat, ein Schüler von Heinrich Schütz. 1663 wurde Johann Christoph Bach Organist der Schlosskapelle in der thüringischen Residenzstadt; zwei Jahre später ging er als Stadtorganist nach Eisenach. 1667 heiratete er er eine Arnstädter Bürgertochter. Das Paar hatte sieben Kinder; die vier Söhne wurden durchweg Organisten. Die Eisenacher Georgenkirche verdankte Johann Christoph Bach, der die Disposition erarbeitete und sich viele Jahre für den Neubau einsetzte, eine beeindruckende Orgel. Das Instrument, das lange das größte in Thüringen war, wurde von 1697 bis 1707 durch Georg Christoph Stertzing erbaut. Hinter dem Prospekt befindet sich heute eine Schuke-Orgel aus dem Jahre 1982.
Mario Martinoli spielt die Variationenwerke Johann Christoph Bachs auf einem Cembalo aus der Werkstatt von Keith Hill, Manchester /Michigan. Dabei handelt es sich um die Kopie eines Instrumentes des Amsterdamer Clavierbauers Johannes Bull aus dem Jahre 1765. Sein Klang passt exzellent zu den überwiegend ziemlich brillanten Variationen, die vom hohen Stand der Cembalo-Musik seinerzeit in Mitteldeutschland zeugen.
Die beiden Lamenti für Solo-Gesang, Solo-Violine und begleitendes Gambenconsort erinnern in ihrer deklamatorischen Eindringlichkeit, die in erster Linie die Auslegung der biblischen Texte mit den Mitteln der Musik zum Ziel hat, an Werke von Heinrich Schütz. Es ist, insbe- sondere in dem Lamento für Bass, schier unglaublich, wie ausdrucks- stark Bach diese Musik gelungen ist. Ingrid Alexandre, Mezzosopran, und Salvo Vitale, Bass, gestalten im Dialog mit der Violine von Anais Chen ergreifende Klagegesänge. Das Ensemble Il Concerto delle Viole bettet gemeinsam mit Martinoli die kunstvolle Klage in einen archaisch wirkenden Teppich aus Gamben- und Orgelklängen ein. Das ist grandiose Musik, die neugierig macht auf ähnliche Entdeckungen - aber vielleicht finden sich ja im Laufe der Zeit in Archiven doch noch Werke des Thüringer Komponisten.
Wer die vorliegende CD angehört hat, der wird ihm darin zustimmen. Sie gibt Einblick in das schmale überlieferte Werk des Komponisten. Die zwei Arie variate und eine Sarabanda variata sowie die Lamenti Ach, dass ich Wassers gnug hätte und Wie bist du denn, o Gott, in Zorn auf mich entbrannt lassen aufhorchen. Johann Christoph Bach, der als Organist in Eisenach wirkte, verstand offenbar sein Handwerk - und hatte kühne musikalische Ideen, die bis zum heutigen Tage begeistern.
Johann Christoph Bach (1642 bis 1703) war der Sohn des Arnstädter Organisten Heinrich Bach. An Tasteninstrumenten dürfte ihn sein Vater unterrichtet haben; es wird zudem vermutet, das ihn im Fach Komposition Kantor Jonas de Fletin unterwiesen hat, ein Schüler von Heinrich Schütz. 1663 wurde Johann Christoph Bach Organist der Schlosskapelle in der thüringischen Residenzstadt; zwei Jahre später ging er als Stadtorganist nach Eisenach. 1667 heiratete er er eine Arnstädter Bürgertochter. Das Paar hatte sieben Kinder; die vier Söhne wurden durchweg Organisten. Die Eisenacher Georgenkirche verdankte Johann Christoph Bach, der die Disposition erarbeitete und sich viele Jahre für den Neubau einsetzte, eine beeindruckende Orgel. Das Instrument, das lange das größte in Thüringen war, wurde von 1697 bis 1707 durch Georg Christoph Stertzing erbaut. Hinter dem Prospekt befindet sich heute eine Schuke-Orgel aus dem Jahre 1982.
Mario Martinoli spielt die Variationenwerke Johann Christoph Bachs auf einem Cembalo aus der Werkstatt von Keith Hill, Manchester /Michigan. Dabei handelt es sich um die Kopie eines Instrumentes des Amsterdamer Clavierbauers Johannes Bull aus dem Jahre 1765. Sein Klang passt exzellent zu den überwiegend ziemlich brillanten Variationen, die vom hohen Stand der Cembalo-Musik seinerzeit in Mitteldeutschland zeugen.
Die beiden Lamenti für Solo-Gesang, Solo-Violine und begleitendes Gambenconsort erinnern in ihrer deklamatorischen Eindringlichkeit, die in erster Linie die Auslegung der biblischen Texte mit den Mitteln der Musik zum Ziel hat, an Werke von Heinrich Schütz. Es ist, insbe- sondere in dem Lamento für Bass, schier unglaublich, wie ausdrucks- stark Bach diese Musik gelungen ist. Ingrid Alexandre, Mezzosopran, und Salvo Vitale, Bass, gestalten im Dialog mit der Violine von Anais Chen ergreifende Klagegesänge. Das Ensemble Il Concerto delle Viole bettet gemeinsam mit Martinoli die kunstvolle Klage in einen archaisch wirkenden Teppich aus Gamben- und Orgelklängen ein. Das ist grandiose Musik, die neugierig macht auf ähnliche Entdeckungen - aber vielleicht finden sich ja im Laufe der Zeit in Archiven doch noch Werke des Thüringer Komponisten.
Samstag, 10. November 2012
Weihnachtslieder (Carus)
Rechtzeitig zum Fest ist der jüngste Teil des erfolgreichen Liederpro- jektes von Carus und SWR2 er- schienen: Eine Sammlung der schönsten deutschen Advents- und Weihnachtslieder auf zwei CD.
Sie werden von namhaften Sängern, Chören und Ensembles sowie von Kindern vorgetragen und durch Instrumentalisten be- gleitet. Die Mitwirkenden, von Christine Busch über Jonas Kauf- mann, Dorothee Mields und den Kammerchor Stuttgart bis hin zum Ensemble Calmus und zum Blechbläserensemble Ludwig Güttler und vielen Technikern und Tonmeistern, haben auf Honorar verzichtet. Und vom Verkauf jeder CD werden erneut zwei Euro an Projekte gespendet, die das Singen mit Kindern fördern.
Begleitet werden die beiden CD durch umfangreiche Beihefte, in denen sämtliche Texte zu finden sind. Wer die Noten sucht, der kann auf der Internetseite des Liederprojektes nachschauen - oder aber das Weihnachtsliederbuch erwerben, das wundervoll durch Frank Walka illustriert wurde. Es enthält auch eine Mitsing-CD, auf der alle Lieder in Instrumentalfassung erklingen. Diese Edition wird zudem ergänzt durch einen Musizier- und Klavierband, zwei Chorbücher, ein Textheft und einen Adventskalender. Sie wurden von Carus gemein- sam mit dem Reclam Verlag erarbeitet.
Sie werden von namhaften Sängern, Chören und Ensembles sowie von Kindern vorgetragen und durch Instrumentalisten be- gleitet. Die Mitwirkenden, von Christine Busch über Jonas Kauf- mann, Dorothee Mields und den Kammerchor Stuttgart bis hin zum Ensemble Calmus und zum Blechbläserensemble Ludwig Güttler und vielen Technikern und Tonmeistern, haben auf Honorar verzichtet. Und vom Verkauf jeder CD werden erneut zwei Euro an Projekte gespendet, die das Singen mit Kindern fördern.
Begleitet werden die beiden CD durch umfangreiche Beihefte, in denen sämtliche Texte zu finden sind. Wer die Noten sucht, der kann auf der Internetseite des Liederprojektes nachschauen - oder aber das Weihnachtsliederbuch erwerben, das wundervoll durch Frank Walka illustriert wurde. Es enthält auch eine Mitsing-CD, auf der alle Lieder in Instrumentalfassung erklingen. Diese Edition wird zudem ergänzt durch einen Musizier- und Klavierband, zwei Chorbücher, ein Textheft und einen Adventskalender. Sie wurden von Carus gemein- sam mit dem Reclam Verlag erarbeitet.
Servais: Cello Concertos Nr. 1 & 2 (Fuga Libera)
Adrien-Francois Servais (1807 bis 1866) galt seinen Zeitgenossen als der Paganini des Violoncellos. Seine Ausbildung erhielt er in Brüssel bei Nicolas-Joseph Platel, einem Schüler von Jean-Louis Duport. 1829 beendete er sein Studium mit einem Ersten Preis.
Als Virtuose reiste Servais durch ganz Europa. Er konzertierte auch in Russland, wo ihm, so geht die Legende, die Tochter des Zaren ein Stradivari-Cello schenkte, das noch heute zu den klangschönsten Instrumenten überhaupt gehört. In St. Petersburg lernte er zudem Sophie Feygin kennen, seine spätere Ehefrau. Das Paar bekam sechs Kinder; der jüngste Sohn Joseph wur- de auch ein berühmter Cellist.
Das Photo mit Didier Poskin verweist darauf: Servais war der Erfinder des Stachels. Damit befreite er den Cellisten von der strapaziösen Spielhaltung, die sich dadurch ergab, dass das Instrument zuvor zwischen den Beinen eingeklemmt gehalten wurde. Vom Sockel schaut ein Bild des Virtuosen, der auch zahlreiche Schüler ausbildete und so dazu beitrug, die belgische Cello-Schule zu etablieren.
Auf dieser CD sind vier bekannte Werke von Servais zu hören: Mor- ceau de Concert op. 14, Fantaisie burlesque sur le Carnaval de Venise op. 9, La Romanesca und das Konzert in h-Moll op. 5. Der belgische Cellist Didier Poskin musiziert gemeinsam mit dem KBS Symphony Orchestra, dem Sinfonieorchester des koreanischen Rundfunks, unter Patrick Davin. Leider kann das Orchester dem Temperament des Solisten nicht durchweg folgen. Doch das beein- trächtigt das Musikerlebnis nur unwesentlich. Poskin hat hörbar Vergnügen an den virtuosen Kabinettstückchen; insbesondere in der Fantaisie burlesque stellt er die Nähe zu Paganini deutlich heraus.
Als Virtuose reiste Servais durch ganz Europa. Er konzertierte auch in Russland, wo ihm, so geht die Legende, die Tochter des Zaren ein Stradivari-Cello schenkte, das noch heute zu den klangschönsten Instrumenten überhaupt gehört. In St. Petersburg lernte er zudem Sophie Feygin kennen, seine spätere Ehefrau. Das Paar bekam sechs Kinder; der jüngste Sohn Joseph wur- de auch ein berühmter Cellist.
Das Photo mit Didier Poskin verweist darauf: Servais war der Erfinder des Stachels. Damit befreite er den Cellisten von der strapaziösen Spielhaltung, die sich dadurch ergab, dass das Instrument zuvor zwischen den Beinen eingeklemmt gehalten wurde. Vom Sockel schaut ein Bild des Virtuosen, der auch zahlreiche Schüler ausbildete und so dazu beitrug, die belgische Cello-Schule zu etablieren.
Auf dieser CD sind vier bekannte Werke von Servais zu hören: Mor- ceau de Concert op. 14, Fantaisie burlesque sur le Carnaval de Venise op. 9, La Romanesca und das Konzert in h-Moll op. 5. Der belgische Cellist Didier Poskin musiziert gemeinsam mit dem KBS Symphony Orchestra, dem Sinfonieorchester des koreanischen Rundfunks, unter Patrick Davin. Leider kann das Orchester dem Temperament des Solisten nicht durchweg folgen. Doch das beein- trächtigt das Musikerlebnis nur unwesentlich. Poskin hat hörbar Vergnügen an den virtuosen Kabinettstückchen; insbesondere in der Fantaisie burlesque stellt er die Nähe zu Paganini deutlich heraus.
Mozart: Complete Clavier Works Vol. 12 (MDG)
Mit dieser CD schließt Siegbert Rampe seine Gesamteinspielung von Mozarts Clavierwerken auf Instrumenten der Mozart-Zeit ab. Die meisten davon erklingen hier in Ersteinspielung auf historischen Instrumenten; manches, wie die Clavierfassung des Rondeau D-Dur KV 382, lag bislang überhaupt noch nicht als Aufnahme vor. Das gilt auch für einige andere Stücke auf dieser CD.
In dem informativen Beiheft er- läutert Rampe ausführlich, warum er das jeweilige Stück mit aufgenommen und wieso er sich dabei gerade für dieses Instrument entschieden hat. Zur Auswahl standen ein Cembalo von Allan Winkler nach einem Vorbild, das 1711 in der Werkstatt von Pierre Donzelague in Lyon gebaut worden war, ein Cembalo von Burkat Shudi, London 1771, ein Tangentenflügel - ein Instrument, bei dem die Saiten durch ein Holzstäbchen, die soge- nannte Tangente, zum Klingen gebracht wird - unbekannter Herkunft, ein Clavichord von Allan Winkler nach einem Instrument von Johann David Schiedmayer, und ein Fortepiano von Barbara und Thomas Wolf, bei dem es sich um den Nachbau eines Instrumentes von Johan Schantz, Wien um 1795, handelt. Für die Aufnahmen sind Rampe und die Techniker und Tonmeister von MDG zu den Instrumenten gereist.
Es verwundert daher nicht, dass auf dieser CD eine enorme klangliche Vielfalt herrscht. Rampe erweist sich erneut als ein feinsinniger Inter- pret, der Quellen mit großer Sorgfalt auswertet, prüft und hinterfragt. Seine Mozart-Aufnahmen überzeugen durch Souveränität - man sollte die Herausforderung, gerade die "einfachen" Stücke hörenswert zu gestalten, durchaus nicht unterschätzen - und durch Humor. So wird auch mancher musikalische Scherz den Komponisten nachvollzieh- bar.
In dem informativen Beiheft er- läutert Rampe ausführlich, warum er das jeweilige Stück mit aufgenommen und wieso er sich dabei gerade für dieses Instrument entschieden hat. Zur Auswahl standen ein Cembalo von Allan Winkler nach einem Vorbild, das 1711 in der Werkstatt von Pierre Donzelague in Lyon gebaut worden war, ein Cembalo von Burkat Shudi, London 1771, ein Tangentenflügel - ein Instrument, bei dem die Saiten durch ein Holzstäbchen, die soge- nannte Tangente, zum Klingen gebracht wird - unbekannter Herkunft, ein Clavichord von Allan Winkler nach einem Instrument von Johann David Schiedmayer, und ein Fortepiano von Barbara und Thomas Wolf, bei dem es sich um den Nachbau eines Instrumentes von Johan Schantz, Wien um 1795, handelt. Für die Aufnahmen sind Rampe und die Techniker und Tonmeister von MDG zu den Instrumenten gereist.
Es verwundert daher nicht, dass auf dieser CD eine enorme klangliche Vielfalt herrscht. Rampe erweist sich erneut als ein feinsinniger Inter- pret, der Quellen mit großer Sorgfalt auswertet, prüft und hinterfragt. Seine Mozart-Aufnahmen überzeugen durch Souveränität - man sollte die Herausforderung, gerade die "einfachen" Stücke hörenswert zu gestalten, durchaus nicht unterschätzen - und durch Humor. So wird auch mancher musikalische Scherz den Komponisten nachvollzieh- bar.
Freitag, 9. November 2012
Wilhelm Friedemann Bach: Complete Organ Works (cpo)
"Unstreitig der größte Organist der Welt", begeisterte sich einst Christian Friedrich Daniel Schu- bart, der sein Spiel gehört hatte. "Er ist ein Sohn des weltberühmten Sebastian Bach und hat seinen Vater im Orgelspiel erreicht, wo nicht übertroffen. Er besitzt ein sehr feuriges Genie, eine schöpfe- rische Einbildungskraft, Origina- lität und Neuheit der Gedanken, eine stürmende Geschwindigkeit und die magische Kraft, alle Herzen mit seinem Orgelspiel zu bezaubern. Der Natur der Orgel hat er sich ganz bemächtiget; sein Registerverständnis hat ihm noch niemand nachgemacht. (...) Schade, dass seine Orgelkompositionen kostbarer und seltener als Gold sind! Doch es ist ein Trost für die Kunst, daß dieser erste Meister seine Orgelstücke selbst sammelt und versprochen hat, sie nach seinem Tode herauszugeben."
Wilhelm Friedemann Bach (1710 bis 1784) war der älteste Sohn Johann Sebastian Bachs. Er studierte in Leipzig Jura, Philosophie und Mathematik, und wurde 1733 Organist an der Sophienkirche in Dres- den. 1746 ging er nach Halle/Saale, wo er 18 Jahre lang als Organist und Musikdirektor an der Marktkirche wirkte. 1763 wurde er als Nachfolger von Christoph Graupner zum Hessisch-Darmstädtischen Hofkapellmeister ernannt. Die Stelle trat er nicht an, den Titel durfte er aber trotzdem führen. 1764 gab er sein Amt auf. Denn durch die verheerenden Auswirkungen des Siebenjährigen Krieges hatten sich die Arbeitsbedingungen in der Saalestadt derart verschlechtert, dass Wilhelm Friedemann Bach es vorzog, als Virtuose auf Konzertreisen zu gehen - möglicherweise in der Hoffnung, in einer der europäischen Musikmetropolen eine Anstellung zu erhalten. 1774 ließ er sich schließlich in Berlin nieder. Doch eine Stelle fand er nicht mehr.
Seine Werke galten lange als verschollen. So ist von seinem Orgelwerk kaum noch etwas aufzufinden. Experten gehen heute davon aus, dass Wilhelm Friedemann Bach nicht nur ein Virtuose des Orgelspiels, sondern in erster Linie auch ein Meister in der Improvisation gewe- sen sein muss.
Friedhelm Flamme hat für cpo alle überlieferten Stücke an der Hille- brand-Orgel der Münsterkirche St. Alexandri zu Einbeck eingespielt. Dabei handelt es sich um ein neues Instrument, das 2008 von der Orgelwerkstatt Martin Hillebrand aus Altwarmbüchen fertiggestellt wurde. Ein Teil der Register verblieb in der Disposition des 19. Jahr- hunderts, die Register des Plenums in Hauptwerk und Pedal hingegen folgten dem Vorbild eines älteren Instruments aus dem 18. Jahrhun- dert. Flamme demonstriert, dass sich die Hillebrand-Orgel ideal für Bachs Musik eignet. Er präsentiert die Werke des Organistenkollegen - in erster Linie Fugen und Choralvorspiele - so ansprechend, dass der Zuhörer geneigt ist, Schubarts Urteil zu bestätigen. Surround-Sound macht dies auch klanglich zu einem Erlebnis. Auf die Fortsetzung von Flammes CD-Reihe, in der er Orgeln und Orgelmusik aus Nord- deutschland vorstellt, darf man jedenfalls gespannt sein.
Wilhelm Friedemann Bach (1710 bis 1784) war der älteste Sohn Johann Sebastian Bachs. Er studierte in Leipzig Jura, Philosophie und Mathematik, und wurde 1733 Organist an der Sophienkirche in Dres- den. 1746 ging er nach Halle/Saale, wo er 18 Jahre lang als Organist und Musikdirektor an der Marktkirche wirkte. 1763 wurde er als Nachfolger von Christoph Graupner zum Hessisch-Darmstädtischen Hofkapellmeister ernannt. Die Stelle trat er nicht an, den Titel durfte er aber trotzdem führen. 1764 gab er sein Amt auf. Denn durch die verheerenden Auswirkungen des Siebenjährigen Krieges hatten sich die Arbeitsbedingungen in der Saalestadt derart verschlechtert, dass Wilhelm Friedemann Bach es vorzog, als Virtuose auf Konzertreisen zu gehen - möglicherweise in der Hoffnung, in einer der europäischen Musikmetropolen eine Anstellung zu erhalten. 1774 ließ er sich schließlich in Berlin nieder. Doch eine Stelle fand er nicht mehr.
Seine Werke galten lange als verschollen. So ist von seinem Orgelwerk kaum noch etwas aufzufinden. Experten gehen heute davon aus, dass Wilhelm Friedemann Bach nicht nur ein Virtuose des Orgelspiels, sondern in erster Linie auch ein Meister in der Improvisation gewe- sen sein muss.
Friedhelm Flamme hat für cpo alle überlieferten Stücke an der Hille- brand-Orgel der Münsterkirche St. Alexandri zu Einbeck eingespielt. Dabei handelt es sich um ein neues Instrument, das 2008 von der Orgelwerkstatt Martin Hillebrand aus Altwarmbüchen fertiggestellt wurde. Ein Teil der Register verblieb in der Disposition des 19. Jahr- hunderts, die Register des Plenums in Hauptwerk und Pedal hingegen folgten dem Vorbild eines älteren Instruments aus dem 18. Jahrhun- dert. Flamme demonstriert, dass sich die Hillebrand-Orgel ideal für Bachs Musik eignet. Er präsentiert die Werke des Organistenkollegen - in erster Linie Fugen und Choralvorspiele - so ansprechend, dass der Zuhörer geneigt ist, Schubarts Urteil zu bestätigen. Surround-Sound macht dies auch klanglich zu einem Erlebnis. Auf die Fortsetzung von Flammes CD-Reihe, in der er Orgeln und Orgelmusik aus Nord- deutschland vorstellt, darf man jedenfalls gespannt sein.
Vivaldi: Concertos for Strings (BIS)
Üblicherweise stehen bei Auf- nahmen von Vivaldi-Konzerten Solisten im Mittelpunkt des Geschehens. Das polnische Ensemble Arte dei Suonatori hat sich für einen anderen Zugang zur Musik des Komponisten ent- schieden, der selten gespielte Werke erschließt. Denn Antonio Vivaldi hat eine ganze Reihe von Konzerten geschrieben, in denen eine Gruppe von Streichern mit Basso continuo musiziert. Diese concerti a quattro erweisen sich als kunstvolle Werke, in denen Vivaldi, mehr noch als in den Solo- konzerten, mit seinen Fähigkeiten beim Tonsatz brilliert. Arte dei Suonatori stellt eine Auswahl davon vor. Musiziert wird harmonisch und mit Esprit, aber ohne Übertreibung. Entsprechend reizvoll ist diese Aufnahme, die ich sehr gelungen finde.
Donnerstag, 8. November 2012
Essence of Christmas (Genuin)
"Ein Weihnachtskonzert mit dem Ensemble gehört jedes Jahr zu unseren stimmungsvollsten Erlebnissen im Quintessenz-Jahr", berichtet Gudrun Hinze im Beiheft zu dieser CD. Das Leipziger Quer- flötenensemble, in dem Soloflöti- sten des Gewandhausorchesters, des MDR Sinfonieorchesters Leipzig und der Staatskapelle Halle/Saale gemeinsam musizie- ren, legt nun bei Genuin Classics den Live-Mitschnitt eines solchen Konzertes vor, aufgezeichnet im Februar 2012 in der Leipziger Paul-Gerhard-Kirche.
Auf die klassischen Weihnachtslieder allerdings verzichten die fünf Flötenvirtuosen. Das Repertoire von Quintessenz ist maßgeschnei- dert, angepasst an den einzigartigen Klang des Ensembles. Er wird vom kraftvollen Orgelton der Bass-Querflöte Christian Sprengers ebenso geprägt wie vom fröhlichen Gezwitscher der Piccolo-Flöte Gudrun Hinzes oder vom edlen Klang der Alt-Querflöte Bettine Keyßers. Im Zentrum steht das perfekte Querflöten-Duett von Anna Garzuly-Wahlgren und Ute Günther, die mit schwebendem, schwere- losen Klang und wundervoll aufeinander abgestimmtem, silbrigen Ton begeistern.
Die fünf Flötisten lassen Schneeflocken tanzen und Spuren im Schnee funkeln - ihre Versionen der entsprechenden Stücke Claude Debussys sind grandios, und geben Zeugnis von ihrer exzellenten Spielkultur. Eröffnet wird das Konzert aber mit dem alten schottischen Tanz Sir Roger de Coverley, von Frank Bridge ursprünglich für Streichorche- ster notiert. Das eigenwillige Stück kombiniert die Vision eines rauschenden Weihnachtsballes mit der Melancholie, die Auld Lang Syne in diese Szene hineinträgt - eine Melodie, die die Vergangenheit beschwört, und die man eher mit dem Jahresende in Zusammenhang bringt.
Ah, vous dirai-je, maman kennt man hierzulande mit dem Text Morgen kommt der Weihnachtsmann. Und in der Bearbeitung für Flötenquintett klingen Mozarts Variationen des populären Liedes ganz besonders charmant. Das gilt auch für den Walzer Dezember aus Tschaikowskis Jahreszeiten, und ausgewählte Sätze aus seinem Ballett Der Nussknacker.
Im Mittelpunkt des Konzertes steht das Weihnachts-Quintett in D-Dur op. 21 von Jan Brandts Buys. Es ist ursprünglich entstanden für Flöte und Streichquartett. Jeder Satz hat ein Zitat aus der biblischen Weihnachtsgeschichte zum Motto. Dieses Zitat führt dann in eine Musik, die den Grundgedanken und die Ausgangsstimmung ausge- sprochen romantisch fortentwickelt. So entsteht ein umfangreiches Werk von geradezu sinfonischen Dimensionen, wirklich sehr beein- druckend.
Die CD endet mit Musik von Johann Sebastian Bach, als Referenz an den Genius loci und als Verweis auf Luther spielt das Ensemble das Choralvorspiel BWV 659 und den Choral Nun komm, der Heiden Heiland. Quintessenz zeigt damit, dass gerade Orgelmusik sehr schön auf Flöten interpretiert werden kann. Der Charme dieser Aufnahmen überzeugt - eine stimmungsvolle Weihnachts-CD nicht nur für Freun- de der Querflöte.
Auf die klassischen Weihnachtslieder allerdings verzichten die fünf Flötenvirtuosen. Das Repertoire von Quintessenz ist maßgeschnei- dert, angepasst an den einzigartigen Klang des Ensembles. Er wird vom kraftvollen Orgelton der Bass-Querflöte Christian Sprengers ebenso geprägt wie vom fröhlichen Gezwitscher der Piccolo-Flöte Gudrun Hinzes oder vom edlen Klang der Alt-Querflöte Bettine Keyßers. Im Zentrum steht das perfekte Querflöten-Duett von Anna Garzuly-Wahlgren und Ute Günther, die mit schwebendem, schwere- losen Klang und wundervoll aufeinander abgestimmtem, silbrigen Ton begeistern.
Die fünf Flötisten lassen Schneeflocken tanzen und Spuren im Schnee funkeln - ihre Versionen der entsprechenden Stücke Claude Debussys sind grandios, und geben Zeugnis von ihrer exzellenten Spielkultur. Eröffnet wird das Konzert aber mit dem alten schottischen Tanz Sir Roger de Coverley, von Frank Bridge ursprünglich für Streichorche- ster notiert. Das eigenwillige Stück kombiniert die Vision eines rauschenden Weihnachtsballes mit der Melancholie, die Auld Lang Syne in diese Szene hineinträgt - eine Melodie, die die Vergangenheit beschwört, und die man eher mit dem Jahresende in Zusammenhang bringt.
Ah, vous dirai-je, maman kennt man hierzulande mit dem Text Morgen kommt der Weihnachtsmann. Und in der Bearbeitung für Flötenquintett klingen Mozarts Variationen des populären Liedes ganz besonders charmant. Das gilt auch für den Walzer Dezember aus Tschaikowskis Jahreszeiten, und ausgewählte Sätze aus seinem Ballett Der Nussknacker.
Im Mittelpunkt des Konzertes steht das Weihnachts-Quintett in D-Dur op. 21 von Jan Brandts Buys. Es ist ursprünglich entstanden für Flöte und Streichquartett. Jeder Satz hat ein Zitat aus der biblischen Weihnachtsgeschichte zum Motto. Dieses Zitat führt dann in eine Musik, die den Grundgedanken und die Ausgangsstimmung ausge- sprochen romantisch fortentwickelt. So entsteht ein umfangreiches Werk von geradezu sinfonischen Dimensionen, wirklich sehr beein- druckend.
Die CD endet mit Musik von Johann Sebastian Bach, als Referenz an den Genius loci und als Verweis auf Luther spielt das Ensemble das Choralvorspiel BWV 659 und den Choral Nun komm, der Heiden Heiland. Quintessenz zeigt damit, dass gerade Orgelmusik sehr schön auf Flöten interpretiert werden kann. Der Charme dieser Aufnahmen überzeugt - eine stimmungsvolle Weihnachts-CD nicht nur für Freun- de der Querflöte.
Dienstag, 6. November 2012
The circle of Robert Schumann Vol. 2 (Capriccio)
Die Geigerin Gudrun Schaumann widmet sich erneut dem Umfeld von Robert Schumann. Für diese beiden CD hat sie neben Werken des Komponisten und seiner Frau Clara auch einige attraktive Stücke herausgesucht, die im Kreis der Freunde, Schüler und Kollegen Schumanns entstanden sind.
So entstand 1853 die sogenannte F.A.E.-Sonate - für die neben Schumann, der Intermezzo und Finale beisteuerte, auch Albert Dietrich und Johannes Brahms Sätze schrieben. Dieses Werk war ein musikalischer Spaß für den Geiger Joseph Joachim, der erraten sollte, von wem welcher Satz stammt.
Im Zusammenhang habe ich das Werk noch nie gehört; üblicherweise erklingen die beiden Sätze von Schumann. Gudrun Schaumann wiede- rum spielt auf dieser CD gemeinsam mit Wolfgang Brunner am Ham- merflügel die beiden Teile, die von Dietrich und Brahms stammen.
Theodor Kirchner gehörte zu den Schülern Schumanns in Leipzig. Er studierte aber nur ein halbes Jahr lang am Konservatorium, und ging dann als Organist nach Winterthur. Von 1883 bis 1890 unterrichtete Kirchner am Konservatorium in Dresden. Während dieser Jahre entstanden die wunderbaren, ausdrucksstarken Stücke Romanze und Schlummerlied für Violine und Klavier op. 63 sowie die 12 Phantasie- stücke op. 90, die auf dieser CD in Weltersteinspielung zu hören sind. Als Weltersteinspielung erweist sich auch die Sonate für Violine und Klavier e-Moll von Carl Reinecke, der 1860 das Amt des Gewand- hauskapellmeisters übernahm und das Orchester 35 Jahre lang leitete.
Schaumann und Brunner haben für diese Werke gleich drei Hammer- flügel aus der Sammlung von Gerd Hecher, Wien, ausgewählt, deren Klang ihnen besonders passend erschien. Für die Stücke von Clara und Robert Schumann haben die Musiker ein Instrument des Wiener Klavierbauers Johann Baptist Streicher aus dem Jahre 1836 ausge- sucht. Dieser Hammerflügel ist auch bei Brahms' Regenlied op. 59
Nr. 3 zu hören.
Ein weiteres Instrument Streichers, allerdings von 1870 und im Klang erstaunlich verschieden von dem älteren Exemplar, spielt Brunner bei den Werken von Albert Dietrich und Carl Reinecke. Brahms' Satz aus der F.A.E.-Sonate sowie sämtliche Kompositionen Theodor Kirchners erklingen auf einem Hammerflügel von Carl Rönisch, Dresden 1872. Schaumann spielt eine Stradivari aus dem Jahre 1731 mit Darmsaiten und mit einem Tourte-Bogen von 1790.
Die Kombination aus Geige und Hammerflügel sowie die Rückbesin- nung auf die ruhigeren Tempi der Schumann-Ära prägen diese Auf- nahmen ganz entscheidend. Der Hammerflügel ermöglicht es der Violin-Solistin, dem Klang nachzuspüren, ihn zu formen und sich, wo sinnvoll, auch zurückzunehmen bis in wirkliches Piano. Durchhörbarkeit und Gemüt, wie Schumann es immer wieder pries, stehen diesen Stücken weit besser zu Gesicht als Hochgeschwindigkeit und aufgesetzte Virtuosität. So ist Schaumanns und Brunners historisch informierte Interpretation in jeder Hinsicht ein Gewinn.
So entstand 1853 die sogenannte F.A.E.-Sonate - für die neben Schumann, der Intermezzo und Finale beisteuerte, auch Albert Dietrich und Johannes Brahms Sätze schrieben. Dieses Werk war ein musikalischer Spaß für den Geiger Joseph Joachim, der erraten sollte, von wem welcher Satz stammt.
Im Zusammenhang habe ich das Werk noch nie gehört; üblicherweise erklingen die beiden Sätze von Schumann. Gudrun Schaumann wiede- rum spielt auf dieser CD gemeinsam mit Wolfgang Brunner am Ham- merflügel die beiden Teile, die von Dietrich und Brahms stammen.
Theodor Kirchner gehörte zu den Schülern Schumanns in Leipzig. Er studierte aber nur ein halbes Jahr lang am Konservatorium, und ging dann als Organist nach Winterthur. Von 1883 bis 1890 unterrichtete Kirchner am Konservatorium in Dresden. Während dieser Jahre entstanden die wunderbaren, ausdrucksstarken Stücke Romanze und Schlummerlied für Violine und Klavier op. 63 sowie die 12 Phantasie- stücke op. 90, die auf dieser CD in Weltersteinspielung zu hören sind. Als Weltersteinspielung erweist sich auch die Sonate für Violine und Klavier e-Moll von Carl Reinecke, der 1860 das Amt des Gewand- hauskapellmeisters übernahm und das Orchester 35 Jahre lang leitete.
Schaumann und Brunner haben für diese Werke gleich drei Hammer- flügel aus der Sammlung von Gerd Hecher, Wien, ausgewählt, deren Klang ihnen besonders passend erschien. Für die Stücke von Clara und Robert Schumann haben die Musiker ein Instrument des Wiener Klavierbauers Johann Baptist Streicher aus dem Jahre 1836 ausge- sucht. Dieser Hammerflügel ist auch bei Brahms' Regenlied op. 59
Nr. 3 zu hören.
Ein weiteres Instrument Streichers, allerdings von 1870 und im Klang erstaunlich verschieden von dem älteren Exemplar, spielt Brunner bei den Werken von Albert Dietrich und Carl Reinecke. Brahms' Satz aus der F.A.E.-Sonate sowie sämtliche Kompositionen Theodor Kirchners erklingen auf einem Hammerflügel von Carl Rönisch, Dresden 1872. Schaumann spielt eine Stradivari aus dem Jahre 1731 mit Darmsaiten und mit einem Tourte-Bogen von 1790.
Die Kombination aus Geige und Hammerflügel sowie die Rückbesin- nung auf die ruhigeren Tempi der Schumann-Ära prägen diese Auf- nahmen ganz entscheidend. Der Hammerflügel ermöglicht es der Violin-Solistin, dem Klang nachzuspüren, ihn zu formen und sich, wo sinnvoll, auch zurückzunehmen bis in wirkliches Piano. Durchhörbarkeit und Gemüt, wie Schumann es immer wieder pries, stehen diesen Stücken weit besser zu Gesicht als Hochgeschwindigkeit und aufgesetzte Virtuosität. So ist Schaumanns und Brunners historisch informierte Interpretation in jeder Hinsicht ein Gewinn.
Montag, 5. November 2012
Canadian Brass Takes Flight (Steinway & Sons)
"It's not about the destination, it's about the journey", lautet der Kommentar von Canadian Brass zu dieser CD-Premiere bei dem Label Steinway and Sons. Die CD ver- sammelt etliche Stücke, die das bekannte Bläserensemble schon seit Jahren im Repertoire hat; es sind aber auch einige gänzlich neue Arrangements dabei.
An dieser Aufnahme haben zudem erstmals alle neuen Mitglieder von Canadian Brass mitgewirkt, und erstmals erklingen hier die neuen vergoldeten Instrumente, die Conn-Selmer eigens für die fünf Bläser angefertigt hat.
Der Flug durch die Musikgeschichte startet mit Rimsky-Korsakows berühmtem Hummelflug. Er macht, selbstverständlich, Station bei Gabrieli und Bach. Und er landet, ebenso selbstverständlich, mit Jazz und Gospel. Eric Reed, Horn, Christopher Coletti und Brandon Ride- nour, Trompeten, Achilles Liarmakopoulos, Posaune, und Chuck Daellenbach, Tuba, musizieren gewohnt professionell und tempera- mentvoll. Wer geschickt arrangierte und perfekt gespielte Bläser- musik liebt, der sollte diese CD auf gar keinen Fall versäumen.
An dieser Aufnahme haben zudem erstmals alle neuen Mitglieder von Canadian Brass mitgewirkt, und erstmals erklingen hier die neuen vergoldeten Instrumente, die Conn-Selmer eigens für die fünf Bläser angefertigt hat.
Der Flug durch die Musikgeschichte startet mit Rimsky-Korsakows berühmtem Hummelflug. Er macht, selbstverständlich, Station bei Gabrieli und Bach. Und er landet, ebenso selbstverständlich, mit Jazz und Gospel. Eric Reed, Horn, Christopher Coletti und Brandon Ride- nour, Trompeten, Achilles Liarmakopoulos, Posaune, und Chuck Daellenbach, Tuba, musizieren gewohnt professionell und tempera- mentvoll. Wer geschickt arrangierte und perfekt gespielte Bläser- musik liebt, der sollte diese CD auf gar keinen Fall versäumen.
Music for a While (Berlin Classics)
Christoph Genz hat am King's College in Cambridge studiert. Es wird daher nicht verwundern, wenn er sich auf dieser CD dem Lautenlied zuwendet, das im England des 17. Jahrhunderts in hoher Blüte stand. Der Sänger stellt aber nicht nur einige Lieder von Henry Purcell, Thomas Morley und John Dowland vor. Er zeigt zu- gleich an einigen gut ausgewählten Beispielen, wie die neue Gattung in Deutschland aufgegriffen und wei- terentwickelt wurde. Und man muss sagen, dass diese Liedinterpreta- tionen, die der Tenor gemeinsam mit dem Lautenisten Michael Frei- muth eingespielt hat, zu seinen schönsten Aufnahmen gehören. Genz gestaltet mit Sorgfalt, und sein Gesang wirkt gleichzeitig wunderbar locker und unangestrengt. Wer Lautenlieder liebt, der sollte diese CD auf keinen Fall übersehen.
Sonntag, 4. November 2012
Kraft - Vranický - Stamitz: Cello Concertos (Supraphon)
Michal Kanka stellt auf dieser CD drei Cello-Konzerte vor, die nicht eben oft zu hören sind. Die drei Werke überraschen durch wunder- volle Melodien, Kanka lässt sein Violoncello dementsprechend singen. Das Prager Kammer- orchester musiziert gemeinsam mit dem Solisten, und die kammer- musikalisch orientierte, feinsinnige Gestaltung passt zu den Konzerten ausgesprochen gut.
Anton Kraft (1749 bis 1820) und Anton Wranitzky (1761 bis 1820) waren Schüler Haydns. Kraft spielte als Cellist in der Hofkapelle Fürst Esterházys. Und Wranitzky stand im Dienst des Fürsten Lobkowitz. Er war ein exzellenter Geiger und ein überragender Violinpädagoge; das Konzert für Violoncello d-Moll ist sein einziges Werk, das nicht für die Violine entstanden ist.
Carl Stamitz (1745 bis 1801) wuchs in Mannheim auf, wo er ganz im Geist der Mannheimer Schule ausgebildet wurde. Er komponierte seine Cellokonzerte für den preußischen König Friedrich Wilhelm II., der das Instrument offenbar selbst gut spielte. Kanka wählte für diese CD das Cello-Konzert Nr. 2 in A-Dur aus.
Anton Kraft (1749 bis 1820) und Anton Wranitzky (1761 bis 1820) waren Schüler Haydns. Kraft spielte als Cellist in der Hofkapelle Fürst Esterházys. Und Wranitzky stand im Dienst des Fürsten Lobkowitz. Er war ein exzellenter Geiger und ein überragender Violinpädagoge; das Konzert für Violoncello d-Moll ist sein einziges Werk, das nicht für die Violine entstanden ist.
Carl Stamitz (1745 bis 1801) wuchs in Mannheim auf, wo er ganz im Geist der Mannheimer Schule ausgebildet wurde. Er komponierte seine Cellokonzerte für den preußischen König Friedrich Wilhelm II., der das Instrument offenbar selbst gut spielte. Kanka wählte für diese CD das Cello-Konzert Nr. 2 in A-Dur aus.
J.G. Goldberg Kantaten, J.L. Bach Missa brevis, J.L. Krebs Magnificat (Ricercar)
Zu Bachs Zeiten war es durchaus üblich, dass der Kantor die Gemeinde an jedem Sonntag im Gottesdienst durch eine neue Kantate erfreute. So sind von einigen Kantoren und Kapell- meistern ganze Kantatenjahrgänge überliefert.
Musik, die am Sonntag in Leipzig erklang, stellt Florian Heyerick mit dem Ensemble Ex Tempore auf dieser CD vor. Er interessierte sich aber nicht für die bekannten Kan- taten des Thomaskantors, sondern für Werke anderer Komponisten, die Johann Sebastian Bach mit den Thomanern im Gottesdienst auf- geführt hat.
Es ist beispielsweise bekannt, dass Bach öfters Kantaten seines Neffen Johann Ludwig Bach verwendet hat. Es erklangen zudem Werke von Telemann, Fasch, Stölzel, Graun, Kuhnau und vielen anderen Zeit- genossen; mitunter hat Bach sie bearbeitet und ergänzt. Aus diesem großen Fundus hat Heyerick für die vorliegende CD eine Missa brevis von Johann Ludwig Bach sowie Werke von Johann Gottlieb Goldberg und Johann Ludwig Krebs, zwei Bach-Schülern, ausgewählt.
Zu den Barock-Spezialensembles der allerersten Reihe gehört Ex Tempore nicht; musiziert wird solide, aber wenig differenziert. So gehen musikalische Details unter, und der entstehende Klang-Ein- heitsbrei wirkt auf den Zuhörer nicht gerade inspirierend. Schade.
Musik, die am Sonntag in Leipzig erklang, stellt Florian Heyerick mit dem Ensemble Ex Tempore auf dieser CD vor. Er interessierte sich aber nicht für die bekannten Kan- taten des Thomaskantors, sondern für Werke anderer Komponisten, die Johann Sebastian Bach mit den Thomanern im Gottesdienst auf- geführt hat.
Es ist beispielsweise bekannt, dass Bach öfters Kantaten seines Neffen Johann Ludwig Bach verwendet hat. Es erklangen zudem Werke von Telemann, Fasch, Stölzel, Graun, Kuhnau und vielen anderen Zeit- genossen; mitunter hat Bach sie bearbeitet und ergänzt. Aus diesem großen Fundus hat Heyerick für die vorliegende CD eine Missa brevis von Johann Ludwig Bach sowie Werke von Johann Gottlieb Goldberg und Johann Ludwig Krebs, zwei Bach-Schülern, ausgewählt.
Zu den Barock-Spezialensembles der allerersten Reihe gehört Ex Tempore nicht; musiziert wird solide, aber wenig differenziert. So gehen musikalische Details unter, und der entstehende Klang-Ein- heitsbrei wirkt auf den Zuhörer nicht gerade inspirierend. Schade.
Pepe Romero - Spanish Nights (Deutsche Grammophon)
"Mit diesem Album habe ich ver- sucht, das Spanien meiner Jugend lebendig werden zu lassen", er- läutert Pepe Romero im Beiheft. "Ich habe Werke von Komponisten aus dieser Zeit ausgewählt, die meine Heimat meisterlich nach- zeichnen."
Pepe Romero, ein Sohn des großen Gitarristen Celedonio Romero, kam 1944 in Málaga zur Welt. Wie seine Brüder Celin und Angel wuchs er mit der Gitarre auf; mit sieben Jahren gab er sein erstes Konzert. 1957 wanderte die Familie nach Amerika aus. Dort wurden die Romeros als Gitarrenensemble ebenso berühmt wie als Solisten. Mittlerweile musiziert die dritte Generation in dem Familienquartett.
Im Laufe seines Lebens hat Pepe Romero tausende Konzerte gegeben, mit vielen Orchestern und Dirigenten. Er hat viele Werke uraufge- führt. Und er hat viele Menschen für die klassische Gitarrenmusik begeistert. Auf dieser CD versammelt der Gitarrenvirtuose Werke, die befreundete Komponisten geschaffen haben, und die ihn an Stationen seines Lebens erinnern. Insofern ist "Spanish Nights" möglicherweise das persönlichste Album des Gitarristen. Dass Romero vom ersten bis zum letzten Ton grandios musiziert, versteht sich ohnehin von selbst.
Pepe Romero, ein Sohn des großen Gitarristen Celedonio Romero, kam 1944 in Málaga zur Welt. Wie seine Brüder Celin und Angel wuchs er mit der Gitarre auf; mit sieben Jahren gab er sein erstes Konzert. 1957 wanderte die Familie nach Amerika aus. Dort wurden die Romeros als Gitarrenensemble ebenso berühmt wie als Solisten. Mittlerweile musiziert die dritte Generation in dem Familienquartett.
Im Laufe seines Lebens hat Pepe Romero tausende Konzerte gegeben, mit vielen Orchestern und Dirigenten. Er hat viele Werke uraufge- führt. Und er hat viele Menschen für die klassische Gitarrenmusik begeistert. Auf dieser CD versammelt der Gitarrenvirtuose Werke, die befreundete Komponisten geschaffen haben, und die ihn an Stationen seines Lebens erinnern. Insofern ist "Spanish Nights" möglicherweise das persönlichste Album des Gitarristen. Dass Romero vom ersten bis zum letzten Ton grandios musiziert, versteht sich ohnehin von selbst.
Samstag, 3. November 2012
Paganini l'insolite (Calliope)
Es ist wenig bekannt, dass Niccolò Paganini auch drei Konzertduette für Violine und Fagott komponiert hat. Sie wurden durch Salvatore Accardo und Claudio Gonella zum ersten Male auf CD vorgestellt; diese Weltersteinspielung ist 1996 bei Dynamic erschienen.
Das Manuskript gilt als ältestes überliefertes Werk des Virtuosen; er schrieb die Duette als 17jähriger für einen Fagottisten, der sich be- klagte, es gebe keine anspruchs- volle Musik für sein Instrument. Paganinis Duette erweisen sich als gleichberechtigter Dialog zwischen Violine und Fagott; an Herausforderungen dürfte es dabei beiden In- strumentalisten nicht mangeln. Denn die Konzertduette sind bereits so virtuos gestaltet, wie man das von Paganinis Musik kennt.
Insofern ist es ein aber wenig übertrieben, diese CD Paganini l'insolite zu nennen. Diese Duette sind keineswegs "endiables", auch wenn die technischen Anforderungen an die Interpreten sicherlich hoch sind. Pavel Eret, Violine, und Franck Leblois, Fagott, musizieren solide. Und weil es offenbar nicht ganz befriedigend ist, wenn man auf die CD deuxième enregistrement mondial schreiben muss, haben die beiden Solisten gleich noch zwei Werke der Komponisten David W. Solomons und Jean-René Combes-Damiens ersteingespielt.
Das Manuskript gilt als ältestes überliefertes Werk des Virtuosen; er schrieb die Duette als 17jähriger für einen Fagottisten, der sich be- klagte, es gebe keine anspruchs- volle Musik für sein Instrument. Paganinis Duette erweisen sich als gleichberechtigter Dialog zwischen Violine und Fagott; an Herausforderungen dürfte es dabei beiden In- strumentalisten nicht mangeln. Denn die Konzertduette sind bereits so virtuos gestaltet, wie man das von Paganinis Musik kennt.
Insofern ist es ein aber wenig übertrieben, diese CD Paganini l'insolite zu nennen. Diese Duette sind keineswegs "endiables", auch wenn die technischen Anforderungen an die Interpreten sicherlich hoch sind. Pavel Eret, Violine, und Franck Leblois, Fagott, musizieren solide. Und weil es offenbar nicht ganz befriedigend ist, wenn man auf die CD deuxième enregistrement mondial schreiben muss, haben die beiden Solisten gleich noch zwei Werke der Komponisten David W. Solomons und Jean-René Combes-Damiens ersteingespielt.
Dietrich Fischer-Dieskau sings baroque arias (Hänssler)
Das ist eine interessante CD - und dies wiederum liegt nicht nur an dem wie üblich phänomenalen Gesang von Dietrich Fischer-Dieskau, sondern durchaus auch an dem Repertoire, mit dem der berühmte Bariton zu hören ist.
Es handelt sich hier nämlich keineswegs um ein Album mit Barockarien. Auf dieser CD hat Hänssler Classic vielmehr Mit- schnitte von Kantaten zusammen- gefasst, die durchweg als Raritäten gelten können. Sie stammen von Gottfried Heinrich Stölzel, Adam Krieger, Franz Tunder, seinem Schwiegersohn und Amtsnachfolger Dietrich Buxtehude sowie Buxtehudes Lieblingsschüler Nikolaus Bruhns.
Entstanden sind diese Aufnahmen auf Initiative des Chordirigenten August Langenbeck, der die Redaktion "Geistliche Musik" beim Süddeutschen Rundfunk in Stuttgart betreute. In den 50er Jahren lud er den Sänger mehrfach zu Produktionen ein - und Fischer-Dieskau widmete sich offenbar gern den Pretiosen, die Langenbeck für diese Projekte ausgesucht hat. Gemeinsam mit den Cembalisten Lisedore Praetorius, Hermann Werdermann und Karl Gerok sowie einzelnen Musikern des Südfunk-Sinfonieorchesters hat er diese Kantaten mit großer Sorgfalt im Detail erarbeitet - und gelangte so zugleich zu einer beeindruckenden Ausdrucksstärke; man höre nur Stölzels Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir oder Bruhns' Erstanden ist der heilige Christ. Bei einigen Kantaten singt Fischer-Dieskau gemeinsam mit Helmut Krebs, seinerzeit ein bekannter Bach-Tenor, und mit der Mezzosopranistin Erika Winkler. Bedenkt man, dass diese Aufnahmen durchweg weit vor den ersten Versuchen, historische Aufführungs- praxis zu rekonstruieren, entstanden sind, dann wird man das Ergeb- nis sehr beachtlich finden.
Es handelt sich hier nämlich keineswegs um ein Album mit Barockarien. Auf dieser CD hat Hänssler Classic vielmehr Mit- schnitte von Kantaten zusammen- gefasst, die durchweg als Raritäten gelten können. Sie stammen von Gottfried Heinrich Stölzel, Adam Krieger, Franz Tunder, seinem Schwiegersohn und Amtsnachfolger Dietrich Buxtehude sowie Buxtehudes Lieblingsschüler Nikolaus Bruhns.
Entstanden sind diese Aufnahmen auf Initiative des Chordirigenten August Langenbeck, der die Redaktion "Geistliche Musik" beim Süddeutschen Rundfunk in Stuttgart betreute. In den 50er Jahren lud er den Sänger mehrfach zu Produktionen ein - und Fischer-Dieskau widmete sich offenbar gern den Pretiosen, die Langenbeck für diese Projekte ausgesucht hat. Gemeinsam mit den Cembalisten Lisedore Praetorius, Hermann Werdermann und Karl Gerok sowie einzelnen Musikern des Südfunk-Sinfonieorchesters hat er diese Kantaten mit großer Sorgfalt im Detail erarbeitet - und gelangte so zugleich zu einer beeindruckenden Ausdrucksstärke; man höre nur Stölzels Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir oder Bruhns' Erstanden ist der heilige Christ. Bei einigen Kantaten singt Fischer-Dieskau gemeinsam mit Helmut Krebs, seinerzeit ein bekannter Bach-Tenor, und mit der Mezzosopranistin Erika Winkler. Bedenkt man, dass diese Aufnahmen durchweg weit vor den ersten Versuchen, historische Aufführungs- praxis zu rekonstruieren, entstanden sind, dann wird man das Ergeb- nis sehr beachtlich finden.
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