Donnerstag, 28. November 2019
Saint-Saens: Works for Violin and Orchestra (Naxos)
Mit Leidenschaft, feinem Sinn für musikalische Differenzierung und technischer Brillanz begeistert Tianwa Yang auch bei dieser CD mit Musik von Camille Saint-Saëns (1835 bis 1921). Die Solistin musiziert hier gemeinsam mit dem Malmö Symphony Orchestra, das von Marc Soustrot dirigiert wird. Introduction et Rondo capriccioso op. 28, Caprice andalou op. 122 oder die Havannaise in E-Dur op. 83 profitieren von Yangs ganz besonderer Beziehung zu spanischer Musik. Bei La Muse et le Poète op. 132 ist einmal mehr auch der Cellist Gabriel Schwabe zu hören, der sich erneut als ein grandioser Duo-Partner erweist. Einen weiteren Glanzpunkt setzt die Solistin im Morceau de concert in G-Dur op. 62; dieses Meisterwerk würde man auch im Konzert gern öfters hören.
Brahms: Violin Concerto / Double Concerto (Naxos)
Dass Tianwa Yang auch Standardrepertoire kann, zeigt sie beim Violinkonzert von Johannes Brahms (1833 bis 1897). Dieses spielt sie wirklich phänomenal; sie musiziert technisch brillant, klug strukturiert und mit herrlichem, beseelten Ton. Unterstützt wird sie dabei durch das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter Antoni Wit, das in der bewährten Akustik der Berliner Jesus-Christus-Kirche seinen Part zu dieser Aufnahme beiträgt, die an Klangschönheit kaum zu übertreffen ist. Auf der CD erklingt zudem Brahms' populäres Doppelkonzert, das Tianwa Yang gemeinsam mit dem Berliner Cellisten Gabriel Schwabe interpretiert. Wie diese beiden Solisten miteinander in den Dialog treten, das ist einfach großartig. Eine Einspielung, die bis zur letzten Note spannend bleibt.
Lalo: Symphonie espagnole (Naxos)
Unter den derzeit amtierenden Geigenvirtuosen ist Tianwa Yang eine Klasse für sich. Drei Aufnahmen liegen vor mir auf dem Schreibtisch, auf denen sich die Violinistin sehr unterschiedlichem Repertoire zuwendet. Doch sie musiziert stets mit unglaublicher Energie, mit sagenhaftem Elan, und mit einer Technik, die ihr alle Freiheiten gibt. Bei Tianwa Yang sitzt jeder Akkord und jeder Akzent, nichts ist hier Zufall – und doch wirkt das alles so gelöst, so entspannt, dass man nur staunen kann.
Faszinierend ist insbesondere auch jenes Album, mit dem Tianwa Yang zwei höchst virtuose Violinkonzerte aus Spanien vorstellt: Auf dem Programm stehen das Concierto español, das der Geiger Joan Manén (1883 bis 1971) einst für sich selbst geschrieben hat, und die Symphonie Espagnole, komponiert seinerzeit von Édouard Lalo (1823 bis 1892) für seinen Freund Pablo de Sarasate. Beide Konzerte bestechen durch melodischen Reichtum und spanisches Kolorit; das Konzert von Manén bietet dazu außerdem noch eine gehörige Portion Hollywood-Romantik. Kaum zu glauben, dass dieses Violinkonzert von einem Fünfzehnjährigen (!) komponiert wurde.
Eingespielt hat Tianwa Yang die beiden Konzerte mit dem Orquestra Simfònica de Barcelona i Nacional de Catalunya, und am Pult steht ihr mit Darrell Ang dabei einer der besten jungen Dirigenten zur Seite. Beim renommierten Besançon Dirigierwettbewerb war es ihm gelungen, alle drei Hauptpreise zu erringen. Mit dieser Aufnahme nun veranlassten die Musiker die Musikkritik zu Lobeshymnen. Ihre Interpretation von Lalos Symphonie espagnole gilt zu Recht als neue Referenzaufnahme. Und dem ersten der drei Violinkonzerte von Joan Manén haben sie mit dieser CD wohl wieder den Weg auf das Konzertpodium gebahnt – danke für die Wiederentdeckung!
Faszinierend ist insbesondere auch jenes Album, mit dem Tianwa Yang zwei höchst virtuose Violinkonzerte aus Spanien vorstellt: Auf dem Programm stehen das Concierto español, das der Geiger Joan Manén (1883 bis 1971) einst für sich selbst geschrieben hat, und die Symphonie Espagnole, komponiert seinerzeit von Édouard Lalo (1823 bis 1892) für seinen Freund Pablo de Sarasate. Beide Konzerte bestechen durch melodischen Reichtum und spanisches Kolorit; das Konzert von Manén bietet dazu außerdem noch eine gehörige Portion Hollywood-Romantik. Kaum zu glauben, dass dieses Violinkonzert von einem Fünfzehnjährigen (!) komponiert wurde.
Eingespielt hat Tianwa Yang die beiden Konzerte mit dem Orquestra Simfònica de Barcelona i Nacional de Catalunya, und am Pult steht ihr mit Darrell Ang dabei einer der besten jungen Dirigenten zur Seite. Beim renommierten Besançon Dirigierwettbewerb war es ihm gelungen, alle drei Hauptpreise zu erringen. Mit dieser Aufnahme nun veranlassten die Musiker die Musikkritik zu Lobeshymnen. Ihre Interpretation von Lalos Symphonie espagnole gilt zu Recht als neue Referenzaufnahme. Und dem ersten der drei Violinkonzerte von Joan Manén haben sie mit dieser CD wohl wieder den Weg auf das Konzertpodium gebahnt – danke für die Wiederentdeckung!
Mittwoch, 27. November 2019
Prinz Johann Ernst von Sachsen-Weimar: Concerti (Audite)
Bislang war es nur Insidern bekannt – doch diese CD zeigt es unüber- hörbar: In der langen Reihe der musizierenden Monarchen, von König David bis hin zu Friedrich II. und Kaiser Leopold I., gebührt Johann Ernst IV. von Sachsen-Weimar (1696 bis 1715) ein Ehrenplatz.
Der Prinz war der jüngste Sohn von Herzog Johann Ernst III. Doch sein Vater, wohl nicht nur der Kunst, sondern auch dem Alkohol zugeneigt und mit seinem Bruder Herzog Wilhelm Ernst in andauerndem Zwist lebend, starb bereits 1707. Und während in der Weimarer Wilhelmsburg streng und fromm regiert wurde, gingen im Roten Schloss, wo Johann Ernst und sein Halbbruder Ernst August heranwuchsen, die Musiker aus und ein. So kam 1708 der Mühlhäuser Hoforganist Johann Sebastian Bach als Hoforganist nach Weimar, und er unterrichtete gemeinsam mit seinem Vetter, dem Stadtorganisten Johann Gottfried Walther, und mit dem Primarius der Weimarer Hofkapelle Gregor Christoph Eylenstein die beiden Prinzen.
Auf seiner Kavalierstour durch Belgien und die Niederlande lernte Johann Ernst IV. unter anderem die Concerti op. 3 von Antonio Vivaldi kennen, 1711 in Amsterdam unter dem Titel L'Estro armonico im Druck erschienen. Der Prinz blieb einige Monate an der Universität Utrecht – und brachte dann eine umfangreiche Kollektion an Musikalien mit nach Weimar, wo sie auch der junge Bach mit großem Interesse studierte.
Nach seiner Rückkehr im Juli 1713 komponierte der junge Herzog „19 Instrumental-Stücke in der Zeit von ¾ Jahren“, so schreibt Johann Gottfried Walther. Da freilich plagte den Prinzen bereits eine Geschwulst, gegen die die ärztliche Kunst jener Tage nichts ausrichten konnte. Und so starb der Herzog dann, im Alter von gerade einmal achtzehn Jahren. Bei einem Kuraufenthalt im Hessischen aber lernte er zuvor Georg Philipp Telemann kennen, der dem Prinzen sechs Violinsonaten widmete.
Außerdem veröffentlichte Telemann 1718 in einem prachtvollen Druck sechs Violinkonzerte von Johann Ernst. Zwei weitere wurden als Stimmensätze verschenkt und blieben so erhalten. Und Bach hat nicht nur Konzerte von Vivaldi und Marcello, sondern auch vier Konzerte von Johann Ernst für Tasteninstrument bearbeitet. Eines davon, ein Doppelkonzert für zwei Violinen nach BWV 984 und 595, hat Gernot Süßmuth für diese Einspielung rekonstruiert.
In seiner Debüt-Aufnahme widmet sich das auf historischen Instrumenten spielende Thüringer Bach Collegium unter seiner Leitung den Konzerten des Prinzen mit faszinierender Spielfreude. Der Zuhörer kommt aus dem Staunen gar nicht heraus. Denn diese Werke von Johann Ernst von Sachsen-Weimar haben Qualität. Sie imitieren zudem nicht einfach das italienische Vorbild; bei aller „Vivaldimania“ wird durchaus eine eigene musikalische Handschrift erkennbar. Und man staunt darüber, wie gut dieser Prinz seinerzeit Geige gespielt hat. Denn die Konzerte sind anspruchsvoll, ja mitunter sogar virtuos – und Johann Ernst hat sie für sich selbst komponiert.
Das Thüringer Bach Collegium musiziert ebenso stilkundig und feinfühlig wie lebendig. Mit dieser CD erweist das Ensemble einem Herrscher seine Reverenz, der ein ausgezeichneter Musiker war. Was für ein Verlust, dass Johann Ernst IV. so jung gestorben ist...
Der Prinz war der jüngste Sohn von Herzog Johann Ernst III. Doch sein Vater, wohl nicht nur der Kunst, sondern auch dem Alkohol zugeneigt und mit seinem Bruder Herzog Wilhelm Ernst in andauerndem Zwist lebend, starb bereits 1707. Und während in der Weimarer Wilhelmsburg streng und fromm regiert wurde, gingen im Roten Schloss, wo Johann Ernst und sein Halbbruder Ernst August heranwuchsen, die Musiker aus und ein. So kam 1708 der Mühlhäuser Hoforganist Johann Sebastian Bach als Hoforganist nach Weimar, und er unterrichtete gemeinsam mit seinem Vetter, dem Stadtorganisten Johann Gottfried Walther, und mit dem Primarius der Weimarer Hofkapelle Gregor Christoph Eylenstein die beiden Prinzen.
Auf seiner Kavalierstour durch Belgien und die Niederlande lernte Johann Ernst IV. unter anderem die Concerti op. 3 von Antonio Vivaldi kennen, 1711 in Amsterdam unter dem Titel L'Estro armonico im Druck erschienen. Der Prinz blieb einige Monate an der Universität Utrecht – und brachte dann eine umfangreiche Kollektion an Musikalien mit nach Weimar, wo sie auch der junge Bach mit großem Interesse studierte.
Nach seiner Rückkehr im Juli 1713 komponierte der junge Herzog „19 Instrumental-Stücke in der Zeit von ¾ Jahren“, so schreibt Johann Gottfried Walther. Da freilich plagte den Prinzen bereits eine Geschwulst, gegen die die ärztliche Kunst jener Tage nichts ausrichten konnte. Und so starb der Herzog dann, im Alter von gerade einmal achtzehn Jahren. Bei einem Kuraufenthalt im Hessischen aber lernte er zuvor Georg Philipp Telemann kennen, der dem Prinzen sechs Violinsonaten widmete.
Außerdem veröffentlichte Telemann 1718 in einem prachtvollen Druck sechs Violinkonzerte von Johann Ernst. Zwei weitere wurden als Stimmensätze verschenkt und blieben so erhalten. Und Bach hat nicht nur Konzerte von Vivaldi und Marcello, sondern auch vier Konzerte von Johann Ernst für Tasteninstrument bearbeitet. Eines davon, ein Doppelkonzert für zwei Violinen nach BWV 984 und 595, hat Gernot Süßmuth für diese Einspielung rekonstruiert.
In seiner Debüt-Aufnahme widmet sich das auf historischen Instrumenten spielende Thüringer Bach Collegium unter seiner Leitung den Konzerten des Prinzen mit faszinierender Spielfreude. Der Zuhörer kommt aus dem Staunen gar nicht heraus. Denn diese Werke von Johann Ernst von Sachsen-Weimar haben Qualität. Sie imitieren zudem nicht einfach das italienische Vorbild; bei aller „Vivaldimania“ wird durchaus eine eigene musikalische Handschrift erkennbar. Und man staunt darüber, wie gut dieser Prinz seinerzeit Geige gespielt hat. Denn die Konzerte sind anspruchsvoll, ja mitunter sogar virtuos – und Johann Ernst hat sie für sich selbst komponiert.
Das Thüringer Bach Collegium musiziert ebenso stilkundig und feinfühlig wie lebendig. Mit dieser CD erweist das Ensemble einem Herrscher seine Reverenz, der ein ausgezeichneter Musiker war. Was für ein Verlust, dass Johann Ernst IV. so jung gestorben ist...
Dienstag, 26. November 2019
Muffat: Armonico Tributo (Pan Classics)
In Mégève in den Savoyen kam er zur Welt, er betrachtete sich selbst als Deutschen, hatte aber schottische Vorfahren, und in seiner Musik sind neben französischen vor allem italienische Einflüsse deutlich zu spüren – Georg Muffat (1653 bis 1704) war Europäer mit Leib und Seele, und das prägte auch seine Kompositionen.
Nach Studien bei Lully in Paris sowie bei Pasquini und Corelli in Rom wirkte Muffat im Elsaß, in Wien, Prag, Salzburg und Passau. In den fünf Kammersonaten, die Muffat 1682 nach seiner Rückkehr aus Italien in Salzburg unter dem Titel Armonico Tributo veröffentlichte, kombinierte er französische Grazie und italienische Formen; vor allem Corellis Concerti grossi waren ihm dabei offensichtlich ein wichtiges Vorbild.
Bei der Wahl der Instrumente räumte Muffat den Interpreten sehr viel Spielraum ein; Armonico Tributo ist sowohl als Kammermusik als auch mit einem Orchester aufführbar. Gunar Letzbor und sein Ensemble Ars Antiqua Austria haben sich für eine schlank besetzte Version entschieden. Diese Einspielung möchte man immer wieder anhören, denn sie sprüht geradezu von Musizierlust. Grandios!
Nach Studien bei Lully in Paris sowie bei Pasquini und Corelli in Rom wirkte Muffat im Elsaß, in Wien, Prag, Salzburg und Passau. In den fünf Kammersonaten, die Muffat 1682 nach seiner Rückkehr aus Italien in Salzburg unter dem Titel Armonico Tributo veröffentlichte, kombinierte er französische Grazie und italienische Formen; vor allem Corellis Concerti grossi waren ihm dabei offensichtlich ein wichtiges Vorbild.
Bei der Wahl der Instrumente räumte Muffat den Interpreten sehr viel Spielraum ein; Armonico Tributo ist sowohl als Kammermusik als auch mit einem Orchester aufführbar. Gunar Letzbor und sein Ensemble Ars Antiqua Austria haben sich für eine schlank besetzte Version entschieden. Diese Einspielung möchte man immer wieder anhören, denn sie sprüht geradezu von Musizierlust. Grandios!
Montag, 25. November 2019
Erlebach: Complete Trio Sonatas (Ricercar)
Hoch erfreut darf ich vermelden, dass sich wieder einmal ein Ensemble dem Schaffen von Philipp Heinrich Erlebach (1657 bis 1714) zugewandt hat. Er wirkte als Kapellmeister am Hofe des Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt. Leider ist 1735 bei einem Brand in dem thüringischen Schloss fast die gesamte musikalische Hinterlassenschaft des Komponisten vernichtet worden. Nur eine Handvoll seiner Werke sind uns erhalten geblieben, weil sie von ihm zu Lebzeiten veröffentlicht oder in Abschriften außerhalb seiner Wirkungsstätte aufgefunden wurden. Doch diese Raritäten lassen erahnen, wie groß der Verlust ist.
Auf dieser CD erklingen sechs Sonaten für Violine, Viola da gamba und Basso continuo, die Erlebach 1694 drucken lassen konnte. Wie der Komponist französische und italienische Einflüsse in seinen ganz persönlichen Stil integrierte, das ist an diesen Werken gut zu erkennen. Mit seinem Ensemble L’Achéron erweckt François Joubert-Caillet diese Raritäten liebevoll wieder zum Klingen. Sensibilität und Sorgfalt zeichnen diese Einspielung aus, die den Charme dieser Musik aufs Schönste zur Geltung bringt. Unbedingte Empfehlung!
Auf dieser CD erklingen sechs Sonaten für Violine, Viola da gamba und Basso continuo, die Erlebach 1694 drucken lassen konnte. Wie der Komponist französische und italienische Einflüsse in seinen ganz persönlichen Stil integrierte, das ist an diesen Werken gut zu erkennen. Mit seinem Ensemble L’Achéron erweckt François Joubert-Caillet diese Raritäten liebevoll wieder zum Klingen. Sensibilität und Sorgfalt zeichnen diese Einspielung aus, die den Charme dieser Musik aufs Schönste zur Geltung bringt. Unbedingte Empfehlung!
Bach: Berühmte Orgelwerke (Oehms Classics)
Mit dieser CD widmet sich Organist Joseph Kelemen einmal mehr der Orgelmusik Johann Sebastian Bachs. An der Treutmann-Orgel der Klosterkirche Grauhof hat er vor allem Werke des Komponisten in Moll-Tonarten eingespielt.
Im Vergleich zum Gesamtwerk sind das nicht viele – und Kelemen zeigt, wie Bach in diesen Kompositionen „aus melancholischen Tiefen immer wieder vollendete Eleganz (um nicht zu sagen: überraschenden Glanz)“ entwickelt, schreibt der Organist im Beiheft, „so dass die erwartete Moll-Tendenz bei vielen Bach-Werken eigentlich zur Nebensache wird.“
Und so ist der Kontrast zu den beigefügten Werken in Dur eigentlich auch gar nicht groß. Man freut sich über ein klug zusammengestelltes Programm, überlegt vorgetragen auf einem historischen Instrument, das mit seinem Klang und seinen Eigenheiten ebenfalls zum Hörvergnügen beiträgt.
Im Vergleich zum Gesamtwerk sind das nicht viele – und Kelemen zeigt, wie Bach in diesen Kompositionen „aus melancholischen Tiefen immer wieder vollendete Eleganz (um nicht zu sagen: überraschenden Glanz)“ entwickelt, schreibt der Organist im Beiheft, „so dass die erwartete Moll-Tendenz bei vielen Bach-Werken eigentlich zur Nebensache wird.“
Und so ist der Kontrast zu den beigefügten Werken in Dur eigentlich auch gar nicht groß. Man freut sich über ein klug zusammengestelltes Programm, überlegt vorgetragen auf einem historischen Instrument, das mit seinem Klang und seinen Eigenheiten ebenfalls zum Hörvergnügen beiträgt.
Thomas Tallis - Gentleman of the Chapel Royal (Resonus)
Die Gentlemen of HM Chapel Royal sind eine musikalische Institution mit einer ganz erstaunlichen Tradition: Seit mehr als 500 Jahren singen sie in den Gottesdiensten der königlichen Kapelle im Hampton Court Palace, und zwar gewöhnlich zu sechst. Bei Bedarf kann diese Besetzung aber erweitert werden – insgesamt wirken in dem Ensemble bis zu 14 Sänger mit, und zusätzlich stehen bis zu 18 Kapellknaben zur Verfügung, die in einer nahe gelegenen Schule unterrichtet werden. Geleitet wird das Ensemble derzeit von Carl Jackson. Auf dieser CD singen die Gentlemen of the Chapel Royal Werke von Thomas Tallis (um 1505 bis 1585). Er gehörte einst selbst dem Ensemble an, und seine Musik ist von berückender Schönheit. So stimmt seine Missa Puer natus est nobis perfekt auf die bevorstehende Weihnachtszeit ein. Himmlisch!
Donnerstag, 21. November 2019
Madame Schumann - Ragna Schirmer (Berlin Classics)
In diesem Jahr feiert die Musikwelt den 200. Geburtstag von Clara Schumann (1819 bis 1896). Ausgebildet wurde sie von ihrem Vater Friedrick Wieck, der sich mit Leidenschaft für sein Wunderkind einsetzte; ihr Debüt gab Clara als Neunjährige im Leipziger Gewandhaus. Sie komponierte auch schon früh, und wurde, da war sie gerade einmal 18 Jahre alt, in Wien zur kaiserlich-königlichen Kammer-Virtuosin ernannt.
Robert Schumann lernte Clara Wieck schon im Kindesalter kennen. Dass sie sich dann in ihn verliebte, war ihrem Vater gar nicht recht. 1837 verlobte sich das Paar, doch erst 1840 gelang es den beiden, über das Gericht die Genehmigung zur Eheschließung zu erhalten.
Wie es dann im Hause Schumann zuging, das kann man aus dem Ehetagebuch erfahren, das das Paar führte; es wurde mittlerweile veröffentlicht. Konflikte gab es jedenfalls genug, denn Clara dachte gar nicht daran, sich mit einem Dasein als Hausfrau und Mutter zu bescheiden. Auch mit Blick auf die Finanzen der Familie nahm sie schon bald das Konzertieren wieder auf.
Clara Schumann galt schon in jungen Jahren als Klaviervirtuosin; ihre Zeitgenossen schätzten sie ebenso sehr wie etwa Sigismund Thalberg oder Franz Liszt. Ihre Konzertreisen führten sie quer durch Europa, wobei sie oftmals gemeinsam mit Kollegen musizierte. So spielte sie hunderte Konzerte zusammen mit dem Geiger Joseph Joachim. Reine Klavierabende hingegen waren damals eher unüblich.
Mit dem Leben und Schaffen der Künstlerin, die letzten Endes bis ins hohe Alter als Berufsmusikerin tätig war, hat sich kaum jemand ähnlich intensiv auseinandergesetzt wie Ragna Schirmer. So hat die Hallenser Pianistin mit der Staatskapelle Halle unter Leitung von Ariane Matiakh das Klavierkonzert a-Moll op. 7, das Clara als 15jährige komponiert hat, und das 4. Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven eingespielt, das Clara mehr als 50mal in Konzerten vorgetragen hat, und zu dem sie eigene Kadenzen verfasste.
Was Clara Schumann in ihren Konzerten gespielt hat, das lässt sich vielfach noch heute nachvollziehen. Denn die Musikerin hat im Laufe ihres Lebens mehr als 1.300 Programmzettel zusammengetragen, auf denen ihre Konzert dokumentiert sind. Diese Sammlung hat Ragna Schirmer im Schumannhaus Zwickau angesehen - „voller Bewunderung, wie viele großartige Werke Sie in Ihrem Leben studiert und zur Aufführung gebracht haben“, so schreibt sie in einem Brief ihre Gedanken nieder. Zum 200. Geburtstag widmete die Pianistin der berühmten Kollegin dann ein ganz besonderes Projekt: Sie spielte einige ihrer Konzertprogramme nach.
So waren Clara und ihr Mann Robert Schumann im Jahre 1847 zu Gast bei einer Matinee im Berliner Salon von Fanny Hensel. Neben zwei Liedern, eines von Robert Schumann und eines von der Gastgeberin, erklangen dort die Uraufführungen des Klavierquartetts op. 47 von Robert und des Klaviertrios op. 17 von Clara Schumann. Dieses Programm, das einen direkten Vergleich der Kompositionen der beiden Eheleute gestattet, ist im ersten Teil dieser Einspielung zu hören. Musizierpartner von Ragna Schirmer sind hier die Sopranistin Nora Friedrichs sowie Iason Keramidis, Violine, Julien Heichelbech, Viola, und Benedict Klöckner, Violoncello.
„Der zweite Silberling wiederholt Ihren letzten reinen Klavierabend, erklungen in den Assembly Rooms in St. Leonards-on-Sea, England“, wendet sich Ragna Schirmer in ihrem Brief an Clara Schumann. „Ein unglaubliches Programm, wie ich finde! Wissen Sie noch, wie Sie sich fühlten? Sie hatten Schmerzen in den Händen und präsentierten dennoch dem Publikum all die schönen Stücke, die Ihr Leben begleiteten. Sie schenkten den Zuhörern sogar Ihre improvisierten Überleitungen zwischen einigen Werken, an denen ich mich bescheiden auch versuche, indem ich mir solche von einem Kollegen komponieren ließ, der die Improvisations-Studien Ihres Vaters und Ihre Aufzeichnungen über das Präludieren verglich und einflocht. So sind Ihre Konzerte heute noch lebendig.“
Von Schumanns Kinderszenen über einzelne Werke von Beethoven, Scarlatti, Händel, Gluck, Chopin und Mendelssohn reicht dieses Programm, das Ragna Schirmer versiert und wunderbar nuancenreich vorstellt. Dazu bietet das Beiheft umfangreiche, mit ebenso großer Sorgfalt zusammengestellte Info-Texte. Ohne Zweifel ist dies der wichtigste musikalische Beitrag zum Clara-Schumann-Jahr.
Robert Schumann lernte Clara Wieck schon im Kindesalter kennen. Dass sie sich dann in ihn verliebte, war ihrem Vater gar nicht recht. 1837 verlobte sich das Paar, doch erst 1840 gelang es den beiden, über das Gericht die Genehmigung zur Eheschließung zu erhalten.
Wie es dann im Hause Schumann zuging, das kann man aus dem Ehetagebuch erfahren, das das Paar führte; es wurde mittlerweile veröffentlicht. Konflikte gab es jedenfalls genug, denn Clara dachte gar nicht daran, sich mit einem Dasein als Hausfrau und Mutter zu bescheiden. Auch mit Blick auf die Finanzen der Familie nahm sie schon bald das Konzertieren wieder auf.
Clara Schumann galt schon in jungen Jahren als Klaviervirtuosin; ihre Zeitgenossen schätzten sie ebenso sehr wie etwa Sigismund Thalberg oder Franz Liszt. Ihre Konzertreisen führten sie quer durch Europa, wobei sie oftmals gemeinsam mit Kollegen musizierte. So spielte sie hunderte Konzerte zusammen mit dem Geiger Joseph Joachim. Reine Klavierabende hingegen waren damals eher unüblich.
Mit dem Leben und Schaffen der Künstlerin, die letzten Endes bis ins hohe Alter als Berufsmusikerin tätig war, hat sich kaum jemand ähnlich intensiv auseinandergesetzt wie Ragna Schirmer. So hat die Hallenser Pianistin mit der Staatskapelle Halle unter Leitung von Ariane Matiakh das Klavierkonzert a-Moll op. 7, das Clara als 15jährige komponiert hat, und das 4. Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven eingespielt, das Clara mehr als 50mal in Konzerten vorgetragen hat, und zu dem sie eigene Kadenzen verfasste.
Was Clara Schumann in ihren Konzerten gespielt hat, das lässt sich vielfach noch heute nachvollziehen. Denn die Musikerin hat im Laufe ihres Lebens mehr als 1.300 Programmzettel zusammengetragen, auf denen ihre Konzert dokumentiert sind. Diese Sammlung hat Ragna Schirmer im Schumannhaus Zwickau angesehen - „voller Bewunderung, wie viele großartige Werke Sie in Ihrem Leben studiert und zur Aufführung gebracht haben“, so schreibt sie in einem Brief ihre Gedanken nieder. Zum 200. Geburtstag widmete die Pianistin der berühmten Kollegin dann ein ganz besonderes Projekt: Sie spielte einige ihrer Konzertprogramme nach.
So waren Clara und ihr Mann Robert Schumann im Jahre 1847 zu Gast bei einer Matinee im Berliner Salon von Fanny Hensel. Neben zwei Liedern, eines von Robert Schumann und eines von der Gastgeberin, erklangen dort die Uraufführungen des Klavierquartetts op. 47 von Robert und des Klaviertrios op. 17 von Clara Schumann. Dieses Programm, das einen direkten Vergleich der Kompositionen der beiden Eheleute gestattet, ist im ersten Teil dieser Einspielung zu hören. Musizierpartner von Ragna Schirmer sind hier die Sopranistin Nora Friedrichs sowie Iason Keramidis, Violine, Julien Heichelbech, Viola, und Benedict Klöckner, Violoncello.
„Der zweite Silberling wiederholt Ihren letzten reinen Klavierabend, erklungen in den Assembly Rooms in St. Leonards-on-Sea, England“, wendet sich Ragna Schirmer in ihrem Brief an Clara Schumann. „Ein unglaubliches Programm, wie ich finde! Wissen Sie noch, wie Sie sich fühlten? Sie hatten Schmerzen in den Händen und präsentierten dennoch dem Publikum all die schönen Stücke, die Ihr Leben begleiteten. Sie schenkten den Zuhörern sogar Ihre improvisierten Überleitungen zwischen einigen Werken, an denen ich mich bescheiden auch versuche, indem ich mir solche von einem Kollegen komponieren ließ, der die Improvisations-Studien Ihres Vaters und Ihre Aufzeichnungen über das Präludieren verglich und einflocht. So sind Ihre Konzerte heute noch lebendig.“
Von Schumanns Kinderszenen über einzelne Werke von Beethoven, Scarlatti, Händel, Gluck, Chopin und Mendelssohn reicht dieses Programm, das Ragna Schirmer versiert und wunderbar nuancenreich vorstellt. Dazu bietet das Beiheft umfangreiche, mit ebenso großer Sorgfalt zusammengestellte Info-Texte. Ohne Zweifel ist dies der wichtigste musikalische Beitrag zum Clara-Schumann-Jahr.
Mittwoch, 20. November 2019
Welter: Gott sey uns gnädig (Christophorus)
Elf
Kantaten, zwei Magnificat-Vertonungen und elf Kirchenlieder – das
ist alles, was von dem einstmals umfangreichen Werk Johann Samuel
Welters (1650 bis 1720) erhalten geblieben ist. Im Nachlass des
langjährigen Organisten der Kirche St. Michael in Schwäbisch Hall
waren noch ca. 400 Kompositionen aufgelistet; und wer diese CD angehört
hat, der wird den Verlust sehr bedauerlich finden. Nicht umsonst
schätzen Musikwissenschaftler Welter als einen bedeutenden
Choralkomponisten zwischen Hieronymus Praetorius und Johann Sebastian
Bach.
Johann
Samuel Welter kam in Obersontheim zur Welt; sein musikalisches Talent
war schon früh erkennbar, und so durfte er als Stipendiat am
Gymnasium illustre in Schwäbisch Hall lernen. Musikunterricht
erteilte dort der örtliche Kantor. Die weitere Ausbildung übernahm
dann ein Verwandter, der Stadtmusicus in Nürnberg war. Nach
einer Anstellung als Organist und Kanzlist am Hofe des Grafen Joachim
Albrecht von Hohenlohe-Langenburg auf Schloss Kirchberg a.d. Jagst wurde Welter 1675
Organist von Michael in Schwäbisch Hall, und dort wirkte er bis an
sein Lebensende.
Diese
Einspielung mit dem Ensemble ecco la musica stellt die Choralkantaten
von Johann Samuel Welter vor. Es sind effektvolle Kompositionen,
traditionell besetzt mit Violinen, Zinken, Viola da gamba und
Posaunen, aber ausgesprochen ideenreich in der musikalischen
Ausgestaltung, und in der Harmonik sogar kühn und extravagant.
Komplettiert
wird dieses sehr ansprechende Programm durch Sonaten aus dem
Langenburger Notenbestand – zumindest waren sie zu Welters Zeiten
dort, wie ein Inventar verrät. Das Ensemble ecco la musica hat
einige der dort verzeichneten Instrumentalwerke in anderen Sammlungen
aufgespürt und bringt auch diese prächtigen Stücke, unter anderem
von Bertali und Schmelzer, wieder zum Klingen. Eine hochinteressante
und zudem ausgesprochen klangschöne CD. Unbedingte Empfehlung!
Montag, 18. November 2019
Hasse at Home (Deutsche Harmonia Mundi)
Zur Unterhaltung der Herrschaft in privatem Rahmen erklang einst die Kammermusik. Der kunstsinnige Adel wirkte sogar mit, wenn etwa Triosonaten oder Kammerkantaten vorgetragen wurden – so ist beispielsweise bekannt, dass Friedrich der Große, nachdem er Dresden im Siebenjährigen Krieg kampflos eingenommen hatte, gern mit Johann Adolph Hasse und seiner Ehefrau, der Sängerin Faustina Bordoni, musizierte.
Werke, die damals erklungen sein könnten, hat das Ensemble Le Musiche Nove unter der Leitung von Claudio Osele auf dieser CD in einem attraktiven Programm zusammengefasst. Neben Kantaten und Arien, gesungen von Sopranistin Veronika Kralova, sind auch eine Flöten- und eine Cembalosonate sowie eine Sinfonia a violoncello solo zu hören. Dabei handelt es sich fast durchweg um Weltersteinspielungen. Die Noten- editionen dafür hat Claudio Osele nach Handschriften erstellt, die sich heute in Mailand, Wien und Berlin befinden.
Johann Adolph Hasse (1699 bis 1783) schrieb gleich ein ganzes Kapitel Musikgeschichte. Geboren in Bergedorf bei Hamburg, war er in Neapel ebenso präsent wie in Dresden, Wien oder Venedig – und seine Musik war erstaunlich wandlungsfähig. Von frühen Werken, nach dem Vorbild seines Lehrers Alessandro Scarlatti, bis hin zu seinen immer noch innovativen letzten Kompositionen, beinahe schon im Stile der Frühklassik, reicht diese Entwicklung.
Diese CD macht deutlich, dass Hasse stets herrliche Melodien geschaffen hat; er entführt seine Hörer in idyllische Landschaften, und lässt sie Leidenschaften und Emotionen direkt miterleben. Hasse war ein großer Meister der opera seria – und ihre Mittel verwendet er auch in seinen Konzertarien und Kammerkantaten.
Werke, die damals erklungen sein könnten, hat das Ensemble Le Musiche Nove unter der Leitung von Claudio Osele auf dieser CD in einem attraktiven Programm zusammengefasst. Neben Kantaten und Arien, gesungen von Sopranistin Veronika Kralova, sind auch eine Flöten- und eine Cembalosonate sowie eine Sinfonia a violoncello solo zu hören. Dabei handelt es sich fast durchweg um Weltersteinspielungen. Die Noten- editionen dafür hat Claudio Osele nach Handschriften erstellt, die sich heute in Mailand, Wien und Berlin befinden.
Johann Adolph Hasse (1699 bis 1783) schrieb gleich ein ganzes Kapitel Musikgeschichte. Geboren in Bergedorf bei Hamburg, war er in Neapel ebenso präsent wie in Dresden, Wien oder Venedig – und seine Musik war erstaunlich wandlungsfähig. Von frühen Werken, nach dem Vorbild seines Lehrers Alessandro Scarlatti, bis hin zu seinen immer noch innovativen letzten Kompositionen, beinahe schon im Stile der Frühklassik, reicht diese Entwicklung.
Diese CD macht deutlich, dass Hasse stets herrliche Melodien geschaffen hat; er entführt seine Hörer in idyllische Landschaften, und lässt sie Leidenschaften und Emotionen direkt miterleben. Hasse war ein großer Meister der opera seria – und ihre Mittel verwendet er auch in seinen Konzertarien und Kammerkantaten.
Sonntag, 17. November 2019
Lieder an die Entfernte (Spektral)
„In die romantische Welt zwischen Traum und Wirklichkeit, Freude und Traurigkeit, Sehnsucht und Liebe entführen“ soll diese CD, so Georg Poplutz und Hilko Dumno. Der Sänger hat dafür gemeinsam mit seinem langjährigen Klavierpartner ein Programm zusammengestellt, in dem zwei berühmte Liederzyklen von Ludwig van Beethoven und Robert Schumann – An die ferne Geliebte und Dichterliebe – mit eher weniger bekannten Liedern Franz Schuberts korrespondieren. Poplutz, im Lied- und Oratorienfach mittlerweile etabliert, beeindruckt einmal mehr durch seinen ausdrucksstarken Gesang. Auch Pianist Hilko Dumno musiziert ausgesprochen feinfühlig und nuancenreich. Ausgesprochen hörenswert!
Triumvirat (Querstand)
Johann Schenck, August Kühnel und Conrad Höffler waren einst berühmte Gambenvirtuosen. Dass ihre Namen heute nur noch Insidern ein Begriff sind, hat seinen Grund wohl darin, dass sie nicht am Hofe des Sonnenkönigs wirkten, sondern an diversen deutschen Höfen. Auf dieser CD zeigt Juliane Laake mit ihrem Ensemble Art d’Echo, dass sie dennoch an Kunstfertigkeit ihren französischen Kollegen in nichts nachstanden.
August Kühnel (1645 bis um 1700), Sohn eines mecklenburgischen Kammermusikers, erhielt seine erste Anstellung bereits im Alter von 16 Jahren am Hofe des Herzogs Moritz von Sachsen-Zeitz. 1665 reiste er nach Frankreich, und nach dem Tode seines Dienstherrn im Jahre 1681 ging Kühnel nach England. 1682 und 1685 musizierte er in London, wo er als Barytonspieler großen Erfolg hatte. In Deutschland trat er als Virtuose in Darmstadt, Dresden , Weimar und München in Erscheinung. 1695 wurde Kühnel Kapellmeister am Hofe des Landgrafen zu Hessen-Kassel; 1698 veröffentlichte er dort seine 14 Sonate ò Partite ad una o due viole da gamba, con il basso continuo. Damit verliert sich dann seine Spur.
Conrad Höffler (1647 bis 1696) wuchs gemeinsam mit Johann Philipp Krieger in Nürnberg auf, wo er auch eine Ausbildung bei dem Gambisten Gabriel Schütz absolvierte. Höffler wirkte in Bayreuth und Ansbach; 1676 wechselte er an den Hof des Herzogs zu Sachsen-Weißenfels, wo er bis an sein Lebensende blieb. 1695 veröffentlichte Höffler unter dem Titel Primitiæ chelicæ eine Sammlung von zwölf Suiten für Viola da gamba und Basso continuo.
Über den Lebensweg von Johann Schenck (1660 bis nach 1712) wurde in diesem Blog bereits an anderer Stelle ausführlich berichtet; er wirkte am Hofe des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz, und war als Musiker offenbar ebenso begabt wie als Diplomat, was ihm sowohl Reputation als auch Wohlstand einbrachte. So war Schenck in der Lage, seine Kompositionen drucken zu lassen.
Juliane Laake hat aus dem Schaffen dieser drei bedeutenden Gambenvirtuosen Werke ausgewählt, die den hohen Rang dieser Meister bestätigen. Die Musik, die sie mit ihrem Ensemble Art d’Echo inspiriert vorträgt, begeistert durch Eleganz und Esprit – und die Einspielung ist zugleich ein hinreißendes Plädoyer für das Stöbern in alten Notenbeständen! Auch in der Musikgeschichte gibt es abseits ausgetretener Pfade offenbar doch noch viel Lohnendes zu entdecken...
August Kühnel (1645 bis um 1700), Sohn eines mecklenburgischen Kammermusikers, erhielt seine erste Anstellung bereits im Alter von 16 Jahren am Hofe des Herzogs Moritz von Sachsen-Zeitz. 1665 reiste er nach Frankreich, und nach dem Tode seines Dienstherrn im Jahre 1681 ging Kühnel nach England. 1682 und 1685 musizierte er in London, wo er als Barytonspieler großen Erfolg hatte. In Deutschland trat er als Virtuose in Darmstadt, Dresden , Weimar und München in Erscheinung. 1695 wurde Kühnel Kapellmeister am Hofe des Landgrafen zu Hessen-Kassel; 1698 veröffentlichte er dort seine 14 Sonate ò Partite ad una o due viole da gamba, con il basso continuo. Damit verliert sich dann seine Spur.
Conrad Höffler (1647 bis 1696) wuchs gemeinsam mit Johann Philipp Krieger in Nürnberg auf, wo er auch eine Ausbildung bei dem Gambisten Gabriel Schütz absolvierte. Höffler wirkte in Bayreuth und Ansbach; 1676 wechselte er an den Hof des Herzogs zu Sachsen-Weißenfels, wo er bis an sein Lebensende blieb. 1695 veröffentlichte Höffler unter dem Titel Primitiæ chelicæ eine Sammlung von zwölf Suiten für Viola da gamba und Basso continuo.
Über den Lebensweg von Johann Schenck (1660 bis nach 1712) wurde in diesem Blog bereits an anderer Stelle ausführlich berichtet; er wirkte am Hofe des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz, und war als Musiker offenbar ebenso begabt wie als Diplomat, was ihm sowohl Reputation als auch Wohlstand einbrachte. So war Schenck in der Lage, seine Kompositionen drucken zu lassen.
Juliane Laake hat aus dem Schaffen dieser drei bedeutenden Gambenvirtuosen Werke ausgewählt, die den hohen Rang dieser Meister bestätigen. Die Musik, die sie mit ihrem Ensemble Art d’Echo inspiriert vorträgt, begeistert durch Eleganz und Esprit – und die Einspielung ist zugleich ein hinreißendes Plädoyer für das Stöbern in alten Notenbeständen! Auch in der Musikgeschichte gibt es abseits ausgetretener Pfade offenbar doch noch viel Lohnendes zu entdecken...
Samstag, 16. November 2019
Mayr: Stabat mater in F minor (Naxos)
Mit dem zweiten Teil der Motetten sowie dem Stabat mater in f-Moll und zwei kleineren Kompositionen, Eja mater in F-Dur und Ave maris stella in G-Dur, setzt das Label Naxos sich erneut für die Wiederentdeckung des Schaffens von Johann Simon Mayr (1763 bis 1845). Über den Lebensweg dieses Komponisten wurde in diesem Blog bereits an anderer Stelle berichtet.
Mayr stammte aus Bayern, doch in die Musikgeschichte ging er schließlich nach seiner Auswanderung nach Italien als einer der produktivsten Komponisten der Belcanto-Ära ein. Er schrieb aber nicht nur enorm viele Opern, sondern auch eine Vielzahl geistlicher Werke – und diese beiden CD machen einmal mehr deutlich, dass Giovanni Simone Mayr sehr zu Unrecht so wenig bekannt ist.
Franz Hauk setzt sich seit Jahren mit großem Engagement für die Wiederentdeckung seines Werkes ein. Hauk ist es beispielsweise gelungen, aus zwei unvollständigen Manuskriptfassungen Mayrs Stabat Mater zu rekonstruieren. Es wurde 2014 in Ingolstadt erstmals wieder aufgeführt, und wird hier als Weltersteinspielung veröffentlicht. Das ist großartige Kirchenmusik, hinreißend, effektvoll. Und auch die Motetten sind von enormem melodischen Reichtum. Man staunt immer wieder über neue Ideen, die der Komponist auch beim vierten Salve Regina noch zu Papier brachte. Ganz erstaunlich!
Mayr stammte aus Bayern, doch in die Musikgeschichte ging er schließlich nach seiner Auswanderung nach Italien als einer der produktivsten Komponisten der Belcanto-Ära ein. Er schrieb aber nicht nur enorm viele Opern, sondern auch eine Vielzahl geistlicher Werke – und diese beiden CD machen einmal mehr deutlich, dass Giovanni Simone Mayr sehr zu Unrecht so wenig bekannt ist.
Franz Hauk setzt sich seit Jahren mit großem Engagement für die Wiederentdeckung seines Werkes ein. Hauk ist es beispielsweise gelungen, aus zwei unvollständigen Manuskriptfassungen Mayrs Stabat Mater zu rekonstruieren. Es wurde 2014 in Ingolstadt erstmals wieder aufgeführt, und wird hier als Weltersteinspielung veröffentlicht. Das ist großartige Kirchenmusik, hinreißend, effektvoll. Und auch die Motetten sind von enormem melodischen Reichtum. Man staunt immer wieder über neue Ideen, die der Komponist auch beim vierten Salve Regina noch zu Papier brachte. Ganz erstaunlich!
Händel: Concerti grossi op. 3 (Hänssler Classic)
„Der Fetisch ,Originalinstrument' hat ausgedient, nicht aber der profund gebildete Fachmann, der ein Orchester in die Tiefendimension der Kompositionen führt. Denn nicht das Instrument macht die Musik, sondern der Kopf!“ Reinhard Goebel ist ein Freund klarer Worte, und klarer Strukturen. Im Beiheft zu dieser CD gibt er einmal mehr eine fundierte Werkseinführung, und seine überlegene Repertoire-Kenntnis kommt natürlich dann auch der Einspielung zugute: Mit Händels Concerti grossi op. 3 beginnt bei Hänssler Classic eine Serie von Neuaufnahmen barocker Musik. Die Berliner Barock Solisten zeigen unter Leitung von Reinhard Goebel, dass auch scheinbar gut bekannte Werke durchaus noch neue Facetten offenbaren können.
Dienstag, 12. November 2019
Bach: Concertos for Organ and Strings (Ramée)
Wenn Konzerte für Orgel und Orchester von Johann Sebastian Bach überliefert wären – wie würden diese wohl klingen? Eine Antwort auf diese Frage geben Bart Jacobs und das Ensemble Les Muffatti auf der vorliegenden CD – und das gar nicht so spekulativ, wie zunächst vermutet.
Zwar sind heute nur noch Bachs Konzerte für Orgel solo bekannt, hauptsächlich nach Werken von Antonio Vivaldi. Bekannt ist zudem, dass er in Leipzig, und zwar mit dem studentischen Collegium musicum, im Zimmermannischen Kaffeehaus diverse Cembalokonzerte aufgeführt hat. In Dresden spielte Bach 1725 auf der neuen Silbermann-Orgel in der Sophienkirche und beeindruckte das Publikum dabei mit „diversen Concerten mit unterlauffender Doucen Instrumental-Music“, so ein zeitgenössischer Zeitungsbericht.
Musikwissenschaftler vermuten, dass er dabei Musik vorgetragen hat, die er dann auch in seinen Kirchenkantaten verwendete. Denn unter den Kantaten aus dem Jahre 1726 finden sich auffällig viele Werke mit obligater Orgel. Es wird angenommen, dass Bach in den Sinfonie Sätze von Instrumentalkonzerten bearbeitet hat aus seiner Weimarer und Köthener Zeit, die nicht überliefert sind; einige davon verwendete er später erneut für seine Cembalokonzerte.
Bart Jacobs hat nun dieses Material genutzt, um dreisätzige Konzerte für Orgel und Streicher hypothetisch zu rekonstruieren. Er zeigt außerdem anhand von drei Sinfonie, wie gut sie sich mit Orgel und Orchester aufführen lassen. Dazu hat er Bachs Arrangements mit großer Sorgfalt studiert, und seiner eigenen Arbeit zugrunde gelegt.
Das Ergebnis ist rundum überzeugend. Wenn man nicht wüsste, dass es sich um eine Rekonstruktion handelt, würde man die Werke ohne weiteres Bach zuschreiben. Musiziert wird ebenfalls sehr schön. Die Thomas-Orgel in der Liebfrauen- und Sankt-Leodegar-Kirche zu Bornem in Belgien – ein modernes Instrument, nachempfunden der Silbermann-Orgel im sächsischen Rötha – bietet dem Organisten ausreichend Klangvarianten zum Konzertieren. Und Les Muffatti sind Bart Jacobs ein exzellenter Partner. Aufnahme und Beiheft sind, wie stets bei Ramée, ebenfalls vorbildlich. Wer Bachs Musik schätzt, der sollte diese CD unbedingt anhören, es lohnt sich!
Zwar sind heute nur noch Bachs Konzerte für Orgel solo bekannt, hauptsächlich nach Werken von Antonio Vivaldi. Bekannt ist zudem, dass er in Leipzig, und zwar mit dem studentischen Collegium musicum, im Zimmermannischen Kaffeehaus diverse Cembalokonzerte aufgeführt hat. In Dresden spielte Bach 1725 auf der neuen Silbermann-Orgel in der Sophienkirche und beeindruckte das Publikum dabei mit „diversen Concerten mit unterlauffender Doucen Instrumental-Music“, so ein zeitgenössischer Zeitungsbericht.
Musikwissenschaftler vermuten, dass er dabei Musik vorgetragen hat, die er dann auch in seinen Kirchenkantaten verwendete. Denn unter den Kantaten aus dem Jahre 1726 finden sich auffällig viele Werke mit obligater Orgel. Es wird angenommen, dass Bach in den Sinfonie Sätze von Instrumentalkonzerten bearbeitet hat aus seiner Weimarer und Köthener Zeit, die nicht überliefert sind; einige davon verwendete er später erneut für seine Cembalokonzerte.
Bart Jacobs hat nun dieses Material genutzt, um dreisätzige Konzerte für Orgel und Streicher hypothetisch zu rekonstruieren. Er zeigt außerdem anhand von drei Sinfonie, wie gut sie sich mit Orgel und Orchester aufführen lassen. Dazu hat er Bachs Arrangements mit großer Sorgfalt studiert, und seiner eigenen Arbeit zugrunde gelegt.
Das Ergebnis ist rundum überzeugend. Wenn man nicht wüsste, dass es sich um eine Rekonstruktion handelt, würde man die Werke ohne weiteres Bach zuschreiben. Musiziert wird ebenfalls sehr schön. Die Thomas-Orgel in der Liebfrauen- und Sankt-Leodegar-Kirche zu Bornem in Belgien – ein modernes Instrument, nachempfunden der Silbermann-Orgel im sächsischen Rötha – bietet dem Organisten ausreichend Klangvarianten zum Konzertieren. Und Les Muffatti sind Bart Jacobs ein exzellenter Partner. Aufnahme und Beiheft sind, wie stets bei Ramée, ebenfalls vorbildlich. Wer Bachs Musik schätzt, der sollte diese CD unbedingt anhören, es lohnt sich!
Sonntag, 3. November 2019
Sonatas for two violins (Audax)
Zwei Geigen sind fast schon ein Orchester – den Bass jedenfalls vermisst man nicht bei den virtuosen Musikstücken, die Johannes Pramsohler und Roldán Bernabé auf dieser CD vorstellen. Das Programm führt uns in das 18. Jahrhundert, nach Frankreich, und das meinte damals: Paris. Wer es als Musiker zu etwas bringen wollte, den zog es in die Hauptstadt – und hervorragende Geiger scheint es damals etliche gegeben zu haben.
Pramsohler und Bernabé haben aus einem umfangreichen Bestand an Kompositionen à deux violons sans basse eine spektakuläre Auswahl zusammengestellt. Sie spielen Musik von Louis-Gabriel Guillemain (1705 bis 1770), Jean-Pierre Guignon (1702 bis 1774), Jean-Marie Leclair (1697 bis 1764) und Étienne Mangean (um 1710 bis vermutlich 1756), die sehr zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist.
Diese Stücke bezaubern durch Eleganz und Charme, sie bieten den beiden Solisten aber auch hinreichend Gelegenheit, ihre Virtuosität unter Beweis zu stellen. Denn technisch sind diese Kompositionen höchst anspruchsvoll, die Herausforderungen sind enorm. Und zwar für jeden der beiden Duo-Partner. „Die Rollenverteilung ist in den meisten Werken dieselbe“, schreibt Pramsohler: „Beide Geiger sind gleichberechtigt. Jeder ,darf' mal Melodie und jeder ,muss' mal Bass machen. Oft – vor allem beim französischen Meister des Kontrapunkts Leclair – sind die Stimmen auf so intelligente Weise ineinander verflochten, dass man als Zuhörer Mühe hat, die beiden Spieler auseinanderzuhalten.“
Das Ergebnis aber ist hinreißend: „Man glaubt es kaum, wieviel Klang ohne ein Bassinstrument entstehen kann“, stellt Johannes Pramsohler fest – und der Zuhörer wird zudem staunend feststellen, wie abwechslungs- reich man auf zwei Geigen musizieren kann. C'est très magnifique – bravi!
Pramsohler und Bernabé haben aus einem umfangreichen Bestand an Kompositionen à deux violons sans basse eine spektakuläre Auswahl zusammengestellt. Sie spielen Musik von Louis-Gabriel Guillemain (1705 bis 1770), Jean-Pierre Guignon (1702 bis 1774), Jean-Marie Leclair (1697 bis 1764) und Étienne Mangean (um 1710 bis vermutlich 1756), die sehr zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist.
Diese Stücke bezaubern durch Eleganz und Charme, sie bieten den beiden Solisten aber auch hinreichend Gelegenheit, ihre Virtuosität unter Beweis zu stellen. Denn technisch sind diese Kompositionen höchst anspruchsvoll, die Herausforderungen sind enorm. Und zwar für jeden der beiden Duo-Partner. „Die Rollenverteilung ist in den meisten Werken dieselbe“, schreibt Pramsohler: „Beide Geiger sind gleichberechtigt. Jeder ,darf' mal Melodie und jeder ,muss' mal Bass machen. Oft – vor allem beim französischen Meister des Kontrapunkts Leclair – sind die Stimmen auf so intelligente Weise ineinander verflochten, dass man als Zuhörer Mühe hat, die beiden Spieler auseinanderzuhalten.“
Das Ergebnis aber ist hinreißend: „Man glaubt es kaum, wieviel Klang ohne ein Bassinstrument entstehen kann“, stellt Johannes Pramsohler fest – und der Zuhörer wird zudem staunend feststellen, wie abwechslungs- reich man auf zwei Geigen musizieren kann. C'est très magnifique – bravi!
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